Diskussion:Das Eine/Archiv/1

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Das Eine keine Zahl

Da wäre noch manches zu tun. Eins aber ist auf jeden Fall zu ändern: Dass das Eine Zahl sei. Im griechischen Denken ist die Eins keine Zahl, die Zahlen beginnen dort erst mit der Zwei, so seltsam sich das für uns auch anhören mag. --Peter Hammer 08:44, 27. Mai 2006 (CEST)

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Brahman und Übersetzungsproblematik sowie andere Hinweise

Bereits ca. 600 Jahre vor Parmenides finden wir in der indischen Philosophie, im Schöpfungshymnus des Rigveda X, den Begriff "das Eine", das Eine, das vor allem Anderen war:

"Damals war nicht das Nicht-Sein, noch das Sein. Kein Luftraum mehr, kein Himmel drüber her. Wer hielt in Hut die Welt, wer schloss sie ein? Wo war der tiefe Abgrund, wo das Meer?

Nicht Tod war damals noch Unsterblichkeit, nicht war die Nacht, der Tag nicht offenbar. Es hauchte windlos in Ursprüglichkeit das Eine, außer dem kein anders war."

(in der Übertragung von Paul Deussen 1894)


In anderen Büchern des Rigveda finden wir den Begriff "das Brahman", der m. E. auf der selben Ebene liegt wie der Begriff "das Eine", der von verschiedenen Philosophen ja auch in verschiedenen Bedeutungen benutzt wird.

"Brahman ist die Unendlichkeit, das Allgegenwärtige, die Schöpfung, die Erhaltung und die Zerstörung. Brahman ist das Eine. Die Seele eines jeden Menschen ist ein Teil des Brahman oder zumindest dem Brahman ähnlich. Brahman wird als "kosmische Energie", als das "nicht in Worte fassbare" oder das "Absolute" bezeichnet. Es ist omnipräsent und liegt allen Dingen der Welt zugrunde oder, besser gesagt, es ist der Urgrund und Träger aller Dinge der Welt." Quelle: http://www.hinduismus-religion.de/html/brahman.html

Etwa zeitgleich mit Parmenides lebte Lao Tse (Laozi), dessen "Tao" (Dao) aus meiner Sicht ebenfalls nur eine andere Bezeichnung für das Eine ist: nicht nennbar, nicht begreifbar, nicht mitteilbar, allenfalls erahnbar als Urgrund all dessen, was ist.

Weder im Schöpfungshymnus des Rigveda noch im Tao Te King (Daodejing) wird das Eine bzw. das Tao mit Gott gleichgesetzt. Es war vor den Göttern bzw. vor Gott. Auch das Brahman gilt nicht als Gott, jedenfalls nicht als personifizierte Gottheit.

Und dann gibt es das Eine noch bei Giordano Bruno: "Über die Ursache, das Prinzip und das Eine" (De la causa, principio et Vno). Hier bedeutet das Eine: das Unendliche, das Seiende, das in allem und allgegenwärtig (ubique) ist, die e i n e Substanz des Universums, die uns in unserer Wahrnehmung in wechselndem Antlitz erscheint.

Wenn es um den Begriff „das Eine“ geht, würde ich Parmenides, Heraklit und Nikolaus von Kues beiseite lassen und Synonyme oder verwandte Begriffe mit einbeziehen. Es verbleiben dann (in historischer Abfolge):

1. das Eine aus dem Schöpfungshymnus des Rigveda X 2. das Brahman, ebenfalls aus Büchern des Rigveda 3. das Tao des Lao Tse 4. das Eine bei Platon und Plotin 5. das Eine bei Bruno 6. das Eine oder auch das Umgreifende bei Jaspers

Bei Unterschieden in der Beschreibung verbindet m. E. alles die, wenn auch vage oder nur erahnbare Vorstellung eines letzten Grundes, eines Absoluten, einer (nicht beschreibbaren) Kraft, ohne die nichts wäre, was ist und mit der wir in einer Weise verbunden sind, die sich unserem Verständnis entzieht. --Gisel 17:42, 8. Jan. 2008 (CET) Gisbert König

Lieber Gisbert, ähnliche Gedanken habe ich mir (teilweise) auch schon gemacht. ABER: Ist die Übertragung von Paul Deussen so auch religionswissenschaftlich anerkannt oder wird da ein europäischer Begriff für eine ganz andere Bedeutung in der Originalsprache reingequetscht? Wie lauten wissenschaftliche moderne Übersetzungen? Die Gleichsetzung von Brahman und Tao mit dem Einen dürfte problematisch und m.E. mit anerkannter Fachliteratur nicht belegbar sein. Falls doch wäre ich für einen Nachweis dankbar. Dafür vielleicht noch zwei Gegenargumente: Soweit Brahman als Weltseele übersetzt wird hätte es seine Entsprechung eben vielleicht eher in der Weltseele des (Neu-)Platonismus, diese ist aber unterhalb des Einen angesiedelt. Das Dao wird eher mit Weg übersetzt und dürfte schon daher eine andere Bedeutung haben. Natürlich lädt die Unbestimmtheit dieser Begriffe dazu ein, Vergleiche zu ziehen. Diese müßten dann aber auch mit Fachliteratur nachgewiesen werden können. Viele Grüße --Muesse 23:56, 8. Jan. 2008 (CET)

Seit längerem bin ich in der Philosophiegeschichte auf der Suche nach Gedanken über das, was man die letzte, höchste und absolute Ursache nennen könnte. Ganz viel habe ich dabei nicht gefunden, wohl auch deswegen, weil sich die meisten Philosophen sehr zurückhalten, wenn es um die sog. letzten Fragen geht. Es geht mir um das, was ich im letzten Absatz meines Diskussionsbeitrags vom 8.1.2008 genannt habe. Die Bezeichnung ist unwichtig. Kein Begriff aus der Umgangssprache kann das Gemeinte treffen. Daher schreibt Lao Tse in Kapitel 25: “In Ermangelung eines besseren Namens nenne ich es das Tao.“

Es geht mir also nicht um den Begriff „das Eine“, sondern um einen bestimmten Inhalt. Deswegen ist es für mich auch unbeachtlich, ob Deussen den Begriff sprachwissenschaftlich zutreffend übersetzt hat (was ja nicht immer möglich ist).

