Apilactobacillus

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Apilactobacillus
Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Bacillota
Klasse: Bacilli
Ordnung: Milchsäurebakterien (Lactobacillales)
Familie: Lactobacillaceae
Gattung: Apilactobacillus
Wissenschaftlicher Name
Apilactobacillus
Zheng et al, 2020[1]
Die Zellophanbiene Ptiloglossa arizonensis (Colletidae) aus dem Südosten von Arizona und ihre Haupt-Nektar- und -Pollenquellen (Agave bzw. Solanum) zur Versorgung der Larven.

Apilactobacillus ist eine 2020 aufgestellte Gattung von Bakterien aus der Familie Lactobacillaceae in der Ordnung der Milchsäurebakterien,[2] die mit Bienen assoziiert sind und über den Besuch von Blütenpflanzen ausgetauscht werden.[1][3]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Stand März 2020 umfasste die Gattung Lactobacillus (so wie sie damals aufgestellt war) 261 Arten, die phänotypischer, ökologischer und genotypischer Hinsicht äußerst vielfältig waren. In ihrer im April 2020 veröffentlichten Studie bewerteten Zheng et al. die Taxonomie der überkommenen Bakterienfamilien Lactobacillaceae und Leuconostocaceae neu auf der Grundlage von Komplett-Genom-sequenzen. Auf der Grundlage dieses „polyphasischen“ Ansatzes schlugen sie eine Aufspaltung der Gattung Lactobacillus in 25 Gattungen vor, einschließlich einer geänderten (englisch emended) Gattung Lactobacillus. Zu den neuen Gattungen gehören u. a. Holzapfelia, Bombilactobacillus, Lacticaseibacillus (inkl. Lacticaseibacillus casei, Apilactobacillus, Lentilactobacillus, …). Ziel diese Neueinstufung war es, die phylogenetische Position dieser Mikroorganismen korrekt wiederzugeben und die Laktobazillen (Milchsäurebakterien) in robuste Gruppen mit gemeinsamen ökologischen und metabolischen Eigenschaften zu gruppieren, wobei die geänderte aufgestellte Gattung Lactobacillus nur noch die an Wirbeltiere angepassten Arten umfasst. Die neu aufgestellten Gattungen Apilactobacillus und Bombilactobacillus umfassen entsprechend die bei den Insektengattungen der Honigbienen (wissenschaftlich Apis) respektive der Hummeln (wiss. Bombus) entdeckten Kladen.[1]

Artenliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die derzeit akzeptierte Taxonomie basiert auf der List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature (LPSN), die die Vorschläge der 2020er Studie von übernommen hat.[2]

Typusart der Gattung Apilactobacillus ist Apilactobacillus kunkeei (Edwards et al. 1998) Zheng et al. 2020[1] Zur Gattung gehören mit Stand 27. November 2023 folgende Spezies (Arten):[2]

  • Apilactobacillus apinorum (Olofsson et al. 2014) Zheng et al. 2020[4][5][6]
  • Apilactobacillus apisilvae Oliphant et al. 2022
  • Apilactobacillus bombintestini (Heo et al. 2020) Mattarelli et al. 2021[3]
  • Apilactobacillus kunkeei (Edwards et al. 1998) Zheng et al. 2020[3]
  • Apilactobacillus micheneri (McFrederick et al. 2018) Zheng et al. 2020[3]
    • syn. Apilactobacillus kosoi (Chiou et al. 2018) Zheng et al. 2020
  • Apilactobacillus nanyangensis Liu et al. 2021[7]
  • Apilactobacillus ozensis (Kawasaki et al. 2011) Zheng et al. 2020
  • Apilactobacillus quenuiae (McFrederick et al. 2018) Zheng et al. 2020[3]
  • Apilactobacillus timberlakei (McFrederick et al. 2018) Zheng et al. 2020[3]
  • Apilactobacillus waqarii Ahmad et al. 2022
  • Apilactobacillus xinyiensis Li & Gu 2022
  • Apilactobacillus zhangqiuensis Li & Gu 2022
  • „Uncultured Bacilli bacterium clone SHOC424“[8][3]
  • „Uncultured Bacilli bacterium clone SHNO543“[9][3]

Phylogenie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phylogenie von Apilactobacillus und Außengruppen aus Ptiloglossa-Zellophanbienen; inkl. Zugriffsnummern (16S rRNA)

Die folgende Phylogenie basiert auf Komplett-Genom-Sequenzen,[1] mit Ausnahme von A. nanyangensis, die auf der Grundlage einer 16S-rRNA-Gen-Phylogenie des GGDC-Webservers[10] hinzugefügt wurde.[11]

