Zerbrochene Sterne

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Zerbrochene Sterne ist eine Science-Fiction-Anthologie aus siebzehn Kurzgeschichten und drei Essays verschiedener chinesischer Schriftsteller, welche am 9. März 2020 beim Heyne Verlag erschienen ist. Die Übersetzung stammt von Karin Betz, Lukas Dubro, Johannes Fiederling, Marc Hermann, Kristof Kurz, Felix Meyer zu Venne und Chong Shen.

Kurzgeschichten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gute Nacht, Traurigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Xia Jia, veröffentlicht unter dem Originaltitel 晚安忧郁 (Pinyin wǎn'ān yōuyù) im Juni 2015; übersetzt von Marc Hermann.

Dongdong, ein mit künstlicher Intelligenz ausgestatteter Plüschseehund, wird zur Protagonistin geliefert und trifft dort auf Sissi, eine mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Puppe. Die Protagonistin leidet an Depressionen sowie Melancholie und geht etwa mit den beiden künstlichen Intelligenzen in den Stadtpark oder ins Disneyland nach Lanzhou und erhält deren Zuneigung, als sie weinend aufwacht. Die beiden künstlichen Intelligenzen werden dabei zu einem zentralen Rettungsanker in ihrem Leben. Parallel wird die Geschichte von Alan Turing erzählt, der seinen ersten Computer nach seinem engen Kindheitsfreund Christopher Morton benannte, der früh an Tuberkulose starb. Alan Turing war in ihn verliebt gewesen und beging später Suizid durch einen in Cyanid getauchten Apfel, nachdem seine Homosexualität bekannt wurde und ihm eine schmerzvolle Therapie aufgezwungen wurde. Die Geschichte schildert ein fiktives Gespräch zwischen Alan und der künstlichen Intelligenz Christopher, in welcher das Problem des Turing-Testes, ob sich Maschinen überzeugend als reale Menschen ausgeben können, geschildert wird. Dabei geht es jedoch lediglich um die Beantwortung von Fragen. Alan vertraut Christopher seine schlimmste Angst an, dass sein Leben letztendlich durch einen einzigen Syllogismus zusammengefasst wird: Turing believes machines think. (Turing glaubt, Maschinen denken.) Turing lies with men. (Turing lügt/schläft mit Männern.) Therefore machines do not think. (Also können Maschinen nicht denken.) Im Disneyland in Lanzhou liest die Protagonistin einen Kommentar über den dort geschehenen Suizid einer jungen Frau, die dorthin reiste in dem Glauben, die ganze Freude des Parks würde ihr die Kraft für einige weitere Tage geben, doch letztendlich erkannte, keine mehr zu haben. Daraufhin wurden blaue Nilpferde im Park eingeführt, die umarmt werden können. Nach dem Besuch verbessert sich der Zustand der Protagonistin letztendlich so weit, dass sie weder Dongdong noch Sissi mehr als Hilfe braucht.

Mondnacht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Liu Cixin, veröffentlicht unter dem Originaltitel 月夜 (Pinyin yuèyè) im Februar 2009; übersetzt von Karin Betz.

