Als Vektorwertige Differentialformen bezeichnet man in der Mathematik eine Verallgemeinerung des Begriffs der Differentialformen auf Funktionen, die jedem Punkt einer Mannigfaltigkeit eine vektorwertige multilineare und alternierende Abbildungen zuordnen.
Ein wichtiger Spezialfall bilden sogenannte Lie-Algebra-wertige Differentialformen, die zum Beispiel eine wichtige Anwendung in der Theorie der Zusammenhänge und Krümmung eines Hauptfaserbündels finden.
Eine Verallgemeinerung des Konzepts der vektorwertigen Differentialformen sind Vektorbündelwertige Differentialformen.
Im Folgenden bezeichne
stets eine
-dimensionale glatte Mannigfaltigkeit mit oder ohne Rand.
Eine Differentialform vom Grad
ist eine glatte Abbildung
, die jedem Punkt
eine multilineare und alternierende Abbildung der Form
![{\displaystyle \omega _{p}:\underbrace {T_{p}{\mathcal {M}}\times \dots \times T_{p}{\mathcal {M}}} _{k-\mathrm {mal} }\to \mathbb {R} }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f95fdbcc7e14ff5d92e0902522d2665eaaaf7572)
zuordnet. In vielen Bereichen ist es erforderlich, dieses Konzept zu verallgemeinern. Sei
eine endlich-dimensional reeller Vektorraum. Dann bezeichnet man eine glatte Abbildung
, die jedem Punkt
eine multilineare und alternierende Abbildung der Form
![{\displaystyle \omega _{p}:\underbrace {T_{p}{\mathcal {M}}\times \dots \times T_{p}{\mathcal {M}}} _{k-\mathrm {mal} }\to V}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/73ab3c2ad7e5684afae7bb44f84b69443d8441e2)
zuordnet, als „
-wertige Differentialform vom Grad
“.
Um das oben beschriebene Konzept präziser zu definieren, muss zuvor geklärt werde, was es bedeutet für eine derartige Abbildung „glatt“ zu sein. Man definiert hierzu die Menge
![{\displaystyle L_{\mathrm {alt} }^{k}(T{\mathcal {M}},V):=\coprod _{p\in {\mathcal {M}}}L_{\mathrm {alt} }^{k}(T_{p}{\mathcal {M}},V)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/2689215d158ddfadc43f0957832a0d5b7aa32cc6)
wobei
die Menge aller multilinearen und alternierenden Abbildungen von
Kopien des Tangentialraums
zum Vektorraum
bezeichnen. Es lässt sich zeigen, dass diese Menge eine eindeutig bestimmte glatte Struktur besitzt, sodass
zusammen mit der Projektion ein glattes Vektorbündel bildet (sie zum Beispiel Glatter Funktor). Eine
-wertige Differentialform vom Grad
ist dann gerade ein glatter Schnitt in diesem Bündel. Ähnlich wie im Falle reeller Differentialformen, ist es allerdings üblich eine etwas abstraktere Definition zu wählen. Hierfür beobachtet man, dass das Vektorbündel
isomorph zum Tensorprodukt der
-äußeren Potenz des Kotangentialbündels mit dem trivialen Vektorbündel
ist:
![{\displaystyle L_{\mathrm {alt} }^{k}(T{\mathcal {M}},V)\cong {\bigwedge }^{k}T^{\ast }{\mathcal {M}}\otimes ({\mathcal {M}}\times V)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7af7826a7f903fa1a3df873d77c69a9df85c494f)
Das Bündel auf der rechten Seite ist also das Vektorbündel
![{\displaystyle {\bigwedge }^{k}T^{\ast }{\mathcal {M}}\otimes ({\mathcal {M}}\times V)=\coprod _{p\in {\mathcal {M}}}{\bigwedge }^{k}T_{p}^{\ast }{\mathcal {M}}\otimes V}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/79e98c79b78668e64c2d30a789c3eb45f940b4cb)
wobei die Definition der
-ten äußeren Potenz
im Artikel Graßmann-Algebra erklärt wird.
Man bezeichnet einen glatten Schnitt in diesem Bündel als „
-wertige Differentialform vom Grad
“. Die Menge aller derartigen Funktionen wird mit
![{\displaystyle \Omega ^{k}({\mathcal {M}},V):=\Gamma ({\bigwedge }^{k}T^{\ast }{\mathcal {M}}\otimes ({\mathcal {M}}\times V))}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/fc15b44dd9b83f31809b3b2889c229332e7676eb)
bezeichnet. Im Falle
erhält man die Menge aller reellen Differentialformen.