  
 Apilactobacillus 
  
  

Apilactobacillus micheneri


  

Apilactobacillus quenuiae


   

Apilactobacillus timberlakei




  

Apilactobacillus apinorum


  

Apilactobacillus kunkeei


   

Apilactobacillus nanyangensis





   

Apilactobacillus ozensis



 Außengruppe 

Holzapfelia



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Apilactobacillus apinorum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Spezies Apilactobacillus apinorum (ursprünglich: Lactobacillus apinorum) Gram-positiver, nicht sporenbildender und nicht beweglicher Bakterium aus der Gattung Apilactobacillus wurde, wie 2014 von Olofsson et al. berichtet, aus dem Magen eines Exemplars der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera) isoliert.[4][5][6]

Apilactobacillus spp. in Zellophanbienen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tobin J. Hammer et al. berichteten 2023 über ihre Untersuchungen des Mikrobioms von am Boden nistenden Zellophanbienen (Unterfamilie Diphaglossinae der Urbienen-Familie Colletidae), insbesondere der Gattungen Ptiloglossa (mit Pt. arizonensis), daneben Caupolicana (mit Ca. yarrowi ) und Crawfordapis[12] (mit Cr. luctuosa); sowie von der Andrenidae-Gattung Protoxaea (mit Pr. gloriosa). Die Larven von Ptiloglossa und Caupolicana beherbergen spezifisch Apilactobacillus-Arten, während die von Crawfordapis spezielle und möglicherweise neue Lactobacillus-Arten (oder nahe Verwandte) beherbergen. Die Laktobazillen der Larven verschwinden vor der Verpuppung und werden daher wahrscheinlich nicht vertikal übertragen, sondern von den adulten Bienen von den besuchten Blütenpflanzen wieder aufgenommen. Die Mikrobiome der Brutzellen der Diphaglossinae und anderen solitären Bienen sind sich qualitativ ähnlich: Dominiert von Laktobazillen, von der Umwelt erworben und nicht artspezifisch. Umgekehrt sind die Apilactobacillus-Spezies nicht auf bestimmte Bienenwirte spezialisiert. Beispielsweise wurden Stämme von A. micheneri auch von Bienen aus anderen Familien (als der Urbienen-Familie Colletidae) und vom Blütennektar isoliert; dasselbe gilt für Stämme von A. timberlakei, die etwa im Darm von Diadasia opuntiae (Apinae) gefunden wurden. Weitere Apilactobacillus-Vertreter wurden im Honigmagen (englisch crop ‚Kropf‘) der Holzbiene Xylocopa sonorina (Apidae) gefunden. Apilactobacillus-Arten und Stämme werden offenbar häufig über die Blüten zwischen verschiedenen Bienenspezies ausgetauscht.[3]

Die Vertreter der Gattung Ptiloglossa beherbergen mehrere Spezies und Stämme der Gattung Apilactobacillus, die zwischen den Bienen und den besuchten Blumen hin und her zirkulieren. Im Vergleich zu mehreren anderen Bienenarten haben Ptiloglossa ein viel höheres Verhältnis von bakterieller zu pflanzlicher Biomasse im Brutproviant, was zu dem ungewöhnlich fermentativen Geruch ihrer Brutzellen passt. In Ptiloglossa und Caupolicana fanden sich verschiedene Stämme der von Apilactobacillus, insbesondere A. micheneri und A. timberlakei. Im Gegensatz dazu wird der Larvenvorrat von Crawfordapis von einer möglicherweise neuen Bakterienart dominiert. Andere Bakterien (Lactobacillus, sowie Saccharibacter, Fructobacillus und Acinetobacter) waren nur sporadisch vorhanden, können aber dennoch in einzelnen Brutzellen reichlich vorhanden sein.[3]