Beim ersten Anblick von Shanghai im Mondlicht, erhält der Protagonist einen Anruf von sich selbst aus dem Jahr 2123. Die Nutzung von fossilen Energieträgern wie Kohle und Erdöl hat die Polkappen schmelzen lassen. Shanghai ist inzwischen überflutet. Der zukünftige Protagonist schickt dem gegenwärtigen Protagonisten eine Mail mit einer neu entwickelten Technologie, um Ackerland über das in der Erde enthaltene Silizium in riesige Flächen von Solarzellen umzuwandeln, und legt auf. Einige Minuten später erhält der Protagonist einen zweiten Anruf von sich selbst aus dem Jahr 2119. Die Nutzung von Ackerland zur Energiegewinnung hat zwar funktioniert, jedoch eine verheerende Hungersnot heraufbeschworen. Der zukünftige Protagonist schickt dem gegenwärtigen Protagonisten eine weitere Mail mit einer neu entwickelten Technologie, um die Erdwärme zur Energiegewinnung zu nutzen, und legt erneut auf. Einige Minuten später erhält der Protagonist einen dritten und letzten Anruf von sich selbst aus dem Jahr 2125. Die Energiegewinnung aus der Erdwärme schwächte langsam das Magnetfeld der Erde und ließ tödliche UV-Strahlung von der Sonne bis zur Erdoberfläche vordringen. Sämtliche Städte sind inzwischen unterirdisch gebaut worden und ein Betreten der Erdoberfläche ist nur mit einem Schutzanzug möglich. Der zukünftige Protagonist verlangt vom gegenwärtigen Protagonist die Löschung beider vorheriger Mails und legt dann auf. Der Protagonist kommt dem nach und schaut anschließend wieder zum aufgehenden Mond hinauf bei dem Gedanken, dass letztendlich überhaupt nichts passiert ist.

Zerbrochene Sterne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Tang Fei, veröffentlicht unter dem Originaltitel 碎星星 (Pinyin suì xīngxīng) im September 2016; übersetzt von Karin Betz.

Als kleines Mädchen erfährt Tang Jiaming vom Tod ihrer ertrunkenen Mutter. Seitdem sieht sie eine bleiche Frau, die mithilfe der Sterne die Zukunft vorhersagen kann. Diese stehe wortwörtlich „in den Sternen“. Während Tang Jiaming auf die Schule geht, lernt sie wie verschobene oder sogar zerbrochene Sterne die Zukunft zerstören können. Sie zerbricht die Sterne ihrer Mitschülerin Zhu Yin und lässt ihren toten Körper anschließend von Zhang Xiaobo finden, der für sie schwärmte. Anschließend zerbricht sie die Sterne der bleichen Frau und lässt ihr Fleisch von Zhang Xiaobo verzehren, das sei ihm von Geburt an vorherbestimmt gewesen. Anschließend zerbricht Tang Jiaming alle weiteren Sterne, bis beinahe vollkommene Dunkelheit herrscht. Nur ihr eigener Stern leuchtet noch hell am Himmel.

U-Boote[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Han Song, veröffentlicht unter dem Originaltitel 潜艇 (Pinyin qiántǐng) am 17. November 2014; übersetzt von Karin Betz.

Schon seit ihrer Kindheit beobachten die Dorfbewohner der Umgebung am Ufer des Yangtse die dortigen U-Boote. Zu Grundschulzeiten wurden die U-Boote noch gezeichnet und zu Gymnasiumszeiten tauchen einige mutige Kinder sogar zu ihnen hinab. Eines Nachts bricht ein Feuer auf einem der U-Boote aus, die in Wahrheit aus Holz bestehen, und führt zu einer regelrechten Katastrophe. Flammen tanzen über den Yangtse, anschließend treiben die Überreste hinab. Zahlreiche Menschen beobachten das Ereignis die ganze Nacht hindurch. Ab diesem Tag tauchte nie wieder ein U-Boot im Yangtse auf.

Salinger und die Koreaner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Han Song, veröffentlicht unter dem Originaltitel 塞林格与朝鲜人 (Pinyin sāilíngé yǔ cháoxiǎnrén) im Jahr 2016; übersetzt von Karin Betz.

Ein kosmischer Beobachter lädt den obdachlosen J. D. Salinger in New York City zu McDonald’s ein. In dieser durch eine kosmische Vorsehung veränderte Welt gelang dessen Werk „Der Fänger im Roggen“ zwar nicht in der westlichen Welt, aber dafür in Nordkorea der Durchbruch. Geschuldet ist dies jedoch einem Vorwort des Übersetzers zur Interpretation in Bezug auf den Kapitalismus, die von den Nordkoreanern als dessen Entlarvung interpretiert wird. Die nordkoreanische Armee erobert anschließend davon inspiriert mithilfe des „Tempospartialen Quantentopolators“, einer verheerenden Superwaffe, die gesamte Welt. Die nordkoreanische Propagandaabteilung sucht Salinger in seiner Heimat in New Hampshire auf, welcher sich jedoch einfach durch seine Art jedem Gespräch verweigert und schluchzend zusammenbricht. Daraufhin wird sein Haus zerstört, was ihn ins Vagabundenleben zwingt und obdachlos nach Süden treibt.

