Wauwilermoos

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Blick nach Süden

Die Moorebene des Wauwilermooses (der ehemalige Wauwilersee)[1] liegt auf dem Gebiet der Luzerner Gemeinden Egolzwil, Ettiswil, Mauensee, Schötz und Wauwil in der Schweiz. Zahlreiche Gewässer fliessen durch das Wauwilermoos; so die Wigger mit ihren Nebengewässern Luthern und Roth sowie dem Ron, welcher das etwa 14 km2 grosse Gebiet entwässert.[2] Die paläolithisch-neolithischen Pfahlbausiedlungen stehen unter Kulturgüterschutz.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Torfabbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gebiet wurde seit den 1820er-Jahren Torf abgebaut. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der See endgültig trockengelegt[3], wobei erste steinzeitliche Siedlungen gefunden wurden. Inzwischen sind über 100 steinzeitliche Fundstellen bekannt.

Interniertenstraflager Wauwilermoos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zweiten Weltkrieg wurde in dieser Gegend ein Straflager für Internierte geführt, in dem internierte alliierte Soldaten Strafen wegen Fluchtversuchen oder anderer Vergehen zu verbüssen hatten. Das Interniertenstraflager Wauwilermoos[4] war neben Hünenberg und Les Diablerets eines von drei Internierungsstraflagern, die in der Schweiz während des Zweiten Weltkrieges bestanden. Daneben existierten in mehr als jeder sechsten Ortschaft in der Schweiz zumindest zeitweise reguläre Internierungslager.[5]

Die unhaltbaren Zustände wurden später von zahlreichen damaligen Insassen geschildert (siehe Weblinks und Literatur), verschiedene zeitgenössische Berichte und Untersuchungen führten jedoch kaum zu Verbesserungen.

Nachdem der Kommandant des Internierten-Straflagers, Hauptmann André Béguin, in einem ersten Verfahren wegen Spionageverdachts 1942 freigesprochen wurde, wurde er 1946 wegen verschiedener Vergehen wie Betrug, Veruntreuung, Fälschung dienstlicher Akten oder Nichtbefolgens von Dienstvorschriften zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.[6]

Strafanstalt Wauwilermoos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1947 befindet sich im Wauwilermoos wieder eine Strafanstalt. In der 1979–1983 neu gebauten halboffenen Anstalt werden Freiheitsstrafen vollzogen. Seit 2010 dient die Strafanstalt Wauwilermoos zudem als Ausschaffungsgefängnis.[7]

Raffinerieprojekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine in den 1960er-Jahren als Mittelland-Raffinerie geplante Erdölraffinerie wurde aus politischen, insbesondere aber aus ökonomischen Gründen nicht realisiert. Das Projekt wurde in den 1980er-Jahren endgültig eingestellt.

Pfahlbauten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Ausgrabungen im Wauwilermoos entdeckten Archäologen Reste bedeutender Pfahlbauten. 17'000 v. Chr. existierten in diesem Gebiet drei Seen, die im Laufe der Zeit bis auf den noch existierenden Mauensee verlandeten.

Naturschutzgebiet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die verbleibenden Feuchtgebiete im Wauwilermoos sind Überresten der früher grösseren Moorlandschaft im Gebiet. Die Fläche der Feuchtgebiete nahm um 94 % ab. Die verbleibende Fläche ist heute als Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung und Flachmoor von nationaler Bedeutung geschützt. Zusätzlich befindet sich ein Wasser- und Zugvogelreservat von nationaler Bedeutung im Gebiet, welches grösstenteils landwirtschaftlich intensiv genutzt wird. Im Wauwilermoos liegt das grösste Brutgebiet für Kiebitze in der Schweiz. Ausserdem beherbergt das Gebiet 120 Wildbienenarten[8].

Beobachtungsturm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beobachtungsturm Wauwilermoos
Bild des Objektes
Datei:Beobachtungsturm Wauwilermoos.JPG
Basisdaten
Ort: Egolzwil
Kanton: Luzern
Staat: Schweiz
Höhenlage: 498 m
Koordinaten: 47° 10′ 22,5″ N, 8° 1′ 6,2″ O; CH1903: 643953 / 224825
Verwendung: Aussichtsturm
Zugänglichkeit: Aussichtsturm öffentlich zugänglich
Turmdaten
Bauzeit: 2016
Baukosten: 350'000 CHF
Baustoff: Holz
Gesamthöhe: 9.6 m
Aussichts­plattform: 7.0 m
Positionskarte
Beobachtungsturm Wauwilermoos (Kanton Luzern)
Beobachtungsturm Wauwilermoos (Kanton Luzern)
Beobachtungsturm Wauwilermoos
Lokalisierung von Kanton Luzern in Schweiz