Ich sehe, dass meine Gedanken eher Material zu einem Beitrag zu dem Stichwort „die letzte Ursache“ abgeben könnten. Dieser Artikel müsste noch geschrieben werden.--Gisel 18:20, 9. Jan. 2008 (CET)

Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass in einem Artikel zum Stichwort "das Eine" auch Giordano Bruno aufzuführen ist. Am Ende des 5. und letzten Dialogs lässt Bruno den Diskussionsteilnehmer Gervasio sagen: "So bin ich nun ein Gelehrter; denn wie derjenige nichts weiß, der nicht um das Eine weiß, so versteht alles, wer wahrhaft das Eine versteht; und wer sich der Erkenntnis des Einen nähert, kommt auch der Erkenntnis von allem näher." --Gisel 09:44, 15. Jan. 2008 (CET)

Ich freue mich, dass der Artikel aufgrund meiner Diskussionsbeiträge in bedeutendem Umfang erweitert wurde, indem nunmehr auch über themenbezogene Gedanken von Laozi, Aristoteles, Dschuang Dsi, Giordano Bruno und Fichte berichtet wird. --Gisel 19:53, 21. Jan. 2008 (CET)

Und ich freue mich, dass Du Dich auch für dieses Thema interessierst.--Muesse 13:28, 22. Jan. 2008 (CET)
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Jüdische Philosophie

Hallo HV, ich freue mich über Deine Mitarbeit. Damit der Bezug zum Lemma nicht problematisch wird, darf ich Dich höflich bitten, diesen deutlich herauszuarbeiten und mit philosophischer Fachliteratur nachzuweisen. Sonst besteht die Gefahr einer Ausuferung in allgemein-religiöse Themen etc., die vom Lemma nicht gedeckt wäre. Liebe Grüße Hannes --Muesse 18:35, 3. Mai 2009 (CEST)

