Der Einzug Karls V. in Antwerpen

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Der Einzug Karls V. in Antwerpen (Hans Makart)
Der Einzug Karls V. in Antwerpen
Hans Makart, 1878
Öl auf Leinwand
520 × 950 cm
Hamburger Kunsthalle, Hamburg
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Der Einzug Karls V. in Antwerpen ist ein monumentales Gemälde des österreichischen Malers Hans Makart aus dem Jahr 1878. Es ist in der Hamburger Kunsthalle zu sehen.

Historischer Kontext[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl V. in einer zeitgenössischen Darstellung von 1520 von Bernard van Orley

Das Historienbild zeigt den Einzug Kaiser Karls V. in Antwerpen am 23. September 1520.
Kaiser Maximilian I. war 1519 gestorben und im selben Jahr wurde Karl zunächst Römisch-deutscher König; den spanischen Königstitel hatte er bereits 1518 erhalten. Die Kaiserkrönung erfolgte am 23. Oktober 1520 im Aachener Dom durch den Erzbischof von Köln, Hermann V. von Wied. Exakt vier Wochen vor der Krönung in Aachen, am 23. September 1520, landete Karl, per Schiff von Spanien kommend, in Antwerpen. Darauf erfolgte der Einzug Karls in die Stadt, bevor er zum Könungsort weiterreiste. Der feierliche Einzug hatte keine besondere historische Bedeutung, es war aber üblich, den zukünftigen Kaiser und Landesherrn – Antwerpen gehörte zum Heiligen Römischen Reich – feierlich zu empfangen.

Augenzeuge des Einzugs war Albrecht Dürer. Am 12. Juli 1520 hatte sich Dürer mit seiner Frau und der Magd Susanna über Bamberg, wo er dem Bischof Georg III. eine gemalte Madonna, ein Marienleben, eine Apokalypse und für einen Gulden Kupferstiche übergab,[1][2] Frankfurt, Mainz, Köln nach Antwerpen begeben, wo er am 2. August 1520 eintraf. Die Stadt sollte während seines Aufenthalts in den Niederlanden seine zentrale Residenz werden, von wo aus er zahlreiche Ausflüge in andere Städte wie Brüssel, Aachen, Köln, Mecheln, Brügge und Gent unternahm. 11 Monate lang, vom 2. August 1520 bis zum 2. Juli 1521, verblieb er in der Region,[3] bevor er am 2. Juli 1521 die Heimreise antrat.[4]

Der Grund für die Reise war vor allem ökonomischer Natur.[5] Im Januar 1519 war Dürers wichtigster Gönner Kaiser Maximilian I. verstorben. Dieser hatte dem Künstler am 6. September 1515 eine jährliche Leibrente von 100 Gulden gewährt, die die Stadt Nürnberg von der Reichssteuer abziehen sollte. Mit dem Ableben des Kaisers verweigerte der Nürnberger Rat die Fortzahlung dieses Privilegs und forderte eine neuerliche Bestätigung durch den Nachfolger Maximilians, den späteren Karl V. Dazu hoffte Dürer auf eine Audienz; außerdem schuldete der verstorbene Maximilian I. ihm noch 200 Gulden. Karl hatte bereits im August 1520 das Privileg seines Großvaters Maximilian bestätigt. Nach dieser Gunstbezeugung durfte Dürer auf weitere lukrative Aufträge hoffen.

Der Rat der Stadt Antwerpen empfing den Künstler feierlich und bot ihm ein stattliches Haus als Geschenk an, dazu ein Jahresgehalt von 300 Gulden und die Zusicherung, jede Arbeit, die er dem Rate leisten würde, besonders zu vergüten. Unschwer war die Absicht der reichen Hafenstadt zu erkennen, den berühmten Künstler von Nürnberg nach Antwerpen zu locken.

Dürer wurde Augenzeuge des Einzugs von König Karl in die Stadt, was er in seinem Tagebuch festhielt und auch in Briefen an Philipp Melanchthon schilderte.

