Dimethylglucamin

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Strukturformel
Strukturformel von N,N-Dimethyl-D-glucamin
Allgemeines
Name Dimethylglucamin
Andere Namen
  • 1-Desoxy-1-(dimethylamino)-D-glucitol (IUPAC)
  • N,N-Dimethylglucamin
  • N,N-Dimethyl-D-glucamin
  • Methylmeglumin
  • (2R,3R,4R,5S)-6-(dimethylamino)hexan-1,2,3,4,5-pentol
  • DIMETHYLGLUCAMINE (INCI)
Summenformel C8H19NO5
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 76326-99-3
EG-Nummer (Listennummer) 810-394-3
ECHA-InfoCard 100.238.548
PubChem 11564307
ChemSpider 9739078
Wikidata Q76421688
Eigenschaften
Molare Masse 209,24 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,1808 g·cm−3 bei 25 °C[2]

Schmelzpunkt
Siedepunkt

488,56 K[2]

Löslichkeit

löslich in Wasser und Isopropanol-Acetonitril-Gemisch[1]

Brechungsindex

1,4538 (25 °C, 589 nm)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[4]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Dimethylglucamin ist ein von dem Monosaccharid Glucose als nachwachsendem Rohstoff abgeleitetes tertiäres Amin. Wegen seines basischen Charakters wird Methylmeglumin als geruchsarmes, nichtkorrosives, umwelt- und gesundheitsverträgliches Neutralisierungsmittel in wasserbasierten Dispersionsfarben und -lacken und in flüssigen Zubereitungen für Körperpflege und Kosmetik eingesetzt.

Vorkommen und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In wässriger Lösung wird D-Glucose mit Dimethylamin bei Hydrierung an einem heterogenen Ruthenium-Katalysator in 95%iger Ausbeute zu (neben geringen Mengen Sorbit und N-Methyl-D-glucamin) zu Dimethylglucamin umgesetzt.[5]

Synthese von Dimethylglucamin aus Glucose
Synthese von Dimethylglucamin aus Glucose

In Abhängigkeit von der Reaktionstemperatur und dem Katalysator-Glucose-Verhältnis kann auch eine Retroaldolreaktion zu den Spaltprodukten Dimethylaminoethanol DMAE und Tetramethylethylendiamin TMEDA stattfinden.[6]

Das bei der als Leuckart-Wallach-Reaktion bekannten reduktiven Aminierung von N-Methyl-D-glucamin (Meglumin) – aus Glucose und Methylamin an einem Ruthenium-Kontakt in 96%iger Ausbeute erhältlich[5] – mit Formaldehyd HCHO erhaltene Addukt wird an Raney-Nickel fast quantitativ zu Methylmeglumin hydriert.[3]

Synthese von Dimethylglucamin aus Meglumin
Synthese von Dimethylglucamin aus Meglumin

Schonende Prozessbedingungen, wie z. B. Reaktion und Hydrierung bei 30 bis 40 °C, gefolgt von Nachhydrierung bei 90 °C, erzeugen statt brauner hellgelbe Reaktionslösungen, die nur noch Spuren von Formaldehyd und durch Hydrierung daraus entstandenem Methanol enthalten und sich auch für kosmetische Zubereitungen eignen.[7]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dimethylglucamin fällt beim Einengen der wässrigen Reaktionslösungen meist als gelber bis brauner Sirup an, der beim Abkühlen als farbloser Feststoff auskristallisiert. Zur Reinigung kann die Rohsubstanz aus Ethylacetat umkristallisiert werden.[1] N,N-Dimethyl-D-glucamin ist gut wasserlöslich, so dass sich auch klare, niedrigviskose, hellgelbe (Hazen-Farbzahl < 250) 50%ige wässrige Lösungen herstellen lassen. Der pH-Wert einer 1%igen Lösung beträgt ca. 10,9.[8]

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das zu hohen Anteilen (ca. 75 %) aus dem nachwachsenden Rohstoff Zucker abgeleitete Aminopolyol N,N-Dimethyl-D-glucamin bildet mit Fettsäuren, wie z. B. Ölsäure, die entsprechenden Ammoniumsalze, die bereits bei niedrigen Neutralisationsgraden homogene Lösungen bilden und sich durch sehr niedrige Viskositäten auszeichnen. So können gut handhabbare und dosierbare hochkonzentrierte Flüssigwaschmittel und Flüssigseifen realisiert werden.[9]

Durch Quaternisierung mit längerkettigen n-Bromalkanen (C12 bis C20) sind in Isopropanol-Acetonitril-Gemischen antimikrobielle Substanzen zugänglich, die gegen grampositive Bakterien, wie z. B. S. aureus, und Hefen, wie z. B. Candida albicans wirksam, gegen gramnegative Bakterien, wie z. B. E. coli allerdings praktisch unwirksam sind.[1]

Quaternisierung von Dimethylglucamin
Quaternisierung von Dimethylglucamin

Dimethylglucamin eignet sich als geruchsarmer und antikorrosiver Ersatz für den synthetischen pH-Wert-Regler Aminomethylpropanol (AMP) für wasserbasierte Lacke und Farben, besonders in Innenanwendungen. Zusätzlich erhöht es die thermische Stabilität der Farbdispersionen und ihre Farbstärke.

Hersteller und Handelsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dimethylglucamin wird von Global Amines Germany GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der Firmen Clariant AG und Wilmar International hergestellt und unter den Namen Genamin® Gluco 50 für technische Einsatzbereiche bzw. Neutrotain™ DMG für Körperpflege- und Kosmetikanwendungen in den Handel gebracht.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e F. Gregan, F. Devinsky, J. Zima, D. Mlynarcik, P. Novomesky, I. Lacko, J. Sivy: Synthesis and antimicrobial activity of a series of N,N-dimethyl-N-alkyl-D-glucaminium bromides. In: Chem. Papers. Band 50, Nr. 5, 1996, S. 310–315 (chempap.org [PDF]).
  2. a b c d Carl L. Yaws: Thermophysical Properties of Chemicals and Hydrocarbons, 2nd Edition. Elsevier Inc., Oxford, UK 2015, ISBN 978-0-323-28659-6, S. 76.
  3. a b Patent EP0614881A1: Verfahren zur Herstellung von tertiären Dialkylpolyhydroxyaminen. Angemeldet am 1. März 1994, veröffentlicht am 14. September 1994, Anmelder: Hoechst AG, Erfinder: F. Weinelt.
  4. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von D-Glucitol, 1-deoxy-1-(dimethylamino)- im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 29. Mai 2022.
  5. a b Patent DE4400591A1: Verfahren zur Herstellung von Aminoalkoholen. Angemeldet am 12. Januar 1994, veröffentlicht am 13. Juli 1995, Anmelder: BASF AG, Erfinder: H.-J. Weyer, H.J. Mercker, R. Becker.
  6. J. Poissonnier, M. Pelckmans, F. Van Waes, K. Moonen, B.F. Sels, J.W. Thybaut, G.B. Marin: Kinetics of homogeneous and heterogeneous reactions in the reductive aminolysis of glucose with dimethylamine. In: Appl. Catal. B: Environmental. Band 227, 2018, S. 161–169, doi:10.1016/j.apcatb.2018.01.025.
  7. Patent WO2018172025A1: Katalytisches Verfahren zur Herstellung von N,N-Dimethylglucamin ausgehend aus N-Methylglucamin. Angemeldet am 28. Februar 2018, veröffentlicht am 27. September 2018, Anmelder: Clariant International Ltd., Erfinder: E. Akgün, M. Link, S. Werner, K. Raab, P. Klug, K. Scheitzeneder, S. Kreuzpointner.
  8. Genamin Gluco 50: A multifunctional neutralizer for ecolabel certified paints. (PDF; 5,7 MB) In: clariant.com. Clariant International Ltd., abgerufen am 11. August 2020 (englisch).
  9. Patent WO2017060481A1: Zusammensetzungen enthaltend Zuckeramin und Fettsäure. Angemeldet am 13. April 2017, veröffentlicht am 7. Oktober 2016, Anmelder: Clariant International Ltd., Erfinder: P. Klug, C. Cohrs, U. Back, K. Mutch.