Dessa (Niger)

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Landgemeinde Dessa
Landgemeinde Dessa (Niger)
Landgemeinde Dessa (Niger)
Landgemeinde Dessa
Koordinaten 14° 31′ N, 1° 7′ OKoordinaten: 14° 31′ N, 1° 7′ O
Basisdaten
Staat Niger
Region Tillabéri
Departement Tillabéri
Einwohner 32.332 (2012)

Dessa (auch: Desa) ist eine Landgemeinde im Departement Tillabéri in Niger.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dessa befindet sich in der Sahelzone[1] und liegt nordwestlich der Regionalhauptstadt Tillabéri am Fluss Niger. Die Nachbargemeinden Dessas sind Ayérou im Norden, Anzourou im Osten, Bibiyergou und Sinder im Süden sowie Bankilaré, Kokorou und Méhana im Westen.

Bei den Siedlungen im Gemeindegebiet handelt es sich um 15 Dörfer und 44 Weiler.[2] Der Hauptort der Landgemeinde ist das Dorf Dessa.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Einwohner der Siedlung Dessa, Angehörige des Volks der Kurtey, waren im 19. Jahrhundert ständigen Angriffen der Tuareg-Gruppe Rhattafan ausgesetzt. Das einzige sichere Rückzugsgebiet der Kurtey war der Fluss und besonders eine dem Uferdorf Dessa gegenüberliegende Insel, die ebenfalls Dessa hieß.[4] Das Gebiet gelangte 1899 als Teil des neu geschaffenen Kreises Sinder unter französische Militärverwaltung. Im Jahr 1905 wurde Dessa dem neuen Militärterritorium Niger angeschlossen.[5] Die französische Kolonialverwaltung richtete 1906 in Dessa einen Kanton ein und setzte den vorkolonialen Ortschef von Dessa, einen Kurtey, als Kantonsleiter ein.

Das Gebiet des Kantons wurde 1933 um die Dörfer Diomona, Katanga, Nassiré, Tondia und Wali erweitert. Es handelte sich um Siedlungen der Bella, früherer Sklaven der Rhattafan, die nun dem Kurtey-Ortschef von Dessa unterstanden. Dies verstärkte die Rivalität zwischen Rhattafan und Kurtey. Noch bis ins Jahr 1960 zog es der Kurtey-Kantonschef aus Sicherheitsgründen vor, auf der Insel Dessa anstatt im Hauptort Dessa zu residieren. Aus dem Kanton ging 2002 im Zuge einer landesweiten Verwaltungsreform die Landgemeinde Dessa hervor. Versuche der Rhattafan, im Zuge dessen das Bella-Dorf Tondia und dessen Umland aus Dessa zu lösen, schlugen fehl.[4]

Von Überschwemmungen im August 2011 waren mehrere Siedlungen in der Gemeinde betroffen. Dabei stürzten mehrere Wohnhäuser ein und 988 Hektar landwirtschaftliche Nutzflächen wurden überflutet.[6] Mutmaßliche Mitglieder der Terrororganisation Islamischer Staat in der Größeren Sahara eröffneten am 7. Februar 2020 im Hauptort das Feuer und verletzten dabei zwei Lehrer schwer.[7] Die an Mali grenzende Region Tillabéri hatte vermehrt mit Sicherheitsprobleme zu kämpfen. Die Gemeinde Dessa nahm zahlreiche geflüchtete Menschen auf. Allein im Dorf Famalé lebten Mitte 2020 mehr als 6000 vertriebene Bauern.[8]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Volkszählung 2012 hatte die Landgemeinde 32.332 Einwohner, die in 4132 Haushalten lebten.[2] Bei der Volkszählung 2001 betrug die Einwohnerzahl 31.028 in 4167 Haushalten.[9]

