Zusatzverluste

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Als Zusatzverluste bezeichnet man in der Elektrotechnik die Verluste, die bei einer rotierenden elektrischen Maschine auftreten und die messtechnisch nicht[1] oder nur mit hohem Aufwand erfassbar sind.[2] Diese Verluste treten verstärkt bei drehzahlvariablen Antrieben durch Oberwellen und Oberfelder auf.[3] Die Zusatzverluste betragen je nach Maschinentyp zwischen 5 und 15 Prozent der Gesamtverluste der jeweiligen Maschine.[4] Gemäß der DIN VDE 0530 werden die Zusatzverluste mit einem Zuschlag von 0,5 Prozent der Bemessungsleistung bei Volllast berücksichtigt.[5]

Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jede rotierende elektrische Maschine ist mit Verlusten behaftet.[6] Sie werden unterteilt in elektrische Verluste (Kupferverluste, Eisenverluste) und mechanische Verluste, z. B. Reibungsverluste.[7] Zu den Reibungsverlusten gehören die Lagerreibungsverluste, die Bürstenreibungsverluste sowie die Luftreibungsverluste durch den Lüfter, die drehzahlabhängig sind.[8] Diese Verluste lassen sich messtechnisch mit speziellen Messschaltungen ermitteln.[1] Außerdem gibt es Verluste, die sich messtechnisch nicht[1] oder nur mit hohem Aufwand[2] erfassen lassen, diese werden als Zusatzverluste bezeichnet.[9] Ursachen für die Zusatzverluste sind z. B. Zahnpulsationsverluste und Stromwärmeverluste, die durch Quer- und Oberwellenströme entstehen.[10] Aber auch durch sogenannte Barkhausen-Sprünge entstehen lokal zusätzliche Wirbelströme, die zu Zusatzverlusten führen.[11] Die Zusatzverluste werden mathematisch ermittelt.[12] Allerdings fallen nicht alle Verluste bei jeder Maschinenart gleich stark ins Gewicht.[13]

Auftreten und Arten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zusatzverluste treten im magnetischen Kreis, an den Oberflächen des Luftspalts, in der Statorwicklung und im Läuferkäfig sowie, falls vorhanden, in den Permanentmagneten auf.[14] Sie setzen sich zusammen aus lastabhängigen, nur im Nennbetrieb wirksamen, Zusatzverlusten und aus lastunabhängigen Zusatzverlusten.[15] Bei den lastabhängigen Zusatzverlusten kommt es zu physikalischen Effekten, die sich gegenseitig beeinflussen, wobei der eine Effekt die Verluste vergrößert und der andere Effekt die Verluste verringert.[8] Dies macht einige Zusatzverluste wie z. B. die Stromverdrängung in den Wicklungen oder Wirbelstromverluste in den Leitern nur schwer berechenbar.[15] Weitere Zusatzverluste sind die Oberflächenverluste in den Stator- und Rotorzahnköpfen, Querstromverluste im Läufer bei geschrägtem nicht isoliertem Käfig.[16] Diese Eisenquerströme kommen insbesondere bei benachbarten Läuferstäben vor.[3] Des Weiteren entstehen Ummagnetisierungsverluste im elektrisch leitfähigen Gehäusemantel und in den Endblechen und Stromwärmeverluste im Läuferkäfig durch Rotoroberströme.[16] Zudem können Zusatzverluste durch Oberfelderscheinungen entstehen.[14] Diese Verluste treten bereits im Leerlauf auf und wachsen bei konstantem Schlupf quadratisch mit dem Ständerstrom, sind somit stark lastabhängig.[9]

