Benutzer:Anjiyjin/Sure-thing Prinzip

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Das Sure-Thing Principle (abgekürzt: STP) wurde von Leonard J. Savage im Jahr 1954 entwickelt und ist ein Prinzip der klassischen Entscheidungstheorie. Das STP besagt, dass eine Präferenzordnung zwischen zwei Aktionen nicht beeinflusst werden soll, wenn Zustände auftreten, die für zwei Aktionen immer das gleiche Ergebnis liefern.[1][2] In der Theorie sieht das Prinzip zwar plausibel aus, aber in der Praxis herrschen viele Paradoxien gegen das STP.

Ursprung und Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1738 veröffentlichte Jakob I. Bernoulli seine Arbeit, in der gezeigt wurde, wie der Erwartungsnutzen durch eine Erwartungsfunktion berechnet werden kann und das Verhalten unter Risiko bestimmt werden kann. Genau gesagt, dass diese Theorie intensiv die Entscheidung unter Risiko mit gegebener Wahrscheinlichkeit behandelt. Diese Theorie, als Basis der modernen Entscheidungstheorie, beeinflusste und inspirierte kommende Entscheidungstheorien.

Das STP entspricht zugleich dem Unabhängigkeitsaxiom in der Erwartungsnutzentheorie von Von Neumann-Morgenstern (1947) bzw. „Independence of irrelevant alternatives“ (IIA). Das Unabhängigkeitsaxiom von Von Neumann-Morgenstern beschäftigt sich vor allem damit, wie sich ein rationaler Mensch unter Unsicherheit mit objektiver Wahrscheinlichkeit bzw. Ungewissheit verhält. Unter Ungewissheit versteht man eine Situation mit genauer Wahrscheinlichkeit. Das Unabhängigkeitsaxiom besagt, dass, wenn man zwischen und bevorzugt, soll sich die Präferenz in der neuen Kombination mit , und nicht ändern sollte.

1954 entwickelte Leonard J. Savage ein Axiomensystem zu dieser Erwartungsnutzentheorie und konzentrierte sich auf die Entscheidung unter Unsicherheit mit subjektiver Wahrscheinlichkeit.

Fast ein Jahrzehnt danach haben Anscombe and Aumann (1963) die subjektive Wahrscheinlichkeitstheorie und subjektive Erwartungsnutenstheorie weiterentwickelt, wobei die Existenz der objektiven Wahrscheinlichkeiten auch erforderlich ist.[3]

Savages Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Bezug auf die Abhängigkeit der Entscheidungen von Wissen stellte Leonard J. Savage das „Sure-thing Prinzip“ als ein rationales Prinzip für die Entscheidungsfindungen unter Unsicherheit vor. Es wurde von dieser Geschichte inspiriert:

Ein Geschäftsmann erwägt den Kauf von einem sicheren Eigentumsstück. Er betrachtet das Ergebnis der nächsten Präsidentschaftswahl als relevant. Um also die Angelegenheit für sich selbst zu klären, fragt er sich selbst, ob er es kaufen würde, wenn er wüsste, dass der demokratische Kandidat gewinnen wird, und er kommt zu dem Ergebnis, dass er es in diesem Fall kaufen würde. Außerdem überlegt er, ob er es kaufen würde, wenn er wüsste, dass der republikanische Kandidat gewinnen wird, und er entscheidet wieder, dass er es kaufen würde. Da er es in jedem Fall kaufen würde, entscheidet er, dass er es kaufen sollte, obwohl er noch nicht weiß, welches Ereignis eintreten wird. Viel zu selten wird eine Entscheidung auf Basis dieses Prinzips getroffen.[4]

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die relativ formelle Erklärung des STP von Savage ist: „If you would definitely prefer g to f, either knowing that the event C obtained, or knowing that the event C did not obtain, then you definitely prefer g to f.“[2]

    Für Alle Aktion , , und für jedes  ,
                   

Das Ziel des STP von Savage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Ziel der Theorie von Savage ist Folgendes zu zeigen:

Falls ein Agent rationale Präferenzen zwischen den Aktionen hat, kann modelliert werden, wie er die Wahrscheinlichkeiten anhand von Ereignissen einordnet.

