Benutzer:WilfriedC/Spielwiese/Rückstandskurve

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Prinzip einer Rückstandskurve

Eine Rückstandskurve beschreibt die Änderung der Zusammensetzung der flüssigen Phase (des Rückstandes) eines chemischen Gemischs während einer kontinuierlichen Verdampfung (einfache Destillation). Mehrere Rückstandskurven eines Systems heißen Rückstandskurvenkarte.

Rückstandskurven erlauben es, die Machbarkeit einer Stofftrennung durch Destillation zu überprüfen und sind deswegen ein wertvolles Werkzeug bei dem Entwurf von thermischen Trennprozessen. Rückstandskurven werden typischerweise für ternäre Gemische benutzt, die aufgrund von Azeotropen nicht durch einfache Destillation getrennt werden können.

Kennzeichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rückstandskurven starten bei der Zusammensetzung des Zulaufs und bewegen sich dann in Richtung des Reinstoffs oder des azeotropen Punktes mit der höchsten Temperatur (isobare Rechnung) oder dem niedrigsten Dampfdruck (isotherme Rechnung). Dies geschieht, weil der Leichtsieder sich im Dampf anreichert und somit dessen Konzentration in der flüssigen Phase geringer wird, dafür steigt die Konzentration des Schwersieders. Eine Rückstandskurve kann auch rückwärts gerechnet werden, sie läuft dann in Richtung eines Azeotrops oder eines Reinstoffes mit der niedrigsten Temperatur und dem höchsten Dampfdruck und der Leichtsieder reichert sich in der flüssigen Phase an.
  2. Azeotrope können sogenannte Destillationbereiche erzeugen, die durch Grenzlinien von anderen Regionen getrennt sind. Wenn die Zusammensetzung eines Zulaufs innerhalb eines Destillationsbereichs liegt, verbleibt die Zusammensetzung im Verlauf der Destillation innerhalb der gleichen Region, die Rückstandskurve wird niemals eine Grenzlinie kreuzen.Das bedeutet für eine Destillationskolonne, dass bei Vorhandensein für Azeotropen es unmöglich ist, an Kopf und Boden Reinstoffe zu gewinnen. An einem der Abläufe wird ein azeotropes Gemisch erhalten.
  3. Die selbe Schlussfolgerung gilt für Reinstoffe. Liegen sie in verschiedenen Destillationsbereichen ist es unmöglich, sie beide durch einfache Destillation rein zu erhalten.

Definitions[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stability of residue curves in the vicinity of binary azeotropes

Reinstoffe und azeotrope Punkte werden als singuläre Knoten bezeichnet. Drei verschiedene Typen sind dabei möglich:

  1. Stabiler Knoten: Dies ist der Reinstoff oder der azeotrope Punkt mit der höchsten Temperatur und dem niedrigsten Dampfdruck in einem Destillationsbereich (isobarer Fall). Eine Rückstandskurve endet an stabilen Knoten.
  2. Instabiler Knoten: Dies ist der Reinstoff oder der azeotrope Punkt mit der niedrigsten Temperatur und dem höchsten Dampfdruck (wieder isobarer Fall). Rückstandskurven erreichen niemals instabile Knoten.
  3. Sattel: Dies sind Reinstoffe oder azeotrope Punkte mit mittleren Temperaturen und Drücken. Rückstandskurven bewegen sich erst in Richtung eines Sattels und dann wieder fort in Richtung eines stabilen Knotens. Sattel sind niemals Endpunkte von Rückstanskurven, nur Grenzlinien starten oder enden an Satteln.

Die Destillationsbereichen und die singulären Punkte in ihrer Gesamtheit werden als Topologie des Gemischs bezeichnet.

Calculation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Berechnung einer Rückstandskurve wie auch der Grenzlinien erfolgt durch Lösen der der Massenbilanz über die Zeit mittel numerischer Integration mit Methoden wie Runge-Kutta.

mit

x: Liste der Flüssigzusammensetzungen; Molenbrüche [mol/mol]

y: Liste der Dampfzusammensetzungen; Molenbrüche [mol/mol]

ξ: Dimensionslose Zeit

Die Integration dieser Gleichung kann vorwärts und rückwärts in der Zeit gerechnet werden. Dies erlaubt die Berechnung einer vollständigen Rückstandskurve von einem beliebigen Zulauf aus.

Beispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rückstandskurvenkarte des ternären Gemischs aus Chloroform, Methanol und Aceton

Das ternäre Gemisch aus Chloroform, Methanol und Aceton weist drei binäre und zusätzlich ein ternäres Azeotrop auf. Zusammen mit den drei Reinstoffen weist diese System die höchstmögliche Anzahl Knoten auf, sieben. Diese Knoten bilden vier Destillationsbereiche. Zwei Knoten sind stabil (reines Methanol und das binäre Azeotrop von Chloroform und Aceton), die beide den niedrigsten Dampfdruck in ihren Destillationsbereichen aufweisen. Die beiden anderen binären Azeotrope sind instabile Knoten, da sie den höchsten Dampfdruck in den Destillationsbereichen, zu denen sie gehören, aufweisen.

Die anderen Knoten sind Sattelpunkte (das ternäre Azeotrop, reines Aceton und reines Chloroform).

Die Grenzlinien in diesem System verbinden das tenäre Azeotrop mit den beiden stabilen Knoten und den beiden instabilen Knoten. Die Rückstandskurven bewegen sich stets von den instabilen Knoten hin zu den Sattelpunkten, erreichen sie jeoch nie, da sie sich alsbald den stabilen Knoten zuwenden.

Literature[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Technical paper by Chemstations
  • Jürgen Gmehling, Michael Kleiber, Bärbel Kolbe, Jürgen Rarey, “Chemical Thermodynamics for Process Simulation”, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2012, ISBN 978-3527312771
  • Claudia Guterriez-Antonio, Gustavo A. Iglesias-Silva, Arturo Jimenez-Gutierrez, “Effect of Different Thermodynamic Models on the Design of Homogeneous Azeotropic Distillation Columns”, Chem. Eng. Comm., 195:1059–1075, 2008, doi:10.1080/00986440801907524
  • Bastian Schmid, “Einsatz einer modernen Gruppenbeitragszustandsgleichung für die Synthese thermischer Trennprozesse”, Thesis, Carl-von-Ossietzky-University Oldenburg, 2011, Online verfügbar
  • Widagdo S., Seider W.D., “Azeotropic Distillation”, AIChE J., 42(1), 96-130, 1996, doi:10.1002/aic.690420110