Ökosystemverfall

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Der Begriff Ökosystemverfall (engl. ecosystem decay) bezeichnet in der Ökologie eine Hypothese zur Erklärung von Habitatszerstörungen. Anders als das die konkurrierende Hypothese des passive sampling verneint der Ökosystemverfall lineare Veränderungen.

Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geprägt wurde der Begriff des Ökosystemverfall von Thomas Lovejoy, der Waldinseln betrachtete, die nach Rodungen in Amazonien zurückgeblieben waren. Er erkannte, dass Sonnenlicht, das in das normalerweise dunkle Unterholz vordrang, den Pflanzen schadete, die an lichtarme Verhältnisse angepasst waren und in der Folge verschwanden auch Affen und Großkatzen. Die von Lovejoy et al. (1984) aufgestellte Hypothese des Ökosystemverfalls deutet somit darauf hin, dass sich ökologische Prozesse in kleineren und stärker isolierten Lebensräumen ändern, sodass mehr Arten verloren gehen als allein durch den Verlust des Lebensraums zu erwarten gewesen wäre.[1][2]

Lange stand die Hypothese in Konkurrenz zu der von Connor und McCoy (1979) aufgestellten Hypothese des passive sampling, die nahe legt, dass Arten proportional zu ihrer Häufigkeit und Verbreitung im natürlichen Lebensraum verloren gehen.[3][4] Auf Basis einer Metastudie konnten Chase et al. (2020) jedoch die Gültigkeit des Hypothese des Ökosystemverfalls bestätigen.[5] Dies legt nahe, dass der Habitatsverlust bei Annahme der konkurrierenden Hypothese des passive sampling weitgehend unterschätzt wird. Demnach schreitet das Artensterben schneller voran, als bisher angenommen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thomas E. Lovejoy et al.: Ecosystem decay of Amazon forest remnants. In: Matthew H. Nitecki (Hrsg.): Extinctions. The University of Chicago Press, Chicago 1984, ISBN 0-226-58690-1, S. 295–325.
  2. Ilkka Hanski, Gustavo A. Zurita, M. Isabel Bellocq, Joel Rybicki: Species–fragmented area relationship. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 110, Nr. 31, 30. Juli 2013, S. 12715–12720, doi:10.1073/pnas.1311491110, PMID 23858440.
  3. Edward F. Connor, Earl D. McCoy: The Statistics and Biology of the Species-Area Relationship. In: The American Naturalist. Band 113, Nr. 6, 1. Juni 1979, S. 791–833, doi:10.1086/283438.
  4. Gal Yaacobi, Yaron Ziv, Michael L Rosenzweig: Habitat fragmentation may not matter to species diversity. In: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences. Band 274, Nr. 1624, 7. Oktober 2007, S. 2409–2412, doi:10.1098/rspb.2007.0674.
  5. Jonathan M. Chase, Shane A. Blowes, Tiffany M. Knight, Katharina Gerstner, Felix May: Ecosystem decay exacerbates biodiversity loss with habitat loss. In: Nature. 29. Juli 2020, S. 1–6, doi:10.1038/s41586-020-2531-2.