Benutzer:Meister und Margarita/Freuds Fallgeschichten

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Freud um 1905
Eingang zur Praxis
Grundriß von Praxis und Wohnung[1]


Freuds Fallgeschichten beschreiben ätiologisch und diagnostisch die psychischen Leiden ausgewählter Patienten, sowie deren Therapie und Heilungsfortschritt. Diese Schriften Sigmund Freuds stellen - neben Traumdeutung, Triebtheorie und der Lehre vom Unbewussten - auch heute noch die Grundlage der Psychoanalyse dar.[2]

Studien über Hysterie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1895 veröffentlichte Freud, gemeinsam mit Josef Breuer, die Studien über Hysterie, die als erste Abhandlung der klassischen Psychoanalyse gelten. Zwar waren klassische psychoanalytische Behandlungsverfahren, wie die freie Assoziation oder die Theorie der Verdrängung noch nicht entwickelt, aber Ansätze dazu sind in den Studien leicht erkennbar. Der ältere Hysterie-Begriff nach Paul Julius Möbius wurde diskutiert, aber rasch durch neuere, vor allem ätiologische Konzepte ergänzt. Bereits in dieser frühen Arbeit wird seitens Freud ausführlich auf Widerstand und Übertragung eingegangen, zwei spätere Kernbegriffe der analytischen Behandlungstechnik.

Die Gliederung des Bandes ist klar und übersichtlich. Einer gemeinsam verfassten Einleitung folgen fünf Fallgeschichten, der Fall Anna O. (von Breuer), sowie vier Patientinnen Freuds:

  • Frau Emmy v. N., eine etwa 40jährige Hysterica, die „mit grösster Leichtigkeit in Somnambulismus zu versetzen“ (37) war, an der Freud anfangs Hypnose anwandte
  • Frl. Lucie R.
  • Katharina ....
  • Frl. Elisabeth von R.

Während Breuer noch stark in der kathartischen Methode verhaftet blieb, entwickelte Freud eine völlig neue Form der Gesprächstherapie, die heute als Psychoanalytisch orientierte Psychotherapie bekannt und in Österreich als eigene Schule anerkannt ist. Sie beruht auf der Annahme unbewusster Prozesse, denen hysterische Verarbeitungsmuster folgen, und verzichtet weitgehend auf hypnotische und kathartische Elemente.

Dora[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1905 veröffentlichte Freud die „Bruchstücke einer Hysterie-Analyse“, die am 31. Dezember 1900 nach nur drei Monaten abgebrochene Analyse von Dora, einer erst 18-jährigen jungen Frau, die von ihrem Vater "zur psychotherapeutischen Behandlung übergeben", nachdem sie ihre Eltern durch einen Abschiedsbrief in Angst versetzt hatte. Freuds Darstellung ihrer familiären Situation erklärt plastisch, wie sehr die Patientin in die sexuelle Welt der Elterngeneration verstrickt ist. Dora ist das Objekt einer Form von Tauschhandel: Ihr Vater hat ein Verhältnis mit einer Frau, die Dora zur mütterlichen Freundin und Vertrauten wird. Deren Mann hingegen stellt Dora nach, die sich gegen dessen Annäherungsversuche heftig sträubt.

Dieser Text stellt den meist diskutiertesten Fall der Psychoanalyse dar

  • sexuelle Moment bei der Entstehung der Neurose, Reden über Sexualität
  • Rolle des Unbewussten, Wünsche
  • diagnostiziert "petite hysterie" mit Symptomen, wie Atemnot, Stimmlosigkeit, nervösem Husten, Nachziehen des rechten Fußes >> Überprüfung Hysterie
  • Fortschritt der PA durch Selbstkritik
  • Bedeutung der Übertragung im Heilprozess der Psychoanalyse
  • Arbeit mit Adoleszenten, die von Angehörigen zur Behandlung gebracht werde, Freiwilligkeit?
  • präödipale Phase, frühkindliche Mutterbeziehung, Konzepts des Narzissmus
  • Ausarbeitung der psychoanalytischen Behandlungstechnik

Der Rattenmann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1909

Der kleine Hans[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ebenfalls 1909 veröffentlichte Freud die Fallstudie

Dieser Fall erlangte aus drei Gründen enorme Bedeutung für die Entwicklung der Psychoanalyse: Erstens konnte Freud anhand der Ängste des kleinen Patienten seine Theorie des Ödipus-Komplexes entwickeln, zweitens erweiterte der Fall das Behandlungssprectrum der Psychoanalyse nunmehr auch auf Kinder und begründete die Kinderanalyse, drittens stellt die Anleitung des in Analyse eingebundenen Vaters durch Freud den ersten bekannten Fall von Supervision und zugleich von Elternarbeit dar.

