Benutzerin:AlanyaSeeburg/Anwaltsplanung

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Anwaltsplanung (englisch advocacy planning, auf deutsch auch Advokatenplanung) ist eine Methode der Stadtplanung und Stadtentwicklung, bei der sogenannte Anwaltsplaner im Auftrag von unterprivilegierten Gruppen eigene Entwürfe erarbeiten. Diese Form der Bürgerbeteiligung wurde in den 1960er-Jahren in den USA entwickelt und von dort aus weiter verbreitet.

Hintergrund und Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anwaltsplanung entstand im Zuge der Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre. Aufgrund der Great Migration und veränderten Bedingungen in der Industrie war die Armut in den segregierten Stadtvierteln vieler Großstädte im Norden der USA damals besonders groß. Sanierungen und Neubauprojekte im Zuge einer Stadterneuerung verstärkten die Not der armen und überwiegend afroamerikanischen Bevölkerung nur, in dem sie bezahlbaren Wohnraum weiter verknappten. Gleichzeitig wurden neu zu bauende Highways gerne durch diese armen Viertel gebaut, weil dort die Grundstückskosten geringer waren. Gegen das Elend in den Armenvierteln gab es zahlreiche Initiativen, sowohl von oben (Great-Society-Reformen, Grey Area Projects der Ford-Stiftung uvm.) und von unten (etwa den Nachbarschaftsorganisationen oder Community Organizing). Dieses gesellschaftliche Umfeld beeinflusste die Entwicklung der Anwaltsplanung.[1]

Das Architects' Renewal Committee (ARCH) in West-Harlem gilt als die erstes Beispiel der Anwaltsplanung. Die Gruppe wurde 1964 als Unterforum des American Institute of Architects gegründet, und begann bald, in Zusammenarbeit mit der dort bestehenden West Harlem Community Organization Die 1966 von Chester Hartman, Lisa Peattie und Robert Goodman gegründete Urban Planning Aid in Cambridge (Mass.) gilt ebenfalls als ein bekanntes Beispiel.

Der Stadtplaner Paul Davidoff beschrieb 1965 das Konzept der Anwaltsplanung in seinem Artikel Advocacy and Pluralism in Planning erstmals und prägte damit den Begriff. Daraufhin entstanden weitere Initiativen und eine akademische Debatte.[1][2]

Konzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

[3]

Verbreitung und Weiterentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den USA[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Erhebung im Jahr 2009 fand heraus, dass in fast allen Stadtplanungs-Studiengängen an amerikanischen Universitäten die Anwaltsplanung behandelt wurde. Davidoffs Aufsatz Advocacy and Pluralism in Planning war gleichzeitig die häufigste Pflichtlektüre im Studium.[4]

In der BRD[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt [5]

In Hannover wurde die Anwaltsplanung am intensivsten erprobt. In den Jahren 1972–89 begleitete ein Anwaltsplaner, der die lokalen Bürgerinitiativen untersützte, den Stadtumbau in Linden-Nord. Später wurde das Konzept auch in anderen Stadtvierteln angewandt. Ab 1992 gab es eine anwaltsplanerische Unterstützung zu den Planungen der Expo 2000. Diese, erstmals auf eine ganze Stadt bezogene Planungsaufgabe bildete den Grundstein für das 1995 gegründete Bürgerbüro Stadtentwicklung Hannover.[3]

Abgrenzung Gemeinwesenarbeit, Sozialplanung, Quartiersmanagement

weitergehend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ähnliche anwaltschaftliche Modelle werden seit den 1980er-Jahren in Westdeutschland auch für die bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an öffentlichen Planungsprozessen eingesetzt.[6]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Rainer Greiff: Anwaltsplanung in den USA. In: Joachim Brech, Rainer Greiff (Hrsg.): Anwaltsplanung in der kommunalen Planungspraxis. Band 1. Haag + Herchen, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-88129-387-6, S. 79–150.
  2. Jesko Fezer: Soft Cops und Anwaltsplanung. In: Claudia Mareis, Matthias Held, Gesche Joost (Hrsg.): Wer gestaltet die Gestaltung? : Praxis, Theorie und Geschichte des partizipatorischen Designs. transcript-Verlag, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-8394-2038-6, S. 43–63.
  3. a b Klaus Selle: Anwaltsplanung. In: Wegweiser Bürgergesellschaft. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Juli 2021; abgerufen am 6. Februar 2024.
  4. Richard E. Klosterman: Planning Theory Education: A Thirty-Year Review. In: Journal of Planning Education and Research. Band 31, Nr. 3, September 2011, ISSN 0739-456X, S. 319–331, doi:10.1177/0739456X11413601 (englisch, sagepub.com [abgerufen am 14. Juli 2020]).
  5. Swenja Hoschek: Zielkonflikte bei Partizipationsverfahren: Das Beispiel der Anwaltsplanung in Darmstadt-Kranichstein. In: Transformative Partizipation. De Gruyter, 2021, ISBN 978-3-86859-975-6, S. 25–34, doi:10.1515/9783868599756-003 (degruyter.com [abgerufen am 6. Februar 2024]).
  6. Mobilitätsbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen im Straßenverkehrs- und Baurecht : Schlussbericht. Juli 2005, S. 69 (difu.de [PDF]).