Biplab Basu

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Biplab Basu (Hindi बिप्लब बसु; geboren 1951 in Kalkutta, heute Kolkata[1][2]; gestorben am 14. März 2024 in Berlin[3]) war ein indisch-deutscher Historiker[4], Bürgerrechtler[4] und Autor[5], der sich beruflich und juristisch[3] gegen rassistische Polizeigewalt engagierte[3] und für Menschenrechte einsetzte[3]. Er war Kläger vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Verfahren Basu vs. Germany.[6]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frühe Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Basu wurde in Kalkutta, dem heutigen Kolkata, in Westbengalen geboren.[1][2][3] Er wuchs auf einem Dorf auf.[7] Sein Vater war von Beruf Lehrer, seine Mutter arbeitete als Telefonistin in Kalkutta. Die Eltern teilten oppositionelle Ansichten.[7] Basu studierte Geschichte in Mumbai.[3] Er arbeitete als Tagelöhner im Bergbau sowie als Gewerkschafter.[7] In Mumbai rief Basu eine Menschenrechtsgruppe gegen Polizeigewalt ins Leben.[3] Zeitweise saß er wegen dieser Arbeit im Gefängnis.[7] Im Alter von 28 Jahren begab er sich im Jahr 1979 auf eine Europareise, während der er in Berlin blieb und von da an dort lebte.[1][7]

Leben in Berlin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Berlin ging Basu zunächst Gelegenheitsjobs nach, arbeitete dann beim Deutschen Roten Kreuz mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.[7] Er gründete dort im Jahr 1988 die Antirassistische Initiative.[3][7] In den 1990er Jahren war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus.[7]

Im Jahr 2001 begründete er Reachout mit, eine Beratungsstelle, die Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt zur Seite steht, wo er von da an bis zu seinem Tod in der Opferberatung tätig war.[3] Im Jahr 2002 gründete er die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP), die mittlerweile in mehreren deutschen Städten aktiv ist.[3] Dabei unterstützte er Opfer rassistischer Gewalt und machte öffentlich auf das Problem des Racial Profiling aufmerksam.[3][8]

Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Persönliche Erfahrungen mit staatlichem Rassismus prägten ihn, insbesondere ein Vorfall im Jahr 2012, bei dem er und seine Tochter auf Grund ihrer Hautfarbe bei der Einreise an der deutsch-tschechischen Grenze von der Bundespolizei rechtswidrig kontrolliert wurden.[3][8][9] Gegen diese Maßnahme klagte er zunächst erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Dresden (2013), dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht (2015) und schließlich vor dem Bundesverfassungsgericht (2018). Er zog vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der ihm im Verfahren Basu vs. Germany im Jahr 2022 Recht gab.[6][8] Denn die Bundesrepublik Deutschland habe das Diskriminierungsverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht beachtet und ihm sei eine unabhängige Untersuchung verwehrt worden.[6][8][9][10]

Es handelte sich um das erste Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Racial Profiling.[8] Eine Folge des Urteils ist, dass weitere Landesparlamente und der Bundestag seitdem Unabhängige Polizeibeauftragte einrichteten, u. a. den Bundespolizeibeauftragten.[8][11][12] Dies verlangte das Gericht darüber hinaus von allen seinen Vertragsstaaten.[6][12]

Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Biplab Basu starb im Alter von 72 Jahren in Berlin.[3] Sein Beitrag zur Stärkung der Rechte von Minderheiten und zur Förderung einer inklusiven und gerechten Gesellschaft wurden nach seinem Tod als wegweisend für die antirassistische Sozialbewegung in Deutschland und darüber hinaus gewürdigt.[3]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Biplab Basu: Die Lüge von der Neutralität. Überlegungen zu Rassismus in Polizei, Justiz und Politik. In: Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (Hrsg.): Alltäglicher Ausnahmezustand: institutioneller Rassismus in deutschen Strafverfolgungsbehörden. edition assemblage, Münster 2016, ISBN 978-3-942885-79-9, S. 86–103.
  • Biplab Basu, Klaus Kohlmeyer, Hans-Eberhard Schultz, Gün Tank (Hrsg.): Das Problem heißt institutioneller Rassismus. VSA: Verlag, Hamburg 2023, ISBN 978-3-96488-086-4.
  • Biplab Basu, Parto Tavangar: „Clan“-Kriminalität und Racial Profiling. Institutioneller Rassismus durch Polizei und Justiz. In: Mohammed Ali Chahrour, Levi Sauer, Lina Schmid, Jorinde Schulz, Michéle Winkler (Hrsg.): Generalverdacht. Wie mit dem Wie mit dem Mythos Clankriminalität Politik gemacht wird. Edition Nautilus, Hamburg 2023, ISBN 978-3-96054-328-2, S. 255–268.
  • Cengiz Barskanmaz, Biplab Basu, Lisa Hagen, Klaus Kohlmeyer, Selma Oker, Hans-Eberhard Schultz, Josephine Ziehrer-Lättner: Den alltäglichen und den institutionellen Rassismus bekämpfen! Parallelbericht an den UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (ICERD) zum 23. - 26. Bericht der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 9 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung. Hrsg.: Eberhard-Schultz-Stiftung für Soziale Menschenrechte und Partizipation. Berlin Oktober 2023 (sozialemenschenrechtsstiftung.org [PDF; 1,4 MB; abgerufen am 20. März 2024]).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Kathrin Schug: „Aus dem NSU-Terror nichts gelernt“. In: 16 VOR. 8. August 2012, abgerufen am 19. März 2024: „Biplab Basu wurde 1951 im indischen Kalkutta geboren.“
  2. a b Die Extremismusklausel. Fragen an Biplab Basu. (pdf) In: Newsletter des Migrationsrats Berlin-Brandenburg. Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V., 21. Februar 2011, S. 2, archiviert vom Original am 19. Januar 2023; abgerufen am 19. März 2024 (Ausgabe 2/2011): „Biplab Basu, geboren 1951 in Kalkutta, Indien“
  3. a b c d e f g h i j k l m n Susanne Memarnia: Aktivist Biplab Basu ist tot: Unermüdlich und leidenschaftlich. In: taz.de. 18. März 2024, abgerufen am 19. März 2024.
  4. a b Marten Brehmer: Berlin: Aktivist Biplab Basu ist tot. In: nd. 17. März 2024, abgerufen am 19. März 2024: „Der Bürgerrechtler Biplab Basu ist gestorben. (…) Als Teil seines Engagements eignete sich der gelernte Historiker umfangreiches juristisches Fachwissen an (…)“
  5. Biplab Basu, Gün Tank: Das Problem heißt institutioneller Rassismus. Hrsg.: Klaus Kohlmeyer, Hans-Eberhard Schultz. VSA: Verlag, Hamburg 2023, ISBN 978-3-96488-086-4.
  6. a b c d Basu v. Germany, no. 215/19, Judgment of 18 October 2022 (Court, Third Section)
  7. a b c d e f g h Waltraud Schwab: Der Demokratieverbesserer. In: Die Tageszeitung. 18. April 2008, abgerufen am 20. März 2024.
  8. a b c d e f Pitt von Bebenburg: Gegen das „Racial Profiling“. In: fr.de. 28. März 2023, abgerufen am 19. März 2024.
  9. a b Deutschland hat Racial-Profiling-Vorwurf nicht genug geprüft. In: Legal Tribune Online. 18. Oktober 2022, abgerufen am 20. März 2024.
  10. Stephanos Stavros: Examining Racial-Profiling Complaints in the Age of Subsidiarity: Basu v Germany and Muhammad v Spain. Oxford Human Rights Hub, 15. Dezember 2022, abgerufen am 20. März 2024 (englisch).
  11. Johannes Siegel: Ohne Beweislastumkehr doch kein Knaller für Racial-Profiling Prozesse. In: Verfassungsblog. 24. Oktober 2022, abgerufen am 20. März 2024.
  12. a b Cengiz Barskanmaz: Ein Sieg gegen Racial Profiling? Der Fall Basu v. Germany vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. In: Verfassungsblog. 21. Oktober 2022, abgerufen am 20. März 2024.