Benutzer:Reinhard Olf/Mord an Melanie und Karola Weimar

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Der Mord an Melanie und Karola Weimar ist ein deutscher Kriminalfall aus dem Jahr 1986, der bis Ende der 1990er Jahre großes Interesse von Seiten der deutschen Medien erfuhr. Die Eltern hatten die beiden Mädchen im Alter von 7 und 5 Jahren am 4. August 1986 als vermisst gemeldet, drei Tage später fand man ihre Leichen. Die Mutter Monika Weimar wurde in einem Indizienprozess 1988 zu lebenslanger Haft wegen Mordes an ihren beiden Kindern verurteilt, 1997 in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen und nach einem weiteren Verfahren 1999 erneut verurteilt. Die Chronologie der Gerichtsverfahren gegen die Mutter ist wegen der wiederholten Aufhebung der Urteile, unter anderem durch den Bundesgerichtshof, aus juristischer Sicht bemerkenswert.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Melanie Weimar wurde am 22. Juli 1979 geboren, ihre Schwester Karola am 8. März 1981. Die Mutter der Mädchen, Monika Weimar, geb. Böttcher (* 13. April 1958), war als Krankenpflegehelferin tätig. Ihr Vater Reinhard Weimar (* 17. Februar 1952; † 12. November 2012)[1][2] hatte Kfz-Schlosser gelernt[3] und arbeitete unter Tage im „Hera“-Schacht der Kali und Salz-Bergwerke, dem größten Arbeitgeber in der Region.[4][5] Böttcher und Weimar hatten sich 1977 kennengelernt[3] und im Juni 1978 geheiratet. Das Ehepaar Weimar wohnte mit seinen Kindern und anderen Familienangehörigen in einem Mehrfamilienhaus im hessischen Philippsthal (Landkreis Hersfeld- -Rotenburg),in dem sie aufgewachsen war. Mit ihnen im selben Haus wohnten ihre ältere und ihre jüngere Schwester mit deren Ehemännern sowie die Mutter und die Großmutter. Ihr Vater war 1983 gestorben.[6][7]

Ihre Ehe war nur in der ersten Zeit eine glückliche. (Böttcher/Geiger,S.76-83) Bald danach waren die Beiden sich nicht mehr einig. Er ging seine eigenen Wege. (S.86-90) Sie hatte Verständnis dafür, dass er so oft seinen Freizeitbeschäftigungen nachging. Doch während ihrer zweiten Schwangerschaft, nach zweieinhalb Jahren, war ihr seine Abwesenheit doch "ein bißchen zu viel".(S.84). Später sagte sie,ihre Heirat mit Reinhard Weimar sei vor allem aus einer Torschlusspanik heraus erfolgt.[5]

Reinhard Weimar war wegen Bewusstseinsstörungen mit langen ohnmachtsähnlichen Ausfällen seit Anfang 1985 mehrfach in ärztlicher Behandlung und musste dreimal stationär aufgenommen werden, zuletzt im Oktober 1985. Diese Zustände führte man auf eine Medikamenten-Intoxikation mit Benzodiazepinen und Neuroleptika zurück, da Spuren dieser Substanzen in seinem Urin nachgewiesen worden waren. Im Strafverfahren gegen seine Frau vor dem Landgericht Fulda äußerte er den Verdacht,sie habe ihm die heimlich über Essen und Getränke verabreicht. Die Richter meinten, Vieles spreche dafür. Sie hatte die Möglichkeit, Tabletten zu bekommen, durch ihren Nachtdienst. (Cichos, S.211) Auffällig sei jedoch, dass die Medikamenten-Intoxikationen seit seiner letzten Krankenhaus-Einweisung im Oktober 1985 nicht mehr aufgetreten seien. Monika Weimar brachte hingegen vor, ihr Mann habe die Medikamente selbst eingenommen, um ihr Mitleid zu erregen.[3] In der Einleitung zu ihrem Buch "Ich war Monika Weimar" erwähnt die Journalistin Ruth-Esther Geiger ein im zweiten Prozess im Gericht verlesenes psychiatrisches Gutachten von 1994, nach dem er " schon damals psychische und sogar hirnorganische Störungen" hatte. (S.14)

Später erklärte sie zu seinem Vorwurf, sie hätte ihre ganze Familie vergiften müssen, wenn sie Schlafmittel ins Essen und Trinken hätte mischen wollen. Der sei eine „abgründige Idee“ gewesen, habe sich zu Wahnvorstellungen gesteigert und sei dann als Verdacht in Polizei- und Gerichtsakten eingegangen.[8]

Die Ehe der beiden galt zum Zeitpunkt des Todes der gemeinsamen Kinder bereits als zerrüttet. Auch Monika Weimars Schwester Brigitte Elliott (* ca. 1966), verheiratet mit einem Amerikaner, hatte Eheprobleme und die beiden gingen abends öfter gemeinsam aus. Dabei hatte Monika Weimar im April[7] bzw. Mai[9] 1986 den US-Soldaten Kevin Pratt (* ca. 1962) kennengelernt und mit ihm ein Verhältnis begonnen. Sie dachte über eine Scheidung von Reinhard Weimar nach.[9][6][7] Dieser besuchte ab Juli 1986 regelmäßig ein Bordell in Bad Hersfeld.[10]

