Benutzer:Weiwei Seminar 2012/Werke von Al Weiwei

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== Ai Weiweis Werke Violin (1985) und Forever Bicycle (2003) ==

Ai Weiwei wählte zwischen 1981-1993 New York zu seinem eigenen Exil. Zunächst musste er seine aktive Rolle als Künstler vernachlässigen und arbeitete viel, um seinen Lebensunterhalt in New York aufrecht zu bestreiten. Dennoch bewegte er sich schon früh in der New Yorker Künstlerszene, in der Ende der 1980er vor allem Neo-Expressionismus praktiziert wurde. Weiwei schloss sich diesem an, jedoch überzeugte ihn diese Art der Kunst nicht. Vielmehr faszinierten ihn die Strömungen des Surrealismus, des Dadaismus und der Popart.[1] In seinen frühen New Yorker Werken ist daher Bezug zu gerade diesen Strömungen und dessen Künstlern wie auch zu dem amerikanischen Zeitgeschehen zu erkennen, in dem Ende der achtziger Jahre vor allem AIDS eine große Rolle spielt. [2] Zu beobachten war dies auch 1988 in Ai Weiwei‘s erster amerikanischer Ausstellung One Shoe- Safe Sex, die erst durch den New Yorker Galleristen Ethan Cohens ermöglicht werden konnte. Mit seinen Werken Violin, Safe Sex, One Shoe und später Forever Bicycle, knüpft Ai Weiwei an die träumerisch- phantasiereichen Gedanken der Surrealisten, die kommerziellen Wiederholungen Andy Warhols Popart, sowie von Marcel Duchamps Ready-mades an.

Violin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ai Weiwei’s Violin (63 x 23 x 7 cm) von 1985 zeigt den Körper einer hölzernen Violine, deren Hals jedoch durch den Metallgriff und darauf folgenden Stiel einer Schaufel ersetzt wurde. Der Körper zeigt keine Aushöhlung und keine Seiten, die den üblichen Gebrauchszweck der Violine auszeichnen würden. Nach einer Klassifizierung von Francis M. Naumann der verschiedenen Arten der Ready-mades von Marcel Duchamp, kann Weiweis Violin in die Rubrik des Assisted Ready-mades eingeordnet werden (unterstütztes Ready-made: ein Alltagsgegenstand, der mit einem anderen Objekt kombiniert, also von diesem „unterstützt“ wird).[3] Wie schon vor ihm Duchamp bezieht sich Weiwei mit seiner Violin auf eine Infragestellung der Autonomie der Kunst. Er untersucht die Grenze zwischen Kunst und Nichtkunst und provoziert eine freie Interpretation des Betrachters durch die Selbstbezogenheit des Gegenstandes. Die Zusammenführung zweier völlig unzusammenhängenden Gegenstände trennt die Verbindung der Funktion und Nützlichkeit der jeweiligen Gegenstände und fordert somit heraus, festgefahrene Ansichten neu zu überdenken. (Vgl. Marcel Duchamps Bicycle Wheelvon 1913) Die Erweiterung des menschlich begrenzten Erfahrungsbereichs durch Enttextualisierung der Gegenstände, Phantasie und Absurdem wurde auch von den Surrealisten propagiert. Die Dadaisten wiederum forderten in ihren Werken eine gewisse Ironie heraus, die Ai Weiwei zwar aufgreift jedoch die Wichtigkeit von politischen Themen höher stellt. So kann in Hinblick auf Ai Weiweis Vergangenheit, die Violin als politisches Statement und Protest über das Schicksal seines Vaters bezogen werden. Dessen intellektuelles Wissen wurde während der Kulturrevolution zwanghaft durch manuelle Arbeit, der Reinigung von Toiletten mit einer Schaufel in einem Arbeitercamp im Norden Chinas, geradezu verhöhnt. Folgt man dieser These ist die Violin nicht nur ein sehr persönliches Werk Ai Weiweis sondern stellt auch einen politisches Statement zur Rolle des Künstlers in der chinesischen Kulturrevolution und Mao’s damaligen Regierungssystems her. Im Hinblick auf Idee, Herstellung und Machart kann ein eindeutiger Bezug zu Duchamps Ready-mades hergestellt werden, es stellt sich jedoch ein inhaltlicher Unterschied dar. Laut Duchamp sollte das Ready-made keinen Bezug zum persönlichen Leben des Künstlers haben. Ai Weiwei hingegen nutzt seine Kunst als eine Art eigene Propaganda. "It interests me to try and create something with no purpose to it; but to make art also creates a purpose."[4]

