Westungarischer Grenzbote

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Westungarischer Grenzbote

Westungarischer Grenzbote, Titelblatt vom 6. Januar 1900
Beschreibung deutschsprachige Tageszeitung
Hauptsitz Bratislava
Erstausgabe 1. Mai 1872
Einstellung 1945
Erscheinungsweise täglich
Verbreitete Auflage 4.000 Exemplare
Herausgeber Iván von Simonyi u. a.
Artikelarchiv 1872, 1882, 1884–1904, 1909–1911, 1914–1919
ZDB 343676-7

Der Westungarische Grenzbote war eine deutschsprachige Tageszeitung, die von 1872 bis 1945 in Preßburg (slowak. Bratislava) im Königreich Ungarn in der Habsburgermonarchie und später in der Ersten und Zweiten Tschechoslowakischen Republik erschienen ist.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die von Julius Földes, Iván von Simonyi, Eduard Horn und Mór Jókai gegründete und Zeitung wurde im Zuge des sich entwickelnden Parlamentarismus als Organ der Vereinigten Unabhängigkeits- und 48er Partei gegründet.[1][2] Der Westungarische Grenzbote gehörte zum gemäßigten linkspolitischen Spektrum[3] und trat damit in Konkurrenz zu den Regierungsblättern und insbesondere zur ebenfalls täglich in Preßburg erscheinenden Preßburger Zeitung.[4] Das Blatt hatte für Westungarn regionale Bedeutung. Den Lesern wurden Neuigkeiten aus Preßburg, vermischte Nachrichten, volkswirtschaftliche Nachrichten und Inserate geboten.[5] Nachdem die Redaktion anfangs die politischen Ideen des Revolutionärs Lajos Kossuth vertreten und sich gegen den Österreichisch-Ungarischen Ausgleich von 1867 und für eine Unabhängigkeit Ungarns und für die Gleichberechtigung der verschiedenen Nationalitäten eingesetzt hatte, erhielt der Westungarische Grenzbote bald eine antikapitalistische Prägung. Der ab Dezember 1872 alleinige Herausgeber und Eigentümer Simonyi, der sich überdies sehr für die Belange der deutschsprachigen Bewohner der Region einsetzte, stellte die Kritik an der "Allmacht des Kapitals" in den Vordergrund und ergriff Partei für die kleinen und mittleren Grundbesitzer und Gewerbetreibenden.[6] In den 1880er Jahren propagierte er jedoch zunehmend judenfeindliche Ressentiments. Der Westungarische Grenzbote wird daher in der Forschung geradewegs als antisemitische Zeitung kategorisiert.[7] 1918 erfolgte nach Ende des Ersten Weltkriegs und der Gründung der Tschechoslowakei die Umbenennung in Grenzbote.[8] Die Zeitung widmete sich hierauf vor allem sozial- und wirtschaftspolitischen Fragen, bis sie 1939 zum offiziellen Organ der deutschen Volksgruppe in der Slowakei wurde.[9]

Leitende Redakteure[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Julius Földes
  • ab 15. Dezember 1872: Iván von Simonyi
  • ab 2. Oktober 1878: Ignác Deutsch
  • ab 5. November 1881: Iván von Simonyi und Anton Windisch
  • ab 1. Januar 1882: Iván von Simonyi
  • ab 8. Juni 1890: Wolfgang Riepl
  • ab 7. Februar 1900: Iván von Simonyi
  • ab 15. Mai 1900: Gustav Mauthner

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rudolf Fischer: Entwicklungsstufen des Antisemitismus in Ungarn 1867–1939. Die Zerstörung der magyarisch-jüdischen Symbiose. München 1988, S. 64.
  • Jörg Meier: Untersuchungen zur deutschsprachigen Presse in der Slowakei. Sprache und Geschichte der Zeitung "Zipser Anzeiger/Zipser Bote". Leutschau 1993.
  • Jörg Riecke / Tina Theobald (Hrsg.): Deutschsprachige Zeitungen im östlichen Europa. Ein Katalog. Bremen 2019, S. 384–386.
  • Mária Rózsa: Deutschsprachige Presse in Ungarn 1850–1920. In: Berichte und Forschungen 11 (2003), S. 59–143, hier S. 90 (Online-Publikation).
  • Albert Weber: Bibliographie deutschsprachiger Periodika aus dem östlichen Europa. Teil 1: Zeitungen und Zeitschriften. Regensburg 2013, S. 130 (Online-Publikation).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Riecke, Theobald (Hrsg.): Deutschsprachige Zeitungen im östlichen Europa. 2019, S. 385.
  2. Gerhard Seewann: Geschichte der Deutschen in Ungarn, Band 2: 1860 bis 2006, Herder-Institut, Marburg 2012, ISBN 978-3-87969-374-0, Seite 121 Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 27. Januar 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/digital.herder-institut.de
  3. Das liberale Journal Westungarischer Grenzbote. In: Westungarischer Grenzbote. 1. Mai 1872, abgerufen am 7. Dezember 2021.
  4. Werner Michler und Karl Wagner: Briefwechsel 1869–1878, Böhlau, Wien, 2003, ISBN 978-3-205-99482-4, Seite 682 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  5. Bibliographie deutschsprachiger Periodika. Abgerufen am 4. Juli 2023.
  6. Riecke, Theobald (Hrsg.): Deutschsprachige Zeitungen im östlichen Europa. 2019, S. 386.
  7. Fischer: Entwicklungsstufen des Antisemitismus in Ungarn. 1988, S. 64.
  8. Einführung in die Geschichte der Karpatendeutschen in der Slowakei karpatendeutsche.de
  9. Grenzbote. In: Artikel in der slowakischen Wikipedia. Abgerufen am 7. Dezember 2021 (slowakisch).