Archerit

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Archerit
Archerit (weiß) und Biphosphammit (braun) aus der Murra-el-Elevyn-Höhle (Murra-el-elevyn Cave), Dundas Shire, Australien
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1975-008[1]

IMA-Symbol

Aht[2]

Chemische Formel
  • KH2(PO4)[3]
  • (K,NH4)H2PO4[4]
  • (K,NH4)[PO2(OH)2][5]
  • K[PO2(OH)2][6]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/A.12-050

8.AD.15
37.01.04.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol tetragonal-skalenoedrisch; 42m[7]
Raumgruppe I42d (Nr. 122)Vorlage:Raumgruppe/122
Gitterparameter a = 7,45 Å; c = 6,98 Å[6]
Formeleinheiten Z = 4[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1 bis 2[8]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,23; berechnet: 2,34[9]
Spaltbarkeit fehlt[5]
Farbe weiß bis beigeweiß,[5] bräunlichgelb bis farblos[9]
Strichfarbe weiß[5]
Transparenz durchscheinend
Glanz schwacher Glasglanz, Wachsglanz, Fettglanz[8]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,511 bis 1,513[8]
nε = 1,468 bis 1,470[8]
Doppelbrechung δ = 0,043[8]
Optischer Charakter einachsig negativ
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten wasserlöslich[9]

Archerit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung K[PO2(OH)2][6] oder auch KH2(PO4)[3] und ist damit chemisch gesehen ein basisches Kaliumphosphat.

Archerit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem und entwickelt prismatisch-pyramidale Kristalle bis etwa zwei Millimeter Größe mit einem schwachen glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen. Er findet sich aber auch in Form krustiger Überzüge.

In reiner Form ist Archerit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß bis beigeweiß sein und durch Fremdbeimengungen eine bräunlichgelbe Farbe annehmen. Mit einer Mohshärte von 1 bis 2 gehört Archerit zu den weichen Mineralen, die sich wie die Referenzminerale Talk (Härte 1) und Gips (Härte 2) mit dem Fingernagel ritzen lassen.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits vor der Entdeckung als natürliche Mineralbildung war die Verbindung KH2(PO4) als synthetisches Produkt bekannt, 1925 erstmals von O. Hasse untersucht und 1930 durch J. West als Kalium-Dihydrogenphosphat beschrieben. Die Kristallstruktur wurde von S. B. Hendricks analysiert.[10]

Erstmals entdeckt wurde Archerit in der Petrogale-Höhle (Petrogale Cave) nahe einer Raststätte bei Madura in Westaustralien. Die Erstbeschreibung erfolgte 1977 durch Peter J. Bridge, der das Mineral nach Michael Archer (* 1945),[11] dem Kurator für Säugetiere im Queensland Museum, benannte. Dieser hatte die Petrogale-Höhle entdeckt und Proben gesammelt, in denen das neue Mineral entdeckt wurde.[8]

Das Typmaterial des Minerals wird im Western Australian Museum (WAM) in Perth, Australien unter der Katalog-Nr. MDC 5901 aufbewahrt.[12]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist Archerit noch nicht verzeichnet. Einzig im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten „Lapis-Mineralienverzeichnis“, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/A.12-50. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Wasserfreie Phosphate [PO4]3-, ohne fremde Anionen“, wo Archerit zusammen mit Bario-Olgit, Biphosphammit, Buchwaldit, Iwateit, Monetit, Nahpoit, Olgit, Phosphammit, Švenekit und Weilit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Archerit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Biphosphammit die unbenannte Gruppe 8.AD.15 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Archerit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Phosphatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Biphosphammit in der unbenannten Gruppe 37.01.04 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie saure Phosphate etc., mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die idealisierte, theoretische Zusammensetzung von Archerit (KH2(PO4) besteht aus 28,73 Gew.-% Kalium (K), 1,48 Gew.-% Wasserstoff (H), 22,76 Gew.-% Phosphor (P) und 47,03 Gew.-% Sauerstoff (O). Da Archerit meist in enger Vergesellschaftung mit Biphosphammit auftritt, ist oft ein geringer Anteil des Kaliums durch Ammonium (NH4) ersetzt (substituiert). Daher wird die Formel für Archerit in verschiedenen Quellen auch mit (K,NH4)H2PO4[14][4] oder (K,NH4)[PO2(OH)2][5] angegeben.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Archerit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe I42d (Raumgruppen-Nr. 122)Vorlage:Raumgruppe/122 mit den Gitterparametern a = 7,45 Å und c = 6,98 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An seiner Typlokalität, der Petrogale-Höhle in Westaustralien, bildete sich Archerit als Bestandteil von Stalaktiten und Krusten an den Höhlenwänden aus Fledermausguano, das heißt aus den Exkrementen von Fledermäusen durch Einwirkung auf Kalkstein. Als Begleitminerale treten unter anderem Aphthitalit, Biphosphammit, Calcit, Guanin, Halit, Mundrabillait, Newberyit, Oxammit, Stercorit, Syngenit, Weddellit und Whitlockit auf.[9]