Am selben Ort war Pratt seit November 1983 in McPheeters Barracks, einem Standort der U.S. Army, stationiert. Seine Ehefrau war ihm im Mai 1984 mit den drei gemeinsamen Kindern gefolgt, hatte dann aber ein Verhältnis mit einem anderen Mann begonnen und war deshalb im Januar 1985 von der Army zurückgeschickt worden. Mit Monika Weimars Töchtern verstand Pratt sich gut, und er hatte wiederholt den Wunsch geäußert, dass alle drei mit ihm in die USA kämen. Wegen Melanie und Karola wollte sie aber nicht dorthin gehen, sondern in Deutschland mit ihm zusammenleben. Im Laufe der Zeit soll das Verhältnis sich aber verschlechtert haben. Er habe dann angekündigt, seine bis Oktober 1986 befristete Entsendung nur dann verlängern zu lassen, wenn sie ihm Beweise für eine eingereichte Scheidung präsentiere, was aber nicht passiert sei. [6][7][11] Doch am 28. August 1986 sagte er aus: "Wir hatten ein äußerst gutes, harmonisches Verhältnis" (Cichos, S.79) Und am selben Tag sagte sie aus, sie Beide seien sich Ende Juni schon einig gewesen,eine Wohnung in Bad Hersfeld zu nehmen. Nur wollte sie erst die bevorstehende Einschulung von Melanie abwarten. (Cichos, S.83) Später erklärte Monika Böttcher dann, er habe die Scheidung nicht zur Bedingung für eine Fortsetzung der Beziehung gemacht. Ende Juli habe ein Rechtsanwalt ihr in Aussicht gestellt, dass sie im Falle der Scheidung beide Kinder zugesprochen bekommen würde. (Böttcher/Geiger, 118/19) Normalerweise hatte Monika Weimars Mutter sich um die Kinder gekümmert, wenn ihre Tochter nachts arbeiten musste oder mit Pratt ausging.[7][12] Am 2. August 1986 kam sie jedoch unerwartet ins Krankenhaus und sollte erst nach fünf Tagen wieder entlassen werden. Einen Tag später machten Monika Weimar und Kevin Pratt mit den beiden Kindern einen Badeausflug. Um 18 Uhr kam sie mit den Kindern nach Hause zurück und machte diese für die Nacht fertig. Nach eigenen Angaben verließ sie das Haus um 20.30 Uhr, um sich in einer Diskothek erneut mit Pratt zu treffen[7] und kehrte gegen 3 Uhr nach Hause zurück.[7] Pratt gab an, bis 3 oder 3.30 Uhr mit ihr zusammen gewesen zu sein.[11]

Hergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihr Verteidiger im Wiederaufnahmeverfahren, Gerhard Strate, führt als „unstreitig“ an, dass sie die Wohnanlage gegen 10.50 Uhr mit ihrem Pkw verließ, kurz vor 11 Uhr in einer nahe gelegenen Bank und Post Überweisungen tätigte und gegen 12.15 Uhr wieder zu Hause eintraf.[9] Dies deckt sich annähernd mit Monika Weimars ursprünglicher Aussage. Andere Quellen geben hingegen an, der Bankangestellte, mit dem sie angeblich sprach, sei an dem Tag in Urlaub gewesen; ihr angeblicher Aufenthalt in einem Supermarkt falle in die Zeit, in der ihr Pkw am späteren Fundort von Melanies Leiche gesehen wurde.[13] Die Mädchen wurden gegen 13.30 Uhr[14] von ihrer Mutter[9][15][16] (anderen Quellen zufolge von deren Schwester, Brigitte Elliott)[17] als vermisst gemeldet. Polizei, Bundesgrenzschutz sowie Nachbarn begannen, nach den Kindern zu suchen. Reinhard Weimar beteiligte sich ebenfalls, seine Frau hingegen nicht.[9] Dies fanden die Ermittler ungewöhnlich.[13]

Am Nachmittag des 7. August fand ein Busfahrer Melanies Leiche an einem Parkplatz an der L3255 in der Nähe der Untertagedeponie Herfa-Neurode, neun Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt. Eine intensive Nachsuche führte eineinhalb Stunden später, gegen 18 Uhr, zum Auffinden von Karolas Leichnam an einem stillgelegten Straßenstück im Bengendorfer Grund, vier Kilometer vom Fundort von Melanies Leiche entfernt.[9][14][16]

Die Kinder wurden am 11. August beigesetzt. Am Tag zuvor war eine Todesanzeige in der Hersfelder Zeitung erschienen, die den Spruch enthielt:[9]

„Vater, wenn die Mutter fragt: ,Wo sind unsere Kinder hin?‘, dann sage ihr, dass wir im Himmel sind.“

Ursprüngliche Aussage Monika Weimars[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monika Weimar gab in ihren ersten Anhörungen an, die Kinder seien gegen 9.30 Uhr aufgestanden, hätten ein kleines Frühstück zu sich genommen und seien gegen 10.15 Uhr zu einem Spielplatz in der Nähe des Hauses gegangen. Sie selbst habe gegen 10.30 Uhr das Haus verlassen, um Besorgungen zu machen,[9] sei zwischen 12.30 und 12.40 Uhr zurückgekommen und habe dann das Mittagessen vorbereitet. Dann habe sie ihren Ehemann geschickt, um die Kinder zum Essen zu holen; diese seien verschwunden gewesen.[17][14]

Zweite Aussage Monika Weimars („Nachtversion“)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 29. August, einen Tag nach ihrer Festnahme, sagte Monika Weimar aus, sie sei in der Nacht zum 4. August gegen 3 Uhr[7] nach Hause gekommen und habe ihren Ehemann im Kinderzimmer vorgefunden. Beide Kinder seien zu dem Zeitpunkt bereits tot, aber noch körperwarm gewesen; ihre Schlafanzüge hätten sie nicht mehr angehabt, sondern Tageskleidung. Reinhard Weimar habe geweint und einen verwirrten, abwesenden Eindruck gemacht. Sie sei ins Schlafzimmer gegangen, von wo sie die Motorengeräusche eines wegfahrenden Wagens gehört habe. Nach einer gewissen Zeit sei der Wagen zurückgekommen, und kurz darauf habe ihr Mann das Schlafzimmer betreten. Von ihr zur Rede gestellt, habe er gesagt: „Jetzt kriegt keiner mehr die Kinder“ und ihr den Ablageort der Leichen genannt. Diese Version hielt sie während des gesamten Verfahrens aufrecht.[7][9]

