Veronica Ivy

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Veronica Ivy, 2017

Veronica Ivy (* 18. Juli 1982 in Victoria, British Columbia), bis 2019 Rachel McKinnon, ist eine kanadische Wissenschaftlerin und Transgender-Aktivistin. 2018 wurde sie durch ihren Titelgewinn im Sprint der Masters-Klasse als erste Transfrau Weltmeisterin im Bahnradsport.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung und berufliche Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ivy studierte an der University of Victoria Philosophie und schloss diesen Studienabschnitt mit einem Bachelor ab;[1] sie setzte ihr Studium an der Dalhousie University fort,[1] das sie im Jahr 2006 mit dem akademischen Grad Master of Arts abschloss.[2] Ihr Doktoratsstudium absolvierte sie an der University of Waterloo. Dort wurde sie im Jahr 2012 mit ihrer Dissertationsschrift Reasonable Assertions: On Norms of Assertion and Why You Don’t Need to Know What You’re Talking About. promoviert.[3]

2014 ging sie als Dozentin für Philosophie und Geschlechterforschung in die USA an das College of Charleston, wo sie Associate Professor ist (Stand 2018).[4][5]

Veronica Ivy veröffentlichte 2015 ihr erstes Buch und schreibt Aufsätze sowie Kolumnen.[6] Zudem ist sie als Vortragende aktiv.

Coming-out und Leben als Transfrau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ivy wurde bei der Geburt mit männlichem Geschlecht im Geburtsregister eingetragen. Nach eigener Aussage begann sie im Alter von 13 Jahren zu vermuten, dass sie von Transsexualität („trans“) betroffen sein könnte; 16 weitere Jahre habe es gedauert, um sich ihrer geschlechtlichen Identität sicher zu werden. Im Jahr 2012, kurz bevor sie ihr Doktoratsstudium beendete, begann sie die Angleichung[7] an ihr weibliches Identitätsgeschlecht.[8]

Zwei Tage nach ihrer wissenschaftlichen Verteidigung ihrer Dissertation, hatte Ivy ihr Coming-out als Transfrau.[8] Zum Semesterbeginn Anfang Mai 2012, als sie bereits an der University of Waterloo in Ontario als Privatdozentin in zwei Studienklassen lehrte, machte sie vor ihren Studierenden ihren Transgender-Status öffentlich, nachdem sie bereits vor Semesterbeginn in ihrer Fakultät und bei ihren Kollegen sowie bei ihren Freunden und ihrer Familie geoutet war. Als offen lebende Transgender-Person und mit Zusage der Unterstützung durch die Fakultätsleitung konnte sie nun ihren Prozess der Transition von männlich zu weiblich offiziell zu Ende führen.[9]

Ivy, die sich als Aktivistin für Transgender-Rechte engagiert, beantwortete eine diesbezügliche Frage wie folgt: „Ich wurde Aktivistin, weil ich mich als Trans-Frau verteidigen muss. Nicht umgekehrt.“[10]

Sportliche Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frühe Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach eigenen Angaben begann Ivy im Alter von fünf Jahren mit Golf, spielte aber auch Baseball, Tennis, Badminton und war in etlichen weiteren Sportarten aktiv. Im Alter von 16 Jahren beendete ein Verkehrsunfall mit ernsthaften Verletzungen ihren Traum von einer Profi-Sport-Karriere.[11] Nachdem sie 2014 in die USA gegangen war und seither am College of Charleston lehrte,[4][5] spielte sie zunächst dort weiter Badminton.[12]

Radsport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Folge begann Ivy mit dem Radsport und spezialisierte sich 2017 auf die Kurzzeitdisziplinen auf der Bahn, nachdem sie zunächst Straßenrennen gefahren war.[11] 2018 wurde Ivy in Los Angeles Masters-Weltmeisterin der Altersklasse 35–44 im Sprint.[13] Nach eigenen Angaben ist sie damit die erste Trans-Weltmeisterin im Radsport.[14] Dementgegen führte die Webseite Velo News an, die Transfrau Michelle Dumaresq habe bereits 2006 einen Masters-Weltmeistertitel mit dem Mountainbike errungen.[15] Im Jahr darauf verteidigte Ivy in Manchester ihren Weltmeistertitel, nachdem sie zuvor eine Silbermedaille im 500-Meter-Zeitfahren errungen hatte.[16]

Kritik nach Titelgewinn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dem Titelgewinn von Veronica Ivy folgten kritische und teils transphobe Stimmen bis hin zu Hassattacken.[17] Während die Silbermedaillengewinnerin, die Niederländerin Caroline van Herrikhuyzen, Ivy unterstützte, beklagte die Drittplatzierte Jennifer Wagner aus den USA, der Sieg sei „nicht fair“.[18] Veronica Ivy hielt entgegen, dass sie bei verschiedenen Rennen auch schon gegen Wagner verloren habe.[19] Die Vorrunden-Gewinnerin Sarah Fader sagte ihre Teilnahme am Finalrennen gegen Ivy kurz vor dem Start ab. Nach dem Rennen gab sie in einem Interview an, dass dies ihre Form des Protestes gegen aus ihrer Sicht unfaire Regeln war.[15]

