Benutzer:Karsten11/Märzrevolution im Fürstentum Lippe

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Die Revolution von 1848/1849 im Fürstentum Lippe verlief ruhig und vergleichsweise gewaltarm.

Vormärz in Lippe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lippe wurde im Vormärz durch den Fürsten Leopold II. regiert. Der Fürst selbst griff in die Regierungsgeschäfte selbst selten ein und überlies diese seiner Beamtenschaft. An der Spitze stand die Regierung aus fünf bis sechs Regierungsräten, die für verschiedene Aufgabenfelder zuständig waren. An der Spitze der Regierung stand der Regierungspräsident. Das Land selbst war in Ämter gegliedert, an deren Spitze ein Amtmann stand. Diese Führungsschicht rekrutierte sich aus 30 bis 40 Familien. Der Staat galt als gut verwaltet aber unbewglich und bürokratisch.

1836 wurde eine landständische Verfassung verkündet, die die Besetzung des Landtags neu regelte. Neben den Ständen der Städte und der Ritterschaft, traten nun auch Vertreter der erblichen Gutsbesitzer sofern diese nicht zur Ritterschaft gehörten. Die Ritterschaft wählte aus ihren Reihen fünf adelige und zwei bürgerliche Abgeordnete. Diese bildeten eine eigene Kurie. Die Bewohner der Städte und des platten Landes bestimmten durch Wahlmänner jeweils sieben Abgeordnete. Abgeordnete der Städte und des platten Landes bildeten zusammen eine Kurie.

Auch wenn der Landtag nur einen kleinen Prozentsatz der Bevölkerung repäsentierte, kam es 1847 dennoch zu einem Konflikt zwischen fürstlicher Regierung und den Ständen, da der Landtag die geforderten Steuererhöhung und der Fürst die Bewilligung einger Wünsche der Stände nicht genehmigte.

Die Mißernten ab 1846 hatten auch in Lippe zu einer starken Preiserhöhung der Lebensmittel geführt. Dies und die politische Situation führte dazu, dass 1847 mehr als 1000 Lipper nach Amerika auswanderten – ein Rekordwert, der in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr erreicht wurde.

Die Revolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Informationen der Revolution in Frankreich und des Beginns der Märzrevolution in Deutschland erreichte auch die Bürger in Lippe, obwohl es keine freie Presse gab. In der Residenzstadt Detmold kam es jedoch, im Gegensatz zu den meisten anderen deutschen Staaten, nicht zu Demonstrationen. Es wurden jedoch eine Reihe von Petitionen an den Fürsten und seine Regierung gerichtet, in denen die Märzforderungen auch für Lippe erhoben wurde. Am 6 März fand eine Versammlungen des Detmolder Gewerbevereins statt, an dem 300 Menschen teilnahmen. Führende Kraft der Demokraten war der Anwalt Karl Vette. Auf dieser Veranstaltung legte er eine Petition vor, die auf große Zustimmung stieß. Als „Volkspetition“ wurde diese Petition auch in anderen Städten übernommen und erreichte die die größte Verbreitung in der Bevölkerung.

Der Magistrat und die Stadtverordneten der Stadt Detmold erstellen daraufhin eine -weniger weitgehende- Alternativpetition. Diese wurde dem Fürsten am 8. März offiziell überreicht. Die Demokraten um Vette planten eine Großdemonstration am 12. März in Detmold zur Übergabe der „Volkspetition“ an den Fürsten.

Dazu kam es jedoch nicht, da die Regierung bereits vorab nachgab. Allein die Gerüchte über anstehende Demonstrationen und die Nachrichten aus den anderen deutschen Ländern reichten aus, dass die Regierung dem Fürsten dringend riet, die Forderungen zu erfüllen. Fürst Leopold folgte dem Rat und führte am 8. März die Pressefreiheit ein und erfüllte mit Patent vom 9. März auch die weiteren Märzforderungen.

