Wilhelm Freund (Altphilologe)

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Wilhelm Freund (* 27. Januar 1806 in Kempen, Südpreußen; † 4. Juni 1894 in Breslau) war ein deutscher Lehrer und Altphilologe.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Freund, Sohn jüdischer Eltern,[1] studierte ab 1824 in Berlin und Breslau,[2] eröffnete 1828 in Breslau eine jüdische Religionsschule, die er aber, von seinen orthodoxen Glaubensgenossen angefeindet, bald wieder schloss.[3] Hierauf lebte er meist privatisierend, war jedoch zwischenzeitlich Lehrer am Elisabethanum in Breslau[4] und verwaltete von 1848 bis 1851 provisorisch das Direktorat des Gymnasiums in Hirschberg,[5] machte 1851 eine größere Reise nach England, 1853 nach Graubünden und Tirol, um das dortige Romanisch kennenzulernen,[6] war von 1855 bis 1870 Direktor der nach seinem Plan organisierten höheren israelitischen Gemeindeschule in Gleiwitz[7] und lebte seitdem in literarischer Tätigkeit in Breslau.[8]

Publizistisches Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einen Namen machte sich Freund vor allem als Lexikograph der lateinischen Sprache. So verfasste er u. a. ein vierbändiges Wörterbuch der lateinischen Sprache nach historisch-genetischen Principien von mehr als 4.000 Seiten (Nachweise der Retro-Digitalisate in der Deutschen Digitalen Bibliothek: siehe Abschnitt „Weblinks“), das als Grundlage für anschließende englische und französische Wörterbuch-Projekte diente:[9]

„Freund […] hat einen besonders großen Einfluß auf den nichtdeutschsprachigen Raum ausgeübt: Sein vierbändiges Lexikon hat nicht nur in französischem Gewand Jahrzehnte weitergewirkt (die Übersetzung von N. Theil wurde noch 1929 nachgedruckt), sondern es ist vor allem 1850 von E. A. Andrews ins Englische übersetzt worden; diese Übersetzung ist dann von Ch.T. Lewis und Ch. Short bearbeitet worden (1879), und in dieser Form ist das Lexikon seitdem ein über den englischen Sprachraum hinaus geschätztes Hilfsmittel.“

Dazu heißt es in der Jewish Encyclopedia:[10]

„Freund's principal work, ‚Wörterbuch der Lateinischen Sprache‘ […], […], was the foundation of all the Latin-English dictionaries now in existence, and the standard book of reference of its kind for a generation of scholars. It was translated and edited by E. A. Andrews in 1850, and has been from that time in extensive use throughout England and America. Its competitors in the schools and colleges of both countries are substantially reprints or abridgments of Freund's work.“

Politischer Aktivismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darüber hinaus engagierte sich Freund auch politisch:

„Freund took an active share in the inner struggle of the Jewish community of Breslau, as well as in the movement for the emancipation of the Jews of Prussia. He was the most influential factor in bringing Abraham Geiger to Breslau. He also edited (1843-44) a monthly under the title ‚Zur Judenfrage in Deutschland,‘ which contains many important contributions by prominent writers, and is of permanent value for the history of both the movements with which Freund identified himself. The ‚Preussisches Judengesetz‘ of July 23, 1847, which still to-day forms the basis of the legal status of the Jewish communities in Prussia, was one of the consequences of Freund's activity.“[11]

„Freund spielte auch eine wichtige Rolle in der Bewegung für die jüdische Emanzipation in Preußen; das Judengesetz von 1847 ging zu einem guten Teil auf seine Bemühungen zurück.“[12]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein Hauptwerk ist:[13]

  • Wörterbuch der lateinischen Sprache (Leipzig 1834–1845, 4 Bände)

Im Anschluss daran verfasste er:

  • Gesamtwörterbuch der lateinischen Sprache (Breslau 1844–1845, 2 Bände)
  • Lateinisch–deutsche und deutsch–lateinisch–griechisches Schulwörterbuch (Berlin 1848–1855, 2 Teile)

Später verfasste er zahlreiche Unterrichtsbücher, wie:

  • Präparationen zu den griechischen und römischen Schulklassikern, auch zum Alten Testament (letztere mit Marx, Leipzig 1862 ff.)
  • Prima, eine Sammlung von Unterrichtsbriefen zur Vorbereitung für das Abiturientenexamen
  • Wanderungen auf klassischem Boden (Wohlfarth, Breslau 1889–1891, 5 Hefte; Digitalisat)

Außerdem verfasste er:

  • Cicero: pro Milone (Breslau 1828)
  • Wie studiert man Philologie? (5. Aufl., Leipzig 1885)
  • Triennium philologicum oder Grundzüge der philologischen Wissenschaften (Leipzig 1874–1876, 6 Bände; 3. Auflage. 1885 ff.)
  • Tafeln der griechischen, römischen, deutschen, englischen, französischen und italienischen Literaturgeschichte (Leipzig 1873–1875, 6 Tafeln)
  • Cicero historicus. Ciceros Geschichtsangaben (Leipzig 188l)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Biographisches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Richard Wolf: Freund, Wilhelm (1806–1894). In: Lateinische Wörterbücher – Eine illustrierte Bibliographie. Archiviert vom Original am 22. August 2018; abgerufen am 22. August 2018 (Erstzugriff: unbekannt; erneuter Zugriff wie angegeben).
  • Freund, Wilhelm. Indexeintrag. In: Deutsche Biographie. Abgerufen am 22. August 2018.
  • A. R. = A[braham Benedict] Rhine[14] Freund, Wilhelm. In: Isidore Singer (Projector and Managing Editor), The Jewish Encyclopedia. A descriptive record of the history, religion, literature, and customs of the Jewish people from the earliest times to the present day. Volume V, Funk and Wagnalls, New York/ London 1903, S. 509–510; Digitalisat: A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 509–510, abgerufen am 22. August 2018 (englisch). – mit „Bibliography:“
  • Freund, Wilhelm (1806–1894). (27.01.1806, Kempen – 04.06.1894, Breslau). Kalliopde-Verbund (überregionaler Verbund und zugleich das nationale Nachweisinstrument für Nachlässe, Autographen und Verlagsarchive), abgerufen am 22. August 2018 (Bestandsnachweise für Handschriften von W. Freund und Erwähnungen von W. Freunds in Handschriften Dritter).
  • Wilhelm Pökel: Freund, Wilhelm (* 1806). In: Philologisches Schriftsteller-Lexikon. Leipzig 1882, S. 83 (uni-hamburg.de [abgerufen am 22. August 2018] Digitalisierung durch Teuchos – Zentrum für Handschriften- und Textforschung (online gestellt: 2012; letzte Aktualisierung: 30.04.2014)).

[Quellenkritische Anmerkung: Abgesehen von dem – chronologisch vorausgehenden, aber sehr kurzen Eintrag – im Philologischen Schriftsteller-Lexikon scheinen fast alle Informationen auf Meyers. 4. Auflage. zu beruhen; allenfalls die beiden weiteren in der Jewish Encyclopedia genannten Fundstellen – davon insbesondere die erste; chronologisch ebenfalls vorausgehende – könnten eine davon Informationsgrundlage bieten.]

