Choi-Jamiołkowski-Isomorphismus

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Der Choi–Jamiołkowski-Isomorphismus bezeichnet in der Quanteninformatik und der Funktionalanalysis eine eins-zu-eins Beziehung zwischen linearen Operatoren und linearen Abbildungen. Der Isomorphismus setzt wesentliche Eigenschaften dieser unterschiedlichen Objekte miteinander in Beziehung. In der Quanteninformatik ergibt sich zum Beispiel eine Korrespondenz zwischen quantenmechanischen Zuständen (Dichtematrizen, d. h. positiven Operatoren mit Spur 1) und Quantenkanälen (deterministischen Zustandstransformationen, d. h. spurerhaltenden vollständig positiven Abbildungen). Er ist nach dem Mathematiker Man-Duen Choi und dem polnischen theoretischen Physiker Andrzej Jamiołkowski (* 1946) benannt, die ihn unabhängig voneinander publizierten.[1][2]

Formulierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Isomorphismus wird üblicherweise für lineare Operatoren auf endlich-dimensionalen Hilberträumen formuliert: wir bezeichnen mit den Hilbertraum des Systems, auf das die Abbildung angewendet wird (der Input) und mit den des Zielsystems (Output). Oft ist , aber wenn die Abbildung z. B. das Entfernen oder Hinzufügen von Teilsystemen beinhaltet, können sich Input- und Outputraum unterscheiden. Wir bezeichnen mit die linearen Operatoren von nach und kurz .

Ausgangspunkt ist die sogenannte Choi-Darstellung von linearen Abbildungen , die besagt, dass jedes eindeutig einem Operator zugeordnet werden kann und zwar über die Vorschrift

,

die für gegebenes den Operator bestimmt. Hier steht für die Einheitsmatrix auf und für den Projektor auf den (maximal verschränkten) Zustand . Umgekehrt lässt sich für gegebenes die Abbildung durch die Vorschrift

für alle

erhalten, wobei die partielle Spur über bezeichnet.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus bestimmten Eigenschaften von lässt sich nun auf Eigenschaften von (oder der zu dualen Abbildung [3]) schließen und umgekehrt.[4]

Operator Abbildung Bemerkung
vollständig positiv Positivität
Selbstadjungiertheit
Einserhaltung
Spurerhaltung
Normierung
Doppel-Stochastizität[5]

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Hauptanwendung des Isomorphismus ist es, dass mit ihm Eigenschaften von komplizierteren (linearen Abbildungen auf Matrizen, in der Physik oft auch als Superoperatoren bezeichnet) und einfacheren (linearen Abbildungen auf Vektoren) so in Beziehung zu setzen, dass interessante Eigenschaften anhand des einfacheren Objekts abgeleitet werden können, wie oben in der Tabelle angegeben.

Man kann den Isomorphismus auch über die Menge der positiven Operatoren hinaus ausdehnen. So gilt zum Beispiel, dass die Abbildung genau dann positiv, aber nicht vollständig positiv ist, wenn ein Verschränkungszeuge ist.[6]

Der Isomorphismus erlaubt es auch, andere gebräuchliche Darstellungen der Abbildung abzuleiten.

Beispielsweise führt die Singulärwertzerlegung des Operators direkt zur Darstellung der Abbildung in Form ihrer Krausoperatoren[7]

für alle ,

wobei durch die Matrizen gegeben sind, die man erhält, wenn man die Komponenten der Spaltenvektoren zu einer Matrix umordnet.[8]

Der Rang von wird auch als Kraus-Rang (nach Karl Kraus; auch: Choi-Rang, nach Man-Duen Choi) der Abbildung bezeichnet und eine wichtige Eigenschaft von ist. Er gibt an, wie viele nicht-verschwindende Terme die Summe in der Krausdarstellung mindestens besitzen muss.[4] Abbildungen mit Kraus-Rang 1 (zu denen unter anderem die unitären Abbildungen und die nicht spurerhaltenden Projektionsabbildungen für orthogonale Projektoren gehören), bilden die Extremalpunkte der konvexen Menge der Quantenoperationen.

Anwendung auf bipartite Systeme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weiterhin kann der Isomorphismus zur Analyse der Struktur von Abbildungen auf zusammengesetzten Systemen verwendet werden, d. h., von Systemen, deren Hilbertraum in das Tensorprodukt der Hilberträume von zwei oder mehr Untersystemen zerfällt. In der Quanteninformatik werden diese oft als bi-, tri- oder multipartite Systeme bezeichnet. Wir betrachten hier nur den bipartiten Fall, d. h., dass . und . Die physikalische Vorstellung dabei ist, dass sich das untersuchte System aus dem von zwei Parteien (oft Alice und Bob genannt) zusammensetzt, für die jeweils getrennt der Ausgangs- und Zielhilbertraum der Abbildung angegeben werden kann.

Dann gelten die folgenden Beziehungen zwischen den Eigenschaften von Abbildungen und den zu ihnen isomorphen Zuständen:[9]

  • Eine Abbildung auf , deren Choi-Matrix Produktform hat (), ist selbst eine Produktabbildung, d. h., .
  • Eine Abbildung lässt sich genau dann als Konvexkombination von Produktabbildungen schreiben (), wenn separabel bezüglich der Partition ist.
  • Wenn die Choi-Matrix einer Abbildung eine positive partielle Transponierte (bzgl. ) hat,[10] dann ist die Abbildung PPT-erhaltend, d. h., sie bildet Operatoren, deren partielle Transposition positiv ist immer auf Operatoren ab, für die das ebenfalls gilt. Diese Klasse von Abbildungen ist in der Quanteninformatik von Interesse, als eine Obermenge der physikalisch eigentlich relevanten LOCC-Abbildungen (lokale Operationen mit klassischer Kommunikation), die eine einfachere mathematische Struktur hat und nur eine schwache Form von Verschränkung erzeugen kann (was LOCC-Operationen nicht können). Schranken oder No-go-Resultate, die sich für PPT-erhaltende Abbildung zeigen lassen, gelten dann a forteriori auch für LOCC.

Verallgemeinerungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für unendlich-dimensionale Hilberträume ist nicht mehr wohldefiniert. Falls der Hilbertraum separabel ist, lässt sich der Isomorphismus jedoch auf verschiedene Weise verallgemeinern, etwa, indem man statt den unbeschränkten Operator auf verwendet oder den Projektor auf einen Zustand in , dessen Reduktionen im ersten und zweiten Teilsystem jeweils vollen Rang (d. h., keinen Kern) haben.[4] Speziell wurde der Isomorphismus im unendlich-dimensionalen Fall für quasi-freie („Gauss'sche“) Zustände und Operationen diskutiert und angewandt.[11][12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Man-Duen Choi: Positive Linear Maps on C*-Algebras. In: Can. J. Math. Band 24, Nr. 3, 1972, S. 520–529, doi:10.4153/CJM-1972-044-5 (englisch).
  2. Andrzej Jamiołkowski: Linear transformations which preserve trace and positive semidefiniteness of operators. In: Rep. Math. Phys. Band 3, 1972, S. 275, doi:10.1016/0034-4877(72)90011-0 (englisch).
  3. Die zu duale Abbildung ist definiert durch .
  4. a b c Michael M. Wolf: Quantum Channels & Operations: A Guided Tour. (PDF) 2012, abgerufen am 9. März 2020 (englisch).
  5. Eine Matrix heisst doppelt-stochastisch, wenn alle Einträge positiv sind und sich zeilen- und spaltenweise zu eins summieren.
  6. M. Lewenstein, B. Kraus, J. I. Cirac, P. Horodecki: Optimization of entanglement witnesses. In: Phys. Rev. A. Band 62, 2000, S. 052310, doi:10.1103/PhysRevA.62.052310, arxiv:quant-ph/0005014.
  7. Nathaniel Johnston: The Equivalences of the Choi-Jamiolkowski Isomorphism (Part I). In: njohnston.ca. 16. Oktober 2009, abgerufen am 22. August 2023.
  8. Diese bijektive lineare Operation wird als bezeichnet und wird, gemeinsam mit ihrer Umkehrung durch die Beziehung bestimmt, wobei die Matrix ist, deren Einträge alle Null sind bis auf den Eintrag , der den Wert 1 annimmt, und (bzw. ), die Einheitsvektoren einer Orthonormalbasis von (bzw. ). Vgl. auch Watrous, The Theory of Quantum Information, S. 23f.
  9. J. I. Cirac, W. Dür, B. Kraus, M. Lewenstein: Entangling operations and their implementation using a small amount of entanglement. In: Phys. Rev. Lett. Band 86, 2001, S. 544, doi:10.1103/PhysRevLett.86.544, arxiv:quant-ph/0007057.
  10. Die partielle Transposition bzgl. ist für Operatoren auf einem Produkthilbertraum definiert als die lineare Abbildung, die den ersten Tensorfaktor transponiert und den zweiten unverändert lässt. Das heißt, sie entspricht der Produktabbildung , wobei die Transposition auf ist. wird als partielle Transposition (oder partielle Transponierte) von bezüglich bezeichnet. Da die Transposition eine positive, aber nicht vollständig positive Abbildung ist, ist die partielle Transposition keine positive Abbildung.
  11. G. Giedke, J.I. Cirac: The characterization of Gaussian operations and distillation of Gaussian states. In: Phys. Rev. A. Band 66, 2002, S. 032316, doi:10.1103/PhysRevA.66.032316, arxiv:quant-ph/0204085.
  12. A.S. Holevo: The Choi-Jamiolkowski forms of quantum Gaussian channels. In: J. Math. Phys. Band 52, 2011, S. 042202, doi:10.1063/1.3581879, arxiv:1004.0196.