Der Gefangene (1955)

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Film
Titel Der Gefangene
Originaltitel The Prisoner
Produktionsland Vereinigtes Königreich
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1955
Länge 95 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Peter Glenville
Drehbuch Bridget Boland
Produktion Vivian A. Cox
Musik Benjamin Frankel
Kamera Reginald Wyer
Schnitt Frederick Wilson
Besetzung

Der Gefangene ist ein weitgehend als Zwei-Personen-Dialogstück angelegtes Filmdrama, das der Bühnenregisseur Peter Glenville 1954 als seine erste Filmregie umsetzte. Als die beiden Gegenspieler sind Alec Guinness und Jack Hawkins zu sehen. Die Geschichte über seelische Foltermethoden in einem totalitären (kommunistischen) System basiert auf dem Bühnenstück The Prisoner von Bridget Boland, die auch das Drehbuch verfasste.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Irgendwo in einem nicht näher genannten, osteuropäischen Land, das sich seit kurzem unter der Knute kommunistischer Machthaber befindet. Ein im Volk und bei seiner Gemeinde ungemein beliebter und angesehener Kardinal wird eines Tages von der Staatsmacht verhaftet und bewusst fälschlicherweise des Verrats angeklagt. Der Gottesmann ist sich keiner Verfehlung bewusst und leugnet jede Schuld. Daran ändert sich auch nichts, als ein Vertreter des neuen Regimes den Raum betritt und den Kardinal einem scharfen Verhör unterzieht. Beide Männer kennen sich von früher, als sie im Untergrund das ancien régime bekämpft hatten. Damals wurden sie zu Vertrauten, zu Freunden, deren Wege sich erst vor kurzem trennten.

Um so mehr strengt sich dieser ihn verhörende Politoffizier, eine Art Staatsanwalt, an, um seinem früheren Kumpan mit allen Mitteln das Geständnis der ihm zur Last gelegten Verfehlungen abzuringen. Der Staatsrepräsentant tastet sich vorsichtig an die Vorwürfe heran, spricht zunächst über beider Kindheitserlebnisse, um eine Art Vertrauensverhältnis zu seinem Gegenüber aufzubauen. Nach und nach erhöht der Staatsvertreter den Druck. Doch der Kardinal bleibt weiterhin standhaft, umschifft jede noch so gut getarnte Falle des Verhörenden und liefert sich schließlich mit seinem kommunistischen Kontrahenten ein ebenso scharfes wie intellektuell hochrangiges Wortgefecht. Es scheint, als ginge der Staatsanwalt als Sieger hervor, macht er dem Kirchenvertreter doch klar, dass dieser einst nur deshalb den Weg Gottes gewählt habe, um dem Schmutz und dem sozialen Elend seiner Kindheit entfliehen zu können.

Derweil kommt es auf den Straßen zu Unruhen und einem Aufstandsversuch, der jedoch bald niedergeschlagen wird. In diesen Wirren wird als weiterer, kurzer Handlungsstrang die Liebe eines jungen Wachmanns zu einem verheirateten Mädchen eingeblendet. Sie beichtet ihrem Liebhaber, dass sie mit ihren Ehemann plant, das unterjochte Land zu verlassen.

Schließlich organisiert das Regime einen Schauprozess, in dem der Kardinal vor der Öffentlichkeit vorgeführt werden soll. Man eröffnet ihm die Möglichkeit, die Freiheit wiederzuerlangen, sollte er all seine Verfehlungen, all die ihm zur Last gelegten „Verbrechen“ coram publico zugeben. Der Kirchenmann kommt zur Erkenntnis, dass er tatsächlich gefehlt habe, wenn auch nicht im Sinne der staatlichen Anklage. Er weiß nun, dass er aus falschen Gründen Priester geworden ist, dass ihn Stolz und Hochmut in der Hierarchie aufsteigen ließ, und so gesteht der Kardinal jeden noch so absurden Vorwurf. Das Regime hat damit genau das erreicht, was es stets beabsichtigte: Die Macht der Kirche zu brechen und den Gottesmann vor seiner ihn bislang verehrenden Gemeinde zu desavouieren. Als der Kardinal als freier Mann den Gerichtssaal verlässt, blickt er in schweigende, bestürzte Gesichter von Bürgern und Gläubigen. Der Gottesmann und damit auch die von ihm vertretene Institution Kirche hat durch die Manöver des neuen Regimes an Glaubwürdigkeit verloren, aber auch der Staatsvertreter geht nicht unbeschadet aus der ganzen Angelegenheit hervor: resigniert bittet er bei seinem Vorgesetzten um seinen Abschied.

Produktionsnotizen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gefangene entstand 1954 in Pinewood Studios in Iver Heath (Studioaufnahmen) sowie in Oostende und Brügge (Außenaufnahmen, beides Belgien)[1] und lief am 19. April 1955 in London an. In Deutschland konnte man den Film erst ab dem 20. Februar 1959 sehen.

Sydney Box übernahm die Herstellungsleitung. Die Filmbauten entwarf John Hawkesworth, Julie Harris entwarf die Kostüme.

Politischer Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Handlung wurde inspiriert von den Vorgängen um zwei Kirchenfürsten in kommunistischen Diktaturen. Sowohl der kroatische (jugoslawische) Kardinal Aloysius Stepinac als auch sein ungarischer Kollege József Mindszenty waren in ihren Ländern während der ausgehenden 1940er und während der 1950er Jahre massiven Verfolgungen durch die Staatsmacht ausgesetzt.

Kritiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Der Film bietet keinen primitiven Anti-Kommunismus, sondern eine intelligente Studie über Schuld, Sühne und totale Verfügbarkeit. Entsprechend ist auch die Regie zurückhalten, kühl und niemals auf gefühlvolle Effekte versessen. Die Herkunft des Stoffes von der Bühne ist auch im Film unverkennbar; das wird jedoch überspielt.“

Reclams Filmführer, von Dieter Krusche, Mitarbeit: Jürgen Labenski. S. 479. Stuttgart 1973

Der Movie & Video Guide empfand den Film als eine „grimmige Erzählung“ und lobte das Zusammenspiel zwischen Alec Guinness und Jack Hawkins.[2]

„Glenvilles erstes Werk, dem man die Bühnenherkunft seines Regisseur deutlich anmerkt, „Der Gefangene“, war eine superbe, weitestgehend auf zwei Personen beschränkte Gesellschafts- und Politstudie im Kammerspiel-Stil. Seine Protagonisten sind ein aufrechter, vom kommunistischen Staatsapparat inhaftierter Kirchenmann (Alec Guinness) und der ihn verhörende Staatsanwalt (Jack Hawkins), die sich ein spannendes, intellektuelles Duell liefern und tiefe Einblicke in persönliche Schuld, Verstrickungen und die Anpassungsfähigkeit des Menschen in Extremsituationen geben.“

Halliwell‘s Film Guide sah in dem Film ein reines Zwei-Personen-Dialogstück, das besser im Theater geblieben wäre.[3]

„Inspiriert vom Fall des ungarischen Kardinals Mindszenty und anderer authentischer Vorkommnisse, ist ein bemerkenswerter Film entstanden, der erschütternd glaubhaft wirkt, vor allem dank der Ausdruckskraft seines Hauptdarstellers.“

Die New York Times nannte den Film ein „grimmiges und ergreifendes Drama, das auch als aufschlussreicher Film funktioniert.“ Abschließend heißt es „Ein Film, der Sie erschaudern lässt — und nachdenken.“

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Gefangene in The Australian‘s Women Weekly vom 19. Oktober 1955
  2. Leonard Maltin: Movie & Video Guide, 1996 edition, S. 1039
  3. Leslie Halliwell: Halliwell‘s Film Guide, Seventh Edition, New York 1989, S. 815
  4. Der Gefangene im Lexikon des internationalen Films

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]