Amokfahrt in Trier

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Bei einer Amokfahrt in Trier lenkte ein Mann am 1. Dezember 2020 einen Geländewagen vorsätzlich durch die belebte Fußgängerzone von Trier. Sechs Menschen wurden durch die Amokfahrt getötet; 23 wurden zum Teil schwer verletzt.[1]

Tathergang und Ermittlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Dienstag, dem 1. Dezember 2020, fuhr ein Mann gegen 13:46 Uhr[2] mit einem Land Rover Freelander 2 in Zickzacklinien durch die Fußgängerzone in der Innenstadt von Trier und überfuhr dabei absichtlich mehrere Menschen. Insgesamt legte er dabei die Strecke von der Konstantinbasilika (frühester bekannter Punkt der Strecke) über die Konstantin-, Brot- und Grabenstraße, den Hauptmarkt sowie die Simeonstraße und schließlich ca. 100 m durch die Christophstraße zurück, wo er von der Polizei gestoppt und festgenommen wurde. Es handelt sich dabei insgesamt um eine Strecke von etwa einem Kilometer, davon rund 650 m Fußgängerzone.[3] Da aufgrund der Corona-Pandemie im Jahr 2020 in der Trierer Innenstadt kein Weihnachtsmarkt stattfand, war diese – anders als im Vorjahr – nicht mit Betonsperren gegen Angriffe gesichert worden.[4]

Vier Minuten nach dem ersten Notruf wurde der Fahrer von der Polizei festgenommen.[5] Er hatte den Wagen abgestellt und rauchte eine Zigarette.[6] In dem Wagen wurde scharfe Munition, jedoch keine passende Waffe gefunden.[6]

Durch die Tat wurden fünf Menschen getötet, ein neuneinhalb Wochen altes Baby, dessen 45-jähriger Vater sowie drei Frauen im Alter von 25, 52 und 73 Jahren. 24 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Am 23. Oktober 2021, fast elf Monate nach der Amokfahrt, erlag ein sechstes Opfer im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.[1]

Täter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Beschuldigte ist ein zum Tatzeitpunkt 51-jähriger Mann deutscher Staatsangehörigkeit aus Trier. Sein Blut wies zum Tatzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,12 Promille auf.[7] Sein Motiv ist unklar; er war bis zur Tat nicht polizeilich in Erscheinung getreten.[8] Der Beschuldigte hatte das Tatfahrzeug geliehen und die Tage vor der Tat im Auto verbracht. Nach dem Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen leidet der Mann an einer paranoiden Schizophrenie mit bizarren Wahnvorstellungen.[9]

Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Amt für Brand-, Zivilschutz und Rettungsdienst der Stadt Trier veröffentlichte über das Warnsystem MoWaS des Bundes zeitweise eine amtliche Gefahrenmitteilung für eine „Sonderlage“ in Trier, die unter anderem über Warnapps verbreitet wurde. Für die folgenden zwei Tage wurde in Trier und dem angrenzenden Landkreis Trier-Saarburg Trauerbeflaggung angeordnet, an der sich einige andere Kommunen in Rheinland-Pfalz beteiligten, und ein zentraler Trauerort eingerichtet.

Noch am Abend der Tat fand ein Gedenkgebet im Trierer Dom statt. Am folgenden Tag schloss sich eine Gedenkfeier an der Porta Nigra an, in der Hunderte Menschen der Opfer gedachten.

Am 3. Dezember 2020 fand in Rheinland-Pfalz um 13:46 Uhr eine landesweite Schweigeminute statt.[10]

Prozess[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Hauptverhandlung begann am 19. August 2021 und endete am 16. August 2022 mit einer Verurteilung zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe wegen Mordes in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr „in der Absicht, einen Unglücksfall herbeizuführen“ – teilweise in Tateinheit mit Mord bzw. versuchtem Mord, im letzteren Fall teilweise in Tateinheit mit Körperverletzung bzw. gefährlicher Körperverletzung – sowie wegen versuchten Mordes in vierzehn Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr „in der Absicht, einen Unglücksfall herbeizuführen“, teilweise in Tateinheit mit versuchtem Mord und mit schwerer, gefährlicher oder einfacher Körperverletzung. Außerdem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, das zur Tatbegehung verwendete Kraftfahrzeug eingezogen und dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und hinsichtlich der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eine Sperre auf Lebenszeit verhängt.

Auf die Revision des Angeklagten hob der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes das Urteil mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen auf. Das Schwurgericht habe seine Annahme, der Angeklagte habe im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt, nicht rechtsfehlerfrei begründet, weshalb auch die Rechtsfolgenentscheidungen aufzuheben seien. Im Umfang der Aufhebung wurde die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Traurige Nachrichten: 6. Todesopfer nach Trierer Amokfahrt - Person verstirbt im Krankenhaus. In: lokalo.de. 23. Oktober 2021, abgerufen am 23. Oktober 2021.
  2. Rolf Seydewitz, Katharina Fäßler: Schweigeminute: Gedenken an die Opfer: Um 13.46 Uhr steht das Leben in Trier heute still. In: volksfreund.de. 3. Dezember 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020.
  3. Tote und Verletzte nach möglicher Amokfahrt in Trier. Saarländischer Rundfunk, 1. Dezember 2020, abgerufen am 1. Dezember 2020.
  4. Mindestens fünf Tote nach SUV-Fahrt in Fußgängerzone. In: Der Spiegel. 1. Dezember 2020, abgerufen am 1. Dezember 2020.
  5. Autofahrer tötet fünf Menschen in Trier – Mutmaßlicher Täter festgenommen. In: Handelsblatt. 1. Dezember 2020, abgerufen am 1. Dezember 2020.
  6. a b Amokfahrer von Trier fuhr mit 81 km/h durch die Fußgängerzone. In: Süddeutsche Zeitung. 4. Dezember 2020, abgerufen am 28. Dezember 2020.
  7. Rolf Seydewitz: Mord und Körperverletzung: Neue Details zu Ermittlungen: „Es ist menschlich, Wut auf den Trierer Amokfahrer zu haben“. In: Volksfreund.de. 10. Dezember 2020, abgerufen am 17. Dezember 2020.
  8. Fünf Tote bei Amokfahrt in Trier. In: tagesschau.de. 1. Dezember 2020, abgerufen am 1. Dezember 2020.
  9. Gericht verurteilt Amokfahrer von Trier zu lebenslanger Haft, Süddeutsche Zeitung, 16. August 2022.
  10. Schweigeminute für die Opfer von Trier. In: DW.com. 3. Dezember 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  11. Pressemitteilung des BGH vom 4. Dezember 2023; Beschluss des BGH vom 13. September 2023

Koordinaten: 49° 45′ 25″ N, 6° 38′ 29″ O