Alternativ, lassen sich
-wertige Differentialformen auch als Elemente von
auffassen. Ist nämlich
, dann lässt sich ein Element
durch
![{\displaystyle {\widetilde {\omega }}(X_{1},\dots ,X_{k})(p):=\omega _{p}(X_{1},(p),\dots ,X_{k}(p))}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/dc63787fa68a676dc99b6fa43be9d87c2ecdefe9)
für alle
und für alle
definieren. Die Zuordnung
ist bijektiv und definiert einen
-Modul-Isomorphismus
.
Wählt man eine Basis
von
, wobei
, dann lässt sich
schreiben als
, wobei
.
Im Gegensatz zu reellen Differentialformen lässt sich ein äußeres Produkt nicht direkt definieren. Kombiniert man den Begriff allerdings mit bilinearen Abbildungen, so lässt sich eine ganze Klasse von Produkten für vektorwertige Differentialformen definieren. Seien hierzu
endlichdimensionale reelle Vektorräume und
eine bilineare Abbildung. Dann lässt sich zeigen, dass für
und
durch
![{\displaystyle (\alpha \wedge _{\mu }\beta )_{p}(v_{1},\dots ,v_{k+l}):={\frac {1}{k!l!}}\sum _{\sigma \in {\mathfrak {S}}^{k+l}}\operatorname {sgn} (\sigma )\mu (\alpha _{p}(v_{\sigma (1)},\dots ,v_{\sigma (k)}),\beta _{p}(v_{\sigma (k+1)},\dots ,v_{\sigma (k+l)}))}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/bea0fe8853e68bba844aee2248b9e9280c02f814)
für all
und für alle
ein Element von
definiert wird. Ein wichtiger Spezialfall dieser Konstruktion ist durch eine Algebra
gegeben, wobei
einen endlich-dimensional reellen Vektorraum und
das zugehörige bilineare Produkt bezeichne. Handelt es sich bei dieser Algebra um eine Lie-Algebra
, so notiert man das oben definierte Produkt üblicherweise als
,
oder
. Wichtig dabei ist, dass im Allgemeinen
.
Die äußere Ableitung lässt sich komponentenweise definieren. Sei hierzu
eine Basis von
, wobei
. Dann definiert man die äußere Ableitung für
durch
.
Es lässt sich leicht zeigen, dass diese Definition unabhängig von der gewählten Basis ist. Die äußere Ableitung hat die folgenden Eigenschaften:
- Sie ist
-linear
![{\displaystyle d\circ d=0}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5b28b25c1eefce2c0374e96c1638eae720af6041)
- Sind
endlichdimensionale reelle Vektorräume und
eine bilineare Abbildung. Dann gilt
.
Fasst man
-wertige Differentialformen als Elemente von
auf, dann gilt die folgende globale und koordinatenfreie Formel für
![{\displaystyle (\mathrm {d} \omega )(X_{0},\dots ,X_{k})=\sum _{i=0}^{k}(-1)^{i+1}X_{i}(\omega (X_{0},\dots ,{\hat {X}}_{i},\dots ,X_{k+1}))+\sum _{0\leq i<j\leq k}(-1)^{i+j}\omega ([X_{i},X_{j}],X_{0},\dots ,{\hat {X}}_{i},\dots ,{\hat {X}}_{j},\dots ,X_{k+1})}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/09f48f18faf2a2271cd02527dbf2ed6790c82983)
für alle
. Hierbei bezeichnet
für eine Funktion
.
- Die Maurer-Cartan-Form einer Lie-Gruppe
ist eine
-wertige
-form auf
.
- Der Zusammenhang eines Hauptfaserbündels
mit Strukturgruppe
ist eine
-wertige
-form auf
. Die zugehörige Krümmung ist eine
-wertige
-form auf
. Dies findet zum Beispiel Anwendung in der Eichtheorie (siehe zum Beispiel den Artikel Yang-Mills-Theorie).
- L. W. Tu: Differential Geometry (= Graduate Texts in Mathematics. Nr. 275). Springer International Publishing, 2017.
- J. Lee: Manifolds and Differential Geometry (= Graduate Studies in Mathematics. Nr. 107). American Mathematical Society, Providence, Rhode Island 2009.