Ermittlung und Berechnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Ermittlung und Berechnung der Zusatzverluste werden je nach Maschine unterschiedliche Methoden angewendet.[17] So sind z. B. für die Ermittlung der Zusatzverluste von Kurzschlussläufermotoren relativ komplizierte Messverfahren erforderlich.[6] Hierfür gibt es zwei Methoden, die in der Norm IEEE112 beschrieben werden, bei denen die Zusatzverluste entweder durch Drehmomentmessungen ermittelt oder in Abhängigkeit von der Bemessungsleistung festgelegt werden.[18] Bei Schleifringläufermotoren können die Zusatzverluste einfach aus den Kurzschlussversuchen ermittelt werden.[6] Eine weitere Möglichkeit, die Zusatzverluste zu ermitteln, besteht darin, zunächst die Gesamtverluste zu ermitteln und daraus dann die Zusatzverluste[ANM 1] zu berechnen.[9] Vereinfacht lassen sich die Zusatzverluste auch über die Nennleistung abschätzen, indem man die mechanisch abgegebene Leistung mit dem Faktor 0,005[ANM 2] multipliziert.[15]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Hans-Günter Boy, Horst Flachmann, Otto Mai: Die Meisterprüfung Elektrische Maschinen und Steuerungstechnik. 4., völlig neu bearbeitete Auflage. Vogel Buchverlag, Würzburg 1983, ISBN 3-8023-0725-9, S. 64–66.
  2. a b Franz Moeller, Paul Vaske (Hrsg.), Johann Heinrich Riggert: Elektrische Maschinen und Umformer. Teil 2: Berechnung elektrischer Maschinen. 8. überarbeitete Auflage, B. G. Teubner, Stuttgart 1974, S. 58–62.
  3. a b Roland Lach: Magnetische Geräuschemission umrichtergespeister Käfigläufer-Asynchronmaschinen. Dissertation an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Universität Dortmund. Dortmund 2005, S. 1, 23, 34.
  4. Deutsches Kupferinstitut (Hrsg.): Sparen mit dem Sparmotor. Energieeffiziente Antriebsstränge mit Motoren nach IEC 60034-30. 1. Auflage. Düsseldorf 2011, S. 6, 9.
  5. Hans-Ulrich Giersch, Hans Harthus, Norbert Vogelsang: Elektrische Maschinen Prüfen, Normung, Leistungselektronik. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. B.G. Teubner/ GWV Fachverlage, Wiesbaden 1998, ISBN 978-3-322-92707-1, S. 265.
  6. a b c W. Schuisky: Elektromotoren. Ihre Eigenschaften und ihre Verwendung für Antriebe. Springer Verlag, Wien 1951, S. 345–347.
  7. Matthias Centner: Entwurf und Erprobung schnelldrehender Asynchronmaschinen unter besonderer Berücksichtigung der magnetisch aktiven Materialien. Dissertation an der Fakultät IV - Elektrotechnik und Informatik der Universität Berlin. Berlin 2009, S. 7, 9, 10, 14, 18, 59.
  8. a b Franz Moeller, Paul Vaske (Hrsg.), unter Mitwirkung von Winfried Kraneburg: Elektrische Maschinen und Umformer. Teil 1: Wirkungsweise und Betriebsverhalten. 11., überarbeitete Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1970, S. 40–42.
  9. a b c Adnan Odok: Zusatzverluste und Zusatzmomente in Kurzschlußankermotoren mit unisolierten Stäben. Promotionsarbeit an der Eidgenössischen Hochschule in Zürich. Dissertationsdruckerei Leemann AG, Zürich 1955, S. 11–14, 24.
  10. Henri Arnold: Ein Beitrag zur Identifikation der Parameter der Asynchronmaschine im geregelten Betrieb. Dissertation an Fakultät für Maschinenbau, Verfahrens- und Energietechnik der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Freiberg 2005, S. 15–19.
  11. Arndt Josef Kelleter: Steigerung und Ausnutzung elektrischer Kleinmaschinen. Dissertation an Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität München. München 2009, S. 21, 23, 33–36, 102.
  12. Andreas Kremser: Elektrische Maschinen und Antriebe, Grundlagen, Motoren und Anwendungen. 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. B.G. Teubner Verlag, Leipzig/ Wiesbaden 2004, ISBN 3-519-16188-5, S. 30, 115, 116.
  13. Ljubomir Aszic: Entwicklung von Internetdiensten im Bereich der elektrischen Maschinenauslegung. Dissertation am Fachbereich Elektrotechnik und Informatik der Universität Kassel. Kassel 2008, S. 77.
  14. a b Torsten Epskamp: Steigerung der Leistungsdichte von Traktionsantrieben und Aufbau einer hochdrehenden Asynchronmaschine. Dissertation an der KIT-Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Karlsruhe 2020, S. 11, 19, 21–23, 28.
  15. a b c Mathias Lindner: Untersuchung von modernen Magnetkreismaterialien und Wicklungstechnologien für energetisch hocheffiziente Antriebsmotoren. Diplomarbeit an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität Chemnitz. Chemnitz 2009, S. 34, 60, 61, 85.
  16. a b Reinhard Hagen: Die Berechnung der Drehstrom-Käfigläufer-Asynchronmaschine mit Berücksichtigung der Zusatzverluste bei Netz- und Umrichterbetrieb. Dissertation am Fachbereich 18 Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität Darmstadt. Darmstadt 2014, S. 132–137.
  17. Th. Keve: Beitrag zur Berechnung der Zusatzverluste in Hochstabläufern von umrichtergespeisten Asynchronmotoren. In: Bulletin des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins, des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Band 74, Heft 3, Zürich 1983, S. 150, 151.
  18. H. Greiner: Energiesparen mit Getriebemotoren. Druckschrift der Fa. Danfoss Bauer GmbH EP 3407.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hierfür werden zunächst die Statorwicklungsverluste aus dem Strom im Nennbetrieb und dem Widerstand der Primärwicklung errechnet. Dann werden die Rotorwicklungsverluste per Leerlaufversuch ermittelt. Aus zugeführter Leistung, Eisenverluste, mechanischen Verlusten und abgegebener Leistung lassen sich die Zusatzverluste berechnen. (Quelle: Adnan Odok: Zusatzverluste und Zusatzmomente in Kurzschlussankermotoren mit unisolierten Stäben.)
  2. Allerdings lässt diese in der VDE 98 (EN 60 034-2) genannte Methode nur sehr grobe überschlägige Schätzungen zu. Insbesondere bei kleineren Maschinen steigt der Faktor an, sodass der Faktor für lastabhängige Zusatzverluste bei 0,01 und für lastunabhängige Zusatzverluste bei 0,005 genauere Werte ergibt. (Quelle: Mathias Lindner: Untersuchung von modernen Magnetkreismaterialien und Wicklungstechnologien für energetisch hocheffiziente Antriebsmotoren.)