Benutzer:Leon.kokkoliadis/Entwurf Exzellenzcluster CMFI

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Exzellenzcluster "Controlling Microbes to Fight Infections" (CMFI)
Gründung 2019
Ort Tübingen
Leitung Dirk Kraus (Geschäftsführer)
Website www.controlling-microbes.com

Der Exzellenzcluster “Controlling Microbes to Fight Infections” (CMFI) – Kontrolle von Mikroorganismen zur Bekämpfung von Infektionen ist ein naturwissenschaftlicher Exzellenzcluster mit Sitz in Tübingen. Er ist eines von über 50 Exzellenzclustern, die im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern[1] gefördert werden, um den Wissenschaftsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken, seine internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und Spitzenforschung an deutschen Hochschulen sichtbar zu machen. Das CMFI ist ein Zusammenschluss von Forschungsgruppen der Universität Tübingen, dem Universitätsklinikum Tübingen und des Max-Planck-Institut für Biologie.[2] In vier größeren Forschungsbereichen und mehreren Nachwuchsgruppen arbeiten die Forschenden interdisziplinär an gemeinsamen Projekten mit dem Ziel, Mechanismen er Wechselwirkung zwischen nützlichen und schädlichen Bakterien für gezielte therapeutische Anwendungen nutzbar zu machen.

Mikrobielle Gemeinschaften, sogenannte Mikrobiome, besiedeln die Oberflächen des menschlichen Körpers. Sie beeinflussen dessen Gesundheit durch komplexe metabolische und immun-modulatorische Aktivitäten. Das Mikrobiom ist aber auch ein Reservoir für fakultative Pathogene, die die meisten schweren Blutstrominfektionen auslösen. Die weltweite Zunahme antibiotikaresistenter bakterieller Pathogene (ARBPs) und das Zurückfahren der industriellen Antibiotikaentwicklung gefährden die medizinischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts und lassen eine künftige post-antibiotische Ära befürchten. Es ist daher von größter Bedeutung, die ARBP-Entstehung und Mikrobiombesiedlung einzudämmen. Die vielfach verwendeten Breitbandantibiotika schädigen jedoch das Mikrobiom als Ganzes und begünstigen die ARBP-Verbreitung. Ein Paradigmenwechsel in der Infektionskontrolle ist nötig: Der undifferenzierte Einsatz von Antibiotika muss gestoppt und zielgerichtete Wirkstoffe, die sich positiv auf Mikrobiome auswirken, müssen entwickelt werden. Nützliche Bakterien können Pathogene in Schach halten, aber die entsprechenden Mechanismen sind bislang kaum verstanden und nutzbar.[3][4] Die Forschenden des Exzellenzclusters "Kontrolle von Mikroorganismen zur Bekämpfung von Infektionen" (CMFI) wollen die Mechanismen der Wechselwirkung zwischen nützlichen und schädlichen Bakterien aufklären, um sie langfristig für gezielte therapeutische Interventionen und antiinfektiöse Behandlungsmethoden nutzbar zu machen.[5] In vier größeren Forschungsbereichen und mehreren Nachwuchsgruppen arbeiten die Forschenden interdisziplinär an gemeinsamen Projekten und haben für ihre Forschung bereits eine Vielzahl an Preisen und Auszeichnungen erhalten. Weiter wurden auf die Professuren "Bakterielle Metabolomik" und "Mikrobiom-Wirts-Interaktionen" zwei Forschende aus dem CMFI berufen.

Der Exzellenzcluster ist in vier Forschungsgebiete unterteilt.[6] Die vier Forschungsbereiche (A, B, C, D) arbeiten eng zusammen, um Mikrobiom-Wirt-Interaktionen zu verstehen. Das Forschungsprogramm bildet immer komplexer werdende Wechselwirkungen ab, die von der molekularen Ebene (A) über die Gemeinschaftsebene (B) bis hin zur Ebene Mikroben-Wirt (C) reichen. Die Ergebnisse dieser Bereiche fließen in translationale integrative Therapieansätze ein (D). In allen vier Abschnitten ist die Forschung stark interdisziplinär ausgerichtet. Sie beleuchtet Prozesse aus verschiedenen wissenschaftlichen Blickwinkeln und regt zu originellen und synergetischen kollaborativen Forschungsansätzen an.