Am Tag danach habe Monika Weimar ihre Kinder noch einmal sehen wollen und sei daher an den genannten Ort gefahren. Sie habe dort zwar Melanies, nicht jedoch Karolas Leichnam gefunden.[9][18][19]

Ihre Vermisstenanzeige und ursprüngliche Darstellung der Ereignisse erklärte sie durch Mitleid mit ihrem Mann. Auch fühle sie sich mitschuldig am Tod der Kinder.[9][18] Bei der Darstellung habe sie sich an den Geschehnissen des Vortages orientiert.[9]

Zur Urteilsbildung über die psychologische Nachvollziehbarkeit eines Verhaltens, wie es Monika Weimar an den Tag gelegt hat, gab das Gericht ein psychologisches und ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag.[20] Die beiden Gutachter erklärten das geschilderte Verhalten für durchaus vorstellbar.[21][22] Die psychologische Gutachterin Müller-Luckmann stellte fest, „dass die Darstellung der Tatnacht durch Monika Weimar im Zusammenhang mit ihrer Persönlichkeitsstruktur betrachtet nicht unwahrscheinlich ist“[23].[24]

In seinem Plädoyer befand der Staatsanwalt jedoch, die Gutachterin Müller-Luckmann habe nur Nachvollziehbares attestiert, nicht aber Glaubwürdigkeit.[25] Die hatte aber vorab erklärt, es sei nicht Aufgabe eines psychologischen Gutachtens, sich zur Glaubwürdigkeit eines Angeklagten zu äußern,[26] und sich deshalb auch „jeder Wahrscheinlichkeitseinschätzung in Bezug auf diesen oder jenen mutmaßlichen Tathergang“ enthalten.[27]

Zu Monika Böttchers Lasten wurde ausgelegt, dass sie keine Wiederbelebungsversuche unternommen und keine Hilfe geholt habe, obwohl ihre ganze Familie im gleichen Haus lebte. Als ausgebildete Krankenpflegerin müsse sie zudem gewusst haben, dass der Tod nur durch einen Arzt mit Sicherheit festgestellt werden kann.[28]

Darstellung Reinhard Weimars[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reinhard Weimar gab an, ab etwa 22 Uhr bis zum späten Vormittag geschlafen zu haben, gegen 11.30 Uhr aufgestanden zu sein und auf seine Frau gewartet zu haben, die gegen 12.15 Uhr zurückgekehrt sei.[9][3][7]

Im Prozess gegen seine Ex-Frau sagte er aus, er könne sich „nicht erinnern, eine solche Tat begangen zu haben“, und „wenn ich es gemacht habe, dann muss es ein Blackout gewesen sein“. Zum Abtransport der Leichen sagte er: „Ich bin mir fast sicher, dass ich den Abtransport der Mädchen nicht allein fertiggebracht habe“. Auf die Frage, ob er auch in der Nacht vom 3. auf den 4. August Ausfallerscheinungen ähnlich seiner drei früheren Erkrankungen gehabt habe, antwortete er, sich das „nicht vorstellen“ zu können.[3] Nach Auffassung von Rechtsanwalt Strate gab er jedoch vier „geständnisähnliche Erklärungen“ ab.[29] Strate kritisierte zudem, dass mehrere Zeugen im ersten Prozess noch nicht gehört worden seien. Ein Reporter sei „von einem leitenden Oberstaatsanwalt abgewimmelt worden“.[30]

Darstellung des Gerichts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Ansicht des Landgerichts Fulda ließ Monika Weimar am 4. August gegen 11.30 Uhr ihre Kinder in ihren Pkw einsteigen. Danach sei sie mit ihnen zum späteren Fundort von Karolas Leiche, 11 km vom Wohnhaus der Familie entfernt, gefahren, wo sie um 11.40 Uhr angekommen sei. Dort habe sie eines ihrer Kinder zum Urinieren in ein Gebüsch geschickt und das andere in dieser Zeit getötet. Dann habe Monika Weimar auch das zweite Kind getötet und beide zunächst im Gebüsch abgelegt. Melanie habe sie dann aber in den Wagen geladen und sei um 11.50 Uhr zu einem 4 km entfernten Parkplatz gefahren. Dort habe sie die Leiche um 12 Uhr in ein Brennnesselgebüsch geworfen. Anschließend sei sie nach Hause gefahren, wo sie um 12.15 Uhr ankam.[19][10]

Ermittlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst hielt man mehrere Szenarien für möglich: Kindesentziehung durch einen Elternteil, Entführung durch Unbekannte oder ein Weglaufen der Kinder, etwa vor streitenden Eltern. Nachdem die Ermittler am 5. August von Monika Weimars Beziehung mit Kevin Pratt erfahren hatten, kam außerdem der Verdacht auf, sie habe ihre Kinder zusammen mit diesem entführt.[9][17]

Nach dem Auffinden von Melanie und Karola kamen für die Ermittler nur noch die Eltern als Täter in Betracht: Dass ein Unbekannter die Mädchen am helllichten Tag in der Nähe der Wohnung getötet und fortgeschafft hatte, hielten sie für ebenso unwahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass diese zu einem Fremden ins Auto gestiegen waren. Im persönlichen Umfeld der Kinder sah die Polizei nur bei den Eltern schlüssige Motive: Eifersucht bei Reinhard Weimar,[9] den Wunsch, frei zu sein für die neue Beziehung, bei seiner Ehefrau.[5]

Als Monika Weimar immer mehr unter Druck geraten war, nachdem zeitliche Angaben nicht zusammengepasst hatten, kam für die ermittelnden Kripo-Beamten die „Nachtversion“ überraschend. Diese neue Erklärung war für sie „absolut nicht nachvollziehbar“.[31]

