Ilse Gostynski

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Ilse Gostynski, alias Ilse Lipinski (* 3. Januar 1909 in Berlin; † 5. Dezember 1991 in Hendon (London)), war eine deutsche Kommunistin, Widerstandskämpferin und Überlebende des Holocaust.[1]

Ilse Gostynski, nach Eheschließung ab 1945 Ilse Rolfe, wurde am 3. Januar 1909 in Berlin in eine jüdische Familie geboren und war Mitglied der KPD. Am 20. Januar 1936 wurde sie wegen „kommunistischer Aktivitäten“ verhaftet. Da der Schutzhaftbefehl von der Gestapo erst am 11. Mai 1936 ausgestellt wurde, wurde sie Mitte Mai, also nach vier Monaten Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Moabit, in das Frauen-KZ Moringen eingewiesen. Dort wurden Kommunistinnen und ehemalige Mitglieder des Reichstags gefangen gehalten, ebenso Einzelpersonen, die in kleinen Gruppen oder allein operiert hatten. Unter ihnen die Grafikerin und Zeichnerin Gerda Lissack, die Flugblätter gegen die Nazis gestaltet und gedruckt hatte. Ilse Gostynski, die sich zum Schutz ihrer Familie bei Verhaftung Ilse Lipinski nannte, hatte ihr dabei geholfen, auf ihrer Druckerpresse Artikel zu drucken, die Hitler attackierten. Allerdings wurde Ilse Gostynski nur aus Versehen verhaftet, denn die Gestapo hatte sie mit ihrer Zwillingsschwester Else verwechselt, die sich zu diesem Zeitpunkt in Oslo befand, um dort Fluchtwege für jüdische Kinder zu organisieren.[1]

Im März 1938 wurde Ilse Gostynski in das Frauen-KZ Lichtenburg und Anfang Mai 1939 in das Frauen-KZ Ravensbrück überstellt. Wegen Mangels an Beweisen kam sie kurz nach ihrer Einlieferung am 26. Mai 1939 wieder frei - mit der Auflage, Deutschland innerhalb von drei Wochen zu verlassen. Ilse Gostynski konnte die notwendigen Papiere beschaffen und traf noch vor Kriegsbeginn in London ein. Dort wurde sie zunächst auf der Isle of Man als feindlicher Ausländer (Enemy Alien) interniert. Als erlernten Beruf hatte sie Bibliotheksassistentin angegeben und als aktuellen Beruf Hausmädchen. Am 30. November 1939 wurde sie aus dem Internierungslager entlassen. Im März 1945 heiratete sie den britischen Beamten Eugene Rolfe und bekam 1946 eine Tochter namens Marlene.[1][2] In den 1950er Jahren hat sie in einer Stellungnahme für die Wiener Holocaust Library in London über die schrecklichen Bedingungen in Ravensbrück und die sadistischen Strafen im Bunker geschrieben, dass „die Summe der scheinbar unbedeutenden Aspekte der Schikanen die Lebensbedingungen in Ravensbrück unerträglich machten“.[2]

Welches Glück Ilse Gostynski hatte, beschreibt die deutsch-israelische Soziologin Judith Buber Agassi auf Seite 47 ihres Buches The Jewish Women Prisoners of Ravensbruck: „Die politischen Gefangenen in Ravensbrück erhielten von den Mithäftlingen den Ehrentitel „Alte Ravensbrückerinnen“. Es waren die Häftlinge, deren Häftlingsnummern kleiner als 1000 waren. Es gab nur 125 jüdische Häftlinge, deren Nummern unter 1000 lagen. Alle wurden umgebracht, bis auf Ilse Gostynski, die freigelassen wurde.“ Ilse Gostynski hatte die Häftlingsnummer 471.[2] Ihre Mitgefangene im Frauen-KZ Moringen Gabriele Herz schrieb in ihren Memoiren The Women's Camp in Moringen - A Memoir of Imprisonment in Germany 1936-1937 über Ilse Lipinski: „Linksradikale Gesinnung hat ebenfalls Ilse Lipinski nach hier gebracht. Sie hat in einer Berliner Leihbücherei gearbeitet, verfügt über Witz, Schlagfertigkeit und gute Kenntnisse in verschiedenen Wissensgebieten. Die schlacksigen Bewegungen ihrer langen Gliedmaßen, der kurz geschnittene Bubikopf, der magere Körper geben ihrer Erscheinung etwas Jungenhaftes. Die kurzsichtigen Augen hinter scharf geschnittenen Brillengläsern verschönern sie eben nicht.“[1]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Gabriele Herz: Gabriele Herz: Im Judensaal des Frauenkonzentrationslagers Moringen in Rundbrief der Lagergemeinschaft und Gedenkstätte KZ Moringen e.V. Ausgabe 2000, Seiten 6–7
  2. a b c Judith Agassi Buber: The Jewish Women Prisoners of Ravensbruck, Oneworld Publications Oxford, 2007, Gostynski, Ilse, later Rolfe, pages 47–48, 58, 63