Dicraeosaurus

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Dicraeosaurus

Lebendrekonstruktion von Dicraeosaurus hansemanni

Zeitliches Auftreten
Oberjura (Tithonium)[1]
152,1 bis 145 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Echsenbeckensaurier (Saurischia)
Sauropoden (Sauropoda)
Neosauropoda
Diplodocoidea
Dicraeosauridae
Dicraeosaurus
Wissenschaftlicher Name
Dicraeosaurus
Janensch, 1914
Arten
  • Dicraeosaurus hansemanni
  • Dicraeosaurus sattleri

Dicraeosaurus ist eine Gattung sauropoder Dinosaurier aus dem Oberjura (Tithonium) von Tansania (Ostafrika). Beschrieben wurde Dicraeosaurus von dem deutschen Dinosaurierforscher Werner Janensch.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dicraeosaurus ist ein eher kleiner Sauropode (für Sauropoden-Standards) von etwa 13 m Länge. Wie alle Sauropoden bewegte sich das Tier auf allen vier Beinen fort (Quadrupedie) und besaß einen kleinen Schädel, langen Hals, massigen Körper und langen Schwanz. Allerdings ist der Hals von Dicraeosaurus im Vergleich zu anderen Sauropoden eher kurz. Der Schädel ähnelte dem von Diplodocus, war also langgestreckt, mit hoch auf dem Kopf liegenden Nasenöffnungen und auf das vordere Ende der Schnauze beschränkte Bezahnung. Die meisten Besonderheiten von Dicraeosaurus finden sich in der Wirbelsäule. In den Hals und Rückenwirbel sind die Dornfortsätze sehr hoch und gegabelt, zudem sind sie, im Gegensatz zu den meisten anderen Sauropoden, im Hals nach vorne inkliniert. Auf die Y-förmigen Dornfortsätze der Halswirbel bezieht sich auch der Name der Gattung, der sich mit „gegabelte Echse“ übersetzen lässt. Große Aushöhlungen in den Seiten der Wirbelkörper, sogenannte Pleurocoele, wie sie typisch für Sauropoden sind, fehlen fast völlig. Der Schwanz ist etwa ebenso lang wie der Rest des Körpers und endet in einer schlanken, peitschenartigen Spitze. Die Beine sind kräftig und säulenförmig und Dicraeosaurus war, wie alle Dinosaurier, ein Zehengänger.

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwei Arten von Dicraeosaurus sind bekannt, D. hansemanni und D. sattleri. Dicraeosaurus ist die namensgebende Gattung der Familie Dicraeosauridae. Die Dicraeosauridae unterteilen sich in drei Gruppen innerhalb der Diplodocoidea die wiederum zu den Neosauropoda zählen. Gegenwärtig (Stand: 2019) sind sieben Dicraeosauriden-Arten aus dem Mitteljura Chinas (Lingwulong shenqui), dem Oberjura von Afrika (Dicraeosaurus), Nordamerika (Suuwassea emiliae) und Zentralpatagonien (Brachytrachelopan mesai) sowie der Unterkreide aus Nordpatagonien (Pilmatueia faundezi, Bajadasaurus pronuspinax und Amargasaurus cazaui) bekannt[2]. Im Gegensatz zu ihrer Schwestergruppe, den Diplodociden, sind die Dicraeosauriden nach dem derzeitigen Kenntnisstand ganz auf die südliche Halbkugel (Gondwana) beschränkt.

Fundort und Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Moderne Skelettrekonstruktion von Dicraeosaurus hansemanni im Berliner Museum für Naturkunde mit durchgestreckten Beinen
Veraltete Skelettrekonstruktion von Dicraeosaurus hansemanni im Berliner Museum für Naturkunde mit angewinkelten Beinen

Dicraeosaurus stammt aus der berühmten Fundstelle Tendaguru in Tansania und wurde während der Deutschen Tendaguru-Expeditionen von 1909 bis 1913 gefunden. In Tendaguru lassen sich drei verschiedene Schichten unterscheiden, in denen Dinosaurier vorkommen und die etwas unterschiedlichen Alters sind, der Untere, Mittlere und Obere Sauriermergel. Die beiden Arten von Dicraeosaurus lebten somit nicht zusammen, sondern kamen in unterschiedlichen Schichten vor, Dicraeosaurus hansemanni im Unteren sowie Mittleren (Oxfordium und Kimmeridgium) und Dicraeosaurus sattleri im Oberen Sauriermergel (Tithonium). Der Fundort am Tendaguru repräsentiert eine Gezeitenzone an der Küste und somit vermutlich nicht den eigentlichen Lebensraum von Dicraeosaurus, der eher im Hinterland zu suchen ist.

Wie alle Sauropoden war auch Dicraeosaurus ein Pflanzenfresser. Zusammen mit Dicraeosaurus wurden andere Arten von Sauropoden gefunden, darunter Giraffatitan, Tornieria und, im oberen Sauriermergel, Janenschia. Weitere Pflanzenfresser im Ökosystem von Tendaguru waren der Ornithopode Dysalotosaurus und der Stegosaurier Kentrosaurus (auch Kentrurosaurus genannt). Somit mussten sich die verschiedenen Pflanzenfresser spezialisieren, und Dicraeosaurus und die Dicraeosauriden insgesamt scheinen auf das Abweiden niedriger Vegetation spezialisiert gewesen zu sein.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Martin Aberhan, Robert Bussert, Wolf-Dieter Heinrich, Eckhart Schrank, Stephan Schultka, Benjamin Sames, Jürgen Kriwet, Saidi Kapilima: Palaeoecology and depositional environments of the Tendaguru Beds (Late Jurassic to Early Cretaceous, Tanzania). In: Mitteilungen aus dem Museum für Naturkunde in Berlin. Geowissenschaftliche Reihe. Bd. 5, Nr. 1, 2002, ISSN 1435-1943, S. 19–44, doi:10.1002/mmng.20020050103.
  • Werner Janensch: Übersicht über die Wirbeltierfauna der Tendaguru-Schichten, nebst einer kurzen Charakterisierung der neu aufgeführten Arten Sauropoden. In: Archiv für Biontologie. Bd. 3, 1914, ZDB-ID 500155-9, S. 81–110.
  • Werner Janensch: Die Wirbelsäule der Gattung Dicraeosaurus. In: Wissenschaftliche Ergebnisse der Tendaguru-Expedition 1909–1912. NF Reihe 1, Teil 2, Lfg. 1 = Palaeontographica. Supplement. 7, 1, 2, 1, 1929, ISSN 0085-4611, S. 1–34.
  • Werner Janensch: Ein aufgestelltes Skelett von Dicraeosaurus hansemanni. In: Wissenschaftliche Ergebnisse der Tendaguru-Expedition 1909–1912. NF Reihe 1, Teil 2, Lfg. 3 = Palaeontographica. Supplement. 7, 1, 2, 3, 1935, S. 301–308.
  • Werner Janensch: Die Schädel der Sauropoden Brachiosaurus, Barosaurus und Dicraeosaurus aus den Tendaguru-Schichten Deutsch-Ostafrikas. In: Wissenschaftliche Ergebnisse der Tendaguru-Expedition 1909–1912. NF Reihe 1, Teil 2, Lfg. 2–3 = Palaeontographica. Supplement. 7, 1, 2, 2–3, 1935–1936, S. 147–298.
  • Werner Janensch: Die Gliedmaszen und Gliedmaszengürtel der Sauropoden der Tendaguru-Schichten. In: Wissenschaftliche Ergebnisse der Tendaguru-Expedition 1909–1912. NF Reihe 1, Teil 3, Lfg. 4 = Palaeontographica. Supplement. 7, 1, 3, 4, 1935–1936, S. 177–235.
  • Paul Upchurch, Paul M. Barrett: The evolution of sauropod feeding mechanisms. In: Hans-Dieter Sues (Hrsg.): Evolution of herbivory in terrestrial vertebrates. Perspectives from the fossil record. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2000, ISBN 0-521-59449-9, S. 79–122.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Dicraeosaurus – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gregory S. Paul: The Princeton Field Guide To Dinosaurs. Princeton University Press, Princeton NJ u. a. 2010, ISBN 978-0-691-13720-9, S. 187–188, Online.
  2. Phylogenetische Position der Dicraeosauridae. In: nature.com. 13. Juli 2018, abgerufen am 22. Februar 2019.