Im Hauptort lebten bei der Volkszählung 2012 2191 Einwohner in 306 Haushalten,[2] bei der Volkszählung 2001 2102 in 285 Haushalten[9] und bei der Volkszählung 1988 2391 in 354 Haushalten.[10]

In ethnischer Hinsicht ist die Gemeinde ein Siedlungsgebiet von Songhai, Fulbe und Tuareg.[11]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gemeinderat (conseil municipal) hat 12 gewählte Mitglieder. Mit den Kommunalwahlen 2020 sind die Sitze im Gemeinderat wie folgt verteilt: 5 MODEN-FA Lumana Africa, 4 MNSD-Nassara und 3 PJP-Génération Doubara.[12]

Traditionelle Ortsvorsteher (chefs traditionnels) stehen an der Spitze von 13 Dörfern in der Gemeinde, darunter dem Hauptort.[2]

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Dessa verläuft die Nationalstraße 1, die den Ort mit der Hauptstadt Niamey im Süden und der Staatsgrenze zu Mali im Norden verbindet. Die Gemeinde liegt in einer Zone, in der Agropastoralismus betrieben wird.[13] Das staatliche Versorgungszentrum für landwirtschaftliche Betriebsmittel und Materialien (CAIMA) unterhält eine Verkaufsstelle im Hauptort.[14]

Gesundheitszentren des Typs Centre de Santé Intégré (CSI) sind im Hauptort sowie in den Siedlungen Diomona, Famalé und Kandadji vorhanden.[15] Der CEG Dessa ist eine allgemein bildende Schule der Sekundarstufe des Typs Collège d’Enseignement Général (CEG).[16] Beim Centre de Formation aux Métiers de Dessa (CFM Dessa) handelt es sich um ein Berufsausbildungszentrum.[17] Wichtige infrastrukturelle Einrichtungen im Gemeindegebiet wurden zunächst nicht im Hauptort Dessa, sondern im Dorf Famalé im Zentrum des Gemeindegebiets geschaffen. Der Grund dafür lag im Misstrauen des damaligen Kantonschefs von Dessa gegen die französische Herrschaft, die er nicht zu nahe seiner Residenz wissen wollte. Die 1955 eröffnete erste Schule, das 1956 eröffnete erste Gesundheitszentrum und die 1960 eröffnete landwirtschaftliche Dienststelle im Gebiet der Landgemeinde befanden sich deshalb alle in Famalé.[18]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ali Sirfi (* 1955), Rechtsanwalt und Politiker

