Benutzer:Lektor w/Definition der Musik

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Musik ist eine Kunstgattung, deren Werke aus organisierten Klängen bestehen, die Empfindungen oder Assoziationen hervorrufen können.[1][2][3] Es gibt es keine allein gültige Definition.

Problematik der Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Duden unterscheidet (abgesehen von der selteneren Bedeutung „Musikkapelle“) drei Aspekte des Begriffs Musik und stellt damit die Mehrdeutigkeit fest (nachfolgend etwas umformuliert):[4]

  • a) die Kunst, Töne in bestimmter Gesetzmäßigkeit hinsichtlich Rhythmus, Melodie, Harmonie zu einer Gruppe von Klängen und zu einer stilistisch eigenständigen Komposition zu ordnen; Tonkunst
  • b) Werk oder Werke dieser Kunst
  • c) musikalische Komposition, Musikstück

Wenn man für a) der Kürze halber das Wort Tonkunst wählt und die beiden ähnlichen Aspekte b) und c) als „Musikstück oder Musikstücke“ zusammenfasst, ergeben sich im Wesentlichen zwei Bedeutungen: einerseits die Tonkunst, andererseits Musikstücke. Die meisten Definitionen lassen diese Mehrdeutigkeit außer Acht. Sie definieren Musik entweder als eine Kunst oder als Gebilde aus Klängen.

Heutige Definitionen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Definitionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Frage, was Musik sei, ist so alt wie das Nachdenken über Musik. In der Antike und im Mittelalter sahen Gelehrte in der Musik vor allem eine Wissenschaft. Das Verständnis, Musik sei eine gefühlsbetonte Kunst, kam erst in der Neuzeit auf.

Antike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursprünglich verstand man unter altgriechisch μουσική τέχνη mousikḗ téchnē (kurz mousikḗ) bzw. lateinisch musica die „Kunst der Musen“. Dazu gehörte nicht nur die Tonkunst (also die Musik im heutigen Sinn), sondern auch die Kunst der Dichter (siehe die Etymologie). Aus dieser Einheit der Künste löste sich die Musik als Tonkunst erst im 4. Jahrhundert v. Chr. heraus.[5]

Pythagoras und seine Anhänger entwickelten die Idee, dass die Himmelskörper beim Lauf auf ihren Sphären Töne erzeugen, die von ihrer Geschwindigkeit abhängen und zusammen einen harmonischen Klang ergeben: die Sphärenmusik, eine kosmische, vom Menschen nicht hörbare Musik. Das Konzept wurde von Aristoteles abgelehnt, aber von Boethius und im Mittelalter rezipiert und zuletzt von Johannes Kepler in seiner Schrift Harmonices mundi (1619) ausgearbeitet.

Die Definitionsversuche in der Musikliteratur der Antike stellten die Tonleiter und ihre mathematischen Grundlagen in den Mittelpunkt und machten die Natur des Tongefüges an der Tonleiter fest. Musik galt also zunächst als eine theoriefähige, mathematisch bestimmte Wissenschaft. Unabhängig von der weiteren Entwicklung der Musik hin zu einer „schönen Kunst“ blieb diese Auffassung bis ins 17. Jahrhundert, in protestantischen Kreisen auch noch bis ins 18. Jahrhundert bestehen.[5]

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cassiodor, der zur Entwicklung der Sieben freien Künste den Beitrag einer Verbindung von antiker Wissenschaft und christlichem Glauben leistete, definierte Musik als disciplina, quae de numeris loquitur („Musik ist Wissen, das durch Zahlen ausgedrückt wird“). Diesem logisch-rationalen Verständnis folgten Alkuin und Rabanus Maurus. Isidor von Sevilla sprach von Musica est peritia modulationis sono cantique consistens („Musik besteht aus der Erfahrung des klingenden Rhythmus und des Gesangs“). Dieses eher klang- und sinnenorientierte Urteil rezipierten Dominicus Gundisalvi, Robert Kilwardby, Bartholomaeus Anglicus, Walter Odington und Johannes Tinctoris.[6]