Nach einer Vernehmung am 28. August wurde Monika Weimar festgenommen und am Tag darauf erneut verhört. Dabei belastete sie ihren Ehemann und kam vorerst wieder frei. Am 30. August wurde dann Reinhard Weimar festgenommen, aber noch am selben Tag wieder freigelassen, da das Amtsgericht Fulda keinen Haftbefehl erlassen wollte.[28][9] Der zuständige Staatsanwalt hielt Reinhard Weimar für dringend tatverdächtig.[32] Am 31. August 1986 beantragte er daher einen Haftbefehl gegen ihn. Der wurde aber nicht akzeptiert. Am 22. Oktober wurde der Staatsanwalt abgelöst. Am 27. Oktober 1986 erging Haftbefehl gegen Monika Weimar.[33] Danach konzentrierten sich die Ermittlungen nur noch auf sie. Diese Ablösung ist verschiedentlich kritisiert, bzw. als fragwürdig kommentiert worden.[34]

Obduktion der Leichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Leichen der Kinder wurden am 8. August 1986 obduziert;[9] das Ergebnis lag am 18. August vor.[11] Hinweise auf sexuellen Missbrauch gab es nicht,[5][9] auch fanden sich keine Spuren von Psychopharmaka.[11] Melanie war, möglicherweise unter weicher Bedeckung, erstickt worden, Karola hingegen hatte man erwürgt. Beide Todesarten gehen in der Regel mit unkontrolliertem Harn- und Stuhlabgang einher; dazu passte, dass Melanies Blase völlig leer war und bei Karola lediglich eine minimale Harnmenge gefunden wurde.[9] Der Todeszeitpunkt entsprach etwa der Zeit ihres angeblichen Verschwindens,[14] wenngleich die Tageszeit des Todes nicht schlüssig bestimmt werden konnte.[35]

Die Untersuchung des Mageninhalts von Karola Weimar ergab, dass diese zuletzt Milch, Kakao und ein Weizenmehl enthaltendes Gebäck zu sich genommen hatte. Dies passte zu der Theorie eines kleinen Frühstücks, konnte andererseits aber auch auf den Verzehr von gefüllten Schokoladenkeksen, wie sie im Esszimmer der Familie gefunden wurden, zurückzuführen sein. Monika Weimar gab an, die Kinder hätten sich gelegentlich selbst verpflegt und ab und zu auch nach dem Abendessen noch etwas gegessen. Auf Grund des Verdauungsgrades musste der Tod 30 Minuten bis maximal eine Stunde nach der letzten Nahrungsaufnahme eingetreten sein. Der Mageninhalt von Melanie Weimar zeigte optisch ein ähnliches Bild, wurde aber durch einen Fehler in der Gerichtsmedizin nicht näher analysiert.[9][7][18]

Auffindezustand der Leichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beide Mädchen trugen die Tageskleidung, die Monika Weimar in ihrer Vermisstenmeldung beschrieben hatte: Melanie war mit einem weißen T-Shirt, roten Shorts, gelben Socken und Sandalen bekleidet, Karola mit einem pinkfarbenen T-Shirt, einer kurzen gelben Strickhose, blauen Socken und Sandalen.[9][36] Beide Kinder trugen Haar- und Zopfspangen. Die Unterhosen der Mädchen zeigten keine Spuren eines Einnässens, obwohl dies auf Grund der Todesart zu erwarten gewesen wäre. Die geordnete Kleidung der Kinder wurde als Indiz gegen Monika Weimar interpretiert; in einem Aktenvermerk vom 19. August 1986 findet sich die Formulierung:[9]

„Nur die Mutter wollte die Kinder selbst als Leichen schön gefunden haben.“

An Melanies Kleidung und Haaren wurde eine Vielzahl von Kletten gefunden. In der Nähe des Fundorts von Karolas Leichnam fand man eine Fläche von 2 × 2 Metern, auf der das Gras niedergedrückt war und in deren Nähe zahlreiche Brennnesseln standen.

Während die ebenfalls sichergestellten, von den Kindern am 3. August getragenen Unterhosen einzelne Sandkörner aufwiesen, wurden an der Kleidung, mit denen die Leichen der Kinder bekleidet gewesen waren, keine Sandspuren gefunden.[9]

Anonyme Briefe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monika Weimar übergab der Polizei zwei anonyme Briefe, die sie angeblich erhalten hatte und die ihren Ehemann belasteten. Ein Schriftgutachten ergab jedoch, dass diese Briefe mit hoher Wahrscheinlichkeit von ihr selbst verfasst worden waren, was sie schließlich einräumte. Die Briefe sollten einen ersten Hinweis auf ihren Mann geben.[9][18]

Pkw der Familie Weimar[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

VW Passat, ähnlich dem Pkw der Familie Weimar

Ein Zeuge hatte den Pkw der Familie Weimar am 4. August um 11.03 Uhr und erneut um 11.20 Uhr auf einem Parkplatz an der L3255 gesehen, wenige Meter vom Fundort von Melanies Leiche entfernt. Ermittler stellten am Nachmittag des 4. August fest, dass die Frontscheibe gesprungen war. Dazu gab Monika Weimar mehrere Erklärungen ab. Ermittler und Landgericht Fulda waren der Ansicht, der Schaden sei durch eine Abwehrreaktion der Kinder während ihrer Tötung entstanden.[9][6]

Auswertung von Faserspuren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kleidung der Kinder wurde auf Anhaftungen von Fasern untersucht. Auch prüfte man, ob die Bettwäsche der Kinder ebenfalls Anhaftungen dieser Fasern aufwies, um so Hinweise darauf zu gewinnen, ob die Tötung zur Nachtzeit erfolgt war. Zudem wurden die Bezüge der Rücksitzbank und der Vordersitze des Pkw auf Anhaftungen von Fasern untersucht. [9][19]


Aussage von Brigitte und Raymond Elliott[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brigitte und Raymond Elliott, die direkt über den Weimars wohnten, sagten beide aus, sie hätten in der Nacht vom 3. auf den 4. August Karola weinen gehört. Daraufhin hätten sie gemeinsam in der Wohnung der Weimars nach dem Rechten gesehen. Karola habe in die Hose gemacht; Brigitte Elliott habe sie trockengelegt. Melanie, die sonst meist sofort aufgewacht sei, habe reglos in ihrem Bett gelegen. Ob die Eltern in der Wohnung waren, hätten sie nicht überprüft.[6][37]