Ideen um die Wahrscheinlichkeit zu definieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um die Wahrscheinlichkeit zu definieren ist es wichtig, dass der Agent rational ist. Ein Beispiel wäre[5]:

• Zum Frühstück hat ein Agent zwei Auswahl:

1. Milch („“) oder Bier („ “).

2. Es ist klar, dass er Milch bevorzugt.


• Es gibt zwei Ereignisse:

1. Der Euro ist weniger wert als der US Dollar in den nächsten Jahren. (Ereignis „“)

2. Amerikaner werden durchschnittlich dicker in den nächsten Jahren. (Ereignis „“)

Der Agent glaubt, dass eine geringere Wahrscheinlichkeit als hat.


• Dann gibt es zwei Aktionen zu wählen:

1. Der Agent trinkt Milch falls Ereignis eintritt, sonst trinkt er Bier falls Ereignis eintritt.

2. Der Agent trinkt Milch falls Ereignis eintritt, sonst trinkt er Bier falls Ereignis eintritt.

Der Agent sollte 1. Aktion wählen, falls er rational ist, da er Milch gegenüber Bier bevorzugt und glaubt, dass Ereignis eine geringere Wahrscheinlichkeit hat.

Problem bei Savages Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Savages Modell sind alle Informationen probabilisierbar, obwohl in vielen Situationen nicht klar ist, wie die Wahrscheinlichkeit sein sollte, da die Informationen mehrdeutig sein könnten. Das führt zu vielen Paradoxien in der Realität. [6]

Die Theorie von Anscombe und Aumann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Theorie von Anscombe und Aumann beschäftigt sich mit der subjektiven Wahrscheinlichkeitstheorie und subjektiven Erwartungsnutzentheorie. Es basiert auf der Kombination von „horse Lotterien“ und „Roulette Lotterien“. Die Wahrscheinlichkeit für die „horse Lotterien“ ist nicht angegeben. Für jedes Pferd dreht der Spieler das Roulette-Rad um den Preis zu determinieren. Im Gegensatz dazu ist die Wahrscheinlichkeit für die „Roulette Lotterien“ angegeben. Mit anderen Worten: die „Roulette Lotterien“, die objektiven Wahrscheinlichkeiten und die „horse Lotterien“ beinhalten die subjektiven Wahrscheinlichkeiten.

Anwendung von Anscombe und Aumanns Modell auf STP[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In dem Modell von Anscombe und Aumann ist das Ergebnis einer Handlung in zwei Schritten determiniert: Im ersten Schritt wird die Ungewissheit über die Zustände der Natur gelöst und der wahre Zustand identifiziert; im zweiten Schritt wird die, dem Zustand zugehörige, Lotterie gelöst, und das Endergebnis bestimmt. Einer der wichtigsten Punkte des Beweises für den Darstellungssatz wird zeigen, dass die Reihenfolge der Auflösung der beiden Arten der Unsicherheit für die bestehenden Entscheidung irrelevant ist.

Der Vorteil gegenüber Savages Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Insbesondere im Gegensatz zu Savage, gibt es keine explizite Notwendigkeit für die Anordnung von Ereignisannahmen. Außerdem ist es möglich einen viel einfacheren Beweis anzugeben, welcher auf dem entsprechenden Ergebnis für die objektive Version der Erwartungsnutzenhypothese basiert. [3]

Die Paradoxe und die Auseinandersetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Uneinigkeit zwischen Paradoxen in der Realität und dem STP liegt an dem Unterschied zwischen normativen Theorien und deskriptiven Theorien. In der normativen Theorie wird behandelt, wie man sich verhalten soll. Das STP weist darauf hin, was man unter Unsicherheit tun soll. Die deskriptive Theorie besagt stattdessen, was man in der Realität tut. Es gibt in der Realität viele Paradoxe, die das STP verletzen.