Die rechtskonservative britische Kommentatorin Katie Hopkins schrieb: „Um das klarzustellen: Das war die Frauen-WM. Ich wiederhole: Frauen. Glückwunsch an die wackeren Silber- und Bronzemedaillengewinnerinnen. Die Welt ist von fieberhaftem Wahnsinn ergriffen.“ Die Tennisspielerin und neunmalige Wimbledon-Siegerin Martina Navratilova äußerte sich ebenfalls kritisch, woraufhin sie von ihrer Botschafterfunktion des Verbandes Athlete Ally, der sich für Gleichberechtigung im Sport einsetzt, entbunden wurde.[20] Ivy gab an, auf Twitter mehr als 100.000 „hate messages“ erhalten zu haben.[4] Sie habe vier Mitarbeiter verpflichten müssen, die sich um diese negativen Kommentare gekümmert hätten.[21]

Ivy berief sich auf eine Grundregel des IOC: “The practice of sport is a human right.” („Die Ausübung von Sport ist ein Menschenrecht.“)[4] Sie habe alle notwendigen Tests vor ihren Starts gemäß den seit 2003 geltenden Regeln durchlaufen.[10] Einige Kommentatoren vertraten die Ansicht, Ivy hätte allein schon aufgrund ihrer Größe und Muskelmasse einen Vorteil gegenüber ihren Kontrahentinnen. Veronica Ivy wehrte sich gegen diese Kritik: Ihren Testosteronspiegel müsse sie als Voraussetzung für die Teilnahme an sportlichen Wettbewerben „gesundheitsschädlich niedrig“ halten. Die vorgegebenen Grenzwerte für Transfrauen seien dabei noch niedriger als jene, die für Cisgender-Sportlerinnen gelten.[5][15]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • The Norms of Assertion: Truth, Lies, and Warrant. Palgrave Macmillan, 2015, ISBN 978-1-137-52171-2 (englisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Rachel McKinnon, Website am College of Charleston
  2. Rhys McKinnon: Local justification : a new look at epistemic justification. Dalhousie University, Halifax 2006, NOVANET ALEPH001488240. (Thesis (M.A.) am Department of Philosophy der Dalhousie University)
  3. Rachel McKinnon: Reasonable Assertions: On Norms of Assertion and Why You Don’t Need to Know What You’re Talking About. UWSpace, Waterloo 2012, hdl:10012/6619. (Dissertationsschrift an der University of Waterloo).
  4. a b c d Alistair Magowan: Transgender women in sport: Are they really a 'threat' to female sport? In: BBC Sport. 18. Dezember 2018, abgerufen am 3. Juli 2019 (englisch).
  5. a b c Erste Transgender-Weltmeisterin bei Fahrrad-WM löst Welle der Kritik im Netz aus. In: thueringer-allgemeine.de. 15. Oktober 2018, abgerufen am 5. Juli 2019.
  6. Publications. In: rachelmckinnon.com. 16. Mai 2019, abgerufen am 4. Juli 2019.
  7. zu Geschlechtswechsel/Transition: Transitioning (transgender) in der englischsprachigen Wikipedia sowie z. B. in: Transgender. Eintrag im Gender-Portal der Universität Duisburg-Essen (UDE), ohne Datum, abgerufen am 4. August 2019.
  8. a b Fred Dreier: Q&A: Dr. Rachel McKinnon, masters track champion and transgender athlete. In: velonews.com. 15. Oktober 2018, abgerufen am 4. August 2019 (englisch): „VN: ‘What is the story behind your transition?’ – RM: ‘I was born with an “M” on my birth certificate. Not all trans people are the same; we don’t all know at age two or three. I started supposing I [was trans] when I was 13, and it took another 16 years to come to terms with it and figure it out. I started my transition right before I finished my Ph.D. and came out to the world two days after I defended my dissertation.’“
  9. Rachel McKinnon: Coming Out in Class. In: The Chronicle of Higher Education. 25. Juni 2012, abgerufen am 4. August 2019 (englisch).
  10. a b Gold an Rad-WM: Trans-Frau Rachel McKinnon im BLICK-Interview – Blick. In: blick.ch. 31. Oktober 2018, abgerufen am 5. Juli 2019.
  11. a b Cycling. In: rachelmckinnon.com. 7. März 2019, abgerufen am 10. März 2019.
  12. Jason Ryan: CofC Philosophy Professor Is Fast at Play. In: The College Today, College of Charleston, 6. April 2015.
  13. Results F35-44 Sprint (Memento des Originals vom 4. Juli 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/mastersworlds2018.veloresults.com (pdf) auf veloresults.com. Abgerufen am 5. Juli 2019.
  14. Welcome. In: rachelmckinnon.com. 16. Mai 2019, abgerufen am 3. Juli 2019.
  15. a b c Fred Dreier: Commentary: The complicated case of transgender cyclist Dr. Rachel McKinnon. In: velonews.com. 19. Oktober 2018, abgerufen am 4. August 2019 (englisch).
  16. Alex Ballinger: Transgender athlete Rachel McKinnon defends track world title. In: Cycling News. 21. Oktober 2019, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  17. Transgender Track World Champion Defends Her Human Right—To Race. In: bicycling.com. 4. Januar 2019, abgerufen am 3. Juli 2019 (englisch).
  18. Transfrau erntet Hass für Sieg bei Bahnrad-WM. In: queer.de. 16. Oktober 2018, abgerufen am 3. Juli 2019.
  19. Rachel McKinnon becomes first transgender woman to win track world title. In: Cycling Weekly. 18. Oktober 2018, abgerufen am 4. Juli 2019.
  20. Marlene Meinecke: Martina Navratilova gegen Transgender-Athleten im Frauensport. In: tennismagazin.de. 21. Februar 2019, abgerufen am 7. Juli 2019.
  21. Briar Stewart: Canadian researcher to lead largest known study on transgender athletes. In: CBC. 24. Juli 2019, abgerufen am 24. Juli 2019.