Actinophrys sol

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Actinophrys sol

Phasenkontrast-Bild von A. sol,
deutlich zu erkennen wie die Axoneme
am zentralen Kern enden.

Systematik
ohne Rang: Stramenopile (Stramenopiles)
ohne Rang: Raphidophyceae
ohne Rang: Actinophryida
Familie: Actinophryidae
Gattung: Actinophrys
Art: Actinophrys sol
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Actinophrys
Ehrenberg, 1830
Wissenschaftlicher Name der Art
Actinophrys sol
(O.F.Müller) Ehrenberg[1]
Actinophrys sol. a: in einer großen Nahrungs­vakuole liegendes Nahrungspartikel; b: inneres fein­körniges Protoplasma (Endoplasma); c: axiales Fila­ment eines Pseudopodiums (alias Axopodium oder Axonem), das sich nach in­nen zum Kern erstreckt; d: zentraler Kern; ekon­traktile Vakuole; f: äußeres stark vakuolisiertes Protoplasma (Ektoplasma).
REM-Aufnahme einer Ruhezyste von A. sol mit unregelmäßigen Silikatplatten.

Actinophrys sol ist eine Spezies (Art) eukaryotischer Einzeller (Protisten), die man früher als Heliozoa (Sonnentierchen, englisch sun animalcules) klassifizierte.[2] Da die Heliozoa heute allgemein nicht mehr als monophyletisch gelten, existiert diese Bezeichnung nur noch als informeller Name (morphologisch orientierter Sammelbegriff, kein Taxon). In der modernen Taxonomie gilt die Familie Actinophryidae (Gattung Actinophrys und die nah verwandte Gattung Actinosphaerium mit der Spezies Actinosphaerium eichhornii[3]) meistens in die Klade der Actinophryida, die von einigen Taxonomen im Rang einer Ordnung gesehen wird. Diese Actinophryida werden als Mitglieder der Raphidophyceae zu den Stramenopilen (alias Chromista oder Heterokonta) gestellt.[1] Andere Taxonomien gruppieren die Familie Actinophryidae letztlich ebenfalls zu den Chromista, wenn auch über andere Zwischenstufen[4] oder lassen diese gleich ganz offen.[5]

Die Actinophrys-Zellen sind annähernd kugelförmige (sphärisch-symmetrische) Einzeller mit einem großen zentralen Zellkern. Sie können nach der Nahrungsaufnahme eine äußere (periphere) Schicht von Nahrungsvakuolen aufweisen. Sie besitzen Mikrotubuli-Arrays (Axoneme), die ⁹innen am Zellkern enden.[6]

Der Lebensbereich von Actinophrys ist das Süßwasser.[6] Sie schwimmen frei in stehenden oder langsam fließenden Gewässern.[3]

Actinophrys sol ist Einzeller des Jahres 2013.[7][8]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Einzeller der Gattung Actinophrys sind räuberische Organismen. Man findet sie vor allem im Süßwasser, wo sie im offenen Wasser zwischen Schilf und fadenförmigen Algen schwimmen.[9] Die Actinophrys-Zellen zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu einigen verwandten Gattungen nur einen einzigen Zellkern haben.[10] Wie die anderen informell als Sonnentierchen bezeichneten Einzeller sind sie (annähernd) kugelförmig und sind häufig von einer Schale aus Silikat oder organischem Material umhüllt. Die Einzeller scheiden diese Schale in Form von Schuppen oder Platten in einer gallertartigen Hülle aus. Die Schalen weisen in der Familie Actinophryidae eine große Vielfalt an Formen auf, die zur Artbestimmung herangezogen werden können. Die Actinophrys-Zellen pflanzen sich ungeschlechtlich durch binäre Spaltung (Schizotomie), evtl. auch durch Knospung fort.[9]

Die Actinophrys-Zellen besitzen spezialisierte Pseudopodien (Scheinfüßchen), die Axopodien genannt werden, da sie sich strahlenförmig nach außen erstrecken. Diese Anhängsel dienen der Fortbewegung und dem Einfangen von Nahrung (Protozoen, Mikroalgen und andere kleine Organismen). Die Axopodien bestehen aus einem zentralen Kern, der ein Bündel von Mikrotubuli enthält und von einer äußeren Schicht aus fließendem Zytoplasma umgeben ist. Die Mikrotubuli sind in spezifischen Mustern vernetzt, die von Art zu Art variieren. Das äußere Zytoplasma (Ektoplasma) kann spezielle Organellen enthalten, die zum Fangen von Beutetieren herausschnellen können.[9]