Hm, das übersteigt im Moment meine zeitlichen und kenntnisbezogenen Möglichkeiten. Sehr wohl bin ich aber an einer genauen und sauberen Klärung dieses Zusammenhangs selbst stark interessiert. Im Moment wissen wir ja ziemlich sicher, dass die Emanationslehre des Zohar neoplatonisch beeinflusst ist. Auch wenn niemand explizit etwas dazu geschrieben haben sollte, ist dann dennoch stark anzunehmen, dass das neoplatonische Eine ein Analogon in den Lehren des Zohar besitzt, die ich wohl hoffentlich korrekt dargestellt habe. Welches Element darin jetzt genau oder am ehesten als Analogon des Einen anzusehen ist, kann ich aufgrund unzureichender Kenntnis von Plotin nicht mit Sicherheit sagen, aber es lassen sich doch wohl einige Elemente klar ausschließen. Der Zohar spricht von Ein Sof (dem Unendlichen), dem Punkt berešīt (dem Anfang) und von elohīm (Gott). Dem Ein Sof korrespondiert doch unstrittig wohl am ehesten die Plotinsche Ewigkeit, woraus sich dann am ehesten Berešīt als Analogon zum Einen ergibt (wobei natürlich klar ist, dass hier natürlich ursprünglich neoplatonisch gedachte Begriffe und Kategorien in transformierter und durch die Autoren des Zohar veränderter Gestalt vorliegen können!). Zugegeben ist das so strenggenommen sehr sehr TF, aber es sollte ja wirklich nur mal ein inhaltlicher Anfang werden, um sich den dann ergebenden tieferen Problemen präzisierend nähern zu können, bzw. Literatur und Nachweise zu suchen. Auf allgemeine Nachschlagewerke können wir da eher nicht hoffen, denn es handelt sich ja nicht gerade um einen sehr trivialen Sachverhalt. Wenn sich nun aber zwischen Plotin/Neoplatonismus und Zohar beim besten Willen keinerlei sinnvoller Zusammenhang nachvollziehen lassen sollte, dann wäre das (ja inzwischen nachgewiesene) Diktum von dem angeblichen Einfluss in der Tat deutlich in Frage zu stellen und dies im Artikel zu erwähnen: die Literatur spräche dann vom Einfluss des Neoplatonismus auf die Kabbala, ohne dass wir dies konkret verstehen können... --HV 20:48, 3. Mai 2009 (CEST)
Natürlich könnte man auf dem Wege der Theoriefindung in allen Religionen, Schöpfungsmythen und esoterischen Weltanschauungen nach mehr oder weniger vermeintlichen Analogien suchen und diese hier reinschreiben. Dies hätte dann aber nichts mehr mit dem Lemma zu tun, hier geht es um einen philosophischen Grundbegriff. Ich habe deshalb selbst bewusst darauf verzichtet, z.B. das henologische Gebet Jesu in Joh. 17 einzubauen oder nach Analogien im Buddhismus zu suchen, vgl. auch bereits die Diskussion oben zum Hinduismus. In der mittelalterlichen arabischen und jüdischen Philosophie gibt es wohl eine spezifisch philosophische Auseinandersetzung mit dem "Einen". Diese hier mit Fachliteratur einzubauen wäre sehr verdienstvoll. Ob Grözinger hierfür überhaupt die henologisch geeignete Fachliteratur ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Auf S. 218 berichtet er, dass Israeli (Richtigstellung: nicht Isaak Israeli sondern Isaak der Blinde) "En Sof" als das Unbegrenzte (!) als Analogon zum Einen (hen) betrachtet habe. Dies erscheint aber nicht stimmig, da das Unbegrenzte (apeiron) nach durchgängiger henologischer Auffassung seit den Pythagoräern gerade vom "hen" her seine Grenze erhält, was Grözinger wiederum zutreffend in einem Zitat auf Seite 43 unter Berufung auf P. Deussen, der wiederum Aristoteles zitiert, berichtet. "En Sof" als der unendliche Gott, der jenseits und über den zehn Sefirot steht (Grözinger, S. 219), scheint dann vielleicht doch kein spezifisch henologisches Konzept zu sein - zumindest nicht mehr als jeder andere Monotheismus auch. Dass Du dann abweichend von Grözinger, auf den Du Dich berufen willst, nicht einmal "En Sof" sondern ohne jede Fachliteratur "Berešīt" als Analogon zum "hen" behauptest, scheint mir nur noch mehr unwissenschaftliche Verwirrung zu stiften. Bei einem derart anspruchsvollen Thema sollte ausschließlich mit anerkannter Fachliteratur gearbeitet werden. Anknüpfungspunkt für weitere Ausführungen könnte also bestenfalls die Lehre von "En Sof" sein und diesbezüglich vielleicht der Kommentar von Israeli (Richtigstellung: nicht Isaak Israeli sondern Isaak der Blinde) zu "Sefer Jezira", Zeilen 75 ff. (Grözinger S. 220 oben). Das alles ist m.E. aber für diesen Artikel "Das Eine" zu speziell und deshalb didaktisch wenig sinnvoll.--Muesse 23:19, 3. Mai 2009 (CEST)
  • Um Missverständnisse vorsorglich zu vermeiden: ich habe keinerlei religiöses oder theologisches Verhältnis zum Zohar oder zur Kabbala. Daher besteht grundsätzlich erst mal kein POV-Verdacht. Mich interessiert der Zohar lediglich als historischer, ideengeschichtlich relevanter Text und ich möchte verstehen, was genau darin steht, wovon seine Autoren in welcher Weise beeinflusst wurden und welche Wirkung er selbst ausgeübt hat. Was dann am Ende als Ergebnis bei dieser Untersuchung herauskommt ist mir relativ gleichgültig, solange es eben weitestgehend plausibel und objektivierbar ist. Auch wenn sich herausstellen sollte, dass es gar keinen nachvollziehbaren Bezug zum Neoplatonismus gäbe, wäre das ein Ergebnis, das mich nicht enttäuschen würde, solange es sich dabei um ein fundiertes Ergebnis handelt. Jetzt haben wir aber bereits die Aussage, dass ein Verhältnis zum Neoplatonismus besteht und ich möchte gerne genauer verstehen, wie genau dieses aussieht. Das unterscheidet die Behandlung der Kabbala grundsätzlich von der (vielleicht aus POV-Interesse etwas an den Haaren herbeigezogenen) Behandlung anderer religiöser Texte. Nochmal: ich möchte den Zohar eigentlich gar nicht als religiösen Text behandeln, sondern nur in seinem konkreten zeit- und ideengeschichtlichen Kontext.
  • Ich selbst stehe erst am Anfang der Untersuchung dieser Frage und kenne mich in diesem Zusammenhang zugegebenermaßen mit Neoplatonismus überhaupt nicht aus. Wenn du mich nicht ausdrücklich gebeten hättest, einen Abschnitt zur Kabbala zu schreiben, hätte ich das daher auch gar nicht getan. Auf der Parallele beresīt = hen bestehe ich deswegen auch gar nicht - sie erschien mir nur plausibel und sollte lediglich als erster Ansatzpunkt dienen. Von mir aus können wir den Bezug zwischen den Begriffen des Zohar und der Henologie auch offen lassen, bzw. problematisieren. Dazu müssten wir den Einleitungssatz entsprechend ändern, etwa z.B.: "Die Kabbala und der Zohar sind von neoplatonischen Vorstellungen stark beeinflusst, wobei nicht unstrittig ermittelt werden kann, welche henologischen Termini welchen kabbalistischen Begriffen entsprechen." Es folgt dann die Darstellung der Begrifflichkeit des Zohar und anschließend eine Problematisierung der Korrespondenzen zwischen Eyn Sof und hen, apeiron u.a., wie sie bei Grözinger und ggf. anderenorts nachzulesen sind.
  • Wir sollten auf gar keinen Fall die Zeit damit verschwenden uns dem üblichen Ritual hinzugeben, herausfinden zu wollen, wer von uns beiden (oder im Vergleich zu Nwabueze) mehr Ahnung von was hat. Wir können uns vielleicht darauf einigen, dass wir beide gleichermaßen des Lesens und Denkens mächtig und ernsthaft an der Behandlung dieses Themas interessiert sind. Das sind eigentlich optimale Voraussetzungen dafür, um im Dialog auf wirklich tragfähige Aussagen zu diesem Themenkomplex zu gelangen. Ich bin durchaus bereit (sofern es meine Zeit erlaubt) hieran kontinuierlich mitzuarbeiten und weitere Literatur zu bearbeiten. Vielleicht nicht jeden Tag so intensiv, wie jetzt, aber ich würde am Ball bleiben, denn das Thema hat für mich eine gewisse Relevanz. Der ideengeschichtliche Ort des Zohar interessiert mich dabei etwas mehr als die jüdischen Philosophen, aber ich bin auch hier gerne bereit noch dazuzulernen.
  • Die von dir angeführten Textstellen im zweiten Bd. von Grözinger sind sehr interessant, ich lese sie jedoch etwas anders. Zunächst einmal handelt es sich bei Jizchak hier nicht um Jizchak Jisraeli, sondern um Jizchak Sagi Nahor (1165-1235) (deutscher Wikipedia-Artikel fehlt noch!), dem mutmaßlichen Autor des Bahir. Es geht hier um die Verwendung des Terminus Eyn Sof in dessen Kommentar zum Sefer Jetzira, wobei bei Grözinger nicht klar ist, ob hierin einfach der Terminus Eyn Sof auftaucht, oder ob in den in der Fußnote angegebenen Textstellen tatsächlich ein ausformulierter Bezug zu "Grenze" auftaucht. Das hebräische Wort sof bedeutet nämlich in erster Linie nur "Ende" (vor allem im Sinne des Endes einer Textzeile), während für "Grenze" die Begriffe gəvūl oder təḥūm Verwendung finden (wie auch Grözinger weiter unten richtigerweise anmerkt). Im Griechischen ist das komplizierter, denn hier bedeutet πέρας in der Tat nicht nur "Grenze", sondern kann wohl auch im Sinne von "Ende" verstanden werden. Der von Ginsburg vorgeschlagene Zusammenhang zwischen En Sof und απειρον ist also nicht gänzlich an den Haaren herbeigezogen, wenn auch nicht zwingend, da ja auch bei Sa`adja (der offenbar die neoplatonische Begrifflichkeit erstmals ins jüdische Denken einführte) stattdessen die Begriffe mugbal bzw. ləlogvul oder biltī baʕal taḥlīt verwendet. Dass Jizchak der Blinde hier abweicht und (absichtlich oder durch Irrtum) eine neue Übersetzung von απειροv einführt ist zwar prinzipiell möglich, müsste aber besser erklärt und begründet werden. Es sei noch angemerkt, dass der Begriff des Eyn Sof im Laufe der kabbalistischen Literatur ebenfalls eine Wandlung durchmacht und von verschiedenen Autoren unterschiedlich verstanden wird. Hier (S. 218f.) geht es um den Eyn Sof des Bahir, bzw des Sefer Jetzirah-Kommentars von Isaac dem Blinden. Auf S. 43 hingegen geht es direkt um das Sefer Jetzira. In der um vieles weiterentwickelten Terminologie des Zohar hingegen ist Eyn Sof die verborgene Unendlichkeit, die bereits vor dem Keim des Schöpfungsakts (berešīt) besteht und noch nicht einmal "Gott" genannt werden kann. Zum Bahir (und Sefer Jetzirah) und dessen Terminologie wollte ich später noch etwas in den Artikelabschnitt hineinschreiben, da ich mich hierzu erst einlesen muss. Auch zum Zohar gibt es natürlich noch viel zu lesen und im Artikel ggf. zu präzisieren.
