Zusammenschluss zum Eigenverbrauch

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Als Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) wird in der Schweiz ein Modell bezeichnet, bei dem die Bewohner von einem oder mehreren Gebäuden die vor Ort erzeugte Elektrizität selbst verbrauchen.[1] In Deutschland ist das Modell als Mieterstrom bekannt. Der Strom im ZEV wird meist mit Photovoltaik erzeugt, denkbar wären aber auch Blockheizkraftwerke oder Bioenergieanlagen. Für lokal produzierten und verbrauchten Strom sind keine Netznutzungsentgelte und keine öffentlich-rechtlichen Abgaben zu bezahlen. Diese Tatsache sowie die stetig sinkenden Gestehungskosten von Photovoltaikanlagen haben dazu beigetragen, dass der ZEV sich einer wachsenden Beliebtheit erfreut und als Erfolgsmodell gilt.

Eine verbreitete Alternative zum ZEV ist das «VNB-Praxismodell». Dieses wird von den Verteilnetzbetreibern (VNB) angeboten und verfügt über keine Grundlage im Energiegesetz.[2]

Aktuelle Regelungen zum ZEV[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Energiegesetz und Energieverordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Energiegesetz (EnG) erlaubt Anlagenbetreibern, die selbst produzierte Energie am Ort der Produktion zu verbrauchen oder zu verkaufen (Art. 16). Gibt es mehrere Grundeigentümer, so dürfen sich diese zum Eigenverbrauch zusammenschliessen. Eigentümer können den Eigenverbrauch auch für ihre Mieter vorsehen (Art. 17).

Anforderungen an einen ZEV[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein ZEV darf sich gemäss Energieverordnung (EnV) über mehrere zusammenhängende Grundstücke erstrecken, sofern dabei das Verteilnetz nicht beansprucht wird (Art. 14). Die Produktionsleistung der Anlage muss mindestens 10 Prozent der Anschlussleistung des Gebäudes betragen (Art. 15).[3]

Hürden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein ZEV darf nur mit Zustimmung der Mieter etabliert werden, was bei Bestandesbauten ein erhebliches Hindernis darstellt. Das Entgelt für ins Netz eingespeiste Energie unterscheidet sich je nach Standortgemeinde und ist mancherorts so tief, dass sich nur ZEV mit hohem Eigenverbrauch lohnen.

Förderung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein ZEV erhält keine staatliche Förderung. Für Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien werden jedoch Investitionszuschüsse in Form einer Einmalvergütung ausgerichtet.[4]

Stromtarife im ZEV[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Strom im ZEV darf grundsätzlich nicht mehr kosten als beim lokalen Netzbetreiber (EnV, Art. 16). Der Preis hat sich nach den Kosten für die Erzeugung und Vermarktung der lokal produzierten Energie zu richten. Seit Januar 2020 gilt zudem, dass Minderkosten im Vergleich zum Strombezug beim Netzbetreiber zu gleichen Teilen auf Grundeigentümer und Mieter verteilt werden müssen.

ZEV Abrechnung mit Einheitstarif oder Hoch-/Niedertarif (externes Steuersignal des Energieversorgers)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein ZEV kann mittels Zählerständen an Stichtagen abgerechnet werden. Dafür wird vom Gesetzgeber ein Messgerät mit MID-Zertifizierung verlangt.[5] Tarifunterschiede sind nur mit externem Signal möglich mit Hoch- und Niedertarif, alternativ kann auch ein Einheitstarif genutzt werden.

ZEV Abrechnung mit eigenen Tarifen (beispielsweise Solartarif)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Umsetzung von speziellen Tarifen wie Solarstrom- oder Batterietarifen ist nur möglich, wenn die verwendeten Energiezähler zusätzlich zur MID-Zertifizierung CH-Lastgang zertifiziert sind.[5] Die ZEV wird in diesem Anwendungsfall basierend auf Lastgangdaten (15-Minuten-Intervallen) abgerechnet.

Verbrauchsabrechnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Energieverordnung schreibt eine komplexe Abrechnung vor.[6] Der Eigentümer kann wählen, ob er die Kosten des Stromverbrauchs zusammen mit den Nebenkosten oder separat abrechnen will. In den letzten Jahren sind zahlreiche Firmen entstanden, welche Hauseigentümer und Liegenschaftsverwaltungen bei der Verbrauchsabrechnung sowie bei der ZEV-Gründung unterstützen. ZEV-Dienstleister der ersten Stunde sind Blockstrom, climkit, engytec, smart-me und Smart Energy Link.

Historische Entwicklung der Gesetzeslage und der politischen Diskussion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch wurde eingeführt im Energiegesetz, das am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist. Er ist damit Bestandteil der Energiestrategie 2050.

Vor der Einführung des ZEV wurde vereinzelt lokal erzeugter Strom gemeinsam verbraucht im Rahmen sogenannter Eigenverbrauchsgemeinschaften (EVG). Diese konnten sich aber nicht durchsetzen, nicht zuletzt mangels klarer Rechtsgrundlage.

Versorgungssicherheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Versorgungssicherheit ist durch die Einführung eines ZEV nicht beeinträchtigt. Wenn zusätzlicher Strom benötigt wird, kann er über das öffentliche Netz bezogen werden. Umgekehrt kann überschüssiger Strom aus dem ZEV jederzeit ins Verteilnetz eingespeist werden.

Contracting[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grundeigentümer müssen das Kraftwerk nicht zwingend selbst betreiben. Es ist auch möglich, die Anlage durch einen Contractor bauen, finanzieren und betreiben zu lassen. In diesem Fall darf der Contractor seine anfallenden Kapitalkosten bei der Festlegung des Strompreises berücksichtigen.[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Energiegesetz (EnG) vom 30. September 2016. Abgerufen am 10. Juni 2021.
  2. EnergieSchweiz (Hrsg.): Leitfaden Eigenverbrauch. Version 2.1. Ittigen Dezember 2019, S. 11.
  3. Energieverordnung (EnV) vom 1. November 2017. Abgerufen am 10. Juni 2021.
  4. Bundesamt für Energie: Einmalvergütung (EIV). Abgerufen am 10. Juni 2021.
  5. a b Messmittelverordnung für elektrische Energie und Leistung (EMmV) (Stand am 1. Januar 2018). In: Fedlex - Die Publikationsplattform des Bundesrechts. Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), 26. August 2015, abgerufen am 28. Dezember 2021.
  6. Hubert Kirrmann: Gerecht abrechnen bei Eigenverbrauch. Abrechnung im ZEV. In: VSE (Hrsg.): Bulletin. Band 2, Nr. 21, S. 61–64.
  7. Sophie Dorschner, Michael Hohn und Urs Martin Springer: Zusammenschluss zum Eigenverbrauch von Solarstrom. In: Jusletter 17. Editions Weblaw, Zürich August 2020.