Wikipedia:GLAM/PKC Freudental 2024/Dokumentation/Harry Grenville

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Harry Grenville, ehm. Heinz Willy Greilsamer[1] (* 22. Februar 1926 in Ludwigsburg; † 6. November 2018 in England) war einer der letzten Überlebenden der jüdischen Gemeinde Ludwigsburg. Er war der Sohn von Jakob und Klara Greilsamer, geb. Ottenheimer. Er kam bis zu seinem Tod immer wieder zurück in seine Geburtsstadt Ludwigsburg und setzte sich für den Erhalt der Erinnerung an das jüdische Leben in Ludwigsburg ein.

Bekannt wurde er darüber hinaus als eines der Kinder, die mit dem Kindertransport nach Großbritannien gebracht werden konnten um sie dort vor der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu schützen.

Kindheit und Jugend[Quelltext bearbeiten]

Wohnhaus der Familie Greilsamer Mathildenstraße 8 in Ludwigsburg

Harry Grenville war eines von zwei Kindern des Ehepaars Greilsamer. Die Familie Greilsamer lebte in der Mathildenstraße 8 in Ludwigsburg. Harry Grenvilles Großvater Josef Ottenheimer war der Besitzer eines Packpapiergeschäftes in Ludwigsburg. Harry Grenvilles Vater Jakob Greilsamer stieg als Geschäftspartner in die Firma des Großvaters mit ein. Seine Mutter Klara Greilsamer, geb. Ottenheimer war im Büro der Firma tätig.

Von April 1932 bis April 1936 besuchte er die evangelische Volksschule Ludwigsburg. Da er bereits lesen konnte, bevor er in die Schule kam, bezeichnete er die ersten Jahre seiner Schulzeit als eher langweilg.[1] Von den Klassenkameraden erlebte er nach eigenen Aussagen während seiner Grundschulzeit nur wenig Antisemitismus. Dies änderte sich mit seinem Eintritt in die jüdische Schule Stuttgart im April 1936. Diese besuchte er bis Juli 1939. Vermehrt kam es zu negativen Erfahrungen mit der Hitlerjugend. Die jüdische Schule befand sich auf dem Grundstück der großen Stuttgarter Synagoge, welche in der Reichspogromnacht im November 1938 niedergebrannt wurde. Als Folge der grausamen Ereignisse hatten die Schüler für einige Monate keinen Unterricht. Nach der Wiedereröffnung waren die Klassen kleiner, da zahlreiche Schüler und auch Lehrkräfte emigriert waren. Ein für Harry Grenville sehr bedeutsamer Lehrer beging nach den Pogromen Selbstmord und brachte zuvor seine Frau und den gemeinsamen Sohn um. Harry Grenvilles Großvater wurde verhaftet, konnte jedoch durch die Überzeugungsarbeit der Großmutter wieder befreit werden. Die sich häufenden Ereignisse brachten das Ehepaar Greilsamer dazu, Harry und seine Schwester Hannah bei den Kindertransporten nach England anzumelden.

Im Juli 1939 emigrierten die Kinder Greilsamer mittels des Refugee Children’s Movement (RCM) nach England. Sie kamen bei einer englischen Familie in Camelford in der Grafschaft Cornwall unter. Ab September 1939 konnte Harry Grenville mittels der Schulkostenübernahme durch den Direktor der Camelford Grammar School seine Schulausbildung in England fortsetzen. Er erlangte im Dezember 1941 seinen mittleren Schulabschluss.

Werdegang[Quelltext bearbeiten]

Harry Grenville begann seine berufliche Laufbahn im Dezember 1941 als Laboratoriumsgehilfe im Hammersmith Hospital in London. Inmitten des Zweiten Weltkriegs und der ständigen Bedrohung Londons durch Bombenangriffe fand Grenville seine ersten Schritte in der Welt der medizinischen Forschung. Seinen Bildungsweg setzte sich fort, als er von September 1943 bis Juli 1944 eine Ausbildung an der Chelsea Polytechnic in London absolvierte. Diese Ausbildung wurde durch die großzügige Unterstützung einer befreundeten jüdischen Familie aus Großbritannien ermöglicht, die er als eine wertvolle Unterstützung in schwierigen Zeiten betrachtete. Nach seiner Ausbildung leistete Grenville seinen Dienst in der britischen Armee von Dezember 1944 bis August 1948, eine Zeit, die geprägt war von Entbehrungen, aber auch von einem starken Sinn für Pflicht und Zusammenhalt. Im Oktober 1948 nahm Grenville seine akademische Laufbahn am King's College der Londoner Universität auf. Dort erwarb er bis Juli 1950 den akademischen Grad eines Bachelors of Science in Chemie, Botanik und Zoologie, was seine Liebe und sein Engagement für die Naturwissenschaften widerspiegelte. Nach seinem Abschluss widmete sich Grenville im Oktober 1950 für ein weiteres Jahr seiner Lehramtsausbildung am King's College, um seine Fähigkeiten und sein Wissen in der Pädagogik zu vertiefen. Harry Grenvilles Lebensgeschichte ist geprägt von Entschlossenheit, Bildung und Engagement, während er sich in einer Zeit großer Unsicherheit und Veränderung behauptete.[2]

Stolpersteinverlegung[Quelltext bearbeiten]

Die Stolpersteine für seine Eltern Klara und Jakob Greilsamer sowie seine Großmutter Sara Ottenheimer wurden am 7. Oktober 2009 in Ludwigsburg von Gunter Demnig verlegt. Harry Grenville war mit seiner Familie persönlich anwesend.[3]

Tod[Quelltext bearbeiten]

Am 6. November 2018 ist Harry Grenville in seiner Heimat in England im Alter von 92 Jahren gestorben.[4]

  • Stolpersteine in Ludwigsburg: Zu Besuch bei verfolgten Nachbarn : Geschichten von Menschen aus Ludwigsburg, die Opfer der Nazi-Verfolgung wurden. Info & Idee, Ludwigsburg 2010, ISBN 978-3-931112-28-8.

Einzelnachweise[Quelltext bearbeiten]

  1. a b Harry Grenville: Die Nazis und ich. Stolpersteininitiative Ludwigsburg e. V., abgerufen am 7. März 2024.
  2. Stolpersteine Ludwigsburg e.v. (Hrsg.): Die Nazis und Ich.
  3. Klara und Jakob Greilsamer, Sara Ottenheimer: Die Nazis zerrissen ihre Familie. Stolpersteininitiative Ludwigsburg e. V., abgerufen am 7. März 2024.
  4. Christian Walf: Abschied von einem Überlebenden. In: Ludwigsburger Kreiszeitung. 18. November 2018.


Kategorie:Person (Ludwigsburg) Kategorie:Geboren 1926 Kategorie:Gestorben 2018 Kategorie:Mann