Meine Frage wäre nun, was wir bei unserem gegenwärtigen Kenntnisstand (und entsprechend vorsichtiger Formulierung) bereits in den Artikel aufnehmen können und in welcher Reihenfolge wir hier weiter vorgehen. Chronologisch (Sefer Jetzirah - Bahir - Zohar) wäre zwar sachlich richtig, aber glaube ich auch schwieriger, weil es sich bei den alten Texte um nur sehr kurze Ausführungen handelt, in die sich sehr viel mehr hineininterpretieren lässt, als sie eigentlich aussagen, während der Zohar demgegenüber doch etwas eindeutiger zu sein scheint. --HV 11:54, 4. Mai 2009 (CEST)
Hallo HV, vielen Dank für Deinen Hinweis. Mir geht es wie Dir, dass ich mich in jüdischer Philosophie - auf die ich den Abschnitt gerne beschränkt sähe, um nicht zu sehr ins allgemein Religiöse abzudriften - gar nicht auskenne. Insofern meine ich, man sollte einen Fachmann zum Zwecke der Supervision mit im Boot haben, damit nachher nicht etwas im Artikel steht, das so nicht haltbar ist. Eigene Spekulationen sollten wir jedenfalls auf gar keinen Fall anstellen (s.o.), und der Abschnitt müsste auf jeden Fall mit Fachliteratur nachgewiesen sein. Ich würde mich freuen, wenn Du das in Angriff nehmen könntest, und würde dies dann aus eigenem Interesse gerne kritisch begleiten in der Hoffnung, dass Dir der Gedankenaustausch nicht zur Last fällt. Wichtig wäre mir auf jeden Fall die eindeutige und präzise Bezugnahme auf das Lemma. Viele Grüße--Muesse 12:44, 4. Mai 2009 (CEST)
Das mit dem Fachmann als Supervisor wäre wirklich wünschenswert, aber ich glaube, bei unserem Anspruchsniveau dürfte das dann sehr schwierig werden. Wer das kann, arbeitet wahrscheinlich entweder gar nicht in der Wikipedia mit oder hat wenig Zeit. Im Vergleich zu anderen Gebieten der Wikipedia sind wir beide glaube ich selbst schon relativ kompetente "Fachleute", wobei es natürlich immer noch besser geht. Dem armen Nwabueze die ganze Arbeit aufzuhalsen fände ich etwas unfair. Da wäre es besser, wenn wir wenigstens etwas schreiben und er nur noch kritisch darüberlesen müsste. Das soll natürlich kein Freibrief für ungezügelte Spekulationen werden und ich bin dir auch dankbar, wenn du mich auf einen kritischen Punkt wie den obigen hinweist und damit Interesse daran bekundest hier tiefer nachforschen zu müssen. Das kann dann ja auch geschehen und zu Ergebnissen führen (wie bereits der Fall), sollte aber keinesfalls dazu führen vor lauter Respekt vor der Komplexität des Themas gleich gar nichts zu schreiben, denn dann kommen wir ja nicht mal dazu, Falschaussagen zu erkennen und zu emendieren. Mit dem Thema Abgrenzung Philosophie und Religiöses tue ich mich etwas schwer, da ich wie gesagt die kabbalistische Literatur weniger religiös als philosophisch zu lesen versuche. Ich glaube das ist gerade hierbei durchaus möglich, wie ja z.B. die Ansätze von Scholem und anderen demonstrieren. Dabei kommt mir natürlich bei den Texten auch Vieles erstmal relativ krude und obskur vor, aber das kann man dann entweder als theologische Nebensächlichkeit aus der philosophisch-ideengeschichtlichen Betrachtung ausklammern oder als spekulatives Charakteristikum dieser Denkweise auffassen. (Und ich muss zugeben, dass mir das bei einigen philosophischen Texten ähnlich geht.) Zum Lemmabezug muss ich ganz passen. Es scheint in der Tat so zu sein, dass es keinen wirklich eindeutigen terminologischen Bezug zwischen hen und kabbalistischer Terminologie gibt, sondern nur einen inhaltlich-strukturellen unter Verwendung anderer Termini. Welche das dann sind, wird wohl jedoch erst am Ende unserer Betrachtung etwas klarer werden. Dazu müssten wir wirklich gut zusammenarbeiten und neben der reinen Literatur wohl auch noch jede Menge eigene Denkarbeit aufwenden, um das in der Literatur Gesagte auch wirklich zu verstehen (wohlgemerkt, nur zum Verständnis, nicht zu Spekulation und TF!). Zum weiteren Vorgehen schlage ich daher folgendes vor: Da wir beide ja den Grözinger zur Hand haben, befassen wir uns doch zunächst mal mit den darin enthaltenen Aussagen, indem wir uns der Reihe nach die bei ihm erwähnten Autoren, bzw. Texte vornehmen und zu den Personen- und Textlemmata entweder fehlende Artikel erstellen oder bestehende Artikel ergänzen. Wenn wir dann soweit sind, dass wir einen genaueren Überblick gewonnen haben, können wir vielleicht eine Synthese wagen, wie sie der Artikel das Eine erfordert. Ich würde dann zur weiteren Diskussion in meinem Nutzernamensraum einen Arbeitsbreich für dieses Projekt einrichten. --HV 14:27, 4. Mai 2009 (CEST)
Lieber HV, Du formulierst da eine Forschungsarbeit, die ich mir nicht zutrauen würde und die eigentlich auch nicht WP-konform ist. Und Grözinger steht mir nur über die Buchsuche von Google eingeschränkt zur Verfügung. Aber wenn Du einverstanden bist, dann eröffne die Unterseite bei Dir und schreib einfach mal was, dann kann ich vielleicht die Lemma-Fragen zum Einen stellen - und wenn wir uns einig sind, fragen wir Nwabueze, ob er drüber liest.--Muesse 15:29, 4. Mai 2009 (CEST)
Du hast mich missverstanden. Ich möchte ja keine Forschungsarbeit zu Hen und Kabbala schreiben, sondern am Ende nur einen kurzen Absatz im Artikel das Eine, der dem Leser einen schnellen Überblick gibt, womit er es da eigentlich zu tun hat und wo er das Eine, bzw. das was noch davon übriggeblieben ist in der jüdischen Mystik zu suchen hat. Dazu sollen als Vorarbeit die fehlenden Personenartikel in der Wikipedia aufgefüllt werden. Wenn danach immer noch keine Klarheit herrscht, bleibt dieser zusammenfassende Absatz eben weg. Ich habe inzwischen eine Gliederung angelegt, in der die bei Gröziger auftretenden Namen aufgelistet sind (hier). Die meisten sind noch rot, wohl wegen der Schreibweise. Darunter kann dann jeweils inhaltlich diskutiert, kommentiert, bzw. vorgearbeitet werden. Schade, dass du keinen Grözinger hast. Er lohnt sich in jedem Fall in der Anschaffung. Tipp: Die Ausgabe der WBG Darmstadt ist um wesentliches günstiger als die normale Ausgabe. (Wenn Du da noch kein Mitglied sein solltest, kann ich dich gerne werben... ;) ) --HV 16:42, 4. Mai 2009 (CEST)
Du konzipierst da ein offensichtlich gewaltiges Projekt, für das ich leider nicht der richtige Mann bin (weder zeitlich noch fachlich). Hast Du schon einmal in den Artikel Gott III in der TRE geschaut, das wäre vielleicht auch noch ein Tipp? Für den Hinweis auf Grözinger bin ich Dir auf jeden Fall dankbar, das scheint ein ganz tolles Werk zu sein.--Muesse 17:30, 4. Mai 2009 (CEST)
Nö, es wäre nur ein willkommener Anlass gewesen, endlich mal den Grözinger zu lesen, der bei mir bislang nur relativ unbenutzt herumsteht und doch darauf wartet. Schade. Aber vielleicht mache ich es trotzdem. Es lohnt sich in jedem Fall. Zur TRE habe ich keinen Zugang. Gibt es da eine Website? War der Hinweis überhaupt ernst gemeint oder ein Scherz? (Für theologische Dinge interessiere ich mich eigentlich nicht die Bohne). Wenn du aber noch nützliche Literaturhinweise zum Neoplatonismus hättest, wäre ich dir da sehr dankbar. Ich wollte es zunächst mit Beierwaltes versuchen.... --HV 17:55, 4. Mai 2009 (CEST)
Mit der Buchsuche fehlt leider immer etwas, aber der Artikel geht speziell auf die Kabbala etc. ein. Ich vermute, dass Du bezüglich der jüdischen Philosophen weitgehend zu dem Ergebnis kommen könntest, dass Gott (der verborgene Gott = die äußerste Transzendenz = das Unendliche = höchste Ursache ohne Form und Gestalt = "En Sof") mit dem Einen identifiziert wird und dass Gott als das Eine als Wurzel des Vielen aufgefasst wird, wobei dann im Einzelnen über die Ableitung des Vielen aus dem Einen kein einheitliches Bild bestehen dürfte (vermittelnde Zwischenstufe in hinkender Analogie zu den Ideen wären wohl die Sefirot als Emanationen). Ich hoffe aber nicht, dass Du das Projekt an meine - sicher wenig hilfreiche - Mitarbeit knüpfst. Ich schreib Dir eine Email. --Muesse 18:19, 4. Mai 2009 (CEST)
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Einleitung/Definition