Sichtungen der Kinder am 4. August[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachbarn gaben an, die Mädchen am 4. August zwischen 10.50 und 10.57 Uhr auf dem Weg vor den Wohnhäusern gesehen zu haben. Dem steht gegenüber, dass Monika Weimars Auto ab 11.03 Uhr auf dem 10 Fahrminuten entfernten Parkplatz gesichtet wurde. Auch die Urgroßmutter der Kinder hatte zunächst angegeben, die Kinder noch am 4. August im Hausflur gesehen zu haben, diese Aussage aber später zurückgezogen und unter Vorlage eines ärztlichen Attests ausgesagt, dies mit dem Geschehen des Vortages verwechselt zu haben.[28][9] [6]

Das erste Urteil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monika Weimar wurde am 8. Januar 1988 wegen "heimtückisch begangenen" Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die Urteilsbegründung lautete: Sie habe ihre Aussage mehrfach geändert und dabei immer den objektiv feststellbaren Tatsachen angepasst. Sie habe die Beschädigung der Windschutzscheibe nicht erklärt, weil sie sich dadurch als Täterin entlarvt hätte. Eine Nachbarin habe wie auch ihre Großmutter glaubhaft bekundet, die Kinder noch am Vormittag gesehen zu haben. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass die Kinder im Schlaf getötet wurden. Ein gewichtiges Indiz für ihre Täterschaft sei die Anhaftung von Fasern ihrer Bluse an der Kleidung der Kinder.(Cichos, S.107-18). Das Tatmotiv konnte nicht geklärt werden, wurde aber "zuzmindest auch in der zur Tatzeit deutlich gestörten Beziehung zu Kevin Pratt" gesehen.[11] Sie habe ihre Kinder zweifellos geliebt, aber wohl doch Angst vor der Trennung von ihrem Geliebten gehabt.[38][39] Ungeachtet der Kritik seitens der Gutachterin Müller-Luckmann an der Annahme einer sexuellen Abhängigkeit als vorurteilshaft [40] Monika Weimar selbst beteuerte stets ihre Unschuld.

Kritik am Strafverfahren und an den Ermittlungen durch die Verteidigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

a) Kritik am Verfahren als solchem:[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monika Weimars weiterer Rechtsanwalt Gerhard Strate stellte am 3. August 1988 einen Revisionsantrag, mit dem er einige Verfahrensfehler aus der Sicht der Verteidigung rügte: Strate kritisierte das Vorgehen der Ermittler, besonders bei der Vernehmung am 29.August 1986; die Zulassung von Presse- und Rundfunk-Aufnahmen bei einem Ortstermin; die Verabreichung zu vieler Medikamente, so das s sie "gar nicht in der Lage war, weder einen Teil der Verhöre, noch den Prozeß zu verfolgen"; widersprüchliche Zeugenaussagen und eine widersprüchliche Auslegung der Fasergutachten. (Cichos, S. 220-23). Der Antrag wurde am 27. Februar 1989 vom Bundesgerichtshof abgelehnt. Nur die Kritik an der Duldung von Presse- und Rundfunk-Aufnahmen wurde als berechtigt anerkannt. Dieser Verstoß sei aber, hieß es, nur ein relativer Revisionsgrund.

b) Kritik an den Ermittlungen:[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Strate kritisierte: Dass die Kleidung beider Kinder nur wenige Fasern aufwies, die zu den Wollbezügen der Vordersitze passten, sprach gegen die Theorie, eines der Kinder könnte im Todeskampf den Schaden an der Frontscheibe des Pkw verursacht haben.[7] Dass an der Kleidung der Kinder keine Sandspuren gefunden wurden, sei als ein Indiz dafür zu werten, dass die Kinder vor ihrem Tod nicht mehr im Sandkasten und auch nicht mehr auf dem Schotterweg vor dem Wohnhaus gewesen waren[7] Vor allem kritisierte er, dass nur wenige Kleidungsstücke des Vaters sichergestellt wurden, hingegen die gesamte Oberbekleidung der Mutter.[9][19]

Wiederaufnahmeverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Folglich stellte er einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Er brachte die neuen Untersuchungsergebnisse vor und führte außerdem vier Belastungszeugen gegen Reinhard Weimar ins Feld: Eine neue Bekannte, einen Privatdetektiv, eine Mitpatientin während eines Aufenthalts in der Psychiatrie und eine Bardame.(Cichos, S. 226-231,232-239,241-244) Der Antrag wurde am 26. Februar 1993 vom Landgericht Gießen für zulässig erklärt, am 27. März 1995 aber abgelehnt.Mit der Begründung: Das neue Fasergutachten sei keine eindeutige Bestätigung. Die Belastungs- zeugen seien in zwei Fällen unglaubwürdig, in den zwei weiteren Fällen ungeeignet, die Schuld der Verurteilten in Frage zu stellen. (Cichos, S.244).- Diesen Beschluss hob das Oberlandesgericht Frankfurt am 4. Dezember 1995 auf Antrag der Verteidigung auf und ordnete die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung sowie die Entlassung der Verurteilten aus der Haft an. Der Senat hielt es in der Gesamtschau allein der ersten beiden Zeugen für hinreichend wahrscheinlich, dass sich Reinhard Weimar ihnen gegenüber tatsächlich so geäußert hat, wie die Zeugen es bekundeten. Er kritisierte dabei, dass das Landgericht Gießen sich nicht näher mit den beiden weiteren Zeugen befasst hatte, da durch deren Einbeziehung möglicherweise hätten "neue Einsichten" vermittelt werden können. Außerdem sei nach den Ausführungen des neuen Sachverständigen "das entscheidende objektive Beweisanzeichen für einen letzten, tatrelevanten Kontakt der Verurteilten mit ihren Kindern entfallen". Das LG Gießen habe die Fasergutachten nicht als den "tragenden Beweisgrund" gewertet,aber doch für geeignet gehalten, "den Schuldspruch zu erschüttern". Schließlich wies das OLG darauf hin, dass die Beschuldigte nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kaum hätte allein wegen Unglaubwürdigkeit aufgrund häufigen Aussagewechsels und widerlegter Einlassungen verurteilt werden können.

