Botanischer Garten (Marburg)

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Der (Neue) Botanische Garten Marburg gehört zur Philipps-Universität Marburg und liegt auf den Lahnbergen. Er wurde, als Nachfolger des kleineren und weiterhin bestehenden Alten Botanischen Gartens, in den Jahren 1961 bis 1977 angelegt. Mit 20 ha ist er einer der größeren Botanischen Gärten Deutschlands. Schwerpunkt der Sammlungen sind das Arboretum mit vielen Nadelbäumen (Koniferen), eine große Rhododendron-Sammlung, der Frühlingswald und ein Alpinum, das Gebirgspflanzen aus zahlreichen Kontinenten enthält. In den Gewächshäusern werden viele Pflanzen aus den Tropischen Regenwäldern gezeigt, darunter die Titanwurz (Amorphophallus titanum), die größte Blume der Welt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Plan des Neuen Botanischen Gartens

Gegen Ende der 60er Jahre wurden die naturwissenschaftlichen Fächer der Philipps-Universität Marburg auf die Lahnberge verlegt, da in der Innenstadt kein Platz für umfangreiche Neubauten vorhanden war. In der räumlichen Nähe zum Botanischen und Zoologischen Institut des Fachbereichs Biologie wurde dort ein neuer botanischer Garten angelegt. Der weitaus kleinere alte Botanische Garten im Stadtzentrum von Marburg gehört ebenfalls der Universität, wird allerdings nur noch als Park genutzt.

Mit der Gestaltung des neuen Botanischen Gartens wurde Günter Grzimek beauftragt. In der ersten Bauphase verunglückte der Waldfacharbeiter Helmut Uschmann bei Rodungsarbeiten am 18. Januar 1966 tödlich.

Für die Gestaltung des Geländes mussten insgesamt 80.000 m³ Erde bewegt werden. So wurden u. a. ein Teich und ein ca. 1 km langer Bachlauf geschaffen, dessen Wasser durch eine Pumpstation ständig wiederverwertet wird.

Insgesamt kostete die Neuanlage des Botanischen Gartens 12,4 Mio. DM. Davon entfielen 6 Mio. auf den Freilandbereich und 6,4 Mio. auf die Gewächshäuser. Am 1. Juni 1977 wurde der neue Botanische Garten im Zusammenhang mit der 450-Jahr-Feier der Philipps-Universität eröffnet.

Aktuelle Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bestand des Neuen Botanischen Gartens Marburg war seit 2010 akut gefährdet. Als Folge der Mittelkürzungen für hessische Universitäten durch die Regierung Koch im Jahr 2009 sah sich die Philipps-Universität Marburg im folgenden Jahr nicht mehr in der Lage, für den Unterhalt des Gartens aufzukommen. Im Juli 2010 schien seine Schließung unmittelbar bevorzustehen. Diese konnte zwar quasi in letzter Sekunde abgewendet werden, aber woher die wegfallenden Universitätsmittel kommen sollen, war mehrere Jahre völlig ungewiss. Weder das Land Hessen, noch die Stadt Marburg oder der Landkreis Marburg-Biedenkopf sahen sich in der Lage, den Weiterbetrieb zu finanzieren[1].

Im Jahr 2013 wurde eine mittelfristige Finanzierung des Gartens durch die Universität, das Land Hessen und die Stadt Marburg vereinbart, so dass seine Existenz bis mindestens Ende 2017 gesichert ist. Durch eine energetische Sanierung der Gewächshäuser soll der Energieverbrauch und damit die Kosten gesenkt werden[2].

In den ersten Monaten des Jahres 2016 wurde der Bachlauf saniert und 2017 wurde die systematische Abteilung neu gestaltet. Unter anderem wurde die Anzahl der Beete verringert, so dass der Garten mit weniger Personal auskommen kann.

Anlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Neue Botanische Garten hat folgende Abteilungen:

Arboretum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Arboretum, Pinetum
Arboretum

Der Schwerpunkt des Arboretums (Baumsammlung) liegt bei den Nadelgehölzen. So sind hier mehrere Exemplare des Riesenmammutbaums (Sequoiadendron giganteum) und des Urweltmammutbaums (Metasequoia glyptostroboides) angepflanzt worden. Am nördlichen Eingang befinden sich mehrere Ginkgos. In weiteren Bereichen des Gartens sind Laubbäume der Gattungen Pappeln, Weiden, Birken, Erlen, Buchen, Eichen, Hasel, Juglans, Ulmen, Ahorne, Rosskastanien, Rosen, Prunus, Platanen, Eschen, Linden, Götterbäume und Paulownien zu sehen. Es werden sowohl einheimische Arten der jeweiligen Gattung gezeigt (soweit solche existieren) als auch eine repräsentative Auswahl von Arten aus anderen Erdteilen.

Zudem sind auch einige Kultivare und Varietäten der oben genannten Bäume vorhanden, z. B. zahlreiche Zierformen der Fichten und Eiben sowie eine Blutbuche.

Das Arboretum bildet im nördlichen Teil die Randbepflanzung der Anlage.

Systematische Abteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eingang zum Garten

In der Mitte des neuen Botanischen Gartens werden Vertreter der verschiedenen Samenpflanzenfamilien gezeigt, die krautig wachsen und zwar geordnet nach den Kriterien der biologischen Systematik.

Heil- und Nutzpflanzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In weiteren Beeten in der Mitte des Gartens werden zahlreiche Heil- und Nutzpflanzen gezeigt. Diese sind in folgende Abteilungen gegliedert: Kohlenhydratpflanzen (z. B. Getreide), Fettpflanzen, Gemüsepflanzen, Faserpflanzen, Genussmittelpflanzen, Kautschukpflanzen und Färberpflanzen.

Farnschlucht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Schwerpunkt des neuen Botanischen Gartens Marburg ist die Farnsammlung. In der so genannten Farnschlucht, deren Hohlform im Mittelalter durch Auswaschungen eines Ochsenkarrenweges entstanden ist, sind 80 verschiedene Farnarten zu sehen.

Hügelgräber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgedecktes Hügelgrab am Rande des Botanischen Gartens Marburg

Im Südteil des Gartens befinden sich einige Hügelgräber aus der Urnenfelderkultur (jüngere Bronzezeit). Eine Fachwerkwand informiert über diese Kultur und die Gräberfunde.

Heide- und Rhododendrongarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hier sind zahlreiche Heide- und Rhododendronarten zu sehen. Neben einigen Wildarten wachsen hier auch ein umfangreiches Sortiment an Hybridrhododendren. An Heidearten werden u. a. gezeigt: Heidekraut (Calluna vulgaris), Glockenheide (Erica tetralix), Schneeheide (Erica carnea) und Grauheide (Erica cinerea).

Frühlingswald[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Frühlingswald werden unter einem lockeren Baumbestand zahlreiche Pflanzen gezeigt, die im Frühjahr blühen. Sie gehören den Gattungen Scilla, Tulipa, Narcissus, Gagea, Iris, Anemone und Pulsatilla an. Durch entsprechende Kalkgaben können auch kalkliebende Vertreter der Frühlingsblüher gezeigt werden.

Alpinum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im großen Alpinum werden Hochgebirgspflanzen aus Europa, Vorderasien, dem Himalaya, Ostasien (China und Japan), Nord- und Südamerika sowie aus Neuseeland gezeigt.

Labyrinth[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 5. November 2006 legten einige Frauen mit Unterstützung der Künstlerin Li Shalima im nordöstlichen Teil des botanischen Gartens ein Labyrinth an. Seitdem werden hier von einer Frauengruppe die acht Jahreskreisfeste gefeiert.

Schaugewächshäuser[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blüte des Titanwurz (Amorphophallus titanum) am 27. Juli 2008 im Botanischen Garten Marburg

Insgesamt umfassen die Schaugewächshäuser eine Fläche von 1.700 m². Die Firsthöhe beträgt 7 m, im Tropenhaus 12 m. Es sind folgende Gewächshäuser vorhanden:

  • Großes Tropenhaus
  • Kanarenhaus mit Lorbeerwald
    • Fläche: 182 m² + 82 m²
    • Temperatur: 8–10 Grad Celsius im Winter
    • Firsthöhe: 7 m
    • Pflanzen der Kanarischen Inseln
  • Nutzpflanzenhaus:
    • Fläche: 182 m²
    • Temperatur: 20–22 Grad Celsius
    • Firsthöhe: 7 m
    • Mit tropischen Nutzpflanzen wie Ananas (Ananas comosus) oder Kaffee (Coffea arabica)
  • Amazonashaus:
  • Farnhaus
    • Fläche: 182 m²
    • Temperatur: 18–20 Grad Celsius
    • Firsthöhe: 7 m
    • Tropische Farne
  • Sukkulentenhaus
    • Fläche: 227 m²
    • Temperatur: 12 Grad Celsius im Winter
    • Firsthöhe: 7 m
    • Kakteen und andere Sukkulenten
  • Outbackhaus
    • Fläche: 182 m²
    • Temperatur: 8–10 Grad Celsius im Winter
    • Firsthöhe: 7 m
    • Pflanzen Australiens, besonders des Outbacks
  • Karnivorenhaus: Hier werden Fleischfressende Pflanzen gezeigt. Dieses Haus ist allerdings für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Pflanzen können nur von außen besichtigt werden.

Eintritt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der neue Botanische Garten Marburg war lange Zeit für die Öffentlichkeit kostenfrei zugänglich. Nach erheblichen Mittelkürzungen der hessischen Landesregierung unter Koch führte die Philipps-Universität Marburg ab dem Jahr 2005 Eintrittsgelder ein, die gegenwärtig bei fünf Euro (drei Euro Ermäßigung für Berechtigte) pro Person liegen. Kinder unter 14 Jahren haben freien Eintritt. Durch Sponsoring („Baumpatenschaften“) werden weitere Mittel eingeworben. In den letzten Jahren fanden im botanischen Garten auch Konzerte, Ausstellungen und das Marburger Kurzfilmfestival Open Eyes statt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. [1], (Memento des Originals vom 2. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.myheimat.de, [2], [3], [4], [5]
  2. https://www.uni-marburg.de/archive/news/2013-9-11-zukunftsperspektive-fur-den-neuen-botanischen-garten-in-marburg.html

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Horst Becker: Der Alte Botanische Garten in Marburg an der Lahn (Die Blauen Bücher), Königstein 1997, ISBN 3-7845-0855-3
  • Volker Melzheimer, Hans Christian Weber: Führer durch den Botanischen Garten der Philipps-Universität Marburg, Marburg 1995
  • Marburg. Botanischer Garten der Phillips-Universität in: Loki Schmidt (Hrsg.): Die botanischen Gärten in Deutschland, Hamburg (Hoffmann und Campe) 1997, S. 221–224
  • Rudolf Schmitz: Zur Geschichte des Botanischen Gartens der Philippina in: Deutsche Apotheker-Zeitung, Band 17 (1977), S. 836–842
  • Rudolf Schmitz: Die Naturwissenschaften an der Philipps-Universität Marburg 1527-1977, Marburg 1978
  • Ingeborg Unterhalt-Schüler: Georg Wilhelm Franz Wenderoth (1774–1861). Ein Beitrag zur Geschichte der Botanik an der Universität Marburg, Darmstadt (Hessische Historische Kommission) 1989

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Botanischer Garten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 48′ 10,8″ N, 8° 48′ 33,8″ O