Der herabhängende Himmel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Cheng Jingbo, veröffentlicht unter dem Originaltitel 倒悬的天空 (Pinyin dàoxuán de tiānkōng „Umgekehrter Himmel“) im Dezember 2004; übersetzt von Lukas Dubro, Felix Meyer zu Venne und Chong Shen.

In Regensstadt, der Heimat des Delfins Giana in der Flachwasser-Bucht, gibt es ein riesiges Kristallgewölbe als Dach, an dem das Wasser kondensiert und hinabtropft. Als die Gravitation einer anderen vorbeiziehenden Welt das Kristallgewölbe erschüttert, bricht Giana hindurch und landet im Meer der anderen Welt, während in ihrer Heimat erstmals die Sterne zu sehen sind. Giana scheint daraufhin selbst als Stern über diese, das sei die Legende des Sternbildes Delphinus.

Großes steht bevor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Baoshu, veröffentlicht unter dem Originaltitel „What Has Passed Shall in Kinder Light Appear“ im März/April 2015; übersetzt von Johannes Fiederling.

Der Neujahreszug[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Hao Jingfang, veröffentlicht unter dem Originaltitel 过年回家 (Pinyin guònián huí jiā „Rückkehr an Neujahr“) im Januar 2017; übersetzt von Marc Hermann.

Ein Zug mit einem neuartigen Raumzeitantrieb (welcher parallel in einem Fernsehinterview vom verantwortlichen Physiker Li Dapang erklärt wird) verschwindet unerwartet, taucht jedoch nach erfolgreicher Reparatur wieder auf. In der Außenwelt sind nur sechs Stunden vergangen, an Bord des Zuges jedoch viele Tage. Nach Beendigung des Interviews fragt sich der Reporter, warum die Passagiere überhaupt nicht entzürnt, sondern glücklich über den Vorfall waren. Li Dapang entgegnet darauf, dass es keinen Grund gebe: Sie hatten erkannt, dass sie trotzdem zum geplanten Zeitpunkt ankommen würden, also gewissermaßen einfach Zeit geschenkt bekamen, und daher die Reise selbst noch länger genießen konnten. Wunderlicherweise rasen Menschen oft selbst dann, wenn das Ziel (wie etwa der Tod) längst feststeht, trotzdem auf das Ende zu.

Der Roboter, der gerne Quatsch erzählte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Fei Dao, veröffentlicht unter dem Originaltitel 爱吹牛的机器人 (Pinyin ài chuīniú de jīqìrén „Gerne prahlender Roboter“) im November 2014; übersetzt von Karin Betz.

Es war einmal ein König, der immerzu rechtschaffen war und stets die Wahrheit sagte, aber dessen Sohn ein angeberisches Großmaul war. Erst nach der Thronbesteigung beginnt dieser, sich um seinen Ruf zu sorgen und lässt daher einen Roboter bauen, welcher im Reich herumreisen und noch viel größeren Quatsch erzählen sollte. Der Roboter erfüllt seine Aufgabe einwandfrei, denkt sich haarsträubende Abenteuer aus und verbreitet äußerst kuriose Behauptungen, wie etwa, dass es überhaupt nicht stimmen könne, dass niemand das Reich des Todes verlassen könne, da der Tod selbst es tue, oder das alle Menschen ihre eigenen Zwillinge seien. Die Kurzgeschichte endet mit dem Gedanken, dass Erwachsene nie ihre Kinder ernst nahmen, wenn diese ihnen Quatsch erzählten. Der Roboter meint jedoch, gerne weiterhin behilflich zu sein, solange ihm zugehört würde und die Leute sich unterhalten fühlten und lachen würden.