Weitere Strafverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das neue Strafverfahren vor dem Landgericht Gießen begann am 6. Juni 1996 und endete am 21. April 1997 mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen. Die Begründung lautete im Wesentlichen: Das Geschehen vor dem Tod der Kinder "konnte nicht näher aufgeklärt werden". Ein engerer tatrelevanter Kontakt der Bluse zu der Kinderkleidung ist nicht erwiesen. Dass die Nachtversion falsch ist, lässt sich nicht aufrechterhalten. Aber nur eine Entlastungszeugin wurde als glaubwürdig angesehen. (Cichos, S.263-270). Doch das Gericht sah eine „erheblich reduzierte Beweislage“.[41] Insbesondere hat die Hauptverhandlung ergeben, „dass die Beziehung zwischen Monika Weimar und ihrem Freund nicht so deutlich gestört war wie angenommen“.[41] Der Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch wurde mehrmals verhandelt, bis am 6. November 1998 der Bundesgerichtshof einen neuen und damit dritten Prozess anordnete. Mit der Begründung: Das LG Gießen hätte die Aussagen der für glaubwürdig erachteten Belastungszeugen dem Urteil zugrundelegen müssen. Die Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen waren angesichts des gesamten Beweisergebnisses nicht naheliegend. Die Bekundungen der Zeugen waren für das Ergebnis offenbar von Bedeutung.

Dieser Prozess begann am 2. September 1999 vor dem Landgericht Frankfurt am Main und endete am 22. Dezember mit der erneuten Verurteilung Monika Böttchers zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, wegen „vorsätzlich und heimtückisch begangenen Mordes“.[42] Die Beweise seien erdrückend.[43] Die Nachtversion gehöre „in den Bereich der Phantasie" (Cichos, S.289). Das Gericht hielt die Belastungszeugen für glaubwürdig, hingegen alle vier Entlastungszeugen für unglaubwürdig (S.288) Monika Böttcher wurde noch im Gerichtssaal verhaftet. Rechtsanwalt Strate kritisierte nach der erneuten Verurteilung seiner Mandantin: Es seien bereits in der mündlichen Urteilsbegründung „eine Reihe von Schwachpunkten aufgetreten, die Anlaß bieten zur Revision“. Das Urteil sei „stark geprägt von Emotion“.[47] - Die Süddeutsche Zeitung befand, der Fall sei „eine Endlosgeschichte und eine Endlosqual für alle Beteiligten und nicht unbedingt ein Ruhmesblatt für die deutsche Justiz.“[46]

Am 27. August 2000 verwarf der Bundesgerichtshof die Revision. Damit erlangte das Urteil nach einer vorübergehenden Freilassung Monika Böttchers endgültig Rechtskraft.

Nach insgesamt 15 Jahren in Haft wurde Böttcher am 18. August 2006 aus der Frankfurter Justizvollzugsanstalt Preungesheim entlassen.[14]

Anhang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Fall Weimar in der Öffentlichen Meinung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es kam bald Stimmung gegen Monika Weimar in der breiten Öffentlichkeit auf. Während der Untersuchungshaft erhielt sie eine Fülle von Droh- und Schmähbriefen (Platen, S. 44/45). 95% der Philippsthaler hielten sie "wegen ihres Lebenswandels" für die Mörderin [5].

Daher wurde zum Teil scharf kritisiert, was ihr an Vorurteilen und Vorverurteilung entgegenschlug. [6]

Im Verlauf des zweiten Strafverfahrens war ein Stimmungsumschwung in der Bevölkerung erfolgt. Nach Verkündung des Freispruchs sind Menschen auf sie zugegangen und haben ihr Mut gemacht.(SZ, 25.4.1997)

Der Fall Weimar in den Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Medien berichteten zum Teil sehr vorurteilshaft. Die "Bunte" titelte gar: "Mutter Teufel". Gerhard Mauz kritisierte deutlich: "Die Berichterstattung über den Prozeß gegen Monika Weimar ist kein Ruhmesblatt der Medien gewesen." [6]. Eine Analyse von zwei Regionalzeitungen und einer überregionalen Zeitung ergab, "dass der moralische Schuldvorwurf bereits frühzeitig thematisiert und auch als berechtigt dargestellt wurde". (Carmen Gransee / Ulla Stammermann: Eine Medienanalyse zum "Fall Monika Weimar", Hamburger Institut für Sozialforschung 1991, S.62). Insbesondere wurde die Sensationsberichterstattung kritisiert. (Roggenkamp: "Jagd auf eine Mutter". In: DIE ZEIT 13/20.3.1987.) Während des ersten Prozesses fühlte Monika Weimar sich den Schaulustigen und den Reportern sehr ausgeliefert. (Cichos, S. 251)

In verschiedenen Berichten und Kommentaren kam aber ihr persönliches Befinden als Angeklagter deutlich zur Sprache. Und es wurde Anteil nehmendes Verständnis bekundet. (Siehe besonders [9]; SZ, 24.3.

Die erneute Verurteilung Monika Böttchers wurde in den Medien von verschiedenen Seiten in Frage gestellt (jeweils am 23.12.1999): Die FAZ wies auf die "Fragwürdigkeiten" hin, die "mit im Gerichtssaal" standen; die Süddeutsche Zeitung fand die "Gelassenheit" des Richters bemerkenswert, "einen Spruch zu fällen, der in seinen Grundzügen zumindest zum Teil im Spekulativen bleiben muß"; die Frankfurter Rundschau wies auf Zeugen hin, die mit zunehmendem Abstand zur Tat "paradoxerweise..immer mehr Details als konkrete Erinnerung" präsentierten; und das Hamburger Abendblatt wies sehr deutlich auf die fortbestehenden Zweifel hin, und stellte die Frage, "was eine Strafe nach so langer Zeit noch soll".

Folgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ehe von Monika und Reinhard Weimar wurde am 26. Oktober 1987 geschieden, Monika nahm danach wieder ihren Geburtsnamen Böttcher an.[10][16]

Zwischen ihrer Haftentlassung 1995 und ihrer erneuten Inhaftierung lebte sie in der Nähe von Frankfurt am Main und bezog Arbeitslosengeld und Sozialhilfe.[44] Nach ihrer Haftentlassung 2006 arbeitete sie zunächst in einer Frankfurter Anwaltskanzlei und übersiedelte später nach England.[45]

Reinhard Weimar zog wieder zu seinen Eltern nach Hohenroda. Seit 1989 war er teils ambulant, teils stationär wegen paranoid-halluzinatorischer schizophreniformer Psychose in psychiatrischer Behandlung und unternahm mehrere Suizidversuche. Sein Geisteszustand zur Zeit des Todes seiner Töchter gilt als strittig.[10][46][37] Im Wiederaufnahmeprozess 1996 galt er zwar als prozessfähig (und war damit in der Lage, sein Zeugnisverweigerungsrecht auszuüben), aber nicht als vernehmungsfähig.[17][37] Er starb 2012 an Herzversagen; eine Obduktion ergab keine Hinweise auf Fremdverschulden.[2][45]

Kevin Pratt ließ seine Stationierung in Deutschland nicht verlängern und kehrte Ende Oktober 1986 in die USA nach Fort Sill, Oklahoma, zurück.[6][11] Er erkrankte schwer und war bei seiner erneuten Aussage 1997 bereits auf einen Rollstuhl angewiesen.[37]

Rolle der Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wiederaufnahmeverfahren erfuhren ein großes Medieninteresse. Ein umstrittener Aspekt war dabei die direkte Beteiligung des Wochenmagazins Stern. Dieses übernahm nach einem Treffen zwischen dem Verteidiger Monika Böttchers, Gerhard Strate, und dem späteren Stern-Chefredakteur (zu jener Zeit noch Ressortchef) Thomas Osterkorn einen Anteil von 50.000 DM an den Prozesskosten. Dafür verlangte der Stern Exklusivrechte, die das Magazin allerdings nach der Haftentlassung Monika Böttchers am 4. Dezember 1995 verletzt sah, da die sich direkt danach auch gegenüber anderen Medien äußerte. Das Magazin verklagte den Anwalt Gerhard Strate vor dem Hamburger Landgericht.[47]

Neuere Entwicklungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An den Fall angelehnt ist der Fernsehfilm Der Kindermord (Regie Bernd Böhlich) nach dem Drehbuch von Fred Breinersdorfer aus dem Jahr 1997.[48]

Ab Februar 2022 streamt RTL+ den Dreiteiler Das Geheimnis der Weimar-Morde. Eine neue Spur. Regisseurin Annette Baumeister, Autor Stefan Wilke und Rechercheurin Lou Matzen wurden bei den Recherchen zu dieser Dokumentation auf Raymond Elliotts Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs aufmerksam. Verblüffend ist der Tatablauf: Elliott lebte auf dem Grundstück der missbrauchten Kinder in Kalifornien und hatte jederzeit Zugang zu dem Haus, in dem die Kinder lebten. Er missbrauchte die Mädchen regelmäßig in ihrem Schlafzimmer, während der Vater des einen Mädchens nebenan im Wohnzimmer schlief. Dieser Vater war, wie Reinhard Weimar, alkoholkrank. Raymond Elliott ist seit seiner Jugend Methamphetamin-User und hatte als solcher auch Zugriff auf Barbiturate. Sowohl eines der Opfer von Raymond Elliott als auch Elliott selbst werden in der Dokumentation über den Missbrauch befragt. Monika Weimars Verteidiger Gerhard Strate bezeichnet Raymond Elliott aufgrund der neuen Erkenntnisse als einen weiteren möglichen Tatverdächtigen im Fall Weimar. Die Verurteilung Monika Weimars im entscheidenden Prozess in Frankfurt setzte explizit voraus, dass nur Reinhard Weimar oder Monika Weimar als Täter in Betracht kamen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Petra Cichos: Mordakte Monika Weimar, Buch-Dokumentation mittels originaler Ermittlungsakten aus dem Hessischen Hauptstaatsarchiv. Cichos Press, München 2017, ISBN 978-3-9818678-0-0
  • Gisela Friedrichsen/Gerhard Mauz, Er oder sie? - Der Strafprozess Böttcher/Weimar, Prozessberichte 1987–1999, mit einer Dokumentation des Prozessverlaufes und einem Nachwort herausgegeben von Gabriele Zwiehoff, in Juristische Zeitgeschichte Abt. 5 Band 8, Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden 2001, ISBN 3-7890-7466-7
  • Gisela Friedrichsen: Der Fall Weimar: Kindsmord in der Provinz, Rowohlt, Reinbek 1988, ISBN 3-498-02063-3
  • Monika Böttcher, Ruth-Esther Geiger: Ich war Monika Weimar. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1997, ISBN 3-462-02575-9