Augustins Begriffsbestimmung erfuhr im Mittelalter zunächst durch den Odo von Cluny zugeschriebenen Traktat Dialogus de musica eine starke Veränderung. Dieser erweiterte die Anschauung um eine theologische Komponente, indem er concordia vocis et mentis, die „Einheit zwischen Stimme und Geist“ als zentralen Punkt des Musizierens anführte. Der Gedanke wurde von Philippe de Vitry aufgenommen. Eine anonyme Abhandlung des Mittelalters führt aus Musica est scientia veraciter canendi („Musik ist die Wissenschaft vom wahrhaftigen Singen“), wichtiger als theoretisches Wissen und praktische Fertigkeit sei die Aufrichtigkeit des Sängers. Dies fand sich bei Johannes de Muris und Adam von Fulda wieder.[7]

Frühe Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während des 15. und 16. Jahrhunderts galten weiterhin die Definitionen von Augustinus und Boethius. Parallel dazu kam eine auf die Musikpraxis bezogene Auslegung auf, die als Musica est ars recte canendi („Musik ist die Kunst, richtig zu singen“) populär wurde – wobei in den zahlreichen Abhandlungen auch debite („gebührlich“), perite („kundig“), certe („sicher“) oder rite („nach Brauch oder Sitte“) auftraten. Sie erscheint u. a. bei Johann Spangenberg, Heinrich Faber, Martin Agricola, Lucas Lossius, Adam Gumpelzhaimer und Bartholomäus Gesius, deren musiktheoretische Leitfäden bis ins 17. Jahrhundert für den Unterricht an Lateinschulen benutzt wurden, wobei hier das Singen im Vordergrund stand. Als deutschen Leitsatz Musik ist die rechte Singekunst zitierte ihn Daniel Friderici in seiner Musica Figuralis (1619).[7]

18. und 19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Rationalismus des 18. Jahrhunderts zeigt sich in der Begriffsbildung Gottfried Wilhelm Leibniz’: Musica est exercitium arithmeticae occultum nescientis se numerare animi („Musik ist eine verborgene Rechenkunst des seines Zählens unbewussten Geistes“).

Mit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, zu Beginn der Wiener Klassik und am Vorabend der Französischen Revolution ersetzte den rationalistischen Musikbegriff sein diametrales Gegenteil: eine subjektivistische, rein gefühlsbetonte Definition setzte sich durch. Hatten die Begriffsbestimmung zuvor Musiker wie Komponisten und Theoretiker geleistet, so lieferten die wesentlichen Definitionen aus der Künstlerperspektive während des Ineinanderfließens der Ästhetiken hin zur romantischen Einheit der Künste nun Dichter wie beispielsweise Wilhelm Heinse, Novalis, Wilhelm Heinrich Wackenroder und Jean Paul. Das persönliche Erleben und Empfinden stand im Vordergrund.[7]

So formulierte Johann Georg Sulzer: „Musik ist eine Folge von Tönen, die aus leidenschaftlicher Empfindung entstehen und sie folglich schildern.“ Als modellhaft für das gesamte Jahrhundert gilt Heinrich Christoph Kochs Wort „Musik ist die Kunst, durch Töne Empfindungen auszudrücken“. Dies erschien kaum verändert von Gottfried Weber bis Arrey von Dommer. Die bis auf die Gegenwart volkstümliche Ansicht, dass Musik eine „Sprache der Gefühle“ sei, wurde allgemein anerkannt. Der Begründer der historischen Musikwissenschaft Johann Nikolaus Forkel äußerte sich dergestalt, ebenso die Komponisten Carl Maria von Weber, Anton Friedrich Justus Thibaut und Richard Wagner. Wagners Begriff des Gesamtkunstwerks prägte die weitere Entwicklung.

Eduard Hanslick (1865)

Für die Übergangszeit vom Idealismus zum Irrationalismus war auffällig, dass die Musik ins Metaphysische und Transzendente erhöht wurde. So nannte Johann Gottfried Herder die Musik eine „Offenbarung des Unsichtbaren“, für Friedrich Wilhelm Joseph Schelling war sie „nichts anderes als der vernommene Rhythmus und die Harmonie des sichtbaren Universums selbst“.[8]

Nachklänge der rationalistischen Auffassung sind im Musikdenken des 19. Jahrhunderts gleichfalls vorhanden. Bereits 1826 hatte Hans Georg Nägeli die Musik ein „bewegliches Spiel von Tönen und Tonreihen“ genannt.[8] Eduard Hanslick fand 1854 in der musikästhetischen Grundsatzschrift Vom Musikalisch-Schönen zu der prägnanten Formel, der Inhalt und Gegenstand von Musik seien nur „tönend bewegte Formen“.[9] Vor dem Streit um Programmmusik gegen absolute Musik wurde er damit zum Wortführer einer ästhetischen Partei. In derselben Schrift merkte Hanslick an, Musik sei „eine Sprache, die wir sprechen und verstehen, jedoch zu übersetzen nicht imstande sind“.