Fermentierung der Larvennahrung bei Ptiloglossa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pollen und Nektar enthalten grundsätzlich alle für die Entwicklung der Bienenlarven erforderlichen Nährstoffe. Für die Gattung Ptiloglossa könnte die Fermentierung dieser Nahrung (genannt „Brauen“, vgl. Bierbrauen, Sojasauce: §Fermentative Herstellung) von Vorteil sein. Diese Bienen sind fast ausschließlich von kurz vor bis kurz nach der Morgendämmerung auf Nahrungssuche. Durch eine fermentative Verbesserung der Nährstoffqualität des Futters könnten die Weibchen trotz dieses stark eingeschränkten Futtersuchfensters mehr Nachkommen aufziehen. Als Bodennister sind die Larven der Ptiloglossa und ihre Nahrung anfällig für Angriffe durch Bodenmikroben. Daher sind bei ihnen eigene (endogene) und bakteriell basierte Abwehrmechanismen häufig. Bei der Fermentation durch Apilactobacillus entstehende organischen Säuren (und möglicherweise auch Ethanol) könnten helfen, mikrobielle Eindringlinge zu unterdrücken.[3]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Jinshui Zheng, Stijn Wittouck, Elisa Salvetti, Charles M. A. P. Franz, Hugh M. B. Harris, Paola Mattarelli, Paul W. O’Toole, Bruno Pot, Peter Vandamme, Jens Walter, Koichi Watanabe, Sander Wuyts, Giovanna E. Felis, Michael G. Gänzle, Sarah Lebeer: A taxonomic note on the genus Lactobacillus: Description of 23 novel genera, emended description of the genus Lactobacillus Beijerinck 1901, and union of Lactobacillaceae and Leuconostocaceae. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 70, Nr. 4, 15. April 2020, S. 2782​–2858; doi:10.1099/ijsem.0.004107, PMID 32293557, ResearchGate: 340674276 (englisch).
  2. a b c J. P. Euzéby, A. C. Parte: Genus Apilactobacillus Zheng et al. 2020. List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature (LPSN).
  3. a b c d e f g h i j k Tobin J. Hammer, Jordan Kueneman, Magda Argueta-Guzmán, Quinn S. McFrederick, Lady Grant, William Wcislo, Stephen Buchmann, Bryan N. Danforth: Bee breweries: The unusually fermentative, lactobacilli-dominated brood cell microbiomes of cellophane bees. In: Frontiers in Microbiology, Band 14, Sec. Microbial Symbioses, Research Topic: Exploring the Bee Microbiome: Distributions, Interactions, and Functions, 5. April 2023; doi:10.3389/fmicb.2023.1114849 (englisch). Dazu:
  4. a b J. P. Euzéby, A. C. Parte: Species Apilactobacillus apinorum (Olofsson et al. 2014) Zheng et al. 2020.
  5. a b Lactobacillus apinorum. In: www.uniprot.org. UniProt; (englisch).
  6. a b Tobias C. Olofsson, Magnus Alsterfjord, Bo Nilson, Èile Butler, Alejandra Vásquez: Lactobacillus apinorum sp. nov., Lactobacillus mellifer sp. nov., Lactobacillus mellis sp. nov., Lactobacillus melliventris sp. nov., Lactobacillus kimbladii sp. nov., Lactobacillus helsingborgensis sp. nov. and Lactobacillus kullabergensis sp. nov., isolated from the honey stomach of the honeybee Apis mellifera. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 64, Nr. 9, 1. September 2014, S. 3109​–3119; doi:10.1099/ijs.0.059600-0, PMID 24944337, PMC 4156108 (freier Volltext) (englisch).
  7. Dan Dan Liu, Yu Qin Li, Li Ping Zhang, Wei Ding, Wen Li Tian, Chun Tao Gu: Apilactobacillus nanyangensis sp. nov., Secundilactobacillus hailunensis sp. nov., Secundilactobacillus yichangensis sp. nov., Levilactobacillus andaensis sp. nov., Levilactobacillus wangkuiensis sp. nov., Levilactobacillus lanxiensis sp. nov., Lacticaseibacillus mingshuiensis sp. nov. and Lacticaseibacillus suilingensis sp. nov., isolated from traditional Chinese pickle and the gut of honeybee (Apis mellifera). In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology, Band 71, Nr. 7, 27. Juli 2021, ISSN 1466-5026; doi:10.1099/ijsem.0.004898, PMID 34313582, ResearchGate: 353499716 (englisch).
  8. NCBI: Uncultured Bacilli bacterium clone SHOC424 16S ribosomal RNA gene, partial sequence. Accession: HM112481.
  9. NCBI: Uncultured Bacilli bacterium clone SHNO543 16S ribosomal RNA gene, partial sequence. Accession: HM109480.
  10. GGDC auf: Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen, dsmz.de
  11. Jan P. Meier-Kolthoff, Alexander F. Auch, Hans-Peter Klenk, Markus Göker: Genome sequence-based species delimitation with confidence intervals and improved distance functions. In: BMC Bioinformatics. 14. Jahrgang, Nr. 60, 21. Februar 2013, S. 1–14, doi:10.1186/1471-2105-14-60, PMID 23432962, PMC 3665452 (freier Volltext) – (englisch).
  12. GBIF: Crawfordapis.