Börries Kuzmany

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Börries Kuzmany (* 1977 in Wien) ist ein österreichischer Historiker und Slawist.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kuzmany studierte von 1997 bis 2003 Geschichte und Russisch an der Universität Wien und der Universität Paris-Sorbonne sowie in Moskau, wo er 2001/2002 am Russischen Forschungs- und Bildungszentrum „Holocaust“ im Rahmen seines Gedenkdiensts auch wissenschaftlich tätig war. Sein Diplomstudium schloss er 2003 mit einer Arbeit zur sowjetjüdischen Nationalitätenpolitik anhand jiddischer Presseorgane ab; 2009 machte er auch den Lehramtsabschluss.

Nach einer einjährigen Tätigkeit als wissenschaftlicher Übersetzer (deutsch-russisch), begann er 2004 sein Doktorat im Rahmen eines vom FWF geförderten Projekts zu Städten an der Grenze zwischen der Habsburgermonarchie und dem Russischen Reich. Im Rahmen eines Cotutelle-Kooperationsdoktorats promovierte er 2009 an der Universität Wien und der Universität Paris-Sorbonne mit einer Dissertation über die galizische Grenzstadt Brody. In dieser Stadtbiografie kombinierte Kuzmany wirtschafts-, sozial- und kulturgeschichtliche Dimensionen, womit er neue Impulse für die Stadtgeschichtsforschung setzte. Die Doktorarbeit bzw. das daraus entstandene Buch wurde mit fünf Preisen ausgezeichnet und auf Englisch und Ukrainisch übersetzt.

Zwischen 2010 und 2013 war er Post-Doc-Mitarbeiter im Doktoratskolleg Galizien und sein multikulturelles Erbe.[1] Danach wechselte er als Erwin-Schrödinger-Stipendiat 2013/14 für ein Jahr an die Central European University in Budapest. Von 2015 bis 2018 war er im Rahmen des prestigeträchtigen APART-Stipendiums wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit einem halbjährigen Gastaufenthalt am Institut für die Wissenschaften vom Menschen. 2017 warb er einen ERC Starting Grant ein,[2] mit dem er 2019 für eine Laufbahnprofessur an das Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien wechselte.

Für sein ERC-Projekt Nicht-territoriale Autonomie als eine Form des europäischen Minderheitenschutzes[3] baute Kuzmany zwischen 2018 und 2023 ein internationales Forschungsteam auf und absolvierte 2022 einen mehrmonatigen Forschungsaufenthalt am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Darüber hinaus war er Teil der Kerngruppe des Managementkomitees der COST-Aktion European Non-Territorial Autonomy Network,[4] im Rahmen dessen er Mitherausgeber des weltweit ersten Lehrbuchs zu nicht-territorialer Autonomie war.

Forschungsschwerpunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kuzmanys Forschungsschwerpunkt liegt auf der europäischen Geschichte vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Der räumliche Fokus liegt dabei auf Mittel- und Osteuropa, insbesondere auf der Habsburgermonarchie, Polen, der Ukraine, Russland und der Sowjetunion. Sein besonderes Interesse gilt der Nationalismusforschung und Fragen der sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die er in seine Forschung zu Grenzräumen, zur Stadtgeschichte, Migrationsgeschichte und jüdischen Geschichte einfließen lässt.

In seinem ERC-Projekt widmete er sich dem konkreten Umgang mit nationaler Vielfalt innerhalb der Staatenwelt Europas im 19. und 20. Jahrhundert. Das Projekt untersuchte das auf Gruppenrechten basierende Konzept der nicht-territorialen Autonomie sowohl in seiner ideengeschichtlichen Dimension als auch in seiner politikgeschichtlichen Anwendung. Erstmals wurden dabei die Ursprünge dieser Idee in den Vielvölkerreichen Österreich-Ungarn und Russland gemeinsam erforscht. Darüber hinaus konnte er mit seinem Team zeigen, wie dieses Modell seinen Weg ins Mittel- und Osteuropa der Zwischenkriegszeit fand und auf gesamteuropäischer Ebene als Instrument des Minderheitenschutzes diskutiert wurde.

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monografien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Brody. Eine galizische Grenzstadt im langen 19. Jahrhundert. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2011, ISBN 978-3-205-21197-6 (zugleich: Dissertation, Universität Wien / Université Paris IV, 2009). [1]
    • auch in englischer Übersetzung: Brody. A Galician Border City in the Long Nineteenth Century. Brill, Leiden/Boston 2017, ISBN 978-90-04-28801-0.
    • auch in ukrainischer Übersetzung: Броди. Прикордонне галицьке місто в довгому ХІХ столітті. Літопис, Львів 2019, ISBN 978-966-8853-94-4.
  • Getrennt und doch verbunden. Grenzstädte zwischen Österreich und Russland. 1772–1918. Gemeinsam mit Paulus Adelsgruber und Laurie Cohen. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2011, ISBN 978-3-205-78625-2.

Herausgeberschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Non-Territorial Autonomy. An Introduction. Gemeinsam mit Marina Andeva, Balázs Dobos, Ljubica Djordjević und Tove Malloy. Palgrave Macmillan, New York 2023, ISBN 978-3-031-31608-1 (oapen.org).
  • Nationalities Papers, 50/5 (2022), Accommodating National Diversity within States: Territorial and non-territorial approaches since the late 19th century. Sonderheft gemeinsam mit Matthias Battis und Oskar Mulej (cambridge.org).
  • Perlen geschichtswissenschaftlicher Reflexion. Östliches Europa, sozialgeschichtliche Interventionen, imperiale Vergleiche. Festschrift für Kerstin S. Jobst. Gemeinsam mit Christoph Augustynowicz und Dietlind Hüchtker. V&R Unipress, Wien 2022, ISBN 978-3-8471-1428-4.
  • Aufnahmeland Österreich. Über den Umgang mit Massenflucht seit dem 18. Jahrhundert. Gemeinsam mit Rita Garstenauer. Mandelbaum, Wien 2017, ISBN 978-3-85476-816-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. DK Galizien Offizielle Webseite.
  2. Vier ERC-Starting Grants für ÖAW-Forscher/innen. Beitrag vom 6. September 2017.
  3. Non-Territorial Autonomy. History of a Travelling Idea. Projektwebseite seit Oktober 2019.
  4. COST Action: European Non-Territorial Autonomy Network Offizielle Webseite.
  5. Förderungspreis (der Stadt Wien).Geisteswissenschaft (seit 1991) im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  6. ÖAW. Köpfe – Stipendien & Preise Richard G. Plaschka-Preis 2012.
  7. VOH Epstein-Preise Liste der Preisträger von 1986–2012.
  8. Mailath-Pokorny ehrt Michael-Mitterauer-PreisträgerInnen 2008/09. Beitrag vom 30. November 2009.
  9. Forum Stadt – Netzwerk historischer Städte Otto-Borst-Preisträger.