Benutzer:Joma2411/Spielwiese/Hinterland/Eisenbahn

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Unglück beim Perfhochwasser 1984[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Infotafel zur Geschichte des Perfstausees mit Hintergründen zum Hochwasser (links)

Wegen intensiven, andauernden Niederschlägen und vermehrter Schneeschmelze vom 4. bis in die Nacht zum 7. Februar 1984 stieg die Wasserführung der Lahn und ihrer Zuflüsse so extrem an, dass Katastrophenalarm ausgerufen werden musste. Südlich der Firma Christmann & Pfeifer, etwa dort, wo der Bahndamm heute durch den neuen Perf-Verlauf durchbrochen ist (Streckenkilometer 29,1), unterspülten die Fluten der Perf am Morgen des 7. Februar den Damm der Scheldetalbahn, unter dem Gewicht einer Diesellok aus Siegen sackten die Gleise ab und diese fiel kurz nach sieben Uhr ins Wasser.[1][2][3]

Der Lokführer des aus Richtung Wallau kommenden Zuges hatte einen Vorsichtsbefehl und fuhr auf Sicht, nur knapp zehn Stundenkilometer.[4] Große Teile des Bahndamms scherten in Fahrtrichtung rechts ab, die Lok neigte sich in dieselbe Richtung und kippte schließlich ins Wasser. Der Lokführer aus Rüppershausen in Wittgenstein konnte erst durch die Rettungskräfte befreit werden.[5] Auch große Teile des Führerhauses lagen unter Wasser. Die Kupplung zwischen Lok und erstem Wagen war gerissen, wodurch die drei Personenwagen auf dem Bahndamm stehen blieben. In denen befand sich nur ein Zugführer, da es sich um die Überführung eines Leerreisezuges nach Gönnern handelte.[2] Bei der Lok mit der Nummer 211 132-6[6] handelte sich ausnahmsweise um keine steilstreckentaugliche Baureihe 213, da der Bahndamm unterhalb der Steilstrecke auch beschädigt war.[7]

Während der Sperrung des betroffenen Streckenabschnittes musste der Güterverkehr zu Buderus Guss in Breidenbach notgedrungen über die eigentlich für den Güterverkehr bereits geschlossene Steilstrecke zwischen Hirzenhain und Herrnberg aufrechterhalten werden.[8] Dafür waren pro Zug zwei steilstreckentaugliche Loks vorgeschrieben (bei Bergfahrt mit Nachschiebebetrieb, bergab beide Loks an der Zugspitze).[9][10] Der Personenverkehr wurde in der Zwischenzeit als Schienenersatzverkehr mit Bussen abgewickelt.

In den folgenden Tagen zog sich das Wasser zurück und so konnten zunächst die in die Luft ragenden Gleisreste entfernt sowie Stahlbetonfundamente eigens für die Stützen des eines Bergungskrans gegossen werden. Neben der Lok, wo sich zuvor der Bahndamm befand, wurde der Untergrund mit alten Holzschwellen ausgelegt, um die Lok darauf aufrichten zu können und ein absacken dabei zu vermeiden. Eine Woche nach dem Unglück, am 14. Februar, rückte dann der stärkste Kran der Bundesbahn, genannt „Goliath“ und ausgelegt für 150 Tonnen Last, samt einem Schutzwagen für den Ausleger, einem Gegengewichtswagen und einem Begleitwagen an. Zur Unterstützung war noch der Hilfszug aus Gießen mit einem Einheitshilfsgerätewagen vor Ort.[9]

Zunächst wurde der Kran mit dem Gegengewichtswagen an das Dammende gefahren. Nach dem Ausfahren der Stützen und dem Anhängen eines Gegengewichts konnte die 64 Tonnen schwere Lok angehängt und auf die Holzschwellen aufgesetzt werden. Dann wurde das zweite ­Gegengewicht angehangen und der ­Gegengewichtswagen weggezogen. Schließlich folgte die endgültige Bergung: Der Kran hob die Lok an, sobald genug Höhe erreicht war, schwenkte er um 180 Grad und setzte sie auf das Gleis. Nachdem der Kran abgebaut war, wurde sie mit dem Hilfszug zum Bahnhof Wallau gebracht[7] und die übrigen Fahrzeuge traten die Rückreise an. Das alles geschah unter den Augen zahlreicher Schaulustiger und Eisenbahner.[9]

Trotz der verheerenden Schäden am Bahndamm wurde die Strecke aufwendig wieder hergerichtet und konnte schon am 20. Februar wieder freigegeben werden.[11] Den entstandenen Schaden bezifferte die Bundesbahn auf 500.000 D-Mark.[12] Die Lok kam nach ihrer Ausmusterung über Umwege zum Stahlkonzern ArcelorMittal, wo sie, Stand 2024, noch immer im Einsatz ist.[13]

  1. Durch Hochwasser entgleiste Diesellokomotive auf der Bahnstrecke bei Wallau, 1984 (Bild). In: Historische Bilddokumente : LAGIS Hessen. Abgerufen am 18. August 2022.
  2. a b Lok stürzt in die Fluten der Perf - Eisenbahn im Hinterland, Teil 40. In: Oberhessische Presse. 5. März 2014, abgerufen am 21. Juni 2021.
  3. Die Schelde-Lahn-Bahn / Die Lok im Wasser. In: geocashing.com. 19. Dezember 2010, abgerufen am 18. August 2022.
  4. Gerhard Moll: Die Baureihe V100. EK-Verlag, Freiburg 2010, S. 135.
  5. Schmelzwasser war schuld. In: Westfalenpost. 17. Februar 2016, abgerufen am 6. Februar 2024 (deutsch).
  6. v100.de - Deutz 57369. Abgerufen am 18. August 2022.
  7. a b Drehscheibe Online Foren :: 04 - Historisches Forum :: Bergung der 211 132 am 14.2.1984 bei Wiesenbach (m. 13 B.). Abgerufen am 19. August 2022.
  8. Drehscheibe Online Foren :: 04 - Historisches Forum :: einer der letzten Güterzüge auf der Scheldetalbahn. Abgerufen am 19. August 2022.
  9. a b c Stefan Runzheimer: „Goliath“ hebt Lok zurück auf Schienen. In: Oberhessische Presse. 5. März 2014, abgerufen am 21. Juni 2021.
  10. Johann Schön: Steilstrecke. In: schoen-johann.de. Abgerufen am 26. Februar 2023.
  11. Drehscheibe Online Foren :: 04 - Historisches Forum :: Unfall der 211 132 am 07.02.84 m.B. Teil 1. Abgerufen am 19. August 2022.
  12. Mark Adel: Als das Hinterland im Wasser versank. In: mittelhessen.de. Hinterländer Anzeiger, 6. Februar 2024, abgerufen am 6. Februar 2024.
  13. Deutz 57369 (Lebenslauf der Maschine). In: v100.de. Abgerufen am 6. Februar 2024.