Der Fall Schreber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1911

Der Wolfsmann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1918 „Aus der Geschichte einer infantilen Neurose“

er aus Russland stammende Sergej K. Pankejeff lebte von 1887 bis 1979 und litt unter Depressionen und Entschlussunfähigkeit. Die Analyse bei Freud begann zunächst, weil er dem Patienten auf seine Frage, ob er zu seiner Geliebten zurückkehren solle oder nicht, spontan mit einem klaren Ja antwortete. Dies mag für uns heute überraschend klingen. Für den Patienten bedeutete die klare Aussage Freuds einen Ausweg aus seinem quälenden Schwanken. So eindeutig war Freuds Aussage aber doch nicht gemeint: Er relativierte seine Direktivität realitätsgerecht und fügte hinzu, dass die Rückkehr zu Therese erst nach einiger Zeit Psychoanalyse möglich wäre. Damit gab er seinem Patienten auch den Denkanstoß in die Gegenrichtung. In seinen Erinnerungen unterstrich Pankejeff, wie groß die Bedeutung von Freuds Reaktion im Erstgespräch für ihn war. Sie war der Stachel zu seiner Weiterentwicklung und hatte doch beide Tendenzen in sich. Pankejeff, der viel Zeit in Kliniken verbracht hatte, kam mit der Vordiagnose „manisch-depressives Irresein“ zu Freud. Der lehnte die Diagnose jedoch ab. Er bemerkte, dass er in vielen Jahren bei dem Patienten keine Stimmungswechsel erlebt hatte, wie sie bei dieser Diagnose zu erwarten gewesen wären. Pankejeff, bei dem heutzutage vielleicht eine Borderline-Persönlichkeit diagnostiziert worden wäre, lag vier Jahre lang sechs Tage pro Woche auf Freuds Couch und wurde nach circa 1 200 Behandlungsstunden für geheilt gehalten und entlassen. Auch am Ende der Therapie des Wolfsmanns griff Freud aktiv ein, indem er einen Termin für die letzte Sitzung festsetzte. Damit baute er einen deutlichen Druck auf und den Widerstand gegen die Therapie ab. Die Arbeit konnte wesentlich besser vorangehen. Geheilt war Pankejeff allerdings nicht – nach einer weiteren Behandlung durch Ruth Mack Brunswick wurde er gar für unheilbar erklärt.

Weitere Fallgeschichten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1910

Über die Psychogenese eines Falles von weiblicher Homosexualität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1920

Conclusio[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Freuds Fallgeschichten sind heute noch heftig umstritten >>>Israel Han et.a.l. Auch Freud selbst äußerte sich 1937 durchaus skeptisch und selbstkritisch: „Ich glaube nicht, daß unsere Heilerfolge es mit denen von Lourdes aufnehmen können. Es gibt soviel mehr Menschen, die an die Wunder der heiligen Jungfrau, als an die Existenz des Unbewußten glauben.“[3] Die Psychoanalytikerin Rotraut De Clerck: „Diese Fallgeschichten lesen sich teilweise selbst wie Novellen, scheinen also eher dem kulturellen, als dem naturwissenschaftlichen Bereich zu entstammen.“[4]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstveröffentlichungen der Fallgeschichten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004
  • [Dora]: Bruchstücke einer Hysterie-Analyse, 1905 , weiters in der Studienausgabe, Bd. VI
  • [Rattenmann]: Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose, 1909. In: Jb. psychoanlyt. psychopath. Forsch., Bd. 1 (2), 357-421, weiters u.a. in der Studienausgabe, Bd. VII, 31-103
  • [Der kleine Hans]: Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben, 1909: , weiters u.a. in der Studienausgabe, Bd. VIII
  • [Fall Schreber]: Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia (Dementia paranoides), 1911. In: Jb. psychoanlyt. psychopath. Forsch., Bd. 3 (1), 9-68, weiters u.a. in der Studienausgabe, Bd. VII, 133-203

Sekundärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • R. P. Greenberg: Argumente gegen Freuds Fallstudien. In: Grünbaum: Kritische Betrachtungen zur Psychoanalyse, 1991, 80-82
  • Israels, Han: Der Fall Freud. Die Geburt der Psychoanalyse aus der Lüge
  • Nau, Andrea: Sigmund Freud und der Fall Dora - Ein literarisches Werk oder wissenschaftliche Fallgeschichte
  • Steinlechner, Gisela: Fallgeschichten: Krafft-Ebing, Pania, Freud, Tausk. Wien 1995, ISBN 3851141954, 9783851141955

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Das Arbeitszimmer Freuds befand sich - laut Grundriss - links oben, also hofseitig, das Behandlungszimmer gleich darunter. Anna Freuds Behandlungsraum befand sich links unten, folglich straßenseitig. Im Warteraum, recht neben Freuds Behandlungsraum, ebenfalls hofseitig, traf sich die legendäre Mittwochs-Gesellschaft.
  2. Kurt R. Eissler: „Freuds Fallgeschichten sind die Pfeiler, auf denen die Psychoanalyse als empirische Wissenschaft ruht.“ Hier zitiert nach: http://www.pm-magazin.de/a/kritik-sigmund-freud, Zugriff am 23. Juli 2013
  3. 1933, 164
  4. Zitiert nach: „Lucian Freud – Malerei ohne Feigenblatt“, In: http://faustkultur.de/411-0-GESPRCH-ber-Lucian-Freud.html#.Ue5aGaVIUzU, Zugriff am 23. Juli 2013