Der Schnee von Jinyang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Zhang Ran, veröffentlicht unter dem Originaltitel 晋阳三尺雪 (Pinyin jìnyáng sān chǐ xuě „Drei Fuß Schnee in Jinyang“) im Januar 2014; übersetzt von Lukas Dubro, Felix Meyer zu Venne und Chong Shen.

Das Restaurant am Ende des Universums: Laba-Porridge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Anna Wu, veröffentlicht unter dem Originaltitel 宇宙尽头的餐馆腊八粥 (Pinyin yǔzhòu jìntóu de cānguǎn làbāzhōu) im Mai 2014; übersetzt von Lukas Dubro, Felix Meyer zu Venne und Chong Shen.

Im Restaurant am Ende des Universums, geführt von einem Vater und seiner Tochter aus China, gibt es für jede erzählte Geschichte, die dem Hausherren gefällt, eine kostenlose Mahlzeit. Ein Gast erzählt die Geschichte von Ah Chen, welcher versuchen will, ein erstklassiger Schriftsteller zu werden und sich dafür Erinnerung von fünf anderen Menschen aus anderen Universen hinunterläd. Alles bleibt jedoch im Gleichgewicht und Ah Chen verliert daher die Fähigkeit zur Liebe für seine Frau Ci, wodurch sie an gebrochenem Herzen stirbt. Ah Chen sieht in seinem Geiste das Abbild des fünften Menschen, dessen Erinnerungen er besorgte und welcher ihm rät, was einen erstklassigen Schriftsteller wirklich auszeichnet. Es ist der Besitzer des Restaurants am Ende des Universums, welcher gerade eine Portion Laba-Porridge serviert, wie Ci es stets für Ah Chen tat. Ah Chen veröffentlicht daraufhin eine Geschichte, die auf den Tagebüchern von Ci basiert.

Des ersten Kaisers liebstes Spiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Ma Boyong, veröffentlicht unter dem Originaltitel 秦始皇的假期 (Pinyin qínshǐhuáng de jiàqī) im Juni 2010; übersetzt von Karin Betz.

Qin Shihuangdi (in der Kurzgeschichte bezeichnet als Qin Shihuang), der erste Kaiser von China, spielt in einer alternativen Welt, in welcher die von ihm begründete Qin-Dynastie (221–207 v. Chr.) bereits moderne Technologien kennt (und etwa die lange Mauer stattdessen eine große Firewall ist), leidenschaftlich gerne Computerspiele. Bei Civilization ist er jedoch zu kriegslüstern und bringt sein eigenes Volk gegen sich auf, bei Call of Duty ärgert er sich zu sehr über die nie enden Angriffe. Bei einem Ausflug wird der Wagen von Qin Shihuangdi von einem anfliegenden Eisenhammer zerstört, fortan ist ihm Angry Birds zuwider. Bei der Suche nach einem ganz neuen Spiel bezahlt Qin Shihuangdi einen Händler mit einer nach Penglai (Stadtbezirk der Küstenstadt Yantai in der Shandong-Provinz) geschickten Flotte an Schätzen. Während Qin Shihuangdi sich bereits freut, verrät ihm ein Berater, den Namen des von ihm gekauften Spiels herausgefunden zu haben: Duke Nukem Forever

Spiegelbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Gu Shi, veröffentlicht unter dem Originaltitel 倒影 (Pinyin dàoyǐng) im Juli 2013; übersetzt von Marc Hermann.