20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arnold Schönberg (1948)
Igor Strawinsky

Immer noch unter dem Einfluss des 19. Jahrhunderts stand Ernst Kurths Hinwendung zu den irrationalen Kräften der Musik in seinem Spätwerk Romantische Harmonik und ihre Krise in Wagners „Tristan (1920): „Musik ist emporgeschleuderte Ausstrahlung weitaus mächtigerer Urvorgänge, deren Kräfte im Unhörbaren kreisen. Was man gemeinhin als Musik bezeichnet, ist in Wirklichkeit nur ihr Ausklingen. Musik ist eine Naturgewalt in uns, eine Dynamik von Willensregungen.“ Geradeso wurzelte Hans Pfitzners Musikdenken im Jahr 1926 noch ganz im Geist der Spätromantik, vor allem in der Sichtweise Schopenhauers: Musik sei „das Abbild des Ansich der Welt, also des Willens, indem sie dessen innerste Regungen wiedergibt“. Im Stilpluralismus ab der Moderne kann keine gültige Aussage über das Wesen der Musik mehr getroffen werden, da die Komponisten individuell über ihre ästhetischen Anschauungen befinden. Sie begründen seitdem ihre Musikdefinition auf die eigene Kompositionspraxis.[8] Arnold Schönberg bezog sich in seiner Harmonielehre (1913) auf den antiken Gedanken einer mimetischen Kunst, wies ihr aber zugleich den Status der höchsten und äußersten Vergeistigung zu.

„Kunst ist auf der untersten Stufe einfache Naturnachahmung. Aber bald ist sie Naturnachahmung im erweiterten Sinne des Begriffs, also nicht bloß Nachahmung der äußeren, sondern auch der inneren Natur. Mit anderen Worten: sie stellt dann nicht bloß Gegenstände oder Anlässe dar, die Eindruck machen, sondern vor allem diese Eindrücke selbst. Auf ihrer höchsten Stufe befaßt sich die Kunst ausschließlich mit der Wiedergabe der inneren Natur. Nur die Nachahmung der Eindrücke, die nun durch Assoziation untereinander und mit anderen Sinneseindrücken Verbindungen zu neuen Komplexen, zu neuen Bewegungen eingegangen sind, ist ihr Zweck.“

Arnold Schönberg: Harmonielehre[10]

Demgegenüber verneinte Igor Strawinsky kategorisch die Ausdrucksfähigkeit von Musik. Seine neoklassizistische Definition knüpft an die mittelalterliche Vorstellung von Musik als einem Weltordnungsprinzip an.

„Denn ich bin der Ansicht, daß die Musik ihrem Wesen nach unfähig ist, irgendetwas ‚auszudrücken‘, was es auch sein möge: ein Gefühl, eine Haltung, einen psychologischen Zustand, ein Naturphänomen oder was sonst. Der ‚Ausdruck‘ ist nie eine immanente Eigenschaft der Musik gewesen, und auf keine Weise ist ihre Daseinsberechtigung vom ‚Ausdruck‘ abhängig. Wenn, wie es fast immer der Fall ist, die Musik etwas auszudrücken scheint, so ist dies Illusion und nicht Wirklichkeit. […] Das Phänomen der Musik ist zu dem einzigen Zweck gegeben, eine Ordnung zwischen den Dingen herzustellen und hierbei vor allem eine Ordnung zu setzen zwischen dem Menschen und der Zeit.“

Igor Strawinsky: Chroniques de ma vie[11]