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Abdoua Elhadji Dagobi: Conflits fonciers et aménagements hydro-agricoles dans le canton de Dessa (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 29). LASDEL, Niamey/Parakou Mai 2004 (lasdel.net [PDF]).
  • Abdoua Elhadji Dagobi: Les élections locales de 2009 dans la commune de Dessa. In: Jean-Pierre Olivier de Sardan (Hrsg.): Élections au village. Une ethnographie de la culture électorale au Niger. Karthala, Paris 2015, ISBN 978-2-8111-1377-3, S. 229–254.
  • Oubaidoulaye Idrissa Yacouba: Part des dépenses de santé dans l’économie des ménages des riziculteurs dans la vallée du fleuve Niger, département de Tillabéry, commune de Dessa. Faculté d’Agronomie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2020.
  • Raymond Malfettes: Le canton de Dessa (= Archives des Etudes Nigériennes. Nr. 1). 1964.
  • Zakari Saidou: Contraintes environnementales et stratégies paysannes d’adaptation. Organisation des activités économiques et sociales de saison des pluies dans le village de Famalé (Commune rurale de Dessa/Tillabéri). Faculté d’Agronomie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2010.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ibrahim Oumarou Sadou, Souleymane Amadou: Monographie de la région de Tillabéri. (PDF) Institut National de la Statistique, République du Niger, Oktober 2016, S. 19, archiviert vom Original am 28. Dezember 2021; abgerufen am 17. Januar 2022 (französisch, Figure 2: Carte de zonage agro-écologique de la région de Tillabéri).
  2. a b c d Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique de la République du Niger, Juli 2014, S. 515–517, abgerufen am 7. August 2015 (französisch).
  3. Loi n° 2002-014 du 11 JUIN 2002 portant création des communes et fixant le nom de leurs chefs-lieux. République du Niger, 11. Juni 2002.
  4. a b Abdoua Elhadji Dagobi: Le pouvoirs locaux à Dessa. In: Jean-Pierre Olivier de Sardan, Mahamam Tidjani Alou (Hrsg.): Le pouvoirs locaux au Niger. Tome 1: À la veille de la decéntralisation. Karthala, Paris 2009, ISBN 978-2-8111-0306-4, S. 199–202.
  5. Edmond Séré de Rivières: Histoire du Niger. Berger-Levrault, Paris 1965, S. 234–235.
  6. Rapport de la mission d’évaluation rapide suite aux inondations dans les communes de Déssa, Anzourou et Sakoira (Département de Tillabery). FCMN NIYA / Oxfam, August 2011.
  7. Niger: Threats and Violence Against Civilians and Vital Civilian Facilities Bulletin 1: January–March 2020. Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, 14. April 2020, abgerufen am 3. Januar 2021 (englisch).
  8. The violence in Mali has spread into the Tillabéri area of Niger. Internationales Komitee vom Roten Kreuz, 7. Juli 2020, abgerufen am 25. April 2021 (englisch).
  9. a b Répertoire National des Communes (RENACOM). (RAR-Datei) Institut National de la Statistique, abgerufen am 8. November 2010 (französisch).
  10. Recensement Général de la Population 1988: Répertoire National des Villages du Niger. Bureau Central de Recensement, Ministère du Plan, République du Niger, Niamey März 1991, S. 274 (web.archive.org [PDF; abgerufen am 4. Mai 2019]).
  11. Yveline Poncet: Cartes ethno-démographiques du Niger au 1/1 000 000. Notice des cartes (= Etudes nigériennes. Nr. 32). Centre Nigérien de Recherches en Sciences Humaines, Niamey 1973, Annex: République du Niger: Carte ethno-démographique au 1:1 000 000 (odsef.fss.ulaval.ca [PDF; abgerufen am 31. Januar 2021]).
  12. Résultats élections – Communales. Commission Électorale Nationale Indépendante, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Januar 2021; abgerufen am 2. Januar 2021 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ceniniger.org
  13. Comprendre l’économie des ménages ruraux au Niger. (PDF) Save the Children UK, 2009, S. 8, abgerufen am 2. September 2020 (französisch).
  14. CAIMA. In: Béret Vert. Bulletin de Liaison et d’Information des Forces Armées Nigériennes. Nr. 17, Mai 2013, S. 28.
  15. Niger DSS. In: Systeme Nationale d’Information Sanitaire (SNIS). Ministère de la Santé Publique, République du Niger, abgerufen am 10. November 2020 (französisch).
  16. Niger – Recensement Scolaire 2008–2009, Enquête statistique. Dictionnaire des donnèes. Institut National de la Statistique de la République du Niger, 28. November 2013, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 10. November 2020 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/anado.ins.ne (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  17. Annuaire statistique. Année scolaire 2020–2021. Edition 2022. (PDF) Direction des Statistiques et de la Digitalisation, Ministère de l’Enseignement Technique et de la Formation Professionnelle, République du Niger, 18. Oktober 2022, S. 7 und 95, abgerufen am 18. Mai 2023 (französisch).
  18. Abdoua Elhadji Dagobi: Le pouvoirs locaux à Dessa. In: Jean-Pierre Olivier de Sardan, Mahamam Tidjani Alou (Hrsg.): Le pouvoirs locaux au Niger. Tome 1: À la veille de la decéntralisation. Karthala, Paris 2009, ISBN 978-2-8111-0306-4, S. 197–199.