Benutzer:El Matzos/Spielwiese1

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Augsburg: Die beiden Türme der evangelischen (im Vordergrund) und der katholischen Ulrichskirche stehen für den Religionsfrieden in der Stadt.

Als Augsburger Reichs- und Religionsfrieden wird ein Reichsgesetz des Heiligen Römischen Reichs bezeichnet, das den Protestanten Besitz und freie Religionsausübung gewährte. Das Gesetz wurde am 25. September 1555 auf dem Reichstag zu Augsburg zwischen Ferdinand I., der seinen Bruder Kaiser Karl V. vertrat, und den Reichsständen geschlossen.

Der Augsburger Reichs- und Religionsfrieden gilt als ein wichtiges Verfassungsdokument des Heiligen Römischen Reiches. Mit ihm wurde die konfessionelle Spaltung des Reiches rechtlich anerkannt und die politische Koexistenz der beiden großen Konfessionen geregelt. Im Allgemeinen wird der Augsburger Reichs- und Religionsfrieden als Abschluss der Reformationszeit in Deutschland betrachtet.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu Beginn der 30er Jahre des 16. Jahrhunderts breitete sich die Reformation in vielen Territorien und Reichsstädten des Heiligen Römischen Reiches aus. Damit stellte sich die Frage der rechtlichen Stellung des Protestantismus, dessen Lehren offiziell als Ketzerei galten. In den Augen der Katholiken musste der römisch-deutsche Kaiser der Verbreitung solcher Irrlehren entgegentreten. Um eine mögliche militärische Rekatholisierung protestantischer Gebiete verhindern zu können, gründeten die protestantischen Reichsstände den Schmalkaldische Bund. In den folgenden Jahren fanden mehrere Religionsgespräche statt, um die Einheit der Kirche wieder herzustellen. Als diese – auch wegen politischen Motiven – scheiterten, beschloss Kaiser Karl V. militärisch gegen den Bund vorzugehen und vernichtet ihn im Schmalkaldischen Krieg 1547.

Auf dem Reichstag 1548 zwang er die protestantischen Reichsstände das Augsburger Interim anzunehmen, welches die kirchlichen Verhältnisse bis zu einer Wiedereingliederung der Protestanten in die katholische Kirche regeln sollte. Die vom Kaiser erlassenen Regelungen wurden aber außer in der direkten Reichweite der kaiserlichen Macht im Süden des Reiches und in den Reichsstädten nicht oder nur halbherzig durchgesetzt.

Gleichzeit stellte sich die Frage, wer die Nachfolge Karl V. im Reich antreten sollte.[1]. Der Kaiser selbst versuchte seinen Plan der sogenannten Spanischen Sukzession, das heißt die Übertragung der römisch-deutschen Kaiserwürde auf seinen Sohn Philipp II. von Spanien, im Reich durchzusetzen. Sein Bruder Ferdinand I., der bereits 1531 zum römischen König gewählt worden war, wollte die Kaiserkrone aber für sich und seine Nachfahren in Anspruch nehmen. Die Mehrheit der Reichsstände waren in dieser Frage eher der Position an Ferdinands zugeneigt, da sie befürchteten, dass ein Nachfolger aus der spanischen Linie ein erster Schritt zu einer erblichen, habsburgischen Universalmonachie wäre.

Moritz von Sachsen hatte den Kaiser – trotz seines protestantischen Glaubens – im Schmalkaldischen Krieg unterstützt und erhielt dafür 1547 die sächsische Kurwürde. In der nachfolgenden Zeit befand sich Moritz in einer schwierigen Lage: er war innerhalb des protestantischen Lagers isoliert, war sich aber im Klaren, dass die starke Position des Kaisers nicht von Dauer sein konnte. Deshalb setzte er sich an die Spitze einer gegen die Spanische Sukzession aufbegehrenden Fürstenrebellion. Dieser sogenannte Fürstenkrieg traf Karl 1552 völlig unvorbereitet und nötigte ihn zur Flucht. Auf den in Passau ohne den Kaiser stattfindenden Verhandlungen zur Beilegung des Konflikts trat Ferdinand I. als Vermittler auf und verhandelt mit den Fürsten.[2]