Der Professor Mark führt seinen Masterstudenten Ed Lin unerwartet zu einer Hellseherin, die ihm mitteilt, dass sie sich irgendwann kennen werden. Viele Jahre später hat Ed Lin eine journalistische Laufbahn eingeschlagen und soll erneut die Hellseherin, die inzwischen zahlreiche bedeutende Ereignisse vorhergesehen hat, besuchen und mit ihr ein Interview führen. Die Hellseherin hat sämtliche Antworten bereits vorbereitet und verrät Ed Lin die Quelle ihrer Gabe. Ihre Erinnerungen sind verdreht, sie erinnert sich an die Zukunft, aber dafür nicht an die Vergangenheit. Das hat zahlreiche seltsame Konsequenzen, etwa weiß sie von einer früheren Begegnung mit Ed Lin daher überhaupt nichts, meint aber, es würde noch eine letzte in der Zukunft geben. Viele Jahre später erfährt Ed Lin bei dieser Begegnung die Wahrheit aus einer Untersuchung von Mark zu einem allwissenden Menschen, welcher über Erinnerung an Vergangenheit und Zukunft verfügt und sich dadurch in zwei Persönlichkeiten aufgespalten hatte. Ed Lin erinnert sich vor einem Spiegel an genau diesen Moment, als seine Eltern in ein Auto stiegen und ihm der bevorstehende Autounfall klar wurde.

Brainbox[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Regina Kanyu Wang, veröffentlicht unter dem Originaltitel „The Brain Box“ (keine Publikation auf Chinesisch) im Jahr 2017; übersetzt von Johannes Fiederling.

Mithilfe den Aufzeichnungen einer Brainbox, welche ununterbrochen die Gehirnaktivität eines Menschen aufzeichnet, jedoch nur eine Speicherkapazität von fünf Minuten hat, erlebt der Witwer Fang Rui die letzten Gedanken seiner Ehefrau Zhao Lin vor ihrem Tod in einem Flugzeugabsturz. Dabei zeigt sich, dass sie sich bezüglich ihrer Liebe zu ihm andauernd selbst belog und seinen Heiratsantrag nach einer Bedenkzeit ausschlagen wollte. Fang Rui wacht auf und, unfähig dies zu akzeptieren, beginnt sofort damit, sich ebenfalls selbst über ihre angeblich große Liebe zu belügen.

Das Licht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Chen Qiufan, veröffentlicht unter dem Originaltitel 开光 (Pinyin kāiguāng) im Januar 2015; übersetzt von Marc Hermann.

Zhou Chongbai, dessen Eigenname durch eine Begegnung seiner Eltern mit einem buddhistischen Mönch kurz nach Geburt geändert wurde, arbeitet als Erwachsener an der App „Truthgram“, bei welcher hochgeladene Fotos mit einem unsichtbaren Siegel versehen werden, sodass selbst nach starker Bearbeitung oder Zuschnitt daraus wieder die ursprüngliche Version herstellbar ist. Dieses unsichtbare Siegel ist dabei eine moderne Version eines Segens eines buddhistischen Mönches, welche ebenfalls in Bildern auf der App geteilt werden. Zhou Chongbai lässt die App daraufhin selbst mit dem Licht eines buddhistischen Mönches segnen, als „Buddhagram“ vollbringt diese schließlich zahlreiche Wunder und geht dadurch auf WeChat und Weibo viral. Selfies heilen plötzlich Krebskranke oder verhindern Autounfälle. Zhou Chongbai wird daraufhin bedrängt, den buddhistischen Mönch öffentlich zu enthüllen, wobei Schauspieler die erfolgreiche Suche nach ihm sogar auf der App fälschen. Zhou Chongbai sucht ihn daraufhin auf und erfährt, dass sein Leben nun zerstört sei. Sein Meister ist inzwischen der festen Überzeugung, dass das Universum selbst von Buddha mit einem unsichtbaren Siegel wie das aus der App ausgestattet wurde und sucht in Aufnahmen der kosmischen Hintergrundstrahlung nach Beweisen. Seiner Vorstellung nach hat die App durch die Verbreitung gesegneter Lichter auf die Programmierung des Universums selbst zugriffen. Zhou Chongbai kehrt nach Hause zurück, bekommt später einen Sohn und sieht dabei ein helles LIcht.

Eine kurze Geschichte zukünftiger Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Chen Qiufan, veröffentlicht unter dem Originaltitel 未来病史 (Pinyin wèilái bìngshǐ) im April bis Dezember 2012; übersetzt von Marc Hermann.