Nach 1945 erfolgten nur noch selten allgemeine Definitionen. Einerseits hatten sich die Bestimmungsversuche seit Beginn der Neuzeit schon immer ausschließlich auf die Kunstmusik bezogen und die Unterhaltungsmusik – Tanz- und Salonmusik, Operette und Musical, Jazz, Pop-, Rockmusik sowie elektronische Musikrichtungen wie Techno und Industrial etc. – weitgehend ausgeblendet. Andererseits ging der Trend immer weiter zu Entwürfen, die einige Komponisten nur für sich selbst, teilweise nur für Einzelwerke unternahmen. Diese Definitionen waren bisweilen an der Verankerung im Transzendentalen orientiert, z. B. bei Karlheinz Stockhausen, bisweilen aber auch unter dem Einfluss von Happening, Fluxus, Zen und anderen geistigen Ideen radikale Umdefinitionen bis zur „Nicht-Musik“ oder zur Idee von Musik des eigentlich Vorstellbaren, wie es z. B. John Cage ausdrückte: „Die Musik, die ich bevorzuge, meine eigene oder die Musik anderer, ist das, was wir hören, wenn wir einfach still sind.“[12]

Historische Klassifikationen des Musikbegriffs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit über zwei Jahrtausenden haben Theoretiker den Musikbegriff in Unterbegriffe aufgeteilt. Ihre Klassifikationen geben Hinweise darauf, was sie unter Musik verstanden.

Antike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon in der Antike wurde zwischen Theorie und Praxis der Musik unterschieden. Das Begriffspaar geht auf Aristoxenos im 4. Jahrhundert v. Chr. zurück. Eine weitere Differenzierung der theoretischen Bestandteile nahm Plutarch vor mit der Unterteilung in Harmonik (als Beziehung der Töne untereinander ist damit die Melodik gemeint), Rhythmik und Metrik. Während Plutarchs Einteilung noch bis ins 16. Jahrhundert gebräuchlich war, ist die Gegenüberstellung des Aristoxenos bis heute gültig.

Eine weitergehende Unterteilung leistete Aristeides Quintilianus. Er führt in den theoretischen Bereich die Akustik als Lehre vom Schall ein, in den praktischen die Musikpädagogik. Melodik und Rhythmik rechnete er der Musikpraxis zu, die er gleichzeitig um die Lehren von der menschlichen Stimme und von den Musikinstrumenten erweitert.

In der Spätantike unterschied Boethius die Musik in drei Teile. Der erste ist die musica mundana, wie er die hypothetische Sphärenmusik nannte. Die zweite ist die musica humana, die als göttliche Harmonie von Leib und Seele des Menschen wirkt. Die dritte ist die musica instrumentalis, die tatsächlich erklingende, von Menschen gespielte Musik. Zu den „Instrumenten“ zählte er auch die menschliche Singstimme, die er instrumentum naturale („natürliches Instrument“) nannte. Die anderen Musikinstrumente fasste er als instrumentum artificiale („künstliches Instrument“) zusammen.

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im beginnenden Frühmittelalter ordnete Isidor von Sevilla um 630 die klingende Musik nach der Art der Tonerzeugung in drei Bereiche: erstens die musica harmonica, die Vokalmusik, zweitens die musica rhythmica, die Musik der Saiten- und Schlaginstrumente, drittens die musica organica, die Musik der Blasinstrumente. Dabei gab er den Begriffen Harmonie und Rhythmus erstmals eine zweite Bedeutung, die über Plutarch hinausging.

Am Ende des 8. Jahrhunderts klassifizierte Regino von Prüm die Musik neu, indem er ihre Teile zu zwei größeren Bereichen zusammenfasste. Dies ist einerseits die musica naturalis, die durch Gottes Schöpfung erzeugte Sphären- und Leib-Seelen-Harmonie sowie die gesungene Musik, andererseits die durch den Menschen erfundene musica artificialis der künstlichen Klangerzeuger, d. h. aller Instrumententypen. Im 9./10. Jahrhundert vereinheitlichte Al-Fārābī die bisherigen Systematiken in das Paar Theorie und Praxis; zur Theorie rechnete er lediglich die spekulative Musikbetrachtung, also im weiteren Sinne alle Musikphilosophie, zur Praxis sämtliche anderen Bereiche, die sich auf die aktive Musikausübung mit ihren handwerklichen Grundlagen beziehen. Die mittelalterlichen Klassifikationen wurden bis ins 17. Jahrhundert hinein rezipiert, eine Verarbeitung des Boethius auch noch danach, so bei Pietro Cerone, Athanasius Kircher oder Johann Mattheson.