Archerit gehört zu den sehr seltenen Mineralbildungen und wurde bisher nur in wenigen Proben aus weniger als 10 Fundorten entdeckt.[15] In Australien konnte das Mineral außer in der Petrogale-Höhle, nur noch in den nahe gelegenen Höhlen Murra-el-elevyn und Cocklebiddy nahe der gleichnamigen Raststätte im Verwaltungsgebiet Dundas Shire gefunden werden.

Weitere bisher bekannte Fundorte sind die San Salvador-Höhle auf der gleichnamigen Insel am Nordost-Rand der Bahamas, die Arnhem-Höhle in der namibischen Region Khomas, die Hibashi-Höhle in der saudi-arabischen Provinz Mekka (Mintaqah Makkah) und in der Kahf-Kharrat-Najem-Höhle im Emirat Fudschaira (Fujairah) in den Vereinigten Arabischen Emiraten.[16]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • J. West: XXVI. a quantitative X-ray analysis of the structure of potassium dihydrogen phosphate (KH2PO4). In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 74, 1930, S. 306–332 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 11,4 MB; abgerufen am 28. April 2019]).
  • P. J. Bridge: Archerite, (K,NH4)H2PO4, a new mineral from Madura, Western Australia. In: Mineralogical Magazine. Band 41, 1977, S. 33–35 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 167 kB; abgerufen am 21. April 2019]).
  • Michael Fleischer, Adolf Pabst, Joseph Anthony Mandarino, George Y. Chao: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 1057–1061 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 668 kB; abgerufen am 26. April 2019]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Archerite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2019. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2019, abgerufen am 25. April 2019 (englisch).
  4. a b Yasuhiro Ono, Noboru Yamada, Tomoyuki Hikita: Structure Refinements of the Mixed Crystal K0.78(NH4)0.22H2PO4 in the Temperature Range from 20 K to 250 K. In: Journal of the Physical Society of Japan. Band 60, Nr. 8, August 1991, S. 2673–2677, doi:10.1143/JPSJ.60.2673 (englisch).
  5. a b c d e Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 435 (englisch).
  7. David Barthelmy: Archerite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 20. April 2019 (englisch).
  8. a b c d e f Archerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. April 2019 (englisch).
  9. a b c d Archerite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 434 kB; abgerufen am 25. April 2019]).
  10. J. West: XXVI. a quantitative X-ray analysis of the structure of potassium dihydrogen phosphate (KH2PO4). In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 74, 1930, S. 306–332 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 11,4 MB; abgerufen am 28. April 2019]).
  11. Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York u. a. 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 698–699.
  12. Catalogue of Type Mineral Specimens – Archerite. (PDF 84 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 25. April 2019.
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 25. April 2019 (englisch).
  14. P. J. Bridge: Archerite, (K,NH4)H2PO4, a new mineral from Madura, Western Australia. In: Mineralogical Magazine. Band 41, 1977, S. 33–35 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 167 kB; abgerufen am 21. April 2019]).
  15. Localities for Archerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. April 2019 (englisch).
  16. Fundortliste für Archerit beim Mineralienatlas und bei Mindat