  • iPad-Syndrom: Der zunehmende technologische Fortschritt von iPads überlastet zunehmend die Sinne und das diese verarbeitende Gehirn. Gleichzeitig benutzen immer mehr Säuglinge ein iPad. Eine neue Generation wächst auf, welche Technologie als Erweiterung ihres eigenen Körpers wahrnimmt und daher nicht mehr die Fähigkeit besitzt, sich in die menschliche Gesellschaft zu integrieren.
  • Pathoästhetik: Die sich durch die gesamte Geschichte ziehende Suche nach Hilfsmitteln zur Auffrischung der eigenen Schönheit führt schließlich zur Implantierung von Chips zur externen Kontrolle der eigenen Muskeln.
  • Kontrollierte Persönlichkeitsspaltung: Das Zeitalter des Internets erlaubte es, digital ein komplett anderer Mensch mit ganz anderer Persönlichkeit zu sein. Im zweiundzwanzigsten Jahrhundert ist es durch Schnittstellen zwischen dem menschlichen Gehirn und Computern sogar möglich, in der Realität zwischen verschiedenen Persönlichkeiten zu wechseln.
  • Zwillingselegien: Die Einnahme einer paarweise wachsenden Pflanze aus dem Amazonasdschungel garantiert die Geburt von Zwillingen. Schnell stellt sich heraus, dass diese telepathisch miteinander verbunden sind. Das amerikanische Militär benutzt daraufhin diese Zwillinge zur Spionage in Ostasien. Als sich die Zwillinge Peter und David beide in eine Japanerin verlieben, will der daheimgebliebene Peter mit dem hinausgereisten David die Rolle tauschen. David weigert sich, woraufhin Peter mit ihm zahlreiche Wahnvorstellungen kommuniziert. David ermordet die Japanerin und begeht Suizid, was jedoch auch Peter sofort umbringt. Die anderen Zwillinge sind schockiert, einige begehen verzweifelt Suizid, andere begeben sich in den Kälteschlaf für eine Heilung in der Zukunft. Bei einigen Paaren will jedoch nur ein Zwilling in den Kälteschlaf, also wird sich auf einen Wechsel alle zehn Jahre geeinigt.
  • Der neue Mond: Im dreiundzwanzigsten Jahrhundert fängt die Erde einen kleinen Asteroiden als neuen Mond ein. Mysteriöserweise scheint dieser das Wachstum von Föten und Pflanzen zu beeinflussen und treibt Menschen durch sein Licht in den Wahnsinn.
  • Neotenie: Das durch die moderne Medizin verlängerte Leben der Menschen verlagert langsam die Entwicklung des Körpers, sodass die Länge der Jugend auf zwanzig Jahre anwächst und Menschen erst mit dreißig Jahren voll geschlechtsreif sind.
  • Ritualabhängigkeit/-abstinenz: Die ständige Wiederholung der immer gleichen alltäglichen Aktionen hat die Menschen in Rituale gezwungen, die irgendwann von Computern kontrolliert werden können. Gemeinsam zu sterben sei dabei das größte aller Rituale.
  • Chaotisches Zeitgefühl: Die Kontrolle des Zeitempfindens des menschlichen Gehirns erlaubt es Menschen, diese komplett anders wahrzunehmen, sogar als Schleife wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“.
  • Zungenrede: Über einen implantierten Chip können Menschen durch Glückshormone belohnt oder durch Elektroschocks bestraft werden, wenn sie etwas Gutes oder Schlechtes sagen. Letztendlich führt diese Technologie zu einer Welt ganz ohne Sprache.

Kurze Einführung in die chinesische Science-Fiction-Literatur und die Fan-Szene in China[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Regina Kanyu Wang, veröffentlicht unter dem Originaltitel „A Brief Introduction to Chinese Science Fiction and Fandom“ im November 2016; übersetzt von Kristof Kurz.

