2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid

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Strukturformel
Strukturformel von 2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid
Allgemeines
Name 2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid
Andere Namen
  • 3,3'-(1,3-Dioxo-1,3-digermoxandiyl)­dipropansäure (IUPAC)
  • 2-(Carboxyethyl)germaniumsesquioxid
  • Propagermanium
  • Bis(carboxyethylgermanium)-sesquioxid
  • Ge-132
  • Germanium-132
  • Repagermanium
  • Propagermanium
Summenformel C6H10Ge2O7
Kurzbeschreibung

weißer geruchloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 12758-40-6
EG-Nummer 235-800-0
ECHA-InfoCard 100.032.533
PubChem 83030
ChemSpider 74907
Wikidata Q7250075
Eigenschaften
Molare Masse 339,25 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt

320 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit

wenig löslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Toxikologische Daten

7050 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Organogermaniumverbindungen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1967 wurde 2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid als erste wasserlösliche Organogermaniumverbindung von Hiroshi Oikawa und Norihiro Kakimoto synthetisiert.[2][3] Andere Quellen geben als erste Synthese im gleichen Jahr die Arbeiten von Wladimir Fjodorowitsch Mironow an.[4][5]

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid kann aus Trichlorgermaniumethylencyanid gewonnen werden. Dieses wird durch Einwirkung von Acrylnitril auf die Trichlorgerman gewonnen und durch Hydrolyse in Gegenwart einer Mineralsäure in Trichlorgermaniumpropionsäure umgewandelt. Durch Einwirkung von Thionylchlorid wird diese letztere Verbindung in Trichlorgermaniumpropionylchlorid umgewandelt, welche wiederum durch Hydrolyse mit Wasser in 2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid umgewandelt.[6]

Für die Verwendung als Chemotherapeutikum oder als Nahrungsergänzungsmittel ist es erforderlich, dass 2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid rein und frei von unerwünschten und potenziell tödlichen Verunreinigungen wie Germaniumdioxid und metallischem Germanium ist. Dies kann durch Syntheseverfahren die direkt von Trichlorgermaniumpropionsäure (TPA) ausgehen realisiert werden. Bei dieser Methode wird Germaniumtetrachlorid in Gegenwart von Acrylsäure unter Umgebungsbedingungen zu einem Gemisch aus polymerem Material und TPA umgesetzt. Dieses Gemisch wird dann mit konzentrierter Salzsäure depolymerisiert, um ein rohes TPA-Reaktionsprodukt zu bilden, das dann in eine reine TPA-Form umkristallisiert wird. Das reine TPA wird dann hydrolysiert und mit Schwefelsäure zu Carboxyethylgermaniumsesquioxyd umgesetzt. Bei einer alternativen Methode wird der Schritt der Umkristallisierung ausgelassen. Stattdessen wird das Gemisch, nachdem es mit konzentrierter Salzsäure depolymerisiert wurde, um ein rohes TPA-Reaktionsprodukt als weißen amorphen Feststoff zu bilden, direkt hydrolysiert und angesäuert, um 2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid zu bilden.[7]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid ist ein weißer geruchloser Feststoff, der wenig löslich in Wasser. ist.[1] Er besitzt eine monokline Kristallstruktur mit der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15. Ein verblüffender Aspekt der Kristallstruktur der Verbindung ist, dass die zyklische Struktur der unendlichen Grundeinheiten der Schichten den Kronenethern ähnelt, was auf eine neuartige Komplexierung von Metallionen und Aminosäuren hindeutet. Dieses einzigartige Merkmal der Struktur könnte durchaus mit der berichteten biologischen Aktivität zusammenhängen. Es ist bemerkenswert, dass die Verbindung empfindlich auf den Phenylfluoren-Färbetest für Germaniumoxid ist.[8]

Festes, trockenes 2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid gehört zu einer Klasse von Materialien, die als Netzwerkoxid-Polymere bekannt sind und durch Primär-, Sekundär- und Tertiärstrukturen gekennzeichnet sind. Jedes Germaniumzentrum in der Verbindung teilt sich drei Sauerstoffatome mit anderen Germaniumzentren, daher der Name Sesquioxid. Die Primärstruktur ist die monomere Untereinheit mit dem Carboxyethylgermanium, das an die drei gemeinsamen Sauerstoffatome gebunden ist, was üblicherweise durch die dimere Formel (GeCH2CH2COOH)2O3 dargestellt wird, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Eine Sekundärstruktur zeigt, wie die monomeren Einheiten miteinander verbunden sind. Es wurden 8- und 12-gliedrige Germanium-Sauerstoff-Ringe beschrieben. Modelle mit 6-gliedrigen Ringen deuten darauf hin, dass diese Anordnung ebenfalls wahrscheinlich ist. Eine dreidimensionale Adamantan-Käfigstruktur mit geringem Molekulargewicht, für die die Formel [(GeCH2CH2COOH)2O3]n, n=2 gilt, könnte durchaus existieren. Ansonsten sind "unendliche" Blätter mit variablem Molekulargewicht die Regel. Die Tertiärstruktur bezieht sich darauf, wie die Sekundärstrukturen in ein Kristallgitter passen. Unterschiedliche Sekundärstrukturen führen im Allgemeinen zu unterschiedlichen Kristallgittertypen, die als Polymorphe bezeichnet werden und jeweils eine charakteristische Kristallform, Dichte, Packungsordnung, Schmelzpunkt oder Übergangstemperatur sowie ein charakteristisches Röntgenbeugungsmuster aufweisen. Das jeweilige Polymorph, das erzeugt wird, sowie das durchschnittliche Molekulargewicht und die Verteilung sind abhängig von der Prozesschemie und den Prozessbedingungen.[4]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid wird als bifunktioneller Metallligand mit Metall-C-Bindungen (Ge-C) zur Herstellung von metallorganometallischen Gerüsten (MOMFs) verwendet.[1]

Sicherheitshinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid wird in einigen Ländern als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Nach Angabe des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin kann die dort empfohlene Tagesdosis von 50 mg Germanium zu schweren Gesundheitsschäden führen. In diesem Dosierungsbereich hat es sogar Todesfälle gegeben. Das BgVV warnt deshalb ausdrücklich vor der Einnahme von Germanium-132-Kapseln. Germanium ist in der Natur in sehr geringen Konzentrationen weit verbreitet. Über Pflanzen und tierische Produkte nimmt der Mensch täglich rund 1,5 mg auf. Germanium gehört nicht zu den lebenswichtigen Spurenelementen. Mangelerscheinungen, die auf eine Unterversorgung mit Germanium zurückzuführen wären, sind nicht bekannt.[9]

Nachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2-Carboxyethylgermaniumsesquioxid kann durch Gaschromatographie mit mikrowelleninduzierter Plasma-Atomemissionsdetektion nach Derivatisierung mit Alkylchlorameisensäureestern nachgewiesen werden.[10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h Datenblatt Bis(carboxyethylgermanium) sesquioxide, 99.7% bei Alfa Aesar, abgerufen am 27. Juli 2021 (Seite nicht mehr abrufbar).
  2. Oikawa, H. and Kakimoto, N. (1967) β-Trichlorogermylethyl derivatives. Abstract of the 21st Annual Meeting of the Chemical Society of Japan (Japanese Ed). p. 2964. The Chemical Society of Japan, Tokyo, Japan
  3. Takafumi Tezuka, Atsunori Higashino, Mitsuo Akiba, Takashi Nakamura: Organogermanium (Ge-132) Suppresses Activities of Stress Enzymes Responsible for Active Oxygen Species in Monkey Liver Preparation. In: Advances in Enzyme Research. Band 5, Nr. 2, 2017, S. 13–23, doi:10.4236/aer.2017.52002 (scirp.org).
  4. a b Bonnie J. Kaplan, W. Wesley Parish, G. Merrill Andrus, J. Steven A. Simpson, Catherine J. Field: Germane facts about germanium sesquioxide: I. Chemistry and anticancer properties. In: Journal of Alternative and Complementary Medicine (New York, N.Y.). Band 10, Nr. 2, 2004, S. 337–344, doi:10.1089/107555304323062329, PMID 15165414.
  5. V. F. Mironov, E. M. Berliner, and T. K. Gar, “Reactions of trichlorogermane with acrylic acid and its derivatives,” Zhurnal Obshchei Khimii, Vol. 37, S. 911–912, 1967.
  6. Patent DE1793288B1: Verfahren zur Herstellung von Organogermaniumoxiden. Angemeldet am 27. August 1968, veröffentlicht am 27. Mai 1971, Anmelder: Daiichi Yakuhin Sangyo KK, Erfinder: Kazuhiko Asai, Kazuo Makabe.
  7. Patentanmeldung WO9623799A1: Method for the Preparation of Pure Carboxyethyl Germanium Sesquioxide. Angemeldet am 22. Dezember 1995, veröffentlicht am 8. August 1996, Anmelder: Viva America Marketing Inc, Erfinder: Michael Arnold.
  8. Minoru Tsutsui, Norihiro Kakimoto, Darrell D. Axtell, Hiroshi Oikawa, K. Asai: Crystal structure of "carboxyethylgermanium sesquioxide". In: Journal of the American Chemical Society. Band 98, Nr. 25, 1976, S. 8287–8289, doi:10.1021/ja00441a081.
  9. BfR: BgVV warnt vor dem Verzehr von ‚Germanium-132-Kapseln‘ der österreichischen Firma Ökopharm - BfR, abgerufen am 27. Juli 2021.
  10. E. Trikas, G. A. Zachariadis, E. Rosenberg: Determination of bis-carboxyethyl germanium sesquioxide by gas chromatography with microwave-induced plasma-atomic emission detection after derivatization with alkyl chloroformates. In: Analytical and Bioanalytical Chemistry. Band 406, Nr. 14, 2014, S. 3489–3496, doi:10.1007/s00216-014-7801-0, PMID 24748447.