Wolfsches Gehänge

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Wolfsches Gehänge, Querschnitt

Ein Wolfsches Gehänge[1] (auch Wolfsches Schwebewerk[2], nach dem kgl. bayerischen Baurat August Wolf) ist ein Parallelwerk im Wasserbau aus Pfahlreihen mit angehängten Faschinen. Es wurde entwickelt, um die Nebenarme stark geschiebeführender Flüsse schneller verlanden zu lassen.

Funktionsprinzip[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wolfsches Gehänge vor und nach der Wirkung

Im 19. Jahrhundert begann man, die damals noch mäandernden großen Flüsse durch Begradigung schiffbar zu machen mit dem weiteren Zweck, die Überschwemmungsgefahr für Ortschaften in den Flussniederungen durch Dammbau und die Verlandung der Nebenarme zu senken. Dies geschah entweder mit Durchstichen an den Flussschlingen wie bei der Rheinbegradigung oder indem man neue Uferlinien anlegte und so das Flussbett verschmälerte. Dafür wurden Leitwerke im Fluss errichtet, die man durch Querbauten mit dem bestehenden Ufer verband. Der Bereich zwischen Leitwerk – dem Prinzip nach im Fluss stehende Palisaden – und bisherigem Ufer verlandete mit der Zeit.

Bei den großen, bisher zum Flößen genutzten Gebirgsflüssen bestand das Problem, dass feste Leitwerke das relativ grobkörnige, an der Flusssohle mitgeführte Material (Geschiebe genannt) nicht durchließen und die klaren Gewässer kaum feine Schwebstoffe mitführten, die zur Verlandung der Altgewässer geführt hätten. Des Weiteren stand zu befürchten, dass die Leitwerke beim Hochwasser der Schneeschmelze im Frühjahr durch die starke Geschiebeführung beschädigt wurden. Um dem zu begegnen, entwarf der bayerische Baurat August Wolf Leitwerke und Querbauten, die nicht fest, sondern in Richtung Altwasser durchlässig waren. Er wählte dazu die Form eines durch Pfähle gestützten Stangenzauns, an dessen Unterseite Faschinen im Wasser schwebend angebracht wurden. Auf diese Weise ließ dieses Schwebewerk auch gröbere Steine am Flussgrund passieren – jedoch nur in Richtung des Altwassers – und verlangsamte gleichzeitig die Strömung in Ufernähe, was die Ablagerung und Verlandung beschleunigte. In den 1880er Jahren erzielte er damit bei der Isarregulierung mit geringem Aufwand rasche Erfolge, so dass das Wolfsche Gehänge auch bei anderen Flussregulierungen eingesetzt wurde. Als wesentliches Element stellten sich dabei im Lauf der Zeit weniger die Faschinen als die Pfähle heraus, die alleine schon zur Richtungsänderung des Stroms und Verfrachtung des Geschiebes durch die Pfahlzwischenräume in die zu verlandenden Nebenarme sorgten.[3] Nach erfolgter Verlandung wurde das Schwebewerk einfach in die neue Uferbefestigung integriert und überbaut.

Heute wird eine weitere Regulierung von Wildflüssen in Mitteleuropa nicht mehr angestrebt, vielmehr wird zum Hochwasserschutz die Schaffung neuer Rückhalteflächen propagiert. Dennoch findet das Wolfsche Gehänge noch Verwendung, und zwar zur Strukturverbesserung bei der Renaturierung von Gewässern.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • August Wolf und Specht: Über Flußkorrektionen an der Isar im Bauamtsbezirke Landshut. In: Wochenblatt für Baukunde 1885, S. 344; 1886, S. 24.
  • August Wolf: Über Regulierung geschiebeführender Flüsse und Wasserläufe. In: Wochenblatt für Baukunde 1886, S. 739.
  • August Wolf: Neuere Strombauten an der Isar. In: Zeitschrift für Bauwesen 36, 1886, Sp. 515–528. (online, S. 265)
  • Max Buchwald: Die Bändigung der Wasserläufe im Gebirge. In: Prometheus. Illustrierte Wochenschrift über die Fortschritte in Gewerbe, Industrie und Wissenschaft 28. Jahrgang, Nr. 1446, 1917, S. 647–648. (online, S. 6)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gehänge (2), in Lueger, Lexikon der gesamten Technik, 1904
  2. Ueber neuere Flussbaumethoden und über das letzte Hochwasser in Cilli, Vortrag des Herrn k. k. Oberingenieur Kajetan Krischan, gehalten in der Wochenversammlung des Grazer Polytechnischen Clubs am 22. November d. J., in: Deutsche Wacht vom 12. Dezember 1901, 26. Jg., Ausgabe 99.
  3. Eduard Faber: Die Verbesserung der in einen beweglichen Boden eingebetteten, geschiebeführenden Flüsse, in: Denkschrift über die Verbesserung der Schiffbarkeit der bayrischen Donau und über die Durchführung der Gross-Schiffahrt bis nach Ulm. München, 1905, S. 61 (PDF online, 1,87 MB)
  4. Revitalisierung kleiner Fließgewässer im Berg- und Hügelland: Gewässerstrukturverbesserung und Ausgleich der Wasserführung, Bericht über die Tagung der Gesellschaft für Ingenieurbiologie am 3. und 4. 9.2004 in Lichtenfels (Memento vom 26. Juni 2013 im Webarchiv archive.today)