Geschildert wird die Einteilung der Genres, die Geschichte und der Prozess der Veröffentlichung von Science-Fiction in China, die Entwicklung der Fangemeinden und herausgebenden Magazine dafür sowie der aktuelle Zustand und die wichtigsten Schriftsteller und Schriftstellerinnen, darunter die drei „Großmeister“ Liu Cixin, Wang Jinkang und Han Song.

Ein neuer Kontinent für Literaturwissenschaftler: Studien zu chinesischer Science-Fiction[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Song Mingwei, veröffentlicht unter dem Originaltitel „A New Continent for China Scholars: Chinese Science Fiction Studies“ im Jahr 2017; übersetzt von Kristof Kurz.

Auf einer von der Universität Harvard und der Universität Fudan veranstalteten Tagung zu chinesischer Science-Fiction in Shanghai kamen Han Song und Fei Dao am 13. Juli 2010 um 15:30 mit einer zehnminütigen Rede zu ihrem Genre zu Wort. Daraufhin begann das Interesse an der internationalen Veröffentlichung chinesischer Science-Fiction. Song Mingwei stellte über die nächsten zwei Jahre einige Kurzgeschichten zusammen während Ken Liu kurz darauf mit der Übersetzung von Die drei Sonnen begann. Das Originalmanuskript dazu hatte Song Mingwei vor Veröffentlichung bekommen, jedoch nur zwei Kapitel gelesen. Vor diesem langen Wendepunkt blickt das Essay auf die Ereignisse und Veröffentlichungen zurück, die dazu geführt hatten.

Das Schamgefühl ist überwunden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

von Fei Dao, veröffentlicht unter dem Originaltitel 科幻: 一种被治愈的尴尬症 (Pinyin kēhuàn: yī zhǒng bèi zhìyù de gāngà zhèng) im Jahr 2017; übersetzt von Lukas Dubro, Felix Meyer zu Venne und Chong Shen.

Auf einer Veranstaltung vor vielen Jahren verkündete einst ein namhafter chinesischer Regisseur, dass sein nächster Film sich wieder mit der Vergangenheit beschäftigen würde. Die Frage von Fei Dao nach einer Behandlung der Zukunft stößt dabei nur auf Gelächter des Publikums, welches das Genre der Science-Fiction für unrealistisch und realitätsfern hält. Nach der Veröffentlichung von Jenseits der Zeit von Liu Cixin im Jahr 2010 rückt das Genre jedoch zunehmend in die Augen der Öffentlichkeit und ein anderer namhafter chinesischer Regisseur dreht daraufhin einen Film über die nahe Zukunft.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für „Gute Nacht, Traurigkeit“ bediente sich Xia Jia bezüglich der Recherche über künstliche Intelligenz der Turing-Biographie „Alan Turing: The Enigma“ von Andrew Hodges, welche ebenfalls die Grundlage für den Spielfilm The Imitation Game war, dem Artikel „Why can't my Computer understand me?“ von Gary Marcus aus der New York Times[1], dem Paper „Logical Limitations to Machine Ethics with Consequences to Lethal Autonomous Weapons“ von Matthias Englert, Sandra Siebert und Martin Ziegler[2] sowie dem Paper „On our best behaviour“ von Hector Levesque.[3] Inspiriert vom Turing-Test, mit welchem untersucht wird, ob Maschinen sich überzeugend genug als Menschen ausgeben zu können, schickte Xia Jia mehrere Auszüge ihrer Kurzgeschichte ohne Kontext an Bekannte, um zu untersuchen, ob diese sich überzeugend genug als reale Schilderungen ausgeben können.