Neben konkreten Absprachen zur Beendigung des Fürstenaufstands drängten die Reichsstände auf eine dauerhafte Regelung der Religionsfrage. In den Pasauer Verhandlungen hatten sich die Stände und Ferdinand bereits mündlich auf die Grundlagen einer solchen Regelung verständigt[3], doch Karl V. war nicht bereit, dauerhafte Zugeständnisse an die Protestanten zu machen.[4] Der schließlich unterzeichnete Vertrag enthielt wieder nur eine religionspolitische Übergangslösung. Diese war aber mit der Zusage verbunden, die Frage auf dem nächsten Reichstag zu entscheiden.[5]

Nach dem Fürstenaufstand und dem Passauer Vertrag sah Karl V., dass seine hoch gesteckten politischen Ziele im Reich zum größten Teil gescheitert waren und leitete langsam seinen Rücktritt ein.[6] Die Reichspolitik legte er fast vollständig in Ferdinands Hände.[7]

Generell herrschte im Heiligen Römischen Reich – nach den Verwüstungen des Schmalkaldischen Kriegs, des Markgrafen- und des Fürstenkriegs – eine große Friedenssehnsucht.[8] Das militärische und politische Patt zwischen den beiden großen chrislichen Konfessionen verringerte die Hoffnung, das eigene Einflussgebiet weiter ausdehnen zu können.[9] Dies begünstigte Friedensneigungen[10] – beide Seiten waren bereit für eine umfassende Friedensregelung, Zugeständnisse zu machen.[11]

Der Reichstag von 1555[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch sein Versprechen, die Religionsfrage im Reich auf dem nächsten Reichstag zu regeln, sah sich Karl in die Ecke gedrängt und versuchte diesen so lang wie möglich aufzuschieben. Erst nach langem Drängen der Reichsstände gab Kaiser Karl V. 1553 nach. Am liebsten hätte der Kaiser auch auf diesem Reichstag wieder nur eine vorläufigen Regelung verfügt, die Reichsstände drängten aber auf eine dauerhafte Lösung.[12] Auf keinen Fall wollte der Kaiser persönlich am Reichstag teilnehmen. Aus den Briefen des Kaisers geht hervor, dass er dies zum Teil aus Rücksicht auf sein persönliches Seelenheil, aber auch aus gesundheitlichen Gründen tat.[13]

In der Reichstagsproklamation vermieden Karl und Ferdinand bewusst jede Erwähnung des Passauer Vertrags.[14]. Der Schwerpunkt des Reichstags lag aus ihrer Sicht in der umfassenden Sicherung des Landfriedens. Dieser Themenkomplex war durch vorausgegangene Beratungen gut vorbereitet und konnte relativ schnell abgeschlossen werden.[15] Die recht schwierige Religionsfrage sollte dagegen erst nach Abschluss dieses Themenkomplexes beraten werden, da der Kaiser und sein Bruder befürchteten, dass sich die Reichsstände nicht einigen könnten und der gesamte Reichstag ohne Ergebnis enden würde.[16] Die Reichsstände lehnten eine solche Verhandlungsreihenfolge ab und setzten den Religionsfrieden als ersten Punkt auf die Tagesordnung.[17]

Das Konzept eines politischen Frieden, der die religiösen Differenzen bewusst ausklammert, auf dem der Augsburger Friedenschluss letztlich beruhte, ging auf einen Vorschlag Moritz von Sachsens während der Passauer Verhandlungen zurück.[18] Dieser Grundgedanke galt als viel versprechend und als idealer Ausgangspunkt für die Lösung der Religionsfrage im Reich, da eine baldige Einigung in theologisch-dogmatischen Fragen sehr unrealistisch war.[19] Die im Reich verbreitete Überzeugung, dass für eine umfassende Friedensregelung eine Wiedervereinigung der Konfessionen Voraussetzung sei[20], wich allmählich der Einsicht, dass eine politische Lösung wichtiger als die Beseitigung theologischer Differenzen war.[21]

Eine der Hauptschwierigkeiten während der Verhandlungen war, dass die rechtliche Anerkennung der konfessionellen Spaltung des Reiches nicht mit kanonischem Recht vereinbar war.[22] Umständliche juristische Formulierungen sollten diesen Umstand verschleiern und den katholischen (und besonders den geistlichen) Reichsständen, die Annahme des Friedens erleichtern.

Die Frage, ob jede Person frei sein Bekenntnis wählen konnte oder ob diese Wahlfreiheit nur für die Obrigkeit gelten sollte, war heftig umstritten und war einer der zentralen inhaltlichen Fragen.[23] Vor allem die Protestanten verlangten die Freistellung wenigstens für bestimmte Gruppen von Personen (die Reichsritter, reichsunmittelbare und landsässige Städte).[24] Die schließlich erreichte Einigung mit der Glaubensfreiheit in den Reichsstädten und dem jus emigrandi war eine wichtige Grundlage des gesamten Religionsfriedens. Das mittelalterliches Ketzerrecht wurde damit faktisch aufgehoben.[25]

Die härteste und längste Verhandlungen fanden aber um den Geistlichen Vorbehalt statt.[26] Unüberbrückbare theologische, rechtliche und politische Gegensätze drohten mehrfach mehrfach die Verhandlungen scheitern zu lassen.[27] Die Protestanten konnten den Geistlichen Vorbehalt nicht akzeptieren, da sie in ihm eine einseitige Bevorteilung der katholischen Seite sahen. Ferdinand versuchte ihre Zustimmung durch eine geheime Nebenabrede – die Declaratio Ferdinandea – zu erreichen.[28] Letztlich wurde der Geistlichen Vorbehalt nur Kraft Ferdinands königlicher Autorität in den Abschied aufgenommen - die evangelischen Stände hatten ihm nicht zugestimmt.[29] Daraus leiteten diese später Möglichkeit ab, sich nicht an ihn gebunden zu fühlen.[30] Die Declaratio Ferdinandea allerdings wurde erst gar nicht mit in das Vertragswerk aufgenommen aufgenommen.[31] Die Frage über deren Gültigkeit blieb offen.[32]

Kurz vor Beendigung der Verhandlungen machte der Kaiser gegenüber Ferdinand deutlich, dass er auf keinen Fall bereit sei, den in Augsburg erzielten Kompromiss politisch mit zu verantworten. Karl sah den Bedeutungsverlust des Kaiseramtes, den eine religiöse Spaltung der Reiches mit sich brachte.[33] Er bat seinen Bruder deshalb den Reichstagsabschied zu verzögern und sein persönliches Erscheinen auf dem Reichstag abzuwarten. Ferdinand, der froh war, dass nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen endlich ein tragfähiger Konsens hergestellt war, entsprach dieser Bitte nicht.[34] Um Reichstagsabschied nicht zu gefährden, verheimlichte Ferdinand auch die Rücktrittdrohung seines Bruders gegenüber den Reichsständen.[35]

Der Religionsfrieden war Bestandteil des Reichstagsabschieds vom 25. September 1555. Der Abschied enthielt neben dem eigentlichen Religionsfrieden auch Änderungen der Kammergerichtsordnung und der Exekutionsordnung zur Durchsetzung des Landfriedens.[36] Zum Kammergericht wurden jetzt auch Protestanten als Assessoren und Richter zugelassen.[37]

Die Regelungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grundidee des Augsburger Reichs- und Religionsfriedens ist die theologischen Fragen vollständig auszuklammern und das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten reichsrechtlich zu regeln. Im Gegensatz zu vorherigen Friedensschlüssen sollte diese Regelung kein Provisorium sein, sondern bis zu einer möglichen Wiedervereinigung der beiden großen Konfessionen im Reich gelten. Wegen der Weigerung Kaiser Karl V. den Religionsfrieden in seinem Heimatland zu akzeptieren, hatte dieser im Burgundischen Reichskreis keine Gültigkeit. [38]

Der Augsburger Reichs- und Religionsfrieden ist ein schwer zugänglicher, juristischer Text.[39] Auslegungsfragen haben später das Verhältnis der Konfessionen im Reich schwer belastet. Dabei sind die dem Vertrag zugrunde liegenden Ideen sehr einfach zu erfassen:

Ausweitung des Landfriedens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch Ewiger Landfrieden

Der Augsburger Religionsfrieden garantierte die Koexistenz beider Konfessionen, dabei wurden die bestehenden Religionsprobleme nur juristisch, nicht jedoch theologisch geregelt. Als Bezugsrahmen dafür galt die seit 1495 bestehenden Landfriedensordnung, in die die Protestanten mit aufgenommen wurden.[40] Lutherischen und katholischen Reichsständen wurde damit ihr jeweiliges Kirchenwesen garantiert. Beide Konfessionen standen zukünftig unter reichsrechtlichem Schutz.[41] Ein Krieg aus religiösen Gründen galt fort hin als Landfriedensbruch.[42]

Dies galt jedoch nur für die katholischen und auf dem Boden der Confessio Augustana stehenden Reichsständen.[43] Andere Glaubensgemeinschaften wie zum Beispiel die Täufer waren von dieser Regelung ausgeschlossen. Für sie galt weiterhin das mittelalterliche Ketzerrecht.[44] Der Sonderstatus der Juden war vom Religionsfrieden nicht betroffen.[45]

Glaubensfreiheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel cuius regio, eius religio

Die Rechtspersonen, auf die sich der Friede erstreckte, waren die Reichsstände. Das Recht die Religion seiner Untertanen festzulegen, wurde mit den Herrschaftsrechten verknüpft. Die weltlichen Reichsstände erhielten dadurch das Recht vom lutherischen zum katholischen Glauben überzutreten und umgekehrt. Die Untertanen mussten sich diesem Wechsel anschließen. Später wurde dieser Sachverhalt ius reformandi genannt. Der Greifswalder Jurist Joachim Stephani prägte um 1604 dafür den Begriff cuius regio eius religio[46] Auch die Reichsritter erhielten das Recht auf freie Bekenntniswahl.[47]

Das ius reformandi wurde durch das ius emigrandi der Untertanen eingeschränkt. Den Untertanen wurde damit das Recht, aus Glaubensgründen in Begleitung ihrer Familie und unter Mitnahme ihres Eigentums in ein Territorium der eigenen Konfession auszuwandern, zugestanden (§24). Die Untertanen konnten auf diese Art, einem erzwungenen Konfessionswechsel ausweichen. Allerdings konnte diese Auswanderung nur vollzogen werden, wenn alle herrschaftlichen Verbindlichkeiten abgelöst waren; beispielsweise durch Freikauf aus einer Leibeigenschaft, was oft den wirtschaftlichen Ruin bedeutete.

Die formal weiterhin bestehende geistliche Jurisdiktion der katholischen Kirche über evangelische Gebiete wurde aufgehoben (§20).[48] Die Bischöfe verloren die Zuständigkeit für Bekenntnis, Kultus und Kirchenordnung der Gläubigen, die in lutherische Territorien lebten. Die Stelle des Bischofs nahm in diesen Gebieten der Landesherr oder in den Reichsstädten der Stadtrat ein.

Geistlicher Vorbehalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel Geistlicher Vorbehalt

Eine wichtige Einschränkung des Cuius-Regio-Prinzips stelle der Geistliche Vorbehalt dar. Geistliche Fürsten konnten zwar persönlich zum Protestantismus übertreten, verloren damit aber gleichzeitig ihre Herrschaftsrechte, Kirchenämter und Pfründe. Das Domkapitel beziehungsweise das Klosterkonvent musste unmittelbar nach dem Übertritt einen katholischen Nachfolger wählen. Dies diente zur Sicherung der Reichskirche, geistliche Fürstentümer konnten auf diese Art nicht protestantisch werden.[49]

Der Geistliche Vorbehalt wurde von vielen Protestanten nicht anerkannt, da sie darin eine einseitige Bevorzugung der Katholiken sahen. [50] Zum Ausgleich wurde von Ferdinand I. die Declaratio Ferdinandea eingeräumt, aber nicht mit in den Augsburger Reichs- und Religionsfrieden aufgenommen wurde. Sie garantierte landsässigen protestantischen Rittern und Städten in geistlichen Territorien die freihe Religionsausübung. Die Gültigkeit dieser Regelung blieb zwischen Protestanten und Katholiken umstritten.[51]

Bikonfessionalität in den Reichsstädten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den seit dem Schmalkaldischen Krieg gemischt-konfessionellen Reichsstädten in Südwestdeutschland wurden beide Konfessionen erhalten und unter reichsrechtlichen Schutz gestellt. Damit sollte vor allem die katholischen Minderheiten in den Reichsstädten geschützt werden.[52] Auf diese Art wurde erstmals ein Zustand anerkannt, der über Begriffsvermögen vieler Zeitgenossen ging - Bikonfessionalität innerhalb eines Gemeinwesens[53]

Säkularisiertes Kirchengut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Umgang mit im Rahmen der Reformation geänderten Eigentumsverhältnisse war ein komplexes und viel diskutiertes Thema während der Verhandlungen. Die protestantischen Fürsten und Städte hatten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch die Einverleibung von Kirchengütern ihre Machtbasis erheblich vergrößern können und waren nicht bereit darauf zu verzichten.

In der erzielten Einigung wurde 1552 als Normjahr festgelegt. Alle bis dahin erfolgten Besitzverschiebung in evangelischen Territorien wurden rechtlich anerkannt und durch den Landfrieden geschützt. [54]

Reichsexekutionsordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel Reichsexekutionsordnung

Die im Zuge des Augsburger Reichs- und Religionsfriedens verabschiedete Reichsexekutionsordnung schloss den Kaiser weitestgehend bei der Handhabung des Landfriedens und der Durchsetzung der Urteile des Reichskammergerichtes aus. Die Reichskreise und damit die lokalen Reichsstände wurden nun neben ihren bisherigen Aufgaben auch dafür zuständig. Weiterhin wurden die Kreise zuständig für die Besetzung der Beisetzer des Gerichtes und erhielten neben dem Münzwesen weitere bisher kaiserliche Aufgaben übertragen.

Der Kaiser war an der Reichsexekution nur noch beteiligt, wenn es der Einberufung eines Reichstages bedurfte, um das Landfriedensproblem zu bewältigen. Der Kaiser kam also nach der Reichsexekutionsordnung nur noch in besonders drastischen Fällen ins Spiel. Die Exekutive des Reiches wurde durch die Reichsstände getragen.

Bedeutung und Folgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Augsburger Reichs- und Religionsfrieden ist eines der wichtigsten Verfassungsdokumente der deutschen Geschichte.[55] Der Text wird zu den Grundgesetzen des Heiligen Römischen Reiches gezählt und hat die Verfassung des Reiches in der Frühen Neuzeit entscheidend geprägt. Im Allgemeinen wird er als Abschluss der Reformation in Deutschland betrachtet.[56]

Der Reichs- und Religionsfrieden stellte auf Reichsebene eine einheitliche, weltliche Friedensordnung zur Verfügung, die die politische Koexistenz der beiden großen christlichen Konfessionen garantierte.[57] Damit wurde der seit Beginn der Reformation bestehende Konfessionskonflikt verrechtlicht.[58] Die religiösen Differenzen wurden nicht gelöst, der Reichsfrieden konnte nur gesichert werden, in dem die religiösen Fragen in der Schwebe blieben.[59] Der Augsburger Vertrag verfestigte die religiöse Spaltung, machte sie aber politisch handhabbar.[60] Fortan war die Einheit des Reiches nur noch weltlicher und politischer Natur.[61] Die Religionshoheit ging an die Territorialstaaten über, was den Staatswerdungsprozess auf Ebene der Territorien beschleunigte.[62]

Bezeichnenderweise war der Vertrag, der so tief in das religiöse Leben im Reich eingriff, ohne die Mitwirkung des Papstes entstanden.[63] Offiziell gab es keine Verlautbarung des Vatikans zum Reichsfrieden.[64] Ob der Vatikan die Regelung stillschweigend duldete oder ihre Tragweite unterschätzte, ist unter Historikern umstritten. Ein wichtige Rolle spiele aber auf jeden Fall, dass es im Jahr 1555 nacheinander drei Päpste gab (Julius III., Marcellus II., Paul IV.).[65]

Nach kanonischen Recht besaß der Reichstag keine Kompetenz kirchenrechtliche Regelungen zu treffen. Deswegen wurden die Gültigkeit des Vertrag von katholischer Seite in der Folgezeit mehrfach angezweifelt. Der Reichstag durfte beispielsweise nicht das nicht reichsunmittelbare Kirchenguts, das protestantische Fürsten bereits eingezogen hatten, an Protestanten übertragen. Auch der geistliche Vorbehalt verstieß gegen kanonisches Recht, da ein Bischof nach seinem Übertritt zum Protestantismus seine persönliche Ehre behielt.[66] Kardinal Otto von Waldburg, Bischof von Augsburg stimmte als einziger Geistlicher gegen den Vertrag.[67]

Durch den Verlust des Absolutheitsanspruchs der katholischen Kirche und durch die reichsrechtliche Garantie des Luthertums verlor der deutsche Kaiser den Anspruch neben dem Papst zweites Oberhaupt der Christenheit zu sein.[68] Karl V. hat diese Bedeutungsverlust gesehen und mehrfach versucht den Vertrag zu verhindern oder die Verhandlungen zu verschleppen. Als er einsah, dass ihm dies nicht gelang, leitete er schrittweise seine Abdankung ein. Der Reichsfriede wurde zwar in seinem Namen verkündet, aber er wurde von ihm nicht gebilligt[69]

Harm Klueting sieht die lutherische Seite in höherem Maße Gewinner des gefunden Ausgleichs zwischen der Konfessionen als die Katholiken.[70] Der Ausschluss der Täufer und der Reformierten begünstigte die lutherische Seite besonders, da sie so die einzig zugelassene protestantische Konfession im Reich waren.[71] Der Reichsfrieden war aber auch für die Katholiken vorteilhaft: Von der Stabilisierung der politischen Ordnung profitierten beide Seiten gleichermaßen. Die Bikonfessionalität im Land war faktisch längst erreicht, sie wurde durch den Vertrag nur politisch festgeschrieben. Das ius emigrandi galt auch für Katholiken und der Geistlicher Vorbehalt garantierte den Bestand der Reichskirche.[72]

Durch den Wegfall der geistlichen Gewalt der Bischöfe über protestantische Gebiete, übernahmen die jeweiligen Landesherren als Notbischöfe die bischöfliche Aufgaben. Diese delegieren sie an neu geschaffene geistliche Behörden. Aus den evangelische Kirchen werden auf diesem Weg staatlichen Einrichtungen. Das vom jeweiligen Landesherrn erlassene evangelische Kirchenrecht ersetzte das Kanonisches Recht.

Der Augsburger Reichs- und Religionsfrieden ist ein schwieriger, juristischer Text. Auslegungsfragen haben das Verhältnis der Konfessionen zueinander ab etwa 1580 schwer belastet.[73] Die Reichspolitik wurde zunehmend stärker von eher kleinlichen Streitigkeiten belastet, die konfessionell instrumentalisiert wurden. Die Auslöser waren Unterschiedliche Auffassungen über die Gültigkeit der Declaratio Ferdinandea, über die Gültigkeit des Geistliche Vorbehalts und über den reichsrechtlichen Status der Reformierten.[74] Diese Konflikte engten in der Folgezeit mehr und mehr die Funktionsfähigkeit des Reiches ein und blockierten die Reichsinstitutionen schließlich ganz. Wichte Wegmarken dieser Entwicklung sind sind: der Magdeburger Sessionsstreit (seit 1582), der Kölnischer Krieg (1583-1585), der Straßburger Kapitelstreit (1583-1604), die Aachener Händel (1582-1598), Vierklosterstreit (1590er Jahre), Konflikt um Donauwörth (1606-1609). 1608/1613 musste der Reichstag seine Handlungsunfähigkeit konstatieren. 1608 und 1609 entstanden auch formell konfessionelle Bündnisse, in denen sich beide Lager unversöhnlich gegenüberstanden.

Der Begriff "Augsburgische Konfessionsverwandte", für die der reichsrechtliche Schutz gelten sollte, ist sehr unscharf formuliert. Je nach politischer Notwendigkeit konnten so einzelne Reichsstände mit ein- bzw. ausgeschlossen werden.[75] Die Weigerung die calvinistisch-reformierte Konfession, die 1555 aber auch noch keine so große Rolle im Reich spielte, in die Friedenssicherung mit einzubeziehen war ein großter Schwachpunkte des Vertrags. Dieser Konflikt spielte bei der Auslösung des Dreißigjährigen Krieges eine wichtige Rolle und fanden erst im Westfälischen Frieden mit der Anerkennung aller drei Konfessionen eine Lösung.[76]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thomas Brockmann: Augsburger Religionsfrieden. In: Enzyklopädie der Neuzeit. Metzler, Stuttgart 2005, ISBN 3476019357, Sp. 848-850
  • Axel Gotthard: Der Augsburger Religionsfrieden. Aschendorff, Münster 2004, ISBN 3402038153
  • Carl A. Hoffmann u. a. (Hrsg.): Als Frieden möglich war. 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden, Begleitband zur Ausstellung im Maximilianmuseum Augsburg (16.6.-16.10.2005). Schnell und Steiner, Regensburg 2005, ISBN 3795417481
  • Harm Klueting: Das konfessionelle Zeitalter. Ulmer, Stuttgart 1989, ISBN 3800126117
  • Wolfgang Wüst, Georg Kreuzer, Nicola Schümann (Hrsg.): Der Augsburger Religionsfriede. Ein Epochenereignis und seine regionale Verankerung. Wißner, Augsburg 2005, ISBN 3896395076 (Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 98)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Olaf Mörke, Die Reformation: Voraussetzungen und Durchsetzung, S. 61
  2. Welt- und Kulturgeschichte
  3. Welt- und Kulturgeschichte
  4. Welt- und Kulturgeschichte
  5. Welt- und Kulturgeschichte
  6. Harm Klueting
  7. (Welt- und Kulturgeschichte)
  8. Harm Klueting
  9. Peter Blickle
  10. Peter Blickle
  11. Harm Klueting
  12. Welt- und Kulturgeschichte
  13. Alfred Kohler
  14. Alfred Kohler
  15. Alfred Kohler
  16. Alfred Kohler
  17. Quelle?
  18. Alfred Kohler
  19. Alfred Kohler
  20. Welt- und Kulturgeschichte
  21. Welt- und Kulturgeschichte
  22. Alfred Kohler
  23. Alfred Kohler
  24. Alfred Kohler
  25. Alfred Kohler
  26. Alfred Kohler
  27. Alfred Kohler
  28. Schnabel-Schüle
  29. Alfred Kohler
  30. Alfred Kohler
  31. Schnabel-Schüle
  32. Alfred Kohler
  33. Peter Blickle
  34. Alfred Kohler
  35. Peter Blickle
  36. Schnabel-Schüle
  37. Schnabel-Schüle
  38. Harm Klueting
  39. Welt- und Kulturgeschichte
  40. Schnabel-Schüle
  41. Schnabel-Schüle
  42. Harm Klueting
  43. Harm Klueting
  44. Peter Blickle
  45. Harm Klueting
  46. Harm Klueting
  47. Harm Klueting
  48. Schnabel-Schüle
  49. Schnabel-Schüle
  50. Harm Klueting
  51. Harm Klueting
  52. Schnabel-Schüle
  53. Peter Blickle
  54. Alfred Kohler
  55. Schnabel-Schüle
  56. Zeit-Geschichtslexikon
  57. Harm Klueting
  58. Welt- und Kulturgeschichte
  59. Harm Klueting
  60. Schnabel-Schüle
  61. Harm Klueting
  62. Welt- und Kulturgeschichte
  63. Harm Klueting
  64. Harm Klueting
  65. Harm Klueting
  66. Harm Klueting
  67. Harm Klueting
  68. Peter Blickle
  69. Große Ploetz
  70. Harm Klueting
  71. Harm Klueting
  72. Harm Klueting
  73. Welt- und Kulturgeschichte
  74. Harm Klueting
  75. Schnabel-Schüle
  76. Schnabel-Schüle