Die Einleitung, die darüberhinaus auch noch einen Fragesatz enthält (ich denke, auf soetwas sollte unbedingt verzichtet werden), halte ich zu unverständlich für einen Leser ohne Philosophiekenntnisse: bereits der "transzendierende absolute Urgrund" gibt Rätsel auf. Ist es möglich, hier Laien gegenüber verständlicher zu formulieren? Grüße, Miastko 11:23, 30. Mai 2009 (CEST)

Es liegt in der Natur der Sache, wenn man G. Bruno und Jaspers glauben darf, hat nicht einmal Aristoteles verstanden, worum es wirklich geht ;-) Aber nein, jetzt im Ernst: Die Einleitung orientiert sich an Jaspers Einführung, die sehr gut die Problemstellung aufzeigt. Was der Erkenntnis nicht zugänglich ist, ist natürlich auch hier bei WP nicht leicht darstellbar. Die Alternative wäre zu schweigen (Wittgenstein). Das ist vielleicht der einzige wirkliche Zugang, so sieht das wohl auch Wyller.--Muesse 11:49, 30. Mai 2009 (CEST)
Danke für die Antwort. Ich denke, wir sollten uns klar machen, daß wir (in diesem Fall) Jaspers wiki-üblich, d. h. für den Nicht-Philosophen so verständlich wie nur möglich "übersetzen" müssen. Evtl. macht es sogar Sinn, sich an einer anderen Definition zu orientieren, die mehr Klarheit als Rätsel bringt. Es sollte jedenfalls unsere Position sein, vom Leser sowenig Vorverständnis (dazwischen sein - inter-esse) zu erwarten wie nur irgend möglich. Schweigen bringt das Verständnis nicht weiter. Grüße, Miastko 14:39, 30. Mai 2009 (CEST)
Du darfst gerne anhand von Fachliteratur einen Ergänzungs- oder Verbesserungsvorschlag einarbeiten, bitte mit Einzelnachweis. WP ist jedenfall kein geeignetes Medium, um die Bedeutung des Schweigens für das Verstehen auszuloten. Insoweit könntest Du Recht haben. Grüßle --Muesse 16:59, 30. Mai 2009 (CEST)
P.S. Habe auf Transzendenz und Dialektik verlinkt, um die Einleitung leserfreundlicher zu gestalten. Leider müssten diese Artikel auch unbedingt weiter überarbeitet werden.--Muesse 11:08, 31. Mai 2009 (CEST)
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Neufassung

Danke, lieber Nwabueze, auch hier... --Muesse (Diskussion) 20:15, 12. Sep. 2012 (CEST)

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Transzendenz, höchstes Prinzip usw.