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. https://grabsteine.genealogy.net/friedhoefe/hohenroda_neu/hohenroda_neu0203.jpg
  2. a b Reinhard Weimar starb an Herzversagen – „Mordfall Weimar“: Ehemann ist tot. In: HNA. 14. November 2012, abgerufen am 8. Juni 2019.
  3. a b c d e Gerhard Mauz: „Ich wußte ja nicht, wo ich hin sollte …“ In: Spiegel Online. 6. April 1987, abgerufen am 9. Juni 2019.
  4. Monika Böttcher: Haft – Freispruch – Wieder vor Gericht. In: Rhein-Zeitung. 6. November 1998, abgerufen am 9. Juni 2019.
  5. a b c Bruno Schrep: 95 Prozent halten die Mutter für schuldig. In: Spiegel Online. 17. November 1986, abgerufen am 9. Juni 2019.
  6. a b c d e f Gerhard Mauz: „Ich kann mit dieser Ungewißheit nicht leben“. In: Spiegel Online. 27. April 1987, abgerufen am 9. Juni 2019.
  7. a b c d e f g h i j Viola Roggenkamp: Eine entheiratete Frau, in: Die Zeit 19/1987
  8. Böttcher/Geiger, S. 112
  9. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x Der Mordfall Weimar – Kraft und Gefahren des Sachbeweises, Strate, in: Kriminalistik, 1997, 634
  10. a b c d Das bessere Motiv. In: Spiegel Online. 11. Dezember 1995, abgerufen am 9. Juni 2019.
  11. a b c d e Gisela Friedrichsen: „Sie war nicht ehrlich zu mir“. In: Spiegel Online. 13. Januar 1997, abgerufen am 9. Juni 2019.
  12. Gisela Friedrichsen: „Das war ein unlösbarer Konflikt“. In: Spiegel Online. 20. September 1999, abgerufen am 12. Juni 2019.
  13. a b Aufgeklärt: Eltern unter Verdacht – Die Akte Monika Weimar. 3. Juli 2020, abgerufen am 5. Juli 2020.
  14. a b c d e Gisela Friedrichsen: Zweifache Kindsmörderin Monika Böttcher ist frei. In: Spiegel Online. 18. August 2006, abgerufen am 10. November 2018.
  15. Der Fall Weimar: Ein Doppelmord – zwei Verfahren – zwei Urteile. In: Rhein-Zeitung. 19. März 1998, abgerufen am 10. November 2018.
  16. a b c Der Fall Weimar, in: Die Zeit 51/1995
  17. a b c d Gisela Friedrichsen: Eine Sternstunde? In: Spiegel Online. 17. Juni 1996, abgerufen am 9. Juni 2019.
  18. a b c d Gerhard Mauz: „Weil er mir das Liebste genommen hat …“ In: Spiegel Online. 30. März 1987, abgerufen am 9. Juni 2019.
  19. a b Gerhard Mauz, Gisela Friedrichsen: Muß der Vater der Mörder sein? In: Spiegel Online. 8. Februar 1993, abgerufen am 9. Juni 2019.
  20. Gisela Friedrichsen: Der Fall Weimar, S. 135
  21. Marion Rollin: Mord ohne Mörder. In: Die Woche. 24. Februar 1994.
  22. Marion Rollin. In: Die Woche, 24. Februar 1994
  23. Heide Platen: Kindsmord. Der Fall Weimar. Rotbuch Verlag, Berlin 1988, ISBN 3 88022 334 3(?!), S. 108/9.
  24. Heide Platen: Kindsmord. Der Fall Weimar, S. 108/9
  25. Friedrichsen: Der Fall Weimar, S. 184.
  26. Heide Platen: Kindsmord. Der Fall Weimar, S. 135
  27. Heide Platen: Kindsmord. Der Fall Weimar, S. 137; Böttcher/Geiger, S. 135
  28. a b c Gerhard Mauz: „Ich hielt ihn für dringend tatverdächtig“. In: Spiegel Online. 11. Januar 1988, abgerufen am 9. Juni 2019.
  29. Süddeutsche Zeitung. 11. Dezember 1995.
  30. Kieler Nachrichten. 6. Juni 1996.
  31. ARD-Dokumentation
  32. Friedrichsen: Der Fall Weimar, S. 118
  33. Rainer Hamm: Chronologie des Strafverfahrens gegen Monika Weimar (Böttcher) mit Fundstellenhinweisen und zu behandelnde Normen. In: www.hammpartner.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. März 2014; abgerufen am 10. November 2018.
  34. Siehe u. a. in Viola Roggenkamp: Die Zeit 13/20. März 1987
  35. Gisela Friedrichsen: „Die persönliche Gewißheit“. In: Spiegel Online. 5. Mai 1997, abgerufen am 9. Juni 2019.
  36. Fahndungsplakat (Memorandum vom 14. Juni 2019)
  37. a b c d Joachim Neander: Vor einer dramatischen Wende? In: Die Welt. 7. März 1997, abgerufen am 11. Juni 2019.
  38. Süddeutsche Zeitung, 9./10. Januar 1988
  39. Hamburger Abendblatt, 23. Dezember 1999
  40. Heide Platen: Kindsmord, S. 109>
  41. a b Frankfurter Rundschau. 25. April 1997.
  42. Frankfurter Rundschau. 23. Dezember 1999.
  43. FAZ, 23. Dezember 1999
  44. Thomas Darnstädt, Hans-Jörg Vehlewald: „Es gibt keinen Ersatz für die Kinder“. In: Spiegel Online. 28. April 1997, abgerufen am 9. Juni 2019.
  45. a b Reinhard Weimar ist tot – Ex-Mann von Monika Böttcher starb am Sonntag in Hohenroda an Herzversagen. In: lokalo24. 13. November 2012, abgerufen am 9. Juni 2019.
  46. Gerhard Mauz: „… als haltlos erwiesen“. In: Spiegel Online. 10. April 1995, abgerufen am 12. Juni 2019.
  47. Viola Roggenkamp: Der Prozeß um Monika Weimar: Stern und Spiegel helfen mit, in: Die Zeit 24/1996
  48. Der Kindermord. In: TV Spielfilm. Abgerufen am 23. Dezember 2021.

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Kategorie:Kriminalfall 1986 Kategorie:Kriminalfall in Deutschland Weimar, Melanie und Karola Kategorie:Tötungsdelikt Kategorie:Entscheidung des Bundesgerichtshofs Kategorie:Gerichtsentscheidung (20. Jahrhundert) Kategorie:Philippsthal (Werra) Kategorie:Hessische Geschichte (20. Jahrhundert)