„Ambiguity Aversion“ und das Ellsberg-Paradoxon (1961)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste mögliche Erklärung für die Verletzung des STP ist “Ambiguity Aversion”. Das Ellsberg-Paradoxon ist ein gutes Beispiel mit subjektiver Wahrscheinlichkeit, auf die sich das STP spezialisiert. Im Ellsberg-Paradox wurden zwei Wetten dargestellt. In der Wette A wird man wetten, eine rote Kugel zu ziehen statt einer gelben, weil 30 von 90 Kugeln in der Urne rot sind und die übrigen entweder gelb oder schwarz in unbekannter Verteilung sind. In der Wette B wählt man statt einer roten oder schwarzen Kugel eher die gelbe oder schwarze Kugel.[6]

Das Ellsberg Experiment: Die 3 Farben Version

Laut STP sollte die auf beiden Seiten gleich hohe Wahrscheinlichkeit eine schwarze Kugel zu ziehen das Ergebnis in der Wette A nicht ändern. Aber das praktische Ergebnis verletzt das STP, bzw. die Mischung gelbe oder schwarze Kugel zu ziehen ist bevorzugt.

Der einzige Unterschied zwischen den zwei Wetten ist die Wahrscheinlichkeit eine schwarze Kugel zu ziehen. Noch einfacher formuliert lässt sich dies mit einer mathematischen Funktion angeben: wenn angegeben ist, die Funktion unter der Bedienung auch richtig sein soll. In diesem Fall bedeutet die Wahrscheinlichkeit, rote Kugel zu ziehen; bedeutet, gelbe Kugel zu ziehen und bedeutet schwarze Kugel zu ziehen.[6]

Der Grund liegt nach der Meinung von Ellsberg an „Ambiguity Aversion“ bzw. an der Ungewissheitsaversion. Das heißt, dass Menschen in der Realität 'sichere' gegenüber 'unsicheren' Entscheidungen bevorzugen.

Aber mehrere Versuche wurden unternommen, die Nachteile, die durch diese Paradoxien entstehen, zu lösen, aber keines der vorhandenen Argumente wird allgemein akzeptiert.[6]

„Certainty Effect“ von Daniel Kahneman und Amos Tversky und das Allais-Paradoxon (1953)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Daniel Kahneman und Amos Tversky erklären das Versuchsergebnis mit einer psychologischen Erklärung, dem „Certainty Effect“, bzw. einem Sicherheitseffekt in ihrer „Prospect Theory“: Menschen neigen dazu, sichere Sachen überzubewerten.

Die zwei Auswahlmöglichkeiten in der ersten Runde im Experiment von Allais, welches veröffentlicht 1953 wurde, ist in einer Tabelle zusammengefasst:

Wahrsch./Gewinn Auswahl 1a
66% 2400
33% 2500
1% 0
Wahrsch./Gewinn Auswahl 1b
100% 2400
0% 0

Man hat in der Auswahl 1a die 33% Wahrscheinlichkeit 2500 GE zu gewinnen, die 66% Chance 2400 GE zu bekommen und die 1% Wahrscheinlichkeit nichts zu gewinnen. In diesem Beispiel bevorzugt man einen sicheren Gewinn von 2400 GE, bzw. die Auswahl 1b.

Die zweite Runde im Allais Paradoxon:

Wahrsch./Gewinn Auswahl 2a
33% 2500
67% 0
Wahrsch./Gewinn Auswahl 2b
34% 2400
66% 0

Im Vergleich zur Auswahl 2b ist der Höchstgewinn in der Auswahl 2a mit 2500 GE höher, aber die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen ist nicht sehr unterschiedlich. Die Mehrzahl der Versuchspersonen wählt in diesem Fall 2a.

