Clemens Rosner

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Clemens Rosner (CO) (* 16. September 1930 in Neiße, Provinz Schlesien; † 10. Januar 2019 in Leipzig) war ein katholischer Priester und Oratorianer in Leipzig. Er dokumentierte als Studentenpfarrer die Sprengung der Universitätskirche und war danach kurzzeitig Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rosner stammte aus Neiße in Oberschlesien. Nach 1945 lebte er mit seinen Eltern in Süddeutschland. Danach arbeitete er zunächst als Elektriker und trat dann in die Kongregation der Oratorianer vom heiligen Philipp Neri ein.

Seit etwa 1951 studierte Rosner katholische Theologie in Tübingen, München und Leipzig. 1954 begann er sein Noviziat bei den Oratorianern in Leipzig. 1958 wurde er in Bautzen zum Priester geweiht. Danach war er Kaplan in Großzschocher und an der Liebfrauenkirche in Leipzig-Lindenau.

1966 wurde Rosner katholischer Studentenpfarrer in Leipzig. Er unterstützte Studenten seelsorgerlich, aber auch in ihren gesellschaftskritischen Vorstellungen. 1968 dokumentierten sie gemeinsam mit der Evangelischen Studentengemeinde die Sprengung der Universitätskirche und erstellten eine Dokumentation darüber, die dann bei ihm versteckt wurde. Clemens Rosner war zeitweise Vorsitzender der ostdeutschen katholischen Studentenpfarrer.

Rosner handelte auch mit Autos. Er kaufte Kraftfahrzeuge wie Wartburg über die DDR-Firma Genex für Westgeld durch seinen Vater in der Bundesrepublik und verkaufte sie dann zum handelsüblichen DDR-Preis an Interessenten in Leipzig und Umgebung. Den Gewinn ließ er nach eigenen Aussagen der Katholischen Studentengemeinde zukommen. Nachdem eines dieser Fahrzeuge für einen Einbruch verwendet worden war, wurden seine Geschäftspraktiken bekannt. Ihm drohte ein Strafverfahren wegen Devisenvergehen. Daraufhin willigte Rosner 1969 in die Aufforderung zur Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das Ministerium für Staatssicherheit ein. Zu seinen Aufgaben gehörte auch, dass er westdeutsche Studentenpfarrer bat, sie mögen DDR statt Ostzone sagen. 1970 offenbarte er sich einem Ordensbruder in der Bundesrepublik in einem Brief und anschließend seinem Bischof. Danach beendete das MfS die Zusammenarbeit.

1970 wurde Rosner Pfarrer der Liebfrauenkirche in Leipzig-Lindenau. 1972 nötigte ihn das MfS zur Herausgabe eines Exemplars der Dokumentation über die Universitätskirchensprengung, nachdem der Arbeitskreis entdeckt worden war. 1992 konnte er diese Dokumentation endlich veröffentlichen. 1995 beendete er seine Pfarrtätigkeit in Liebfrauen. Von 1998 bis 2013 war er Präpositus der Leipziger Oratorianer.

Rosner pflegte in seiner gesamten Pfarrtätigkeit einen intensiven Kontakt zu evangelischen Gemeinden und war an vielen ökumenischen Veranstaltungen beteiligt. Er war Mitgründer des Ökumenischen Hilfswerks in Leipzig-Südwest.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rosner war ein ungewöhnlicher Fall eines katholischen Priesters als IM. Dieses wurde zweimal ausführlich dargestellt. Gregor Buß widmete ihm in seiner Studie Katholische Priester und Staatssicherheit ein eigenes Kapitel (wie sonst nur noch für den Propst Günter Hanisch).[1] Darin beschreibt er dessen schwierige Situation, äußerte aber dennoch Unverständnis für einige seiner Handlungen.

Im Dokumentarfilm Die Verstrickung – für Gott und die Stasi wurde Rosner als einer von zwei katholischen Priestern und eine von vier Personen ausführlich dargestellt.[2] Auf beide Dokumentationen gab es verschiedene Rezensionen, auch in katholischen Zeitschriften.[3][4][5][6][7]

In einer Ausstellung des Archivs Bürgerbewegung Leipzig zur Sprengung der Universitätskirche ist eine Tafel über Clemens Rosner.[8]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Elternbriefe. Hinweise zur Erziehung vom 1.– 4. Lebensjahr, St. Benno Leipzig, 1982
  • Die Universitätskirche zu Leipzig. Dokumente ihrer Zerstörung, Forum Leipzig, 1992, als Herausgeber, wichtigste Dokumentation zur Sprengung

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gregor Buß: Katholische Priester und Staatssicherheit. Aschendorff, Münster 2017. S. 121–128 (Der „Fall Rosner“), und öfter (schon in ders., Kollaboration von katholischer Kirche und Geistlichen mit dem staatssoziaöistischen Regime der DDR, Dissertation Prag, 2010, S. 116–124 (PDF))
  • Gregor Buß: Připad Rosner. Rekonstrukce jednoho kontaktu východoněmecké Státni bezpečnosti [Der Fall Rosner. Rekonstruktion eines Stasi-Kontakts], in: Salve 21, 2011, Nr. 1, S. 97–103 (tschechisch)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gregor Buß: Katholische Priester und Staatssicherheit, 2017, S. 121–127, Der „Fall Rosner“
  2. Die Verstrickung – für Gott und die Stasi, von Günther Bernd Ginzel, Erstsendung 3sat 29. Oktober 2008, Wiederholung 3sat 29. Januar 2019; die anderen waren der Rechtsanwalt Wolfgang Schnur, der Konsistorialpräsident Hans-Martin Harder und der katholische Dompropst Günter Hanisch, der unwissentlich als IM geführt wurde
  3. Nicht jeder registrierte IM hat auch mit der Stasi kooperiert, in Tag des Herrn, 49/2008 Text; ausführlich über den Dokumentarfilm
  4. Sie dienten Gott und der Stasi katholisch.de, 2018; über die Studie von Gregor Buß
  5. DDR-Film beleuchtet Stasi-Einfluss auf die Kirche, in Mitteldeutsche Zeitung vom 27. Oktober 2008 Text; mit Erwähnung von Clemens Rosner
  6. Für Gott und die Stasi, in Frankfurter Rundschau vom 29. Januar 2019, über Wiederholung der 3sat-Dokumentation
  7. Katholische Priester als Stasi-IM, in Deutschlandfunk vom 16. Oktober 2017, über die Studie von Gregor Buß
  8. Die ganze action hat geprägt Archiv Bürgerbewegung Leipzig, Wanderausstellung, Tafel 11 Clemens Rosner (PDF), mit einigen Angaben zu seiner Person