Neben den Hauptsystematiken traten in der Literatur ab dem Mittelalter auch Klassifikationen auf, die die Einzelbereiche der Musik nach anderen Gesichtspunkten zu ordnen versuchten. Folgende Gegensatzpaare erschienen:

  • musica plana oder musica choralis (einstimmige Musik) gegenüber musica mensuralis oder musica figuralis (mehrstimmige Musik)
  • musica recta oder musica vera (Musik aus dem diatonischen Tonvorrat) gegenüber musica falsa oder musica ficta (Musik aus dem chromatischen Tonvorrat)
  • musica regulata (Kunstmusik) gegenüber musica usualis (Gebrauchs-, d. h. Volksmusik)

Eine erste soziologische Herangehensweise war um 1300 die Unterscheidung des Johannes de Grocheo, der die Musik in drei Bereiche teilte:

  • musica simplex vel civilis vel vulgaris pro illitteratis, die „einfache, bürgerliche, volkstümliche Musik für Ungebildete“, d. h. jede Form von weltlicher Musik
  • musica composita vel regularis vel canonica pro litteratis, die „regelhaft und kunstvoll komponierte Musik für Gebildete“, d. h. die frühe Mehrstimmigkeit
  • musica ecclesiastica, die Kirchenmusik, d. h. den gregorianischen Choral

Frühe Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 16. Jahrhundert erschienen die Begriffe musica reservata und Musica Poetica, Ersterer als Bezeichnung für den neuen Ausdrucksstil der Renaissancemusik, Letzterer als Begriff für die Komposition. Zusammen mit den neuen Prägungen musica theoretica und musica practica etablierte dieser sich innerhalb einer Dreiteilung nach antiken Vorbildern. Zugleich markiert er die ersten Ansätze zu einer Neubewertung des Komponisten, der bisher als handwerklich geschickter „Tonsetzer“ galt und im sozialen Gefüge nun allmählich zur kreativen Künstlerpersönlichkeit aufsteigt.

Die Theoretiker des 16. Jahrhunderts, voran Friedrich Wilhelm Marpurg, Jakob Adlung und Jean-Jacques Rousseau, verfolgten zunächst die antike Unterscheidung von Theorie und Praxis. Sie teilten die Theorie in vier Fächer, in Akustik, Kanonik (die Lehre von Formen und Proportionen), Grammatik (die Lehre von den Intervallen) und Ästhetik; die Praxis teilten sie in Komposition und Exekution, also Produktion und Reproduktion des musikalischen Kunstwerks.

Die gängigsten deutschsprachigen Bezeichnungen führte der Sprachwissenschaftler Kaspar von Stieler mit seinem Wörterbuch Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs (1691) in die Lexikografie ein. Schlagworte wie Kirchenmusik, Kammermusik und Tafelmusik waren hier erstmals aufgeführt. Die vielfältigen Komposita auf das Grundwort -musik in Bezug auf Instrumentation (Harmoniemusik), Funktion (Filmmusik) oder Technik (Serielle Musik) nahmen hier ihren Ursprung. An dieser Stelle änderte sich auch der Sprachgebrauch, der beim Grundwort -musik stets die klingende, sinnlich wahrnehmbare Musik meinte und sich nun endgültig vom Theoriebegriff der Musica schied. Als weiteren Beitrag zur Terminologie erarbeitete Johann Gottfried Walther im Musicalischen Lexikon (1732) eine große Anzahl an Definitionen wie z. B. die historischen Begriffe musica antica und musica moderna oder die ethnologischen musica orientalis und musica occidentalis.[13]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, 2. Ausgabe (MGG2). Herausgegeben von Ludwig Finscher. Personenteil in 17 Bänden, Sachteil in 10 Bänden, Supplement. Kassel/Basel/London/New York/Prag: Bärenreiter und Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 1994–1998.
  • Marcello Sorce Keller: Music, Definitions of. In: Janet Sturman (Hrsg.): The SAGE Encyclopedia of Music and Culture. Band 3. SAGE Reference, Los Angeles 2019, S. 1507–1511.