Ob Platon das 'Eine' als 'transzendentes Prinzip' bestimmt ist umstritten. Es sollte nicht mit "platonischen Ansichten" der Ideenlehre verwechselt werden. Das Eine fasst gerade tiefste Immanenz und höchste Transzendenz eben zu Einem zusammen.--Pacogo7 (Diskussion) 14:04, 25. Sep. 2012 (CEST)

Da war eine Ungenauigkeit drin, Vorsokratiker verwendeten den Begriff ja auch, aber ohne die Bedeutung von absoluter Transzendenz. Ist jetzt berichtigt. Danke für den Hinweis. Nwabueze 01:31, 26. Sep. 2012 (CEST)
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Notizen

Wunderbar, dieser neue in der Tat exzellente Artikel! Ein paar Notizen, allesamt nichts Wesentliches betreffend:

  • „Gegenteil, der „unbestimmten Zweiheit““ – ich finde „Gegenteil“ etwas unschön, mag aber Geschmackssache sein
  • „Die antiken Neuplatoniker bauten die Lehre vom Einen stark aus und arbeiteten den Aspekt der absoluten Transzendenz heraus“ – ich würde wohl vorziehen, wenn z.B. von „Mittel- und Neuplatoniker“n gesprochen würde, aber das ist z.T. relativ auf interpretative Optionen bzgl. z.B. Eudorus und wie man überhaupt das Verhältnis von pythagoreischer Prinzipien-Lehre zu solchen mittelplatonischen Vorschlägen verstehen will u.a.m.
  • „nicht Gegenstand der Ontologie, die sich mit dem Sein und dem Seienden befasst, sondern einer eigenen Disziplin, der Henologie“ – diese Abgrenzung ist m.E. (insb. seit Gilson, was ja dann auch folgt) verbreitet, aber nicht allgemein verbreitet (s. auch nächster Abschnitt ab „Im neueren Sprachgebrauch ...“), evtl. könnte man hier bereits eine Zuschreibung o.ä. anfügen
  • „drei Aspekte wesentlich“ – da man ggf. noch weitere anführen könnte, wäre vielleicht ein abschwächender Partikel (z.B. „insb.“) oder eine Zuschreibung denkbar
  • bei Mascall evtl. „anglikanische“ ergänzen?
  • bei Gilson evtl. erklären, welchen Gegensatz er näherhin im Blick hat (Stw. „Exodusmetaphysik“)
  • „dass keiner von ihnen das Urprinzip oberhalb des Seins verortet hat“ – ja, nur eher in Parenthese notiert: wenn man, wie einige mittelalterliche Autoren, der Meinung ist, dass Anaxagoras u.a. das erste Prinzip als geistig verstanden, dass aber der Seinsbegriff nicht den Intellektbegriff einschließt, sondern umgekehrt, konnte man das auch anders verstehen

Danke für die sehr schöne Ausarbeitung! ca$e 11:25, 28. Okt. 2012 (CET)

Erledigt, ich danke für die Anregungen. Nwabueze 14:36, 8. Nov. 2012 (CET)
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KALP-Diskussion vom 15. September bis 5. Oktober 2012 (Exzellent)

Das Eine (griechisch τò ἕν to hen, lateinisch unum) ist ein philosophischer Begriff, der ein absolut transzendentes höchstes Prinzip bezeichnet. In Systemen des monistischen Idealismus, die auf dem Gedankengut des antiken Platonismus fußen, wird alles auf das Eine als einziges Grundprinzip zurückgeführt. Schon die vorsokratischen Philosophen beschäftigten sich mit dem Einen als Gegenteil des Vielen. Sie fassten es aber nicht als absolut transzendent auf. Erst im Platonismus entstand die Theorie eines Einen, das die Ursache von allem ist, jede Vorstellung übersteigt und sich einer gedanklichen Erfassung prinzipiell entzieht. Nach der Platon zugeschriebenen „Prinzipienlehre“ ist das Eine das transzendente höchste Prinzip und zusammen mit seinem Gegenteil, der „unbestimmten Zweiheit“, der Grund für die Existenz von allem.

Diesen Artikel habe ich vor wenigen Tagen komplett neu geschrieben. Nachdem die Ideenlehre die Quorumhürde nur ziemlich knapp geschafft hat, wage ich es nun, einen Artikel über ein noch "abstrakteres" philosophisches Thema kandidieren zu lassen. Immerhin hat sich gezeigt, dass die an Philosophie Interessierten hier noch nicht ausgestorben sind. Besonders möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Artikel nicht die gesamte Geschichte des Monismus behandelt, sondern nur eine bestimmte Tradition innerhalb des Monismus. Daher steht oben der Begriffsklärungshinweis Dieser Artikel behandelt den antiken philosophischen Begriff des Einen (hen). Zu Einheitsvorstellungen in anderen Traditionen und Theorien siehe Monismus. Nwabueze 19:59, 15. Sep. 2012 (CEST)