Forever Bicycle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wieder nach China zurück gekehrt, ließ sich Ai Weiwei 2003 erneut von Marcel Duchamp inspirieren. Anreiz zu seinem Werk Forever Bicycle war das Bicycle Wheel von Marcel Duchamp, das 1913 in New York zum Ready-made ausgerufen wurde. Ai Weiweis Forever Bicycle ist eine Installation bestehend aus 42 Fahrrädern, 275 cm in der Höhe und 450 cm im Durchmesser, die 2003 in der Tate Modern Gallery in London aufgestellt wurde.[5] 42 Fahrräder sind hier in einer kreisartigen Form aufeinander gestellt. In der unteren Reihe ist jedes zweite Fahrrad verkehrt herum auf dem Boden gestellt, während ihr Sattel und das darauffolgende hochkant gestellte Vorderrad ihnen Halt gibt. Die Räder sind somit verbunden. Die Gabel fasst den hinteren Reifen des darauf folgenden hochkant gestellten Rads. Dessen Vorderrad wiederum in den Hinterbau des darauf folgenden umgekehrt aufgestellten Fahrrads befestigt ist. In der zweiten Reihe ist wieder jedes zweite Rad auf dem Kopf stehend und Steuerrohr und Sitzrohr sind mit den hochkant gestellten Rädern der unteren Reihe ineinander gebaut. Auch hier fassen Gabel und Hinterbau die darauf folgenden Reifen. Die hierauf liegende dritte Reihe führt diese Technik fort. Auffällig ist, dass die Fahrräder der mittleren Reihen keine Sättel vorweisen. Keines der Fahrräder hat Pedalen oder einen Lenker. Ohne Sättel, Pedalen und Lenker gehorchen die Räder ganz der dynamischen Richtung angebenden unteren und oberen Fahrräder. Auch in diesem Werk werden wieder wie in Duchamps Denken, die mentalen Funktionen und Assoziationen der Gebrauchsgegenstände gekappt und in einen neuen Kontext gebracht. Dieser nicht endende Kreislauf wird durch die Wahl des Namens des Markenfahrrades Forever unterstützt. Die Verwendung der Prestigemarke Forever lässt auch einen Bezug zu Andy Warhols kommerzieller Kunst vermuten, welcher vor allem die Wiederholung und Reproduktion von Markennamen zu seiner Tätigkeit machte. Dies macht sich Ai Weiwei zueigen und ironisiert zudem das Fahrrad als westlich anerkanntes Klischee und Symbol der Massenproduktion der chinesischen Gesellschaft. Er legt damit auch seine Wahrnehmung und ein kritisches Statement zum rapiden Wachstum der chinesischen Wirtschaft ab, deren Massenproduktion vom Staat kontrolliert wird. Ein architektonischer Einfluss ist in Weiweis Werk Forever Bicycles ebenfalls zu verordnen. Die architektonischen und statischen Formen der Fahrräder ändern sich mit Blickrichtung des Betrachters. „[…] Forever (2003) is the way in which individual components come together to archieve a cogent physical structure and enjoy a symbiotic relationship with space.” Das Umgehen der Installation eröffnet dem Betrachter eine vorher noch nicht wahrgenommene Perspektive die einen neuwertigen Raum schafft. Diese Erfahrungen sind durch Ai Weiweis Tätigkeiten im Architekturbereich möglich geworden, die er Ende der neunziger Jahre zu sammeln begann.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Interviews mit Hans Ulrich Obrist: Ai Weiwei spricht. Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn; C. Hanser, München 2011 ISBN 978-3-446-23846-6.
  • Ai Weiwei- According to what?. [... in conjunction with the exhibition "Ai Weiwei: According to What?", organized by the Mori Art Museum, Tokyo ...: Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington, DC, October, 7, 2012 - February 24, 2013, Indianapolis Museum of Art, Indianapolis, Indiana April 5 - Juliy 28, 2013, Art Gallery of Ontario, Toronto, Ontario August 31 - October 27, 2013, Perez Art Museum Miami, Miami, Florida, November 28, 2013 - March 16, 2014, Brooklyn Museum, Brooklyn, New York, April 18 - August 10, 2014], hrsg. von Deborah E. Horowitz, Washington, DC/ Tokyo: Hirshhorn Museum and Sculpture Garden/ Mori Art Museum 2012. ISBN 3-7913-5240-7 978-3-7913-5240-4 978-3-7913-6443-8.
  • Ai Weiwei. Works - Beijing 1993 – 2003. Kunsthalle Bern 02.04.04 - 30.05.04, Hong Kong: Timezone 8 2003. ISBN 988-97262-8-9 978-988-97262-8-7.
  • Ai, Weiwei/ Fibicher, Bernhard/ Obrist, Hans Ulrich/ Smith, Karen: Ai Weiwei. 1. Ausg., London: Phaidon 2009.
  • Francis M. Naumann: Marcel Duchamp – The Art of Making Art in the Age of Mechanical Reproduction. Harry N. Abrams, New York 1999, ISBN 0-8109-6334-5.
  • Ai Weiwei. Architecture. Hg. Caroline Klein. Daab Media, Köln 2010, ISBN 3942597012.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ai Weiwei im Interview mit Hans Ulrich Obrist.
  2. Ai Weiwei im Interview mit Hans Ulrich Obrist.
  3. Francis M. Naumann: Marcel Duchamp – The Art of Making Art in the Age of Mechanical Reproduction. Harry N. Abrams, New York 1999
  4. Ai Weiwei in: Ai, Weiwei/ Fibicher, Bernhard/ Obrist, Hans Ulrich/ Smith, Karen: Ai Weiwei. 1. Ausg., London: Phaidon 2009, S. 85.
  5. Ai, Weiwei/ Fibicher, Bernhard/ Obrist, Hans Ulrich/ Smith, Karen: Ai Weiwei. 1. Ausg., London: Phaidon 2009, S. 96.
  6. Ai Weiwei. Architecture. Hg. Caroline Klein. Daab Media, Köln 2010.