Das heißt:

bedeutet:

2400 GE mit 66% Wahrscheinlichkeit separat berechnet:


bedeutet:

Dadurch sieht man genau, dass der einzige Unterschied zwischen den zwei Runden 2400 GE mit 66% Wahrscheinlichkeit ist. Laut dem STP sollte die Präferenz nicht geändert werden, egal ob 2400 GE mit 66% Wahrscheinlichkeit auftritt oder nicht.

Aber das Ergebnis in der Praxis weicht vom STP ab. In der ersten Runde, wenn 2400 GE mit 66% Wahrscheinlichkeit auftritt, bevorzugt man 1b aber in der zweiten Runde ohne 2400 GE mit 66% Wahrscheinlichkeit wählt man 2a. Im Allais-Paradoxon geht es in der ersten Auswahl um den Vergleich der Wahrscheinlichkeiten aber in der zweiten Auswahl um den Vergleich der Zahlen.[7] Daniel Kahneman und Amos Tversky schlagen eine Erklärungsmöglichkeit vor: „Certainty Effect“. Der Unterschied zwischen „Certainty Effect“ und „Ambiguity Aversion“ liegt darin, dass „Certainty Effect“ auf das Risiko eingeht und „Ambiguity Aversion“ die Abweichung unter Unsicherheit erklärt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Aerts, Diederik und Sozzo, Sandro: A Contextual Risk Model for the Ellsberg Paradox, Center Leo Apostel for Interdisciplinary Studies Brussels Free University.
  • Colin, R.Blyth (1972): On Simpson's Paradox and the Sure-Thing Principle. In: Journal of the American Statistical Association. Vol. 67, No. 338, pp. 364- 366
.
  • Conor Mayo-Wilson (2014): Savage´s Theory and the Anscombe-Aumann Theorem, philosophy department, University of Washington.
  • Fishburn, P.C. (1970): Utility Theory for Decision Making, New York, Wiley.
  • Jaffray, J.Y. und Wakker, P. (1994), Decision Making with Belief Functions: Compatibility and Incompatibility with the Sure-Thing Principle.
  • Jeffrey, R. (1982), The Sure Thing Principle, PSA: Proceedings of the Biennial Meeting of the Philosophy of Science Association, Vol. 1982, Volume Two: Symposia and Invited Papers, pp. 719-730.
  • Levin, Jonathan (2006), Choice under Uncertainty, Stanford University.
  • Machina, Mark J. (2005), Expected Utility / Subjective Probability' Analysis without the Sure-Thing Principle or Probabilistic Sophistication, Economic Theory, Vol. 26, No. 1 (Jul., 2005), pp. 1-62.
  • Norcross, Alastair (1996) Rationality and the sure- thing principle, Australasian Journal of Philosophy, 74:2, 324-327.
  • Samet, Dov. (2008) "The sure-thing principle and independence of irrelevant knowledge". Israel Institute of Business Research.
  • Savage, L. J. (1954), The foundations of statistics. John Wiley & Sons Inc., New York.


Quellenangabe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jaffray, J.Y. und Wakker, P. (1994), Decision Making with Belief Functions: Compatibility and Incompatibility with the Sure-Thing Principle.
  2. a b Colin, R.Blyth: On Simpson's Paradox and the Sure-Thing Principle. In: Journal of the American Statistical Association. Vol. 67, No. 338 (Jun., 1972), pp. 364- 366
  3. a b Anscombe,F.J. and Aumann, R.J. (1963): A Definition of Subjective Probability, The Annals of Mathematical Statistics, Vol. 34, No. 1., pp. 199-205.
  4. Savage, L. J. (1954), The foundations of statistics. John Wiley & Sons Inc., New York.
  5. Conor Mayo-Wilson (2014): Savage´s Theory and the Anscombe-Aumann Theorem, philosophy department, University of Washington.
  6. a b c d Aerts, Diederik und Sozzo, Sandro: A Contextual Risk Model for the Ellsberg Paradox, Center Leo Apostel for Interdisciplinary Studies Brussels Free University.
  7. Levin, Jonathan (2006), Choice under Uncertainty, Stanford University.