BerLag

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Bergbaukombinat Chenikandscha (Хениканджа, 1954), in dem BerLag-Häftlinge als Arbeitskräfte eingesetzt wurden

BerLag, errichtet 1948, war ein Sonderlager des MWD für politische Gefangene. Diese Sonderlager mit verschärftem Regime waren in der Nachkriegszeit ab 1948 durch das Innenministerium MWD (ehem. NKWD) geschaffene spezielle Einrichtungen im allgemeinen Gulag-System in der Sowjetunion. Formell aufgelöst wurde das Lager 1954.

Bezeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

BerLag, russisch Берлаг, trug ursprünglich die Bezeichnung Ossoblag Nr. 5, d. h. Sonderlager Nr. 5 (aus особый лагерь № 5, особлаг № 5). Die Abkürzung BerLag ist abgeleitet von Берегово́й ла́герь Beregowoi lager, d. h. Uferlager; diese Bezeichnungen für die ursprünglich nummerierten Sonderlager wurden erst später und meist zufällig vergeben, meist ohne irgendeinen Bezug zur Realität. Nach der Auflösung der Sonderlager 1953/1954 lautete der Name Берегово́й ИТЛ für Берегово́й исправительно-трудовой лагерь – Besserungsarbeitslager Uferlager. Der Telegraphen-Code Берегово́й (Adjektiv zu Ufer) wurde dem Lager am 10. Mai 1948 zugeteilt. Es kann angenommen werden, dass der Name des Lagers von diesem Code stammt.[1][2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Lager BerLag wurde am 28. Februar 1948 aufgrund des Dekrets Nr. 00219 des Innenministeriums MWD vom 21. Februar 1948[3] errichtet. 1954 wurde das Sonderlager in ein Besserungsarbeitslager (ITL) umgewandelt und am 25. Juni 1954 an die Verwaltung der nordöstlichen Besserungsarbeitslager USWITL (Управление Северо-Восточных исправительно-трудовых лагерей – УСВИТЛ) übergeben und somit aufgelöst.[2]

Mit dem Befehl des MWD Nr. 00469 vom 29. April 1948 wurde BerLag dem Dalstroi-Lagerkomplex unterstellt, der einerseits ein immens großes staatliches Industrieunternehmen war, andererseits eine tradierte Bezeichnung für die Bauhauptverwaltung für den Fernen Norden, bekannt auch als GUSDS (für Главное управление строительства Дальнего Севера – ГУСДС, transkribiert Glawnoje uprawlenije stroitelstwa Dalnewo Sewera). Während die Dalstroi-Hauptverwaltung GUSDS für operative Fragen und Entscheidungen im Bereich Arbeitskräftebeschaffung und deren Einsatz zuständig war, war die Hauptverwaltung GULAG zusätzlich für das Lagerregime, die Aufsicht und den militärischen Schutz der Lager zuständig (hier insbesondere die 86. Bewachungsdivision des MWD[4]).[2][5]

Diese Zuständigkeiten unterlagen jedoch einem laufenden Wechsel und überschnitten sich teilweise. Mit dem Befehl Nr. 00872 des MWD vom 20. September 1949 wurde der Lagersektor von GUSDS Dalstroi neu strukturiert: es wurde eine zentrale ITL-Verwaltung für die Dalstroi-Lager (Управление исправительно-трудовых лагерей Дальстроя) eingerichtet, der fortan die Verwaltungen der einzelnen Lager untergeordnet waren, unter anderem auch die Verwaltung des Sonderlagers BerLag.[5]

Zum 1. Januar 1949 verfügte BerLag über 13 Lagerabteilungen, einen Lagerpunkt und ein zentrales Krankenhaus in der Nähe der Ansiedlung Cheta (Хета). Entsprechend einer Anweisung des MWD vom 8. Juli 1949 stieg die Anzahl der Lagerabteilungen auf 19 und es wurden insgesamt 26 Lagerpunkte errichtet.[4]

BerLag mit seinen Außenstellen (Abteilungen, Lagerpunkten) befand sich im Kernland von Dalstroi am Oberlauf des Kolyma-Flusses im Nordosten Sibiriens (Region Chabarowsk), und zwar verteilt auf die fünf Bergbau-Verwaltungsgebiete des Dalstroi-Komplexes:

  • Indigirsk-Bergbauverwaltung – 1 Lagerabteilung
  • Bergbauverwaltung Nord – 4 Lagerabteilungen
  • Bergbauverwaltung Süd-West – 5 Lagerabteilungen
  • Bergbauverwaltung Tenka – 6 Lagerabteilungen
  • Bergbauverwaltung West – 1 Lagerabteilung
  • in Magadan direkt – 2 Lagerabteilungen

Die Hauptverwaltung befand sich in Magadan.[2][4]

Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Lagerhäftlinge wurden als Arbeitskräfte vor allem im Erzbergbau (unter Tage wie Tagebau) in den Betrieben der Bergbauverwaltung des Dalstroi des MWD sowie in den Hütten des Ministeriums für Hüttenindustrie eingesetzt. Auszugsweise im Einzelnen[2]:

  • Arbeitskräfte für die Jana-Bergbauverwaltung
  • für Kombinate „Below“, „Butugytschag“, „Chenikandscha“, „Laso“ der Bergbauverwaltung Südwest, Kombinat „Aljaskitowy“ der Indigirka-Bergbauverwaltung sowie Kombinat Nr. 2 der Bergbauverwaltung Tenka
  • Kobaltkombinat „Kanjon“ des Erzbergbaukombinats Werchni Seimtschan
  • Erzbergwerke, Lagerstätten und Aufbereitungsanlagen „Dneprowski“ und „Tschapajew“ (Bergbauverwaltung Südwest), „Matrossow“ bzw. „Berija“ (Bergbauverwaltung Tenka), Lagerstätten „Gorki“ und „Tschelbanja“ (Bergbauverwaltung West), „Spokoiny“ (Bergbauverwaltung Nord)
  • Bau der Objekte D-2 der Verwaltung „EnergoStroi“ und der Objekte der Ersten Verwaltung des Dalstroi in Magadan
  • Kombinat Utina mit den zugehörigen Goldlagerstätten „Cholodny“, „Kwarzewy“ und dem Abschnitt „Petrowitsch“
  • Reparaturarbeiten, Holzgewinnung, Wohnungsbau (u. a. in Magadan)

und andere Tätigkeiten.

Zuständige Verwaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(Das Lager wurde am 29. April im Befehl des MWD Nr. 00469 vom 29. April 1948 zum ersten Mal erwähnt.)[2]

  • ab 29. April 1948 GUSDS (Hauptverwaltung Dalstroj)
  • ab 26. August 1948 GULAG des MWD zusammen mit GUSDS (mit leicht unterschiedlichen Zuständigkeiten)
  • ab 20. September 1949 zentrale ITL-Verwaltung des Dalstroi-Komplexes
  • ab 28. März 1953 GTU des MWD (Gefängnishauptverwaltung)
  • ab 8. Februar 1954 GULAG des MWD (bis zur Übergabe an USWITL am 25. Juni 1954)

Insassenzahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • November 1948 – 4.277
  • Dezember 1948 – 20.758
  • 1. Januar 1949 – 15.378
  • 1. Januar 1950 – 23.906
  • 1. Januar 1951 – 28.716
  • 1. Januar 1952 – 31.489
  • 1. Januar 1953 – 24.431
  • August 1954 – 20.508

Die planmäßige Belegung wird mit 30.000 – 32.000 angegeben.[2]

Bekannte Gefangene[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vladimír Bystrov: Únosy československých občanů do Sovětského Svazu v letech 1945-1955 (Entführungen tschechoslowakischer Bürger in die Sowjetunion 1945–1955). Edition Svědectví, hrsg. vom Úřad dokumentace a vyšetřování zločinů komunismu ÚDV, eine Einrichtung des Innenministeriums der Tschechischen Republik, Prag 2003, 343 Seiten, ISBN 80-7312-027-5, online auf: szcpv.org/..., Abschnitt BERLAG, Seite 255.
  2. a b c d e f g Д. Шкапов: БЕРЕГОВОЙ ЛАГЕРЬ. In: M. B. Smirnow (Hrsg.): Система исправительно-трудовых лагерей в СССР (Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR 1923–1960). Zwenja, 1998. Online auf Portal Мемориал (Memorial.ru) memo.ru/...; deutsche Fassung auf Portal MEMORIAL Deutschland e. V.: Dmitri Schkapow: UFERLAGER. Online auf: gulag.memorial.de/...
  3. Приказ МВД СССР № 00219 «Об организации особых лагерей МВД» (Gesetz Nr. 00219 über die Organisierung der Sonderlager des MWD). Online auf: alexanderyakovlev.org/...
  4. a b c Александр Козлов: ГУЛАГ. Колыма. Нареченный Берлаг. Portal der Kolyma-Region: online auf: www.kolyma.ru/...410
  5. a b С. Сигачев: ГЛАВНОЕ УПРАВЛЕНИЕ СТРОИТЕЛЬСТВА ДАЛЬНЕГО СЕВЕРА (ГУСДС, Дальстрой). In: M. B. Smirnow (Hrsg.): Система исправительно-трудовых лагерей в СССР (Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR 1923–1960). Zwenja, 1998. Online auf Portal Мемориал (Memorial.ru) www.memo.ru/.../r1-17; deutsche Fassung auf Portal MEMORIAL Deutschland e. V.: Sergei Sigatschow: BAUHAUPTVERWALTUNG FÜR DEN FERNEN NORDEN. Online auf: www.gulag.memorial.de/...486
  6. Biographie Peter Demant auf Portal Portal von Memorial/Deutschland
  7. Biographie Warlam Tichonowitsch Schalamow auf Portal Portal von Memorial/Deutschland
  8. Biographie Wassili Kusmitsch Sobolew auf Portal Portal von Memorial/Deutschland
  9. Biographie Nadeschda Witaljewna Surowzewa auf Portal Portal von Memorial/Deutschland

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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