Forschungsgebiete des CMFI:
Research Area Forschungsgebiet Ziel
A Bakterielle Moleküle und Zellen Bakterielle Fitness und mikrobielle Interaktionen werden durch mehrere Faktoren bestimmt, darunter die Fähigkeit, antimikrobielle Wirkstoffe abzusondern und spezifische Nischen zu besiedeln. Forschende im Forschungsbereich A möchten gemeinsam neue Bakterienstämme aus dem menschlichen Mikrobiom identifizieren und isolieren, die antimikrobielle Substanzen produzieren. Anschließend soll die Wirkungsweise dieser Moleküle entschlüsselt und ihre ökologische Rolle geklärt werden. Mit einer Kombination aus computergestützten, genetischen, zellulären und biochemischen Ansätzen sollen parallel Gencluster identifiziert werden, die potenziell an der Glykopolymerbiosynthese beteiligt sind. Auch die Beteiligung an der bakteriellen Adhäsion in Kooperation mit Adhäsinen in Kultursystemen sowie in Tiermodellen soll weiter charakterisiert werden. Das langfristige Ziel des Forschungsbereichs A ist es, mikrobielle Effektoren zu identifizieren, die gezielt für therapeutische Interventionen genutzt werden können.
B Bakterielle Zellen und Gemeinschaften Die Mitglieder komplexer bakterieller Gemeinschaften interagieren auf mehreren Ebenen. Diese Interaktionen können den Austausch von genetischer Information, Metaboliten und molekularen Signalen beinhalten und tragen letztendlich zur Dynamik und Evolution von Mikrobiomen bei. Im Forschungsbereich B soll gemeinsam die Rolle von Phagen bei der Verbreitung von Genen, die mit Antibiotikaresistenz, Fitness und Virulenz in Zusammenhang gebracht werden, innerhalb menschlicher Mikrobiome charakterisiert werden. Hierzu werden computergestützte, biochemische und zellbiologische Ansätze verwendet. Des Weiteren werden die wichtigsten mutualistischen und antagonistischen metabolischen Interaktionen von wirtsassoziierten oder in vitro rekonstituierten Mikrobiomen unter Verwendung einer Kombination von Omics-Ansätzen untersucht. Langfristige Ziele des Forschungsbereichs B sind die Entwicklung gezielter phagenbasierter Antiinfektionsstrategien und die Identifizierung mikrobieller Stoffwechselkonsortien mit therapeutischem Potenzial.
C Bakterielle Gemeinschaften und der Wirt Antimikrobielle Wirtsfaktoren beeinflussen die Zusammensetzung des Mikrobioms und individuelle Unterschiede in der Expression solcher Faktoren tragen zu Mikrobiom-Dysfunktion und Krankheiten bei. Im Forschungsbereich C sollen bioaktive Moleküle und Metallionenfänger in menschlichen Mikrobiomen identifiziert werden, die vom Wirt produziert werden und die das Wachstum von Mikroorganismen einschränken können.So sollen unter anderem die Auswirkungen dieser Verbindungen auf die bakterielle Fitness in wirtsspezifischen Habitaten und auf die Dynamik mikrobieller Gemeinschaften in in vitro und in vivo Mikrobiom-Modellsystemen aufgeklärt werden. Des Weiteren wird der Einfluss spezifischer Microbial-Associated Molecular Patterns (MAMPs) und MAMP-Varianten auf die Produktion von antimikrobiellen Molekülen und Entzündungsmediatoren untersucht. Das langfristige Ziel ist es, die Prinzipien der Kommunikation zwischen Mikrobiom und Wirt auf systemischer Ebene zu entschlüsseln.
D Auf dem Weg zu integrativen Therapiekonzepten Im Forschungsbereich D wird das in den Bereichen A, B und C erworbene Wissen in innovative, mikrobiomzentrierte und personalisierte Strategien der Risikostratifizierung, Diagnose, Prävention und Therapie gegen antibiotikaresistente bakterielle Erreger (ARBPs) umgesetzt. Insbesondere werden die Resistome von Risikopatienten durch Metagenom Sequenzierung fäkaler Proben analysiert und zur Implementierung patientenspezifischer Therapien genutzt. Darüber hinaus werden die kombinierten Resistomdaten zur Anpassung der allgemeinen Antibiotic Stewardship Richtlinien am Universitätsklinikum Tübingen genutzt. Parallel dazu werden die Kommensalen, die Phagen und die vom Wirt stammenden antimikrobiellen Moleküle mit der Fähigkeit, fakultative Pathogene aus dem menschlichen Mikrobiom selektiv zu eliminieren, wie sie in den Forschungsbereichen A, B und C identifiziert wurden, als vielversprechende Wirkstoffe zur Verhinderung von Infektionen durch ARBPs getestet.

Publikationen (Auswahl)

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  • Maier L, Stein-Thoeringer C, Ley RE, Brötz-Oesterhelt H, Link H, Ziemert N, Wagner S, Peschel A. Integrating research on bacterial pathogens and commensals to fight infections-an ecological perspective. Lancet Microbe S2666-5247(24)00049-1. doi: 10.1016/S2666-5247(24)00049-1.
  • Torres Salazar BO, Dema T, Schilling NA, Janek D, Bornikoel J, Berscheid A, Elsherbini AMA, Krauss S, Jaag SJ, Lämmerhofer M, Li M, Alqahtani N, Horsburgh MJ, Weber T, Beltrán-Beleña JM, Brötz-Oesterhelt H, Grond S, Krismer B, Peschel A. (2024) Commensal production of a broad-spectrum and short-lived antimicrobial peptide polyene eliminates nasal Staphylococcus aureus. Nat Microbiol.9(1):200-213. doi: 10.1038/s41564-023-01544-2.
  • Hansen MH, Adamek M, Iftime D, Petras D, Schuseil F, Grond S, Stegmann E, Cryle MJ, Ziemert N. (2023) Resurrecting ancestral antibiotics: unveiling the origins of modern lipid II targeting glycopeptides. Nat Commun. 14(1):7842. doi: 10.1038/s41467-023-43451-4.
  • Guo Y, Du X, Krusche J, Beck C, Ali S, Walter A, Winstel V, Mayer C, Codée JDC, Peschel A, Stehle T. (2023) Invasive Staphylococcus epidermidis uses a unique processive wall teichoic acid glycosyltransferase to evade immune recognition. Sci Adv. 9(47):eadj2641. doi: 10.1126/sciadv.adj2641.
  • Suzuki TA, Fitzstevens JL, Schmidt VT, Enav H, Huus KE, Mbong Ngwese M, Grießhammer A, Pfleiderer A, Adegbite BR, Zinsou JF, Esen M, Velavan TP, Adegnika AA, Song LH, Spector TD, Muehlbauer AL, Marchi N, Kang H, Maier L, Blekhman R, Ségurel L, Ko G, Youngblut ND, Kremsner P, Ley RE. (2022) Codiversification of gut microbiota with humans. Science 377(6612): 1328–1332. doi: 10.1126/science.abm7759.
  • Gavriilidou A, Kautsar SA, Zaburannyi N, Krug D, Müller R, Medema MH, Ziemert N. (2022) Compendium of specialized metabolite biosynthetic diversity encoded in bacterial genomes. Nat Microbiol. 7(5):726-735. doi: 10.1038/s41564-022-01110-2.
  • Marsh JW, Ley RE. (2022): Microbiome engineering: Taming the untractable. Cell 185(3):416-418. doi: 10.1016/j.cell.2021.12.034.
  • Suzuki TA, Fitzstevens JL, Schmidt VT, Enav H, Huus KE, Mbong Ngwese M, Grießhammer A, Pfleiderer A, Adegbite BR, Zinsou JF, Esen M, Velavan TP, Adegnika AA, Song LH, Spector TD, Muehlbauer AL, Marchi N, Kang H, Maier L, Blekhman R, Ségurel L, Ko G, Youngblut ND, Kremsner P, Ley RE. (2022) Codiversification of gut microbiota with humans. Science 377(6612): 1328–1332. doi: 10.1126/science.abm7759.
  • Maier L, Goemans CV, Wirbel J, Kuhn M, Eberl C, Pruteanu M, Müller P, Garcia-Santamarina S, Cacace E, Zhang B, Gekeler C, Banerjee T, Anderson EE, Milanese A, Löber U, Forslund SK, Patil KR, Zimmermann M, Stecher B, Zeller G, Bork P, Typas A. (2021) Unravelling the collateral damage of antibiotics on gut bacteria. Nature 599: 120–124. doi: 10.1038/s41586-021-03986-2.
  • Du X, Larsen J, Li M, Walter A, Slavetinsky C, Both A, Sanchez Carballo P M, Stegger M, Lehmann E, Liu Y, Liu J, Slavetinsky J, Duda K A, Krismer B, Heilbronner S, Weidenmaier C, Mayer C, Rohde H, Winstel V, Peschel A. (2021) Staphylococcus epidermidis clones express Staphylococcus aureus-type wall teichoic acid to shift from commensal to pathogen behavior. Nature Microbiology 6:757–768. doi: 10.1038/s41564-021-00913-z.


Vollständige Publikationsliste

Einzelnachweise

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  1. Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Abgerufen am 11. Juni 2024 (deutsch).
  2. Controlling Microbes to Fight Infections (CMFI) | Universität Tübingen. Abgerufen am 11. Juni 2024.
  3. DFG - GEPRIS - EXC 2124: Kontrolle von Mikroorganismen zur Bekämpfung von Infektionen (CMFI). Abgerufen am 11. Juni 2024.
  4. CMFI. In: ExStra - Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Abgerufen am 11. Juni 2024 (deutsch).
  5. Controlling Microbes to Fight Infections (CMFI) | Universität Tübingen. Abgerufen am 11. Juni 2024.
  6. CMFI | Forschungsbereiche. 18. Februar 2022, abgerufen am 11. Juni 2024.

Medienberichte (Auswahl)

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  • Forbes, 30.05.2024: ‘Raspberry Mineral’ Could Be Evidence Of Microbial Life On Early Earth And Other Worlds. Zum Artikel
  • Exzellent erklärt Podcast, 01.04.2024: Bakterien kontrollieren: Gute Bakterien nutzen, böse bekämpfen. Zum Podcast
  • ARD Podcast „Medizin von morgen“, 22.03.2024: Wenn Keime uns gesund machen. Zum Podcast
  • The Assam Tribune, 28.12.2023: Scientists find new antibiotic substance from human nose. Zum Artikel
  • The Jerusalem Post, 20.12.2023: German scientists dig into human noses, discover novel antibiotic. Zum Artikel
  • Planet Wissen, 08.12.2023: Mikrobiom – Schlüssel zur Gesundheit?. Zur Sendung
  • Deutschlandfunk Kultur, 16.11.2023: Gesundheit - Warum die Nasenflora wichtig ist. Zum Podcast
  • radioeins, 04.11.2023: Wie unsere Nase unsere Immunantwort beeinflusst. Zur Sendung
  • ARTE - Re: Energie für Morgen, Sendung vom 11.11.2022: Keine Angst vor Alternativen.
  • radioWissen Podcast, 21.10.2022: Sepsis - Wenn jede Minute zählt. Zum Podcast
  • Süddeutsche Zeitung, 19.09.2022: Wie der Mensch, so sein Bakterium. Zum Artikel
  • The Conversation, 15.09.2022: Humans evolved with their microbiomes – like genes, your gut microbes pass from one generation to the next. Zum Artikel
  • GEO, 19.08.2022: Antibiotika-Krise: Droht ein Zeitalter ohne wirksame Medikamente?. Zum Artikel
  • Der Tagesspiegel, 17.08.2022: Drohendes Zeitalter der Infektionstoten. Wo es bei der Entwicklung neuer Antibiotika hakt. Zum Artikel
  • Scientific American, 01.08.2022: Hope for New Drugs Arises from the Sea. Zum Artikel
  • Süddeutsche Zeitung, 01.06.2022: Neue Antibiotika gegen resistente Bakterien. Zum Artikel
  • Exzellent erklärt Podcast, 01.11.2021: Bakterien im Darm: Wie Medikamente unser Mikrobiom beeinflussen. Zum Podcast
  • Latest Thinking, 24.06.2021: How Can We Effectively Combat Antibiotic Resistant Bacterial Pathogens? Zum Video