Auch personell setzten sich die Demokraten durch. Der Fürst entliess am 14. März den Regierungspräsidenten Wilhelm Arnold Eschenburg und ersetzte ihn durch Friedrich Simon Leopold Petri. Wilhelm Arnold Eschenburg war in der Öffentlichkeit umstritten, da er den Beitritt zum Zollverein betrieben hatte und "QAusländer" war (er kam aus Braunschweig). Neben dem Regierungschef wurden mehrere weitere Regierungsmitglieder ausgetauscht. In das Märzministerium wurden Moritz Leopold Petri, der als führender Vertreter der liberalen Opposition im Volk hohe Zustimmung genoss und Carl Theodor Heldman berufen, der konservative Regierungsrat Rohdewald schied aus der Regierung aus. Christian Theodor von Meien und Johann Karl Piderit blieben in ihren Regierungsämtern. Am 28. Dezember 1849 wurde noch der Kammerfiskal Bernhard Meyer in die Regierung berufen.

Während die Revolution in der Residenzstadt gewaltfrei und ruhig blieb, kam es außerhalb zu einigen Übergriffen. In der Nacht vom 12. auf den 13. März drangen 50 bis 60 Menschen in die Meierei Bexten ein und verlangten den schriftlichen Verzicht auf die Pachtforderungen. Im Amt Schöttmar zog eine Gruppe Menschen von Gehöft zu Gehöft und erpresste Geld. Am 18. März kam es in Oerlinghausen zu einer Revolte. Am 21. März richtete die Regierung ein Rundschreiben an die Ämter und Magistrate. Darin wurde die Einrichtung von Bürgerwehren und die Einberufung des Landsturms zum Schutz des Eigentums angeordnet.

Der gravierenste Zwischenfall fand auf Gut Barkhausen statt. Am 24. März marschierten etwa 1.000 Menschen aus der Grafschaft Rietberg, um vom Besitzer Friedrich Ludwig Tenge das Nachlassen der Abgaben zu verlangen. Nachdem die Heuerlinge den Sohn Tenges als Geisel genommen hatte, musste dieser den Forderungen nachgeben. Am Folgetag kam es zu Plünderungen in den umgebenden Orten. Dies war auch außenpolitisch bedeutsam, die Grafschaft Rietberg zwar ebenfalls im Eigentum Tenges stand, aber staatsrechtlich zu Preußen gehörte. Die Detmolder Regierung verlegte daher Truppen nach Barkhausen und die umgebenden Orte. Dieses war jedoch nicht sehr wirksam. Wirksamer waren die Bürgerwehren der betroffenen Orte, die versuchten die ausländischen Rädelsführer zu fangen. Nach wenigen Tagen endeten die Gewalttaten.

Der Landtag wurde zum 22. März einberufen. Fürst Leopold hatte im Patent vom 9. März zugestimmt, dass der Landtag öffentlich tagen solle (er trat dann in der evangelischen Kirche zusammen) und ihm die Kompetenz gegeben, in allen legislativen Fragen tätig zu werden. Auch wenn seine Zusammensetzung aufgrund des bisherigen Wahlrechtes konservativ war, stimmte der Landtag den Vorlagen der neuen Regierung zu. Die Vertreter der Ritterschaft verzichteten auf ihre Vorrechte.

Die demokratische Presse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Gestattung der Pressefreiheit am 8. März entstanden mehrere Zeitungen. Auf demokratischer Seite war dies zunächt die „Wage“. Herausgeber waren Vette, Carl Volckhausen sowie Gustav Adolf Wolff. Wolff wechselte später zum im Juni gegründeten radikaldemokratischen Volksfreund. Nachdem die Zensur in Preußen verschärft worden war, wurde der Volksfreund ab Januar 1849 bis zum Verbot am 28. Juni 1850 in Lemgo gedruckt.

Daneben ist insbesondere das Lippische Volksblatt zu nennen, das ab September 1848 die konservativen Positionen vertrat. Bürgerlich-lieberale Positionen vertraten die im April gegründeten Vaterländischen Blätter.

Die Wahl zur Nationalversammlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lippe war im Vorparlament durch Justizrat Althof und Heinrich Schierenberg vertreten worden.[1] Beider waren dort nicht hervorgetreten. Im Siebzehnerausschuss war Lippe durch Moritz Leopold Petri vertreten worden. Die Lippische Regierung schlug vor, es sei das einfachste, auf eine Wahl zu verzichten und Petri einfach zum Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung zu ernennen. Dies stieß auf Widerspruch aus Frankfurt. Mit Ergänzungsbeschluss vom 7. April stellte der Bundestag klar, dass eine Wahl durch die Stände nicht zulässig sein sondern eine Wahl stattfinden müsse. Die Regierung erliess eine Wahlordnung. Der Eilbedürftigkeit wegen wurden die Stände nur schriftlich informiert; diese stimmten jedoch der Wahlordnung mit der einzigen Änderung zu, dass es zur Wahl einer absoluten und nicht nur einer relativen Mehrheit bedurfte.