Die gleichberechtigte Konjugation wurde von F. Schaudinn bei Actinophrys vollständig demonstriert: zwei Individuen nähern sich an, treten in engen Kontakt und sind von einer gemeinsamen Zystenwand umgeben. Der Kern eines der beiden ‚Männchen‘ teilt sich, und ein Kern geht auf beiden Seiten an die Oberfläche und wird mit einem kleinen Teil des Zytoplasmas als abortive (dem Tod geweihte) Zelle abgespalten; die beiden verbleibenden Kerne, die in der zellulären Beziehung „Cousins ersten Grades“ sind, verschmelzen nun, wie es auch bei den Zytoplasten (Zellmembran und Zytoplasma) der Fall ist. Die so entstandene gekoppelte Zelle oder Zygote teilt sich in zwei Teile, die sich wiederum verklumpen.[3]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen der folgenden Systematik sind:

Nachgestellt ‚:U‘ deutet eine gemäß der jeweiligen Quelle nicht voll gültige Charakterisierung an.


Familie: Actinophryidae Dujardin 1841 (A,I,M,N)

  • Gattung: Actinophrys Ehrenberg 1830 (A,I,M,N,W,µ)
    • Spezies: Actinophrys pontica Valkanov 1940 (A,M)
    • Spezies: Actinophrys salsuginosa D.J.Patterson 2001 (A,M)
    • Spezies: Actinophrys sol (O.F.Müller, 1773) Ehrenberg 1830/1840 (A:U,I,M,N,W:U) — Typusart (M)
      • A. sol green Angie Opitz 2015 (M) — in einer Probe aus einem Torfmoor in Tirol. (M)
    • Spezies: Actinophrys tauryanini (Mikrjukov, 1996) Mikrjukov & D.J.Patterson 2001 (A:U)
    • Spezies: Actinophrys vesiculata Pen. (I)

Da die einzelnen Spezies jeweils nur von einem Teil der Quellen bestätigt werden, muss die Artenliste insgesamt als unsicher gelten.

Verschiebungen (Auswahl): Actinophrys viridis ist jetzt Acanthocystis turfacea (siehe Acanthocystis)

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Artname Actinophrys setzt sich zusammen aus neulateinisch actin von altgriechisch ἀκτίς aktis, deutsch ‚Strahl‘[11] und ὀφρύς ophrýs, deutsch Augenbraue,[12][13] ‚Rand‘, bedeutet also frei übersetzt ‚Strahlenkranz‘.

  • Das Art-Epitheton sol ist lateinisch und bedeutet ‚Sonne‘.[1]

Bildergalerie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d AlgaeBase: Actinophrys Ehrenberg, 1830
  2. ITIS: Actinophrys, Integrated Taxonomic Information System.
  3. a b c Heliozoa. In: Encyclopædia Britannica, 1911 (WikiSource).
  4. a b WoRMS: Actinophrys
  5. a b NCBI Taxonomy Browser: Actinophrys, Detail: Actinophrys (genus), graphisch: Actinophrys, Lifemap NCBI Version.
  6. a b c Microworld: Genus Actinophrys Ehrenberg, 1830 und Actinophryidae, World of amoeboid organisms (arcella.nl). Mit Bildern, insbes. von A. sol.
  7. Flyer Actinophrys sol (Memento des Originals vom 28. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.protozoologie.de – Einzeller des Jahres 2013. auf www.protozoologie.de
  8. Actinophrys sol: Einzeller des Jahres 2013. In: Mikrokosmos, Heft 1, 102. Jahrgang, Januar 2013, S. 15, ISSN 0026-3680.
  9. a b c d Actinophrys (Protozoan) Videos, Differential Interference Contrast (DIC) Pond Life Video Gallery, Nikon.
  10. Eiji Kinoshita, Yoshinobu Shigenaka, Toshinobu Suzaki: The ultrastructure of contractile tubules in the heliozoon Actinophrys sol and their possible involvement in rapid axopodial contraction. In: The Journal of Eukaryotic Microbiology. 48. Jahrgang, Nr. 5, 2001, S. 519–526, doi:10.1111/j.1550-7408.2001.tb00187.x, PMID 11596916 (wiley.com).
  11. Renate Wahrig-Burfeind (Hrsg.): Wahrig. Illustriertes Wörterbuch der deutschen Sprache. ADAC-Verlag, München 2004, ISBN 3-577-10051-6, S. 39.
  12. Ludwig August Kraus: Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon, 3. Auflage, Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, Göttingen 1844, S. 692 und 1072.
  13. actinophrys noun, Merriam-Webster.