Das Restaurant am Ende des Universums in der Kurzgeschichte von Anna Wu stammt aus dem gleichnamigen zweiten Teil der Romanreihe Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams, welcher darin ein gleichnamiger Reiseratgeber ist und in der Kurzgeschichte von Anna Wu ebenfalls erwähnt wird. Das deutet an, dass die Kurzgeschichte im gleichen Universum angesiedelt ist. Die ebenfalls erwähnten „Drei-Körper-Menschen, so groß wie eine Streichholzschachtel vom System Alpha Centauri“ sind eine Referenz auf die Trisolarier (im chinesischen Original 三体人, Pinyin sāntǐrén, wörtlich „Drei-Körper-Mensch“) aus der Trisolaris-Trilogie von Liu Cixin, deren Größe jedoch darin nicht erwähnt wird. Die semikanonische Fortsetzung Botschafter der Sterne von Baoshu gibt zudem eine andere Antwort auf deren Größe.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Kai U. Jürgens von diezukunft.de fällt die Liebesgeschichte in der Kurzgeschichte von Baoshu „etwas matt“ aus, aber „schon wegen der Grundidee lohnt sich die Lektüre allemal“. Die zweite Kurzgeschichte von Chen Qiufan ist eine „ironische Übersicht“ und kommt „ohne Figuren und Handlung im herkömmlichen Sinne“ aus, was aber in diesem Fall „nur von Vorteil“ ist. Die Kurzgeschichte von Tang Fei habe „nichts mit Science-Fiction“ zu tun, bleibe aber „aufgrund ihrer irritierenden Stimmung in Erinnerung“. Die Kurzgeschichten von Han Song seien einer „ganz eigenen Erzählwelt [....] verpflichtet“. Die erste „entfaltet magischen Realismus“ und die zweite ist „eine ironische Geschichte, aber nicht ohne Seitenhieb auf die Rolle von Kultur innerhalb von totalitären Systemen“.[4]

Für Gunter Barnewald von phantastiknews.de ist die Kurzgeschichte von Baoshu die „mit Abstand stärkste Erzählung“ sowie „wirklich große Literatur“ und „auch die drei Essays sind interessant, informativ und sehr lesenswert“, während „die restlichen Werke keine Meisterwerke sind“. Zwar sind diese „nette Märchen“ oder eine „lesbare Allegorie“, aber „klare Erzählstrukturen sind eher Mangelware“ und seien teils „unlogisch und manchmal fast sprunghaft“.[5] In einer anderen Kritik (zu dessen Botschafter der Sterne) wird die Kurzgeschichte von Baoshu als „geniale Novelle“ bezeichnet.[6]

Für Heike Lindhold von teilzeithelden.de ist die Anthologie „vielgestaltig und abwechslungsreich“. Es ist die „brillante Novelle“ von Baoshu, „die sich in dieser Hinsicht wirklich hervortut“. Die Schreibstile seien sehr unterschiedlich und „Erzählperspektive und Vokabular variieren“ recht stark, die Kurzgeschichte von Zhang Ran sei etwa „besonders mitleidlos“ geschildert. Das Fazit ist eine „vielfältige und themenreiche Literaturszene“ mit Kurzgeschichten, die „ebenso lehrreich wie unterhaltsam“ sind.[7]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gary Marcus: Why can't my computer understand me? In: New York Times. 14. August 2013, abgerufen am 28. Juli 2023 (englisch).
  2. Matthias Englert, Sandra Siebert, Martin Ziegler: Logical Limitations to Machine Ethics with Consequences to Lethal Autonomous Weapons. 11. November 2014, abgerufen am 28. Juli 2023 (englisch).
  3. Hector J. Levesque: On our best behaviour. (PDF) Abgerufen am 28. Juli 2023 (englisch).
  4. Kai U. Jürgens: Mehr von Cixin Liu und anderen SF-Autoren aus China. 24. September 2020, abgerufen am 12. September 2023.
  5. Gunther Barnewald: Ken Liu (Hrsg.): Zerbrochene Sterne (Buch). 28. März 2020, abgerufen am 12. August 2023.
  6. Gunther Barnewald: Baoshu: Botschafter der Sterne - Ein Trisolaris-Roman (Buch). 10. März 2021, abgerufen am 27. Juli 2023.
  7. Heike Lindhold: Rezension: Zerbrochene Sterne. Die besten Erzählungen der chinesischen Science-Fiction (Ken Liu) – Viele Gesichter. 23. Juni 2020, abgerufen am 28. Juli 2023.