Digitalisierte Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wilhelm Freund. [Auflistung von digitalisierten Werken W. Freunds <mit Links>]. In: Deutsche Digitale Bibliothek. Stiftung Preußischer Kulturbesitz, abgerufen am 22. August 2018.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Freund, Wilhelm. In: The New international encyclopaedia. Daniel Coit Gilman, Harry Thurston Peck, Frank Moore Colby, 1902, S. 825, abgerufen am 4. September 2018 (englisch): „born of Jewish parents“. Vgl. Wilhelm Freund (Altphilologe). In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 6, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 677.: „geb. […] von israelitischen Eltern“
  2. Vgl.:
    • Freund, Wilhelm. In: The New international encyclopaedia. Daniel Coit Gilman, Harry Thurston Peck, Frank Moore Colby, 1902, S. 825, abgerufen am 4. September 2018 (englisch): „He was educated at Berlin, Breslau and Halle“
    und
    sowie
    • A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 509, abgerufen am 22. August 2018 (englisch): „He studied in Berlin and Breslau from 1824 to 1828“.
  3. Siehe:
    • A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 509, abgerufen am 22. August 2018 (englisch): „1828, when he opened a Jewish religious school in the latter city [Breslau], but was forced to close it on account of the opposition of the Orthodox“
    und
    • Wilhelm Freund (Altphilologe). In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 6, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 677.: „eröffnete 1828 in letzterer Stadt [Breslau] eine jüdische Religionsschule, die er aber, von seinen orthodoxen Glaubensgenossen angefeindet, bald wieder schloß“.
  4. Wilhelm Freund (Altphilologe). In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 6, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 677.: „lebte hierauf meist privatisierend, war jedoch inzwischen Lehrer am Elisabethanum in Breslau“ (Hervorhebung hinzugefügt). Anders („war nach seiner Promotion (1827) vor allem als Hauslehrer tätig: erst in Breslau, dann in Hirschberg (Schlesien)“), aber ohne Quellenangabe: Richard Wolf: Freund, Wilhelm (1806–1894). In: Lateinische Wörterbücher – Eine illustrierte Bibliographie. Archiviert vom Original am 22. August 2018; abgerufen am 22. August 2018 (Hervorhebung hinzugefügt).
  5. A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 509, abgerufen am 22. August 2018 (englisch): „From 1848 to 1851 he was provisional director of the gymnasium of Hirschberg, Silesia“.
  6. Wilhelm Freund (Altphilologe). In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 6, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 677.: „verwaltete 1848-51 provisorisch das Direktorat des Gymnasiums zu Hirschberg, machte 1851 eine größere Reise nach England, 1853 nach Graubünden und Tirol, um das dortige Romanisch kennen zu lernen“.
  7. Siehe:
    • A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 509, abgerufen am 22. August 2018 (englisch): „from 1855 to 1870 of the school of the Jewish community of Gleiwitz, which he organized according to plans of his own“
    und
    • Wilhelm Freund (Altphilologe). In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 6, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 677.: „war 1855-70 Direktor der nach seinem Plan organisierten höhern israelitischen Gemeindeschule in Gleiwitz und lebt seitdem in litterarischer Thätigkeit zu Breslau“.
  8. A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 509, abgerufen am 22. August 2018 (englisch): „He then devoted himself exclusively to literary labors in the field of philology.“
  9. Dietfried Krömer: Selbstverständlichkeiten? Zweisprachige Wörterbücher seit dem 16. Jahrhundert. In: Germania latina – Latinitas teutonica (Leitseite zum Kongress „Germania latina – latinitas teutonica“, der – veranstaltet vom Seminar für Geistesgeschichte und Philosophie der Renaissance (Ludwig-Maximilians-Universität München) – im September 2001 in München stattfand). Heinrich C. Kuhn, Eckhard Keßer, 2002, archiviert vom Original am 21. August 2018; abgerufen am 21. August 2018.
  10. A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 509, 510, abgerufen am 22. August 2018 (englisch, Übersetzung: „Freunds Hauptwerk, ‚Wörterbuch der Lateinischen Sprache‘ […], […], bildete die Grundlage für alle heutigen Latein-Englisch Wörterbücher und war für seinen Bereich das Standard-Handbuch einer ganzen Generation von Gelehrten. Es wurde von E. A. Andrews 1859 übersetzt und wurde seit der Zeit in England und Amerika bereit genutzt. Die in Schulen Colleges konkurrierenden Bücher waren in beiden Ländern im wesentlich Nachdrucke oder gekürzte Fassungen von Freunds Wörterbuch.“).
  11. A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 510, abgerufen am 22. August 2018 (englisch). Siehe zum Beginn des Zitat auch Allgemeine Zeitung des Judentums Heft 7/1886, S. 93 (= S. 13 des Digitalisats) (die letzten fünf Zeilen des Absatzes oben rechts): „Dieser Gelehrte nahm auch einen regen Antheil an den inneren Kämpfen der Breslauer Gemeinde (‚Fünf Sendschreiben an Geiger‘ Breslau 1846) sowie an dem Kampf um die bürgerliche Stellung der Juden in Preußen (‚Zur Judenfrage[‘] Heft 1–12 Hefte, Berlin und Breslau 1843. 1844.)“
  12. Richard Wolf: Freund, Wilhelm (1806–1894). In: Lateinische Wörterbücher – Eine illustrierte Bibliographie. Archiviert vom Original am 22. August 2018; abgerufen am 22. August 2018.
  13. Siehe:
    • Freund, Wilhelm. In: The New international encyclopaedia. Daniel Coit Gilman, Harry Thurston Peck, Frank Moore Colby, 1902, S. 825, abgerufen am 4. September 2018 (englisch): „His great work is ‚Wörterbuch der Lateinischen Sprache‘ (1834-45)“
    und
    • A[braham Benedict] Rhine: Freund, Wilhelm. In: Jewish Encyclopedia. 1901-1906. Isidore Singer (Projector and Managing Editor), S. 509–510, abgerufen am 22. August 2018 (englisch): „Freund's principal work, ‚Wörterbuch der Lateinischen Sprache‘ (4 vols., Leipsic, 1834-45)“.
  14. Siehe:
    • Isidore Singer (Projector and Managing Editor), The Jewish Encyclopedia. A descriptive record of the history, religion, literature, and customs of the Jewish people from the earliest times to the present day. Volume V, Funk and Wagnalls: New York/ London 1903, xi (Contributors to Volume V): „A.R... ......A. Rhine, Rabbi, Hot Springs, Ark.“ (auch: http://www.jewishencyclopedia.com/contribs/329 <Archivierung> [04.09.2018])
    und
    • Hot Springs Congregations. In: Encyclopedia of Southern Jewish Communities. Archiviert vom Original am 4. September 2018; abgerufen am 4. September 2018.: „In 1902, Hot Springs had the good fortune to hire a young man named Abraham Benedict Rhine who had just been ordained by Hebrew Union College. Rabbi Rhine spent his entire thirty-nine-year rabbinic career in Hot Springs, which is the longest continuous rabbinic service in Arkansas Jewish history.“