Lippe stellte einen Abgeordneten in Frankfurt. Zwar sollten je 50.000 Einwohner ein Abgeordneter gestellt werden und Lippe hatte 108.000 Einwohner. Gewertet wurde jedoch der Einwohnerstand des Jahres 1818.

Die Wahl erfolgte in indirekter Wahl. Nach der Urwahl der 169 Wahlmänner kamen diese am 3. Mai in Lage zusammen. Als Favorit galt Moritz Leopold Petri, der gegen vier weitere Kandidaten (von Cölln, Althof, Theodor Althaus, Heinrich Schierenberg[2]) antrat. Es gelang Petri jedoch nicht, eine Mehrheit zu erlangen. Nach zwei erfolglosen Wahlgängen setzte sich im dritten Wahlgang Heinrich Schierenberg mit 86 zu 83 Stimmen knapp durch.

Die Volkskammer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Märzministerium setzte die neuen Gesetze nur langsam und bedächtig um. Insbesondere mit der Wahl eines neuen Landtags hatte man keine Eile. Erst im Dezember 1849 trat der alte Landtag letztmalig zusammen, um ein neues Wahlgesetz zu beschliessen. Dieses Wahlrecht sah ein Ein-Kammern-Parlament, die Volkskammer vor. Die 25 Mitglieder sollten in indirekter, freier und gleicher Wahl bestimmt werden. Allerdings waren eine Vielzahl von Bürgern weiterhin von der Wahl ausgeschlossen. Zeitgemäß war an ein Frauenwahlrecht nicht zu denken; Wahlberechtigt waren lediglich Männer. Das Mindestalter für die Wahlteilnahme war mit 30 Jahren recht hoch angesetzt worden. Gravierend war auch die Regelung, dass eine Verurteilung wegen Holzdiebstahls zu einem Verlust des Wahlrechtes führte. Dies betraf über 8.000 Bürger. Beide Regelungen stärkten das konservative Element in der Kammer.

Mit Verordnungen vom 16. Januar 1849 wurde das Fürstentum in 25 Ein-Personen-Wahlkreise eingeteilt.[3]

Mit Bekanntmachung vom 24. März wurde der Wahltag auf den Mittwoch den 4. April 1849 festgelegt. [4]

Da die im ersten und vierten Wahlbezirk gewählten Abgeordneten ihre Mandate nicht angenommen haben wurde am 18. April 1849 eine Nachwahl für den 30. April angeordnet.[5]

Nr. Wahlbezirk Titel Name Anmerkung
1 Stadt Horn Syndikus Franz Hausmann (Mandat nicht angenommen) Nachwahl am 18. April 1849. Gewählt wurde Amtmann Meyer
2 Amt Horn Syndikus Franz Hausmann
3 Schwalenberg, Lipperdore Assessor König
4 Schwalenberg, Richenau Kanzleirat Johann Christian Althoff (Mandat nicht angenommen) Nachwahl am 18. April 1849
5 Stadt Lemgo Pastor Rudolph Kulemann
6 Brake, Lieme Müller Bunte
7 Brake, Hillentrup Gutsbesitzer aus Wendlinghausen Friedrich Wilhelm Freiherr von Reben bis 7. Juli [1] [2]
8 Barenholz, Stemmen Col. Stztmann
9 Hohenhausen, Talle Col. Klocke
10 Lüdenhausen, Siliren Col. Klemme und Hagemann hatten die meisten Stimmen, keine Mehrheit
11 Uslen, Schötmar Gutsbesitzer Johann von Stietencron
12 Schötmar, Retzen, Wüsten derselbe?
13 Schötmar, Wülfer, Biems. Meier Niemann
14 Oerlinghausen Rentmeister Julius Schütz
15 Amt Oerlinghausen Gutsbesitzer Friedrich Ludwig Tenge
16 Amt Detmold, Spors Kanzleirat Johann Christian Althof
17 Stadt Lage Kaufmann Johann Bernhard Echterling
18 Amt Detmold, Berlebeck Pastor August von Cölln
19 Stadt Lage Kaufmann Echterling
20 Amt Lage: Hagen, Heiden Dr. Friedrich Leizmann
21 Amt Lage: Augustdorf Lehrer Tappe
22 Stadt Blomberg Bürgermeister August Böhmer
23 Amt Blomberg Meier Oberbracht
24 Barntrup Alverdingen Bornemeyer
25 Bösingfeld Syndicus Heinrich Wilhelm Hildebrand aus Barntrup

