Jacob Rodde

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Wappen der Fanilie Rodde

Jacob Rodde, russisch Яков Матвеевич РОДДЕ (* 24. Oktober 1723 in Moskau; † 18. Mai 1789 in Riga)[1] war ein deutsch-baltischer Beamter, Übersetzer und Russist.

Jacob Rodde entstammte dem im Baltikum ansässigen Zweig der Lübecker Kaufmannsfamilie Rodde. Er war vermutlich ein Sohn des Kaufmanns Caspar Adolph Rodde (* 1680 in Reval; † 1731)[2] und dessen Frau Margarethe Elisabeth, geb. Schoefs. Zum Zeitpunkt der Geburt seines Sohnes war Caspar Adolph Rodde Inspektor der von dem Deutschrussen Peter Müller geleiteten Eisenwerke zu Ugodka (heute Schukow), später Kaufmann in Archangelsk.[3] Werner Rodde (1726–1804) war Jacob Roddes jüngerer Bruder.

Stammbucheintrag Jacob Roddes (1742)

Er wuchs in einem vom Halleschen Pietismus geprägten Umfeld auf. 1739 wurden beide, Werner und Jacob Rodde, zur Ausbildung nach Halle an der Saale geschickt. Am 10. September 1739 erfolgte die Aufnahme in die Lateinische Schule der Franckeschen Stiftungen in Halle. Aus dieser Zeit ist sein Eintrag im Album Amicorum von Johann Paul Hocheisen erhalten.[4] 1744 immatrikulierte er sich an der Universität Halle. Zugleich unterrichtete er als Informator, zunächst an der Knabenschule, ab April 1745 an der Latina.

1747 kehrte er in die Heimat zurück. Rodde ging jedoch nicht in den Kirchen- oder Schuldienst, sondern fand eine Anstellung als kaiserlich russischer Zivilbeamter. Er stieg bis 1762 zum Kollegienassessor (Klasse 8 der Rangtabelle) auf, womit der erbliche Amtsadel verbunden war.[5] In den späten 1660er Jahren verließ er den Staatsdienst. In der Folge war er als Sekretär und Übersetzer für den Rat der Stadt Riga tätig (Secretair und Translateur Eines Hochedlen Raths der Russischkaiserlichen Stadt Riga) – eine Stellung, die vor ihm der ebenfalls in Halle ausgebildete Christian Friedrich von Völkner innehatte. Ab 1770 publizierte er eine Reihe von Übersetzungen aus dem Russischen.

Als 1772 der Russisch-Unterricht in den Schulen der Ostseegouvernements und damit auch an der Domschule in Riga Pflichtfach wurde, verfasste Rodde sein bekanntestes Werk, die 1773 erstmals erschienene Russische Sprachlehre. Dies war „das erste Lehrbuch für den russischen Sprachunterricht an einer deutschen Schule“.[6] Angefügt waren ein Gesprächsbuch (Gespräche von Haussachen)[7], zusammen mit einer Sprichwörtersammlung und einer Art Lesebuch (Stellen aus russischen Autoren zum Exponiren). Das Gesprächsbuch mit 96 Gesprächen über Dinge des täglichen Lebens wurde auch separat vertrieben. Damit schuf Rodde ein ganzes Lehrwerk für das Russische, „wie wir es in dieser Vielgestaltigkeit von einem Autor des 18. Jahrhunderts sonst nicht kennen.“[8] Das in Riga verlegte, jedoch bei Bernhard Christoph Breitkopf in Leipzig gedruckte Werk fand guten Absatz, nicht nur in den deutschsprachigen Städten und Provinzen des Russischen Reichs, sondern auch in Deutschland. Es war das „damals am weitesten verbreitete derartige Werk im deutschen Sprachraum“[9], erlebte vier Auflagen bis 1789 und wurde noch im 20. Jahrhundert nachgedruckt.