Im März 2016 wurde die alte Beringungshütte der Vogelwarte Sempach abgebrochen und durch einen neuen auf Stelzen erstellten Holzturm ersetzt.[9] Über 30 Treppenstufen gelangt man auf die Aussichtsplattform in 7 Meter Höhe.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ein Überblick über die archäologischen Forschungen mit zahlreicher Literatur:
    • Jakob Bill: Die Wauwiler Ebene als Siedlungsraum von der Jungsteinzeit bis zu den Römern. In: Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft Luzern, 36, 1999, S. 49–66.
  • Zum Lager:
    • Erich Aschwanden: Straflager des Grauens. In: Neue Zürcher Zeitung, 2. November 2015.
    • Hilmar Gernet: Die Hölle des Straflagers Wauwilermoos. In: Luzerner Zeitung, 20. Mai 1995, S. 50–51
    • Hilmar Gernet: Verbrechen und Leiden im Internierten-Straflager Wauwilermoos (1941–1945). In: Heimatkunde Wiggertal, Bd. 53, 1995, S. 61–78. (Digitalisat)
    • Alois Hodel: «Notlandung» - der Film zum Internierten-Straflager Wauwilermoos. In: Heimatkunde Wiggertal, Bd. 73, 2016, S. 153–159. (Digitalisat)
    • Peter Kamber: Schüsse auf die Befreier. Die «Luftguerilla» der Schweiz gegen die Alliierten 1943–1945. Rotpunktverlag, Zürich 1993 (unter anderem mit ausführlichen Angaben zu Kommandant André Béguin, speziell S. 196–228). (PDF; in besserer Qualität siehe[1]).
  • Berichte von Internierten:
    • Charles Bergmann: Wauwilermoos. Wahrheitsgetreue Aufzeichnungen über meine Internierung. Basel 1947.
    • Daniel L. Culler: Black hole of Wauwilermoos: an airman’s story. Circle of Thorns Press, Green Valley 1995, ISBN 1-887776-01-X.
    • Straflager Wauwilermoos, auf der Website der US-amerikanischen «Swiss Internees Association»
    • Daniel Wyss: Wauwilermoos: Strafgefangenenlager im Luzerner Mittelland. SRF, 27. Oktober 2015.
    • Wauwilermoos (Memento vom 1. Mai 2002 im Internet Archive), auf der Website des Enkels eines ehemaligen Internierten.
  • Zur Erdölraffinerie und weiteren Projekten:
    • Martin Merki: Die raffinierte Natur war stärker als die Raffinerie. In: Luzerner Kalender 2001, S. 69–73.
  • Zur ornithologischen Bedeutung:
    • F. Xaver Kaufmann: Die Wauwiler Ebene - ein Wasser-und Zugvogelreservat von nationaler Bedeutung - direkt vor unserer Türe. In: BirdLife Luzern - Info. Nr. 1, 2009, S. 6 (Online auf ZentralGut.ch).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wauwilermoos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Swisstopo, Landeskarte: Landeskarte von 1896
  2. Ebbe Holm Nielsen: Eiszeit - Steinzeit. Die Lebenswelt der ersten Menschen im Wauwilermoos Luzern. Kauf + Lies, Luzern 2010, ISBN 978-3-9523448-1-1, S. 9–17.
  3. Gemeinde Wauwil: Geschichte
  4. Straflager des Grauens In: Neue Zürcher Zeitung vom 2. November 2015
  5. Georges Schild: Die Internierung von Militär- und Zivilpersonen in der Schweiz 1939–1946. Bern 2016, S. 180–210.
  6. Peter Kamber: Schüsse auf die Befreier. Die «Luftguerilla» der Schweiz gegen die Alliierten 1943–45. Zürich 1993, S. 196–205.
  7. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 11. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wauwilermoos.lu.ch
  8. Heidi Vogler: Wasser- und Zugvogelreservat Wauwilermoos. In: Kanton Luzern. lawa, abgerufen am 4. November 2023.
  9. Roman Graf: Turm und Tümpel für das Wauwilermoos. In: BirdLife Luzern Info. Nr. 1, März 2016, S. 5 (Volltext auf ZentralGut.ch).
360° Panorama vom Beobachtungsturm Wauwilermoos