Historische Lexika

  • Johannes Tinctoris: Terminorum musicae diffinitorium. Treviso 1495. Faksimile der Inkunabel mit deutscher Übersetzung von Heinrich Bellermann und einem Nachwort von Peter Gülke. Leipzig: Deutscher Verlag für Musik 1983, ISBN 3-7618-0707-4.
  • Tomáš Baltazar Janovka: Clavis as thesaurum magnae artis musicae. Prag 1701. Reproduktion Amsterdam: Knuf/Kassel: Bärenreiter 1973
  • Sébastien de Brossard: Dictionnaire de musique contenant une explication des termes grecs, latins, italiens, & français les plus usités dans la musique. Ballard, Paris 1703. Nachdruck Hilversum: Knuf 1965
  • Johann Gottfried Walther: Musicalisches Lexicon oder musicalische Bibliothec. Leipzig 1732. Kommentierte Neuausgabe von Friederike Ramm. Kassel: Bärenreiter 2001, ISBN 3-7618-1509-3.
  • James Grassineau/Sébastien de Brossard: A Musical Dictionary, being a Collection of Terms and Characters, as well ancient as modern; including the historical, theoretical, and practical parts of music. Wilcox, London 1740. 2. Auflage 1769, 3. Auflage 1784. Reproduktionen der 2. Auflage 1740: New York 1966/Woodbridge, Connecticut: Research Publications Inc. 1986
  • Johann Mattheson: Grundlage einer Ehren-Pforte: woran der tüchtigsten Capellmeister, Componisten, Musikgelehrten, Tonkünstler Leben, Wercke, Verdienste erscheinen sollen / zum fernern Ausbau angegeben von Mattheson. Selbstverlag, Hamburg 1740
  • Jean-Jacques Rousseau: Dictionnaire de Musique. Duchesne, Paris 1768. Nachdruck Hildesheim: Olms/New York: Johnson 1968. Mikrofiche-Ausgabe Frankfurt am Main: Egelsbach/Washington: Hänsel-Hohenhausen 1998, ISBN 3-8267-2562-X.
  • Heinrich Christoph Koch: Musikalisches Lexikon, welches die theoretische und praktische Tonkunst encyclopädisch bearbeitet, alle alten und neuen Kunstwörter erklärt und die alten und neuen Instrumente beschrieben enthält. Hermann, Frankfurt am Main 1802. Nachdruck Hildesheim: Olms 1964
  • François Henri Joseph Castil-Blaze: Dictionnaire de musique moderne. 2 Bände. Paris 1821, 2. Auflage 1825, 3. Auflage Brüssel: Académie de Musique 1829

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karsten Lenk: Klang- und Resonanzräume: Inszenierte Klangräume und ihre raumbezogenen Auswirkungen. LIT Verlag, Münster 2016, ISBN 978-3-643-13329-8, S. 49.
  2. Herbert Bruhn, Rolf Oerter, Helmut Rösing: Musikpsychologie. Ein Handbuch. Rowohlt, 1993, ISBN 978-3-499-55526-8.
  3. niusic.de – Voll schön, oder? Abgerufen am 14. August 2022.
  4. Duden online: Musik
  5. a b Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Meyers Taschenlexikon Musik. 3 Bände. Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zürich 1984, ISBN 3-411-01995-6. Band 2, S. 299.
  6. Artikel Musiké – musica – Musik in #MGG2, Sachteil, Band 6, Sp. 1197.
  7. a b c Artikel Musiké – musica – Musik in #MGG2, Sachteil, Band 6, Sp. 1198.
  8. a b c Artikel Musiké – musica – Musik in #MGG2, Sachteil, Band 6, Sp. 1199.
  9. Eduard Hanslick: Vom Musikalisch-Schönen. Ein Beitrag zur Revision der Ästhetik der Tonkunst. Leipzig 1854. Faksimile-Nachdruck Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1981, ISBN 3-534-03609-3, S. 32.
  10. Arnold Schönberg: Harmonielehre. Wien: 2. Auflage 1922, S. 13.
  11. Igor Strawinsky: Chroniques de ma vie. Denoël&Steele, Paris 1935. Deutsche Übersetzung Mainz 1957, S. 59.
  12. Artikel Musiké – musica – Musik in #MGG2, Sachteil, Band 6, Sp. 1200.
  13. Artikel Musiké – musica – Musik in #MGG2, Sachteil, Band 6, Sp. 1200–1202.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Musik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Musik – Zitate

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