Brazzein

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Brazzein (Pentadiplandra brazzeana)
Brazzein (Pentadiplandra brazzeana)
Bändermodell nach PDB 2BRZ

Vorhandene Strukturdaten: 1brz, 2brz

Masse/Länge Primärstruktur 54 Aminosäuren
Bezeichner
Externe IDs
Inhibitorklassifikation
MEROPS I18

Brazzein ist ein in den Früchten der westafrikanischen Lianenpflanze Pentadiplandra brazzeana vorkommendes Protein. Es besitzt im Vergleich zu Zucker eine 500- bis 2.000-fache Süßkraft bei geringem Energiegehalt und Temperaturbeständigkeit. Dies macht es attraktiv als Zuckerersatzstoff in der industriellen Nahrungsmittelproduktion.[1]

Entdeckung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Verhaltensstudien an Affen im zentralafrikanischen Gabun im Jahre 1984 stellten die französischen Anthropologen Marcel und Anette Hladik fest, dass die Tiere sich bevorzugt von den roten Früchten der Lianenpflanze Pentadiplandra brazzeana ernährten. Als Ursache dieses Verhaltens machten sie die enorme Süße der Früchte aus. 1994 wurde Brazzein erstmals an der University of Wisconsin–Madison isoliert.[1]

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brazzein ist ein kleines monomeres Protein, bestehend aus 54 Aminosäuren, mit einem Pyroglutamat am N-Terminus und vier intramolekularen Disulfidbrücken, mit einer Molekülmasse von 6.473 Da.[2][3] Brazzein ist bisher der kleinste und einer der süßesten unter den proteinergen Süßstoffen. Die dreidimensionale Proteinstruktur zeigt eine α-Helix und drei anti-parallele β-Faltblätter.[4][5] Die Tertiärstruktur weist keinerlei Ähnlichkeit zu den bekannten Strukturen von Monellin und Thaumatin auf.

Brazzein aus natürlichen Quellen besteht aus einer Mischung von pGlu-Brazzein (80 %) und des-pGlu-Brazzein (20 %), wobei das des-pGlu-Brazzein doppelt so süß ist, wie das pGlu-Brazzein.[6]

Verwendung als industrieller Süßstoff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brazzein eignet sich aufgrund seiner langanhaltenden und starken Süßkraft sowie der guten Verträglichkeit für Diabetiker als Zuckerersatz für die industrielle Massenproduktion von Nahrungsmitteln, wie auch die Proteine Thaumatin, Mabinlin, Miraculin, Monellin, Pentadin und Curculin.[7] Es ist mit 50 mg/ml gut in Wasser löslich, und sowohl über einen weiten pH-Wertbereich als auch hitzebeständig, was wichtig für die industrielle Verarbeitung z. B. in Backwaren ist.[8][9] Zudem ist sein Geschmack zuckerähnlicher als der der meisten anderen Süßungsmittel.

Patentierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl die Früchte der Pentadiplandra brazzeana in Zentralafrika seit langem bekannt sind, wird Brazzein durch die Universität Wisconsin als deren eigene Erfindung beansprucht; Zusammenhänge mit den natürlichen Vorkommen in Gabun weist die Universität zurück.[10] Die Universität hält drei Patente auf Verbindungen, die aus Pentadiplandra brazzeana isoliert werden, bzw. auf die industrielle Herstellung von Brazzein (US 5,326,580, US 5,346,998, US 5,527,555). Die Patentierung von Brazzein wird daher von GRAIN und Greenpeace als Biopiraterie eingestuft.[11] Die zitierten Patente aus den 1990er Jahren sind aber bereits erloschen; Patente auf Basis der Naturstoffe – ohne die Nutzung genveränderter Organismen – sind daher nicht mehr möglich.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b H. Izawa, M. Ota, M. Kohmura, Y. Ariyoshi: Synthesis and characterization of the sweet protein brazzein. In: Biopolymers. Band 39, Nummer 1, Juli 1996, S. 95–101, ISSN 0006-3525. doi:10.1002/(SICI)1097-0282(199607)39:1<95::AID-BIP10>3.0.CO;2-B. PMID 8924630.
  2. Ming, D. & Hellekant, G. (1994): Brazzein, a new high-potency thermostable sweet protein from Pentadiplandra brazzeana B. In: FEBS Lett. Bd. 355, S. 106–108. PMID 7957951 doi:10.1016/0014-5793(94)01184-2
  3. UniProt P56552
  4. Caldwell, J.E. et al. (1998): Solution structure of the thermostable sweet-tasting protein brazzein. In: Nat. Struct. Biol. Bd. 5, S. 427–31. PMID 9628478
  5. PDB 2BRZ
  6. Hellekant, G. & Danilova, V. (2005): Brazzein a small, sweet protein: discovery and physiological overview. In: Chem. Senses. Bd. 30, S. I88-I89. PMID 15738210 doi:10.1093/chemse/bjh127
  7. M. Bilal, L. Ji, S. Xu, Y. Zhang, H. M. Iqbal, H. Cheng: Bioprospecting and biotechnological insights into sweet-tasting proteins by microbial hosts-a review. In: Bioengineered. Band 13, Nummer 4, April 2022, S. 9815–9828, doi:10.1080/21655979.2022.2061147, PMID 35435127, PMC 9161876 (freier Volltext).
  8. F. Angus, J. Dalzell, G. Birch: Ingredients Handbook - Sweeteners - 2nd edition Leatherhead Publishing ed. 2000
  9. D. Ming, G. Hellekant: Brazzein, a new high-potency thermostable sweet protein from Pentadiplandra brazzeana B. In: FEBS letters. Band 355, Nummer 1, November 1994, S. 106–108, ISSN 0014-5793. PMID 7957951.
  10. Environmental Audit House of Commons - Second Report - APPENDIX 7 - Trade Related Intellectual Property Rights (TRIPs) and Farmers' Rights Session 1998-99. 23 November 1999.
  11. The European Patent Directive: License to Plunder Briefing published by Genetic Resources Action International, GRAIN, Barcelona, Mai 1998.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Walters, D.E. & Hellekant, G. (2006): Interactions of the sweet protein brazzein with the sweet taste receptor. In: J. Agric. Food. Chem. Bd. 54, S. 10129–10133. PMID 17177550
  • Zhao, Q. et al. (2005): Probing the sweet determinants of brazzein: wild-type brazzein and a tasteless variant, brazzein-ins(R18a-I18b), exhibit different pH-dependent NMR chemical shifts. In: Biochem. Biophys. Res. Commun. Bd. 335, 256–263. PMID 16105551
  • Assadi-Porter, F.M. et al. (2003): Correlation of the sweetness of variants of the protein brazzein with patterns of hydrogen bonds detected by NMR spectroscopy. In: J. Biol. Chem. Bd. 278, S. 31331–31339. PMID 12732626