  • Exzellent--Muesse (Diskussion) 11:06, 17. Sep. 2012 (CEST) Mit henologischen Fragestellungen beschäftige ich mich ja nun als Laie auch schon eine ganze Weile und finde den Artikel überaus gelungen. Hier schreibt ein Fachmann, dem man für seinen unglaublichen zeitlichen Einsatz und die umfangreiche Literaturauswertung nicht genug danken kann. Soweit der Begriff "Das Eine" als terminus technicus auch außerhalb der platonischen Tradition Verwendung findet, sollte man dies allerdings auch darstellen. Spezifisch henologisches Denken ist nicht auf die Platonjünger beschränkt, insoweit folge ich grundsätzlich der Position Wyllers im HWPh und finde die Engführung hier im Artikel zwar vertretbar, aber keinesfalls logisch zwingend. Der Versuch Wyllers, Henologie neben Ontologie zu etablieren, war zwar nicht sehr erfolgreich, aber als Ansatz sehr erfreulich.--Muesse (Diskussion) 11:06, 17. Sep. 2012 (CEST)
In der Altfassung war sogar der Daoismus (inkonsequenterweise aber nicht Advaita) behandelt, was zeigt, wohin es führt, wenn ein Thema ausufert. Als ich mit der Arbeit an der Neufassung begann, hatte ich tatsächlich vor, Wyllers Ansatz zu folgen, und hatte auch schon Literatur dafür besorgt. Es stellte sich dann aber im Lauf der Arbeit heraus, dass dieses Vorhaben in der Praxis auf unüberwindliche Hürden stieß und daher aufgegeben werden musste. Jede mögliche Variante eines solchen Vorgehens ist mit derart gravierenden praktischen Nachteilen behaftet, dass sich die Engführung als unumgänglich erwiesen hat. Insbesondere hätte eine Orientierung an Wyller zur Folge, dass (1) das platonische Konzept aus Platzgründen nicht mehr in der erforderlichen Breite dargestellt werden könnte, (2) eine weitgehende Redundanz mit dem entstünde, was der momentan noch stubartige Artikel Monismus zu leisten hat und eines Tages leisten wird, (3) Wyller tatsächlich, wie du schon festgestellt hast, nicht sehr erfolgreich war und daher - bei aller Wertschätzung für seine Arbeit - in Wikipedia nicht übergewichtet werden darf, (4) eine gut begründbare, nicht willkürliche Abgrenzung des Artikelthemas, also Begründung für die Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung einzelner Denker, sehr schwierig würde. Nach Wyller müsste sogar Jakob Böhme hier behandelt werden - wo soll das dann enden? – Eine Lösung könnte in der Umwandlung des Redirects Henologie in einen neuen Artikel speziell über Wyllers Henologiebegriff bestehen. Nwabueze 15:51, 17. Sep. 2012 (CEST)
Wo das dann enden soll, ist natürlich eine gute und berechtigte Frage. Daoismus hatte ich deshalb damals noch aufgenommen, um exemplarisch zu zeigen, dass man auch über den europäischen Tellerrand schauen kann. Ich mag Eurozentrismus nicht leiden, aber wäre natürlich fachlich und zeitlich zu einer umfassenden Darstellung über die kulturellen Grenzen hinweg selbst überhaupt nicht in der Lage. Der Spruch von Lǎozǐ hatte mich sehr berührt: „Die im Anfang das Eine erlangten: Der Himmel erlangte das Eine und ist rein. Die Erde erlangte das Eine und ist fest. Die Geister erlangten das Eine und sind wirkend. Die Tiefe erlangte das Eine und erfüllt sich. Alle Geschöpfe erlangten das Eine und leben. Die Herrscher erlangten das Eine und sind das Richtmaß der Welt. In diesen allen wirkt das Eine. Wäre der Himmel nicht rein dadurch, so müßte er bersten. Wäre die Erde nicht fest dadurch, so müßte sie wanken. Wären die Geister nicht wirkend dadurch, so müßten sie erstarren. Wäre die Tiefe nicht erfüllt dadurch, so müßte sie sich erschöpfen. Wären die Geschöpfe nicht lebendig dadurch, so müßten sie erlöschen. Wären die Herrscher nicht erhaben dadurch, so müßten sie stürzen. Darum: Das Edle hat das Geringe zur Wurzel. Das Hohe hat das Niedrige zur Grundlage.“ Ob da der Übersetzer eine Portion europäischen Platonismus hineingelegt haben könnte? Natürlich ist jede Wertung und Auswahl subjektiv, und ich respektiere es, dass Du wörtliche Zitate nicht magst und wieder rauswirfst. Aber irgendwie geht durch Deine streng wissenschaftliche und oft sehr nüchterne Darstellungsweise (= „alternativlos“ ;-)) manchmal auch etwas verloren, eben dann, wenn man sich einbildet, dass Goethe richtig lag: „Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen, Wenn es nicht aus der Seele dringt Und mit urkräftigem Behagen Die Herzen aller Hörer zwingt.“ Mein Herz „gezwungen“ haben immer nur ganz wenige Originalzitate und auch das Enso, wo ich das Empfinden hatte: Ja, das ist es; aber ich bin eben auch nur ein dummer Laie... --Muesse (Diskussion) 17:30, 17. Sep. 2012 (CEST)
Also ich finde das Votum von Muesse eigentlich recht großherzig, der ja mal ziemlich viel Arbeit in einen Artikel gesteckt hatte, der in meinen Augen schon längst lesenwert war. Nwabueze hat ihn nun durch besondere Stringenz und Genauigkeit, aber ohne Muesses Vorarbeiten aufzugreifen, zur Exzellenz gebracht.
Heißt das aber, dass er notwendig so-und-nicht-anders ist, sozusagen der eine, einzig mögliche Artikel? Ich meine "nein" und Muesse hat schon einen guten Ansatzpunkt gebracht, wie er sich erweitern ließe. Das Argument von Nwabueze, wo soll das enden, will ich aber ebensowenig gelten lassen, wie Muesses Entgegnung, dass er nur auf sein Herz hören kann. Vielmehr ist anzunehmen, dass zwischen den philosophischen Traditionen in West und Ost keine unüberbrückbaren Gegensätze aber auch keine unproblematische Einheit besteht, so dass ein Laie ohne entsprechende Sprachkenntnisse, philologische und philosophiegeschichtliche Ausbildung an seine Grenzen stößt. Der Ausweg wäre daher die Suche nach vorhandener vergleichender philosophiehistorischer, philologischer und religionswissenschaftlicher Literatur. Da gibt es z.B. Frederick Copleston: "Religion and the One: Philosophies East and West", 2003, vielleicht taugt das ja schon mal was - auch als Orientierung, wie das Thema angesichts interkultureller Erweiterung einzugrenzen sei? Das Ergebnis könnte natürlich auch sein, dass zwischen to hen und dem "Einen" des Daoismus keine ausreichende Übereinstimmung besteht, aber auch dies könnte im Artikel thematisiert werden. Interessant übrigens bzgl der Diskussion über falsche Freunde in vergleichender Philosophiegeschichte: Laissez-faire und Wu wei.--olag disk 2cv 18:06, 17. Sep. 2012 (CEST)
@ Muesse: Ich betrachte mich nicht als Eurozentriker, habe auch Artikel wie Ramanuja, Ahimsa usw. verfasst. In dem von dir zitierten Text Daodejing 39 ist "das Eine" laut Richard Wilhelm, dem man gewiss vertrauen darf, nichts anderes als ein Synonym für das Dao. Das heißt: Wenn Dao = das Eine, dann müsste mindestens der gesamte Inhalt des Artikels Dao, eigentlich eher der Inhalt von en:Tao (41 KB) hier auch behandelt werden; und zwar nicht etwa in einem knappen Abschnitt - genau das wäre ja Eurozentrismus! -, sondern quantitativ vergleichbar mit dem Hen der Platoniker. Daher wiederum meine Frage: Wohin führt das? In der Altfassung von Das Eine machte der Europateil mehr als vier Fünftel aus, der Chinateil weniger als ein Fünftel. Ist es nicht weniger eurozentrisch zu sagen: In Das Eine wird das Hen behandelt und in Dao das Dao? Nwabueze 02:24, 18. Sep. 2012 (CEST)
Nachtrag zum Rauswurf der Zitate: Dieser erfolgte nach der Vorgabe von Wikipedia:Zitate: Allerdings ist Wikipedia keine Zitatensammlung: Zu diesem Zweck gibt es Wikiquote. Eine Enzyklopädie dient dazu, das Wissenswerte über ein Thema übersichtlich zusammenzufassen, deshalb solltest du mit Zitaten grundsätzlich sparsam umgehen. In der Regel genügt statt eines Zitates eine einfache Herkunftsangabe als Beleg. Nwabueze 02:24, 18. Sep. 2012 (CEST)
Nur am Rande, das soll hier kein Thema sein: Eine Erwartungshaltung dahingehend, dass Nwabueze irgendetwas aufgreifen solle, habe ich zu keinem Zeitpunkt geäußert. Das wäre vermessen; Nwabuezes Artikel sind häufig besser als vieles, was mir an Fachliteratur zum Thema unter die Augen kam. Auch meine ich keineswegs, dass man nur mit dem Herzen denken solle – trotz Eckharts Wort von der „unverhüllte(n) Wahrheit, die da gekommen ist aus dem Herzen Gottes unmittelbar“. Es geht nur um die schwierige Vermittlungsfrage: was und wie?--Muesse (Diskussion) 19:07, 17. Sep. 2012 (CEST)
@Olag: Ich will nicht etwa arroganterweise behaupten, der vorliegende Artikel sei der "einzig mögliche" zu dem Lemma - wohl aber, dass seine thematische Begrenzung diejenige ist, die durchgeführt werden muss, wenn der Artikel hier mit Aussicht auf Erfolg kandidieren soll. - Meine Frage, wo das enden soll, muss ich nun konkretisieren und beantworten. Ganz konkret: Momentan hat der Artikel 102 KB, und dabei habe ich vieles, darunter wichtige Autoren wie Aristoteles, nur summarisch und selektiv behandelt. Bei der Kandidatur von Ideenlehre wurde die dortige Länge - 125 KB - schon als übertrieben gerügt. Wenn ich nun im Sinne von Wyller und/oder Muesse sämtliche neuzeitlichen europäischen Modelle eines nichtplatonischen metaphysischen Monismus hinzunehme, bin ich sehr schnell - vorsichtig geschätzt - über 200 KB. Schließlich können Autoren vom Gewicht eines Böhme oder Fichte nicht knapper behandelt werden als antike Platoniker, wo bleibt sonst die Ausgewogenheit. Ja, und dann der Daoismus samt Vergleich China/Europa, wie gewünscht, nicht zu reden vom dann mindestens so einschlägigen Advaita, das dann auch nicht übergangen werden darf - damit dann bei ausgewogener Gewichtung Gesamtlänge über 300 KB. Dann käme nicht KALP, sondern eine dringliche Aufteilungsdebatte mit dem Ergebnis der Aufspaltung in drei Teile von je ca. 100 KB - kurz gesagt: für Das Eine Rückkehr zum Status quo, nach einem gigantischen Umweg. Während der Artikel Monismus, wo das alles eigentlich hingehört, der stub bliebe der er ist. Nwabueze 02:24, 18. Sep. 2012 (CEST)
Lieber Nwabueze, lieber Muesse, ich habe Eure Auffassungen überspitzt. Das mit der Kb-Begrenzung sehe ich genauso. Tatsächlich kann sich Eurozentrismus auf viele Weise äußern, auch indem fremde Kulturen mit eigenen Begriffen einverleibt werden. Daher ließe sich tatsächlich ein "interkultureller Artikel" nur schreiben, wenn ausreichend Raum zur Darstellung auch des Daoismus etc wäre. Am Besten wäre in dieser Hinsicht aber eine Art Vernetzung mit wechselseitigen Verweisungen. Ganz oben befindet sich ja bereits der Hinweis: Dieser Artikel behandelt den antiken philosophischen Begriff des Einen (hen). Zu Einheitsvorstellungen in anderen Traditionen und Theorien siehe Monismus. Die Frage wäre also nur, ob sich neben dem Verweis auf den Überblicksartikel bei Terminologie oder Neuzeitlicher (oder gegebenenfalls auch Mittelalterlicher) Rezeption von fern- oder nahöstlichen Einheitsvorstellungen ein paar konkretere Verweise mit Wikilinks oder vergleichender Literatur einzubauen, ohne den Lesefluss nachhaltig zu stören. Aber das überlasse ich Dir, Nwabueze, mein Exzellent ist ja Dir ohnehin sicher.--olag disk 2cv 09:57, 18. Sep. 2012 (CEST)
Das Darstellungsproblem auf den Artikel „Monismus“ zu verschieben, scheint mir etwas zweifelhaft zu sein. Erstens hat man dann dort das KB-Problem, das Darstellungsproblem würde also nur verschoben und nicht gelöst, und zweitens handelt es sich bei „Monismus“ um einen Begriff, der auf Wolff zurückgeht und die Gegenposition zum Substanzdualismus bezeichnet, nämlich den metaphysischen Dualismus von Geist und Materie (Descartes). Als Lemma ist „Das Eine“ also viel geeigneter, um über den europäischen Tellerrand hinauszublicken. So macht es zum Beispiel auch das LThK in seinem Abschnitt „I. Religionsgeschichtlich“, dort natürlich extrem kurz. Die Auffassung, dass alles proportional gleichmäßig behandelt werden müsse, leuchtet mir ebenfalls nicht ein. Didaktisch ist es doch häufig sinnvoller, etwas herauszugreifen und exemplarisch zu vertiefen, als alles gleichmäßig zu behandeln. Das erfordert natürlich eine höchst subjektive und damit angreifbare Schwerpunktsetzung. So bekommt man dann aber auch das KB-Problem in den Griff. Bildlich gesprochen: Man muss nicht durch jede Pfütze tapsen, um zu merken, dass es geregnet hat. Bei diesen Anregungen möchte ich es dann aber auch belassen und Nwabueze nicht weiter ins Handwerk pfuschen.--Muesse (Diskussion) 11:21, 18. Sep. 2012 (CEST)
Das Eine (griechisch τò ἕν to hen, lateinisch unum) ist ein philosophischer Begriff, der ein höchstes Prinzip bezeichnet, das oft als absolut transzendent betrachtet wird. In Systemen des monistischen Idealismus, die auf dem Gedankengut des antiken Platonismus fußen, wird alles auf das Eine als einziges Grundprinzip zurückgeführt.
Mir ist es (für die Einleitung) recht, wenn eine bessere Verständlichkeit durch den weiteren Leserkreis auf Kosten der (wörtlichen) Verwendung der Fachtermini wie transzendent geht. Durch den Ausdruck absolut transzendent im ersten Satz wird schon für die meