Das Kussverbot (1920)

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Film
Titel Das Kußverbot
Produktionsland Deutschland
Originalsprache deutsche Zwischentitel
Erscheinungsjahr 1920
Länge 6 Akte, 1986 m, bei 22 BpS rd. 80 Minuten
Stab
Regie Ludwig Czerny
Drehbuch Ludwig Czerny,
Franz Jobst Rauch
Produktion Noto-Film GmbH
Musik Hans Ailbout,
Tilmar Springefeld
Kamera Otto Herrmann
Besetzung

Das Kußverbot ist der Titel einer Stummfilm-Operette, die Ludwig Czerny 1920 nach einem Drehbuch, das er zusammen mit Franz Jobst Rauch nach einer Idee von Tilmar Springefeld geschrieben hatte, in eigener Firma, der Noto-Film GmbH Berlin,[1] realisierte. Die Musik schrieben ihm Hans Ailbout und Tilmar Springefeld. Die Liedtexte verfasste Otto Sprintzel. Die bei der Vorführung live im Kino agierenden Sänger und Sängerinnen wurden mit dem Laufbild nach dem Czerny-Springefeld-Verfahren[2][3] synchronisiert. In der Hauptrolle war die Gattin des Regisseurs, die Schauspielerin und Tänzerin Ada Svedin,[4] zu sehen.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Heirat zwischen Barbara, Reichsgräfin von Dingelstädt-Ingolstein und Erbprinz Ulrich Theodor von Heiligenstadt, wird von Barbaras Tante, der Fürstin Felicia, und Ulrich Theodors Mutter, der Fürstin von Heiligenstadt, auf Druck der Bürger beider Fürstentümer arrangiert. Diese sehen in der Verbindung beider Fürstentümer die einzige Möglichkeit, wirksam gegen die aufgetretene Maul- und Klauenseuche vorzugehen, die in Dingelstädt-Ingolstein ausgebrochen ist. Um ihre Ausbreitung nach Heiligenstadt zu verhindern wird schließlich über beide Fürstentümer das den Titel des Stückes gebende Kußverbot verhängt. Es lässt sich jedoch nur so lange aufrechterhalten, bis sich der verliebte Erbprinz selbst nicht mehr daran hält.[5]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Dreharbeiten, die von Mai bis Mitte Juli 1920 dauerten, fanden in den Jofa Ateliers[6] in Berlin-Johannisthal statt. Das Bühnenbild für die „Biedermeier-Filmoperette“, die um 1830 in der fiktiven Kleinstadt Dingelstädt spielt,[7] schufen Willy Hackenberger und Bernhard Schwidewski. Die Kostüme entwarf Carl Töpfer. An der Kamera stand Otto Herrmann. Der Konstrukteur der Notofilm-Apparatur, Ernst Lucht, kümmerte sich um die Technik. Die Zwischentitel formulierte Otto Sprintzel.

Der Film lag der Reichsfilmzensur am 31. August 1920 vor und wurde unter der Nummer B.00365 mit Jugendverbot belegt. Die Uraufführung für die Presse fand am 24. August 1920 in Berlin im Ufa-Palast am Zoo statt. Das Orchester bei der Uraufführung dirigierte der Kapellmeister des Ufa-Palastes Richard Schönian. Die Öffentlichkeit bekam den Film erstmals am 24. September 1920 im Berliner Sportpalast zu sehen.

Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf ein Vorspiel ohne Gesang folgen im Textbuch[8] 17 Gesangsnummern, verteilt auf die fünf Akte des Films. Darunter sind Schlager wie der Kuß-Walzer “Küß mich küß mich Theodor”, das Postwagen-Idyll, das Zank-Duett “Wir, das stärkere Geschlecht”, ein “Studenten-Trinklied”, das Spielduett “Dickerchen”,[9] das Lied “Wo es reizende Mädchen giebt”, das ‘Lied am Spinett’ “Aus goldenen Jahren” u. a. m.[10], die im der Filmgesellschaft angeschlossenen Notofilm GmbH Musik-Verlag erschienen.

Als Ausführende wurden gewonnen: Willy Strehl, Ada Svedin und Lotte Werkmeister vom Neuen Operettentheater Berlin, Josef Reithofer von Wiener Burgtheater, Hella Thornegg vom Theater des Westens und Hugo Döblin vom Deutschen Theater Berlin.[11]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Film wurde besprochen[12] in:

  • Film-Magazin [1919]
  • Das lebende Bild No. 29/30, 1919
  • Filmkurier No. 188, 1920
  • Der Film No. 22, 1920
  • Der Film No. 29, 1920
  • Der Film No. 35, 1920
  • Der Film No. 40, 1920
  • Der Film No. 41, 1920
  • Kinematograph No. 712, 1920
  • Kinematograph No. 717, 1920
  • Lichtbildbühne No. 34/35, 1920

Der Film wurde von der Fach- wie von der Tagespresse durchweg positiv aufgenommen.

Die Lichtbildbühne Nr. 28 vom 10. Juli 1920 lobte auf S. 34 : „Wunderbare Musik, Gesangseinlagen und Schlagernummern unter Mitwirkung berühmter Sänger und Sängerinnen. Diese Film-Operette übertrifft alles bisher dagewesene und ist einer Bühnen-Operette zu mindest ebenbürtig.“[13]

Oly [d. i. Fritz Olimsky], der in der Berliner Börsen-Zeitung die Pressevorführung vom 26. August 1920 besprach, berichtete über das technische Verfahren : „Es ist hier mit Hilfe eines gleichzeitig auf dem Film abrollenden Notenbandes mit der Direktionsstimme gelungen, weitestgehend eine Übereinstimmung zwischen den Bewegungen der Darsteller und der Begleitmusik bzw. dem Gesang zu erzielen...“[14] und würdigte im selben Artikel Czernys Regiearbeit: „Um die Regie, die vor allem den Operettencharakter sehr gut zu treffen wußte, hat sich Ludwig Czerny verdient gemacht.“[15] Der Kritiker der Zeitschrift Der Film schloss sich ihm an: „Die Regie Ludwig Czernys ist denn auch mehr auf die Operette als auf den üblichen Film gestellt und holt aus den Duettszenen, in Chor und Tanz, alle Wirkungen der Singbühne heraus.“[16]

Der Film-Kurier Nr. 188 vom 25. August 1920 kritisierte das beim Notofilm-Verfahren am unteren Bildende mitlaufende Notenband, das ja nur für die Musiker bestimmt sei, als gewöhnungsbedürftige Ablenkung der Zuschauer vom Handlungsgeschehen und schlug vor, es zu verkleinern.[17]

Die Deutsche Zeitung schrieb am 26. August 1920 : „Es war ein Erfolg […] es ist zweifellos gelungen, die Musik und den Gesang mit dem Film in glaubhafte Verbindung zu bringen.“[18]

Der Berliner Lokal-Anzeiger befand am 26. August 1920 : „Die Handlung ist recht harmlos und mit ebensoviel und -wenig Geist erdacht, wie es bei Operetten eben üblich ist.“[19]

In der Berliner Abendpost stand am 26. August 1920 zu lesen: „Das Werk enthält eine Fülle reizender Bilder aus der Biedermeierzeit mit Ballettarrangements und Reigentänzen. Die Musik ist sinnfällig, die Handlung angepaßt, und bringt neben hübschen Liedern und Duos auch einen reizenden Kusswalzer.“[20]

Einen eigentlich gar nicht lustigen Anlaß, den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche im Herbst 1920 in und um Hamburg, benutzte der Inhaber des Hansa-Kinos in Bergedorf, um für seine Aufführung der Biedermeier-Operette Reklame zu machen. Er platzierte 'amtlich' aussehende Inserate in der Bergedorfer Zeitung, die auf das kommende „Kussverbot“ abhoben.[21]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Herbert Birett : Stummfilmmusik. Materialsammlung. Deutsche Kinemathek Berlin 1970.
  • Herbert Birett: Verzeichnis in Deutschland gelaufener Filme. Entscheidungen d. Filmzensur : Berlin, Hamburg, München, Stuttgart : 1911–1920. München: Saur 1980
  • Herbert Birett : Quellen zur Filmgeschichte 1920 – 1931. Titelliste von deutschen Stummfilmen, on line unter kinematographie.de
  • Corey Creekmur, Linda Mokdad (Hrsg.) : The International Film Musical. Traditions in world cinema. Verlag: Edinburgh University Press, 2012. ISBN 0-7486-5430-5, 288 Seiten, hier S. 46
  • Helmut Engel, Stefi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue : Geschichtslandschaft Berlin: Orte und Ereignisse, Band 1, Teil 2 (= Publikationen der Historischen Kommission zu Berlin. Geschichtslandschaft Berlin: Orte und Ereignisse) Verlag Nicolai, 1985. ISBN 978-3-87584-143-5, S. 280
  • Walther Freisburger : Theater im Film: eine Untersuchung über die Grundzüge und Wandlungen in den Beziehungen zwischen Theater und Film. Verlag Lechte, 1936, 98 Seiten, hier S. 52
  • Gerhard Lamprecht : Deutsche Stummfilme Band VI, „1920“, S. 64
  • Katja Uhlenbrok : Musik Spektakel Film. Ein CineGraph Buch. Herausgeber Katja Uhlenbrok. Verlag Text + Kritik, 1998. ISBN 3-88377-598-3, Länge 174 Seiten, hier S. 82
  • Michael Wedel : Der deutsche Musikfilm. Archäologie eines Genres. München, Edition Text + Kritik 2007. ISBN 978-3-88377-835-8. Länge 476 Seiten. Abb.
  • Peter Wicke : Von Mozart zu Madonna: eine Kulturgeschichte der Popmusik. Verlag Kiepenheuer, 1998. ISBN 978-3-378-01030-7. Länge 320 Seiten, hier S. 178
  • Friedrich von Zglinicki : Der Weg des Films. Geschichte der Kinematographie und ihrer Vorläufer. Berlin: Rembrandt Verlag 1956.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abbildungen

  • Notentitel, illustriert von Jupp Wiertz, “Das Kussverbot, Biedermeier-Operette”, Notofilm Ges. m.b.H. Musikalien-Verlag Berlin [1920].
  • Photo der Hauptdarstellerin Ada Svedin.
  • Inserat, Bergedorfer Zeitung, 10. November 1920.
  • Inserat, Bergedorfer Zeitung, 12. November 1920.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. ein Werbeplakat der Noto-Film GmbH Berlin im Bildteil bei Zglinicki, Weg des Films.
  2. Patent DE369358C: Verfahren zum Herstellen mit Notenbegleitung versehener kinematographischer Musikfilme. Angemeldet am 13. Dezember 1919, veröffentlicht am 17. Februar 1923, Erfinder: Richard Joseph.
  3. Vgl. dazu James zu Hüningen im Lexikon der Filmbegriffe, Wedel S. 127ff. ; “Systematische Darstellung einer Notofilm-Aufnahme” aus Westermanns Monatshefte Nr. 12, 1928, S. 425 abgeb. bei Wedel S. 131
  4. zu dieser vgl. Wedel S. 128, 134, 145ff., 149, 157f., 164, 167f.
  5. so nach Wedel S. 135, eine ausführliche Inhaltsbeschreibung erschien in einer Broschüre zum Film, die Wedel auf S. 185 Anm. 281 wiedergibt.
  6. Jofa Ateliers Johannisthal, Am Flughafen 6, gegründet 1920, vgl. cinegraph.de
  7. Wedel S. 134f.
  8. Hans Ailbout, Tilmar Springefeld : Das Kussverbot. Biedermeier-Operette ; Inh.-Angabe u. Textbuch. Verlag Notofilm, 1920, Länge 16 Seiten
  9. Von Jupp Wiertz illustr. Notentitel abgeb. bei imagesmusicales.be
  10. Wedel S. 139 Anm. 302 zitiert Poldi Schmidls „Kinomusikalische Streifzüge“ in Der Artist Nr. 1858 vom 23.09.20, der prophezeite, dass „die einzelnen Schlager … bald in den Musiklokalen (z.B. Café Corso, Café Excelsior) erklingen“ würden.
  11. Wedel S. 134
  12. Angaben nach GECD #41710
  13. zit. bei Wedel S. 187 Anm. 311
  14. vgl. Wedel S. 141
  15. zit. bei Wedel S. 140 Anm. 308
  16. zit. bei Wedel S. 141
  17. zit. bei Wedel S. 143 Anmm. 323, 324
  18. zit. bei Wedel S. 187 Anm. 315
  19. zit. bei Wedel S. 139 Anm. 305
  20. zit. bei Wedel S. 186 Anm. 309
  21. vgl. Bernd Reinert: Die Maul- und Klauenseuche und das Kussverbot. Publiziert am 26/10/2020, uni-hamburg.de : “Von der heiteren Seite betrachtete der Inhaber des Hansa-Kinos in Bergedorf, wo es auch zwei Seuchen-Meldungen gegeben hatte (BZ vom 21. und 28. Oktober), die ganze Sache, wobei nicht geklärt ist, ob er auch der Knittelpoet war: dass „Das Kußverbot“ eine Biedermeier-Filmoperette war, enthüllte er erst in einer weiteren Anzeige am folgenden Tag.”