„Am 23. September hielt der König seinen Einzug in Antwerpen. […] Durch vierhundert Bogen bewegte sich der Zug, ein jeglicher 40 Schuh lang, auf beiden Seiten der Gasse aufgemacht, hübsch geordnet, zweier Gaden (Stockwerke) hoch‘. Alle Bögen waren ‚köstlich geziert mit Kammerspielen (Schaustellungen), groß Freudigkeit und schöne Jungfraubilder, dergleichen ich wenig gesehen hab‘. Auf seine schönen Weiber war Antorff (ndt. Name von Antwerpen, Anm. d. Verf.) ganz besonders stolz, und mit einer geradezu orientalischen Weitherzigkeit stellte man die schönsten fast nackt zur Schau, nur von ganz dünnen, durchsichtigen Schleiern umweht. Der König, erzählte Dürer später Melanchthon, habe sie keines Blickes gewürdigt, er aber als Maler habe sich schon ein bisschen dreister umsehen dürfen. Bald danach fuhr König Karl wieder ab. Dürer hatte keine Gelegenheit gefunden, an ihn heranzukommen. Es blieb ihm nichts übrig, als ihm nach Aachen zu folgen, wo man sich zur Kaiserkrönung rüstete.“

Willy Pastor[6]

Bildgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Albrecht Dürers Besuch in Antwerpen 1520 von Hendrik Leys 1855

Hans Makart hatte sich durch tatsächliche Tagebucheinträge und Briefe Albrecht Dürers, der als anwesender Zuschauer Zeitzeuge war, zu der Darstellung inspirieren lassen. Dem Gemälde ging ein Besuch Makarts im Jahr 1877, gemeinsam mit Franz Lenbach und Friedrich August von Kaulbach, anlässlich des 300. Geburtstags von Rubens in Flandern voraus. Stilistisch und kompositionstechnisch lehnte sich Makart teils an Gemälden von Rubens und Tizian an. So zeigt das Gemälde neben dem Kaiser Karl V. eine Vielzahl an Komparsen, gekleidet in Modestilen verschiedener Epochen.[7] Die freizügigen Frauen stellen sogenannte „Ehrenjungfrauen“ dar, die allegorische Tugenden zur Darstellung brachten. Allerdings waren diese, anders als in der Bilddarstellung, nicht im Zug integriert, sondern standen auf einer Bogentribüne.

Zahlreiche Zeitgenossen wollten im Gemälde die Bildnisse von bekannten Persönlichkeiten der damaligen Wiener Gesellschaft erkannt haben, so zum Beispiel Johanna (Hanna) Elisabeth Maria von Klinkosch (1848–1925), spätere Gräfin Liechtenstein, ein Lieblingsmodell Hans Markats, die nackt neben dem Kaiser das Reichsschwert trägt. Daneben ihre Schwester Paula (1851–1901), beide sind Töchter des Wiener Silberfabrikanten Josef Carl von Klinkosch. Ebenfalls zu sehen, die Schauspielerin Charlotte Wolter, links auf dem Sockel mit dem Kind. In der Frauenfigur im Vordergrund, die sich nach einen Strauß Blumen bückt, wird Sarah Bernhardt erkannt. Ganz links in der Ecke ist der Komponist Richard Wagner zu sehen, was eine Anspielung aus seine romantische Oper Lohengrin ist, die ebenfalls in Antwerpen bzw. an der Schelde spielt. Bei der Pariser Weltausstellung 1878 erhielt Makarts Werk eine Goldmedaille, seine Ausstellung im Wiener Künstlerhaus war ebenfalls sehr erfolgreich.[7]

1882, nur wenige Jahre nach seiner Entstehung, kam das Bild für 130.000 Mark nach Hamburg, wo es heute in der Hamburger Kunsthalle ausgestellt ist. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zusammengerollt, im Magazin gelagert und erst Jahrzehnte später hervorgeholt und aufwendig restauriert.[7] Bis 2016 war das Gemälde hinter einer Gipswand verborgen, weil es nicht in das Ausstellungskonzept passte, da der Saal damals der Moderne gewidmet war. Erst 2020 wurde die Wand abgerissen und Makarts Monumentalgemälde im Zuge einer Ausstellung über den Künstler wieder präsentiert.

Bildaufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der zwanzigjährige Kaiser in einem Brokatgewand unter einem Kürassierharnisch, geschmückt mit der Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies sitzt in der Bildmitte hoch zu Ross. Mit der rechten Hand zum Gruß an den Betrachter erhoben. In der dunklen Gasse wird er, die Bildmitte einnehmend, von Sonnenstrahl erfasst. Um ihn herum drängt sich eine Vielzahl von Ehrenjungfrauen, wobei eher die Soldaten des Heereszuges in dunkleren Farben gezeichnet sind. Unter der linken Girlande ist ein Mann mit Bart und langem Haar zu sehen: Es ist dies eine Darstellung fast dreißig Jahre älteren Albrecht Dürers, (1520 war er 49 Jahre alt) der bei dem Einzug Karls V. tatsächlich anwesend war.[8] Im Hintergrund dieser dichten Straßenszene sieht man mit Girlanden geschmückte Gebäude, Gebäudeteile und einige mit Wappen verzierte Standarten. Links hinten ist eine Stadt bei Kaiserwetter zu erkennen. Das Weibsvolk ist dem jungen Kaiser euphorisch zugewandt.
Das Thema: Dürer in Flandern, bzw. in Antwerpen wurde in der darstellenden Kunst des 19. Jahrhunderts oft behandelt. Das berühmteste Beispiel war Albrecht Dürers Besuch in Antwerpen 1520 von Hendrik Leys, welches 1855 fertiggestellt wurde und Makert bekannt war. Es zeigt die Prozession von Armbrustschützen durch Antwerpen 1520, bei der Dürer ebenfalls anwesend war. Auch hier ist Dürer im Halbschatten gemalt, als reiner Betrachter am Rande. Insgesamt ist der Bildaufbau aber realistischer, als bei Makert.

Zeichnungen mit Silberstift von Dürer auf seiner Reise 1520[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Goris / Marlier Hrsg. (Autor): Albrecht Dürer – 1520 1521 – Das Tagebuch der Niederländischen Reise, La Connaissance Brüssel 1970 (1. Januar 1970) ISBN 3-7845-4350-2

Dokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sisi, Schratt & Sacher: Wiens glamouröse Frauen, ORF-Dokumentation; inkl. Beitrag über Makarts Gemälde (Min. 13 bis 17)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Der Einzug Karls V in Antwerpen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Niederländische Reise Kapitel XV aus Moritz Thausing: Dürer: Geschichte seines Lebens und seiner Kunst, Leipzig 1876, Universitätsbibliothek Heidelberg.
  2. Albrecht Dürer-Niederlandreise 1520–1521, Le Cabinet de l’amateur et de l’antiquaire .., Piot, Eugène, Paris, 1842, in der Bibliothèque nationale de France (franz.).
  3. Hans Rupprich (Hrsg.): Dürer Schriftlicher Nachlass. Band 1. Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, Berlin 1956.
  4. Werner Dettelbacher: Albrecht Dürers Leiden. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 23, 2004, S. 516–520, hier: S. 516.
  5. Werner Dettelbacher: Albrecht Dürers Leiden. 2004, S. 516f.
  6. Willy Pastor: Das Leben Albrecht Dürers, Stille Jahre und Weltlärm, Leipzig 1923, Gutenberg
  7. a b c Gisela Schütte: Makart-Gemälde: Kaiserliche Pracht auf 50 Quadratmetern. In: DIE WELT. 25. August 2007 (welt.de [abgerufen am 5. Januar 2022]).
  8. Weltexpresso - DER EINZUG KARLS V. IN ANTWERPEN. Abgerufen am 5. Januar 2022.