http://s2w.hbz-nrw.de/llb/periodical/pageview/2120975


Böhmer Meyer Meier aus Hörentrupp (13. Wahlbezirk) bis Juli, Nachwahl am 30. Juli 1849: Pastor M. Wessel aus Schötmar [3] Petri Petri Bürgermeister Gotthilf August Benjamin Schierenberg (1808-1894) aus Horn Diedrich Moritz Petri Bürgrmeister von Lemgo

Wage Nr. 48 vom 13. Juni 1849, online


Dennoch ergab sich nach der Wahl eine deutliche Mehrheit für die Demokraten. Die Regierung konnte auf etwa 9 der 25 Stimmen zählen.

Sitzordnung des Landtags 1849 in der lutherischen Kirche[6]

A-uf der konstituierenden Sitzung des Landtags vom 11. Juni 1849 wurde unter Leitung des Alterspräsidenten Althoff (Franz Hausmann war als jüngstes Mitglied Schriftführer) das Präsidium gewählt.

Der Pastor von Cölln wurde mit 16 Stimmen Landtagspräsident. Der Stadtsyndikus Franz Hausmann aus Horn wurde im 2. Wahlgang mit 16 zu 8 Stimmen (gegen von Stietencron) zum Vizepräsidenten gewählt. Assessor König aus Blomberg Schriftführer (äußerste Rechte) und Petri (Rechte) aus Schötmar wurden Schriftführer.[7]

Provisorische Commission anstelle der ständigen Ausschusss: Schierenberg, von Stietencron, Petri (Detmold)

Schulgesetz[8]

Das Ende der Revolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Januar 1851 starb Fürst Leopold II. und sein Sohn, Leopold III. übernahm den Thron. Leopold III vertrat reaktionäre Positionen und begann sofort damit, die Reformen rückgängig zu machen. Er forderte von den Abgeordneten der Volkskammer, einen Abgeordneteneid zu leisten. Darin sollten die Abgeordneten jedoch ausschliesslich der Person des Fürsten, nicht jedoch der Verfassung Treue schwören. Auch gab es in der Verfassung von 1836 keine Vorschrift zur Abgabe eines solchen Eides.

Von den 25 Abgeordneten leisteten 20 den Eid, fünf verweigerten sich. Dies waren der Stadtrichter Franz Hausmann, der Kanzleirat Althoff, der Lehrer Johann Bernhard Echterling, der Bauer Hagemann und der Pastor Rudolph Kulemann.[9] Die Regierung erklärte daraufhin die Mandate dieser Abgeordneten für erledigt und liess Neuwahlen durchführen. Diese brachten, bei geringer Wahlbeteiligung, regierungstreue Abgeordnete ins Parlament.

Das so „gereinigte“ Parlament beschloss, auf Antrag der Regierung, die Rückkehr zum alten Wahlrecht und der Verfassung von 1836.

Verordnung vom 15. März 1853

-Die Regierung wurde seit Petries Tod im März 1850 durch Christian Theodor von Meien geführt. Dessen Politik war dem Fürsten jedoch nicht reaktionär genug. 1853 wurde von Meien entlassen und durch Laurenz Hannibal Fischer ersetzt.

Auch die Pressefreiheit endete. 1850 wurde der Volksfreund, 1852 die Wage verboten. Gustav Adolf Wolff wurde zu einer halbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Otto Dresel wanderte nach Amerika aus.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Liste der Mitglieder des Vorlarlamentes
  2. http://www.renatehupfeld.de/Althaus/TheodorAlthaus1848.htm
  3. Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt 1849, Nr. 5
  4. Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt 1849, Nr. 12
  5. Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt 1849, Nr. 16
  6. Lippisches Volksblatt Nr. 27, online
  7. Wage Nr. 28, vom 7. April 1849
  8. Text des Schulgesetzes
  9. Erklärung der Abgeordneten; Beilage der Wage Nr. 21, vom 12. März 1851

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