Choquet-Rand

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Der Choquet-Rand, benannt nach Gustave Choquet, ist ein Begriff aus der mathematischen Theorie der Banachalgebren. Es handelt sich dabei um einen Rand einer kommutativen Banachalgebra, der stets im Schilow-Rand enthalten ist.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es sei ein kompakter Hausdorffraum und die Banachalgebra der stetigen Funktionen mit der Supremumsnorm . Eine Funktionenalgebra über ist eine Unteralgebra , die die konstanten Funktionen enthält und die Punkte trennt, das heißt, für zwei verschiedene Punkte gibt es ein mit .

Es sei weiter eine Algebrennorm auf , sei der zugehörige Dualraum und schließlich

der sogenannte Zustandsraum von , wobei mit 1 hier auch die konstante Funktion 1 bezeichnet sei, die ja definitionsgemäß in enthalten ist und dort die Rolle eines Einselements spielt. Dies ist eine konvexe, schwach-*-kompakte Menge in und besitzt daher nach dem Satz von Krein-Milman viele Extremalpunkte. Es sei die Menge dieser Extremalpunkte.

Für jedes ist die Punktauswertung offenbar ein Element aus . Wir interessieren uns nun für diejenigen Punkte , für die sogar ein Extremalpunkt des Zustandsraums ist:

    heißt Choquet-Rand von .[1]

Ist eine beliebige kommutative Banachalgebra mit Einselement und ist ihr Gelfand-Raum, so definiert man als den Choquet-Rand der Funktionenalgebra der Gelfand-Transformierten in . Die letzte Definition kann in konstruierten Fällen in Konflikt zur ersten geraten, denn ist eine kommutative Banachalgebra auch als eine Funktionenalgebra in einer Algebra realisiert, so muss nicht notwendigerweise der Gelfand-Raum von sein.

Der Choquet-Rand ist ein Rand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ist ein kompakter Hausdorffraum und eine Funktionenalgebra, gilt[2]

  • , der Choquet-Rand ist nicht leer.
  • ist ein Rand für
  • , das heißt, der Choquet-Rand liegt dicht im Schilow-Rand.

Beziehung zum Bishop-Rand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ist ein kompakter Hausdorffraum und eine abgeschlossene Funktionenalgebra, so stimmt der Bishop-Rand mit dem Choquet-Rand überein und ist eine Gδ-Menge.[3][4][5]

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ist ein kompakter Hausdorffraum, so ist und stimmt daher mit dem Schilow-Rand überein. Es gibt Beispiele für Räume , für die der Bishop-Rand von leer ist, z. B. .[6]
  • Das Standardbeispiel und Vorbild für die Entwicklung des Randbegriffs ist die Diskalgebra auf dem Einheitskreis . Hier stimmen ebenfalls Choquet-Rand und Schilow-Rand überein und sind gleich dem topologischen Rand .
X ist die Vereinigung aus Kreisscheibe und im Nullpunkt aufgesetzter Strecke
  • Wir geben nun eine Funktionenalgebra an, für die der Choquet-Rand nicht abgeschlossen ist. Dazu sei
mit der Relativtopologie.
ist ein kompakter Raum und enthält die Funktionenalgebra
,
wobei das Innere des Einheitskreises bezeichne. Für den Schilow-Rand zeigt man
.
Im Artikel zum Bishop-Rand wurde begründet, dass dieser gleich
ist. Nach obiger Beziehung zwischen Bishop-Rand und Choquet-Rand ist das aber auch gleich dem Choquet-Rand, der in diesem Beispiel also echt im Schilow-Rand enthalten ist. Wie nach obigem Satz nicht anders zu erwarten, ist hier .

Darstellende Maße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Choquet-Rand lässt sich durch sogenannte darstellende Maße charakterisieren, was die Verbindung zur Choquet-Theorie schlägt. Für einen kompakten Hausdorffraum sei Banachraum der regulären komplexen Maße auf mit der totalen Variation als Norm. Ein Maß heißt ein darstellendes Maß für ein , falls

  und     für alle   .

Ist zum Beispiel , so ist das Einpunktmaß ein darstellendes Maß, denn

  und   .

Es könnte aber weitere darstellende Maße geben. Ist zum Beispiel die Diskalgebra, so gilt für alle nach der cauchyschen Integralformel

mit einem auf konzentrierten Maß . In diesem Fall ist das darstellende Maß also nicht eindeutig. Ein ähnliches Argument zeigt, dass das darstellende Maß für kein eindeutig ist. Eine Eindeutigkeit des darstellenden Maßes liegt nur für Funktionale mit vor. Diese Situation gilt auch im allgemeinen Fall, genauer gilt folgender Satz:[7]

Ist ein kompakter Hausdorffraum und eine Funktionenalgebra, so sind folgende Aussagen über äquivalent:

  • Das darstellende Maß für ist eindeutig bestimmt.

Abgeschlossene Funktionenalgebren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fordert man von der Funktionenalgebra zusätzlich, dass diese bezüglich der Supremumsnorm abgeschlossen ist, so sind folgende Aussagen über ein äquivalent:[8]

  • Zu und jeder offenen Umgebung von gibt es ein mit , und für alle .
  • Zu jeder offenen Umgebung von gibt es ein mit , und für alle .
  • Zu jeder offenen Umgebung von gibt es ein mit und für alle .
  • Es gibt eine Familie in mit .

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Hilfe des Choquet-Randes kann man folgenden auf Robert Phelps zurückgehenden Satz beweisen:

Es seien ein kompakter Hausdorffraum und eine Funktionenalgebra. Ist eine lineare uns surjektive Isometrie mit , so ist multiplikativ, das heißt, es gilt für alle .

Das zentrale Argument im Beweis besteht darin, die Multiplikativität von Punktauswertungen für Punkte aus dem Choquet-Rand zu verwenden. Damit zeigt man, dass und auf allen Punkten des Choquet-Randes übereinstimmen und daher gleich sein müssen, denn der Choquet-Rand ist ein Rand. Das ist im unten genannten Lehrbuch von R. Larsen ausgeführt.[9]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ronald Larsen: Banach Algebras, Marcel Dekker (1973), ISBN 0-8247-6078-6, Definition 9.4.2
  2. Ronald Larsen: Banach Algebras, Marcel Dekker (1973), ISBN 0-8247-6078-6, Korollar 9.4.1
  3. E. Bishop: A minimal boundary for function algebras, Pacific Journal of Mathematics (1959), Band 9, Seiten 629–642
  4. Ronald Larsen: Banach Algebras, Marcel Dekker (1973), ISBN 0-8247-6078-6, Theorem 9.7.2
  5. R. R. Phelps: Lectures on Choquet's Theorem, van Nostrand (1966), Korollar 8.2
  6. Ronald Larsen: Banach Algebras, Marcel Dekker (1973), ISBN 0-8247-6078-6, Beispiel 9.3.5
  7. Ronald Larsen: Banach Algebras, Marcel Dekker (1973), ISBN 0-8247-6078-6, Theorem 9.6.7
  8. Ronald Larsen: Banach Algebras, Marcel Dekker (1973), ISBN 0-8247-6078-6, Theorem 9.7.1
  9. Ronald Larsen: Banach Algebras, Marcel Dekker (1973), ISBN 0-8247-6078-6, Theorem 9.5.1