  • Anweisung zur Pflanzung der Erdäpfel, die man Patatoes nennt. Aus dem Russischen, Riga 1765
  • (Übersetzung von) Platon Lewschin: Rechtgläubige Lehre, oder kurzer Auszug der christlichen Theologie: zum Gebrauche Seiner Kaiserlichen Hoheit des Durchl. Thronfolgers des rußischen Reiches, rechtgläubigen Großen Herrn Zesarewitsch und Großfürsten Paul Petrowitsch. Riga: Hartknoch 1770
  • (Übersetzung von) Platon Lewschin: Rede über I. Corinth. I, 23, gehalten den 9. April 1764. am Charfreytage. Hamburg: Brandt 1770
  • Wohlthaten gewinnen die Herzen. Drama in einem Aufzuge. Aus dem Russischen, Riga: Hartknoch 1771 (Digitalisat, UB Göttingen)
  • (Übersetzung von) P. Rytschkow: Orenburgische Topographie oder Beschreibung des Orenburgischen Regiments. 1772
Band 1 Digitalisat
Band 2 Digitalisat
  • (Übersetzung von) P. Rytschkow: Versuch einer Historie von Kasan, alter und mittlerer Zeit. 1772 (Digitaliat)
  • Russische Sprachlehre, zum besten der Jugend eingerichtet.
  • Russisch-deutsches und deutsch-russisches Wörterbuch. 2 Tle., 1784
  • Rodde (Jacob), in: Johann Friedrich von Recke, Karl Eduard Napiersky: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland, Band 3, 1831 urn:nbn:de:bvb:12-bsb00000342-2, S. 555f
  • Wolfgang Bernhagen: Jacob Rodde als Verfasser des Gesprächsbuchs "Domasnye razgovory". In: Studien zur Geschichte der russischen Literatur im 18. Jahrhundert. Band 2 (= Veröffentlichungen des Instituts für Slawistik 28) Berlin 1968, S. 114–121
  • Helmut Keipert: Das Russisch-Lehrwerk von Jacob Rodde. Zur Kenntnis der russischen Sprache im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert. In: Dittmar Dahlmann (Hrg.): Die Kenntnis Rußlands im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert. Göttingen u. a.: V & R Unipress 2006, S. 85–110
  • Lidii͡a I. Sazonova: Nemet͡siko-russkikh filolog-perevodchik I͡Akov Rodde. (russisch) In: Stefano Aloe (Hrg): Die slavischen Grenzen Mitteleuropas : Festschrift für Sergio Bonazza. (= Welt der Slaven 34) München: Sagner 2008
  • Reinhard Müller: Rodde, Jacob, in: Deutsches Literatur-Lexikon Band 13, Berlin, Boston: De Gruyter 2017, ISBN 978-3-907820-13-1
  • Oleg V. Lukin: Рижский переводчик, грамматист и лексикограф Я. М. Родде в культурной и лингвистической парадигме России второй половины XVIII века (Riga translator, grammarian and lexicographer J. M. Rodde in the cultural and linguistic paradigm of Russia in the second half of the XVIII century) In: Yaroslavl pedagogical bulletin ISSN 1813-145X 2023;(2), S. 181–189 doi:10.20323/1813-145X_2023_2_131_181

Einzelnachweise

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  1. Lebensdaten nach dem Eintrag in der Erik-Amburger-Datenbank, als Geburtsjahr findet sich auch 1724 und 1725
  2. Eintrag in der Erik-Amburger-Datenbank
  3. Die Abstammung ist nicht ganz klar; es ist auch möglich, dass Jacob Rodde ein Sohn von Caspar Matthias Rodde war, was sein russisches Patronym Матвеевич nahelegt (das allerdings sekundär beigelegt worden sein kann) und was schon Rodde (Jacob), in: Johann Friedrich von Recke, Karl Eduard Napiersky: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland, Band 3, 1831 urn:nbn:de:bvb:12-bsb00000342-2, S. 555f vermutete
  4. Halle, 31. März 1742, Blatt 160v; Eintrag im Repertorium Alborum Amicorum, abgerufen am 25. Juni 2024
  5. Oleg V. Lukin: Рижский переводчик, грамматист и лексикограф Я. М. Родде в культурной и лингвистической парадигме России второй половины XVIII века (Riga translator, grammarian and lexicographer J. M. Rodde in the cultural and linguistic paradigm of Russia in the second half of the XVIII century) In: Yaroslavl pedagogical bulletin 2023;(2), S. 181–189 doi:10.20323/1813-145X_2023_2_131_181
  6. Franz Basler: Russischunterricht in drei Jahrhunderten: ein Beitrag zur Geschichte des Russischunterrichts an deutschen Schulen. (= Slavistische Veröffentlichungen ISSN 0067-592X 65) Berlin: Osteuropa-Institut 1987, ISBN 978-3-447-02702-1, S. 26
  7. Wolfgang Bernhagen: Jacob Rodde als Verfasser des Gesprächsbuchs "Domasnye razgovory". In: Studien zur Geschichte der russischen Literatur im 18. Jahrhundert. Band 2 (= Veröffentlichungen des Instituts für Slawistik 28) Berlin 1968, S. 114–121
  8. Helmut Keipert: Das Russisch-Lehrwerk von Jacob Rodde. Zur Kenntnis der russischen Sprache im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert. In: Dittmar Dahlmann (Hrg.): Die Kenntnis Rußlands im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert. Göttingen u. a.: V & R Unipress 2006, S. 85–110, hier S. 89
  9. Helmut Keipert: Das Russisch-Lehrwerk von Jacob Rodde. Zur Kenntnis der russischen Sprache im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert. In: Dittmar Dahlmann (Hrg.): Die Kenntnis Rußlands im deutschsprachigen Raum im 18. Jahrhundert. Göttingen u. a.: V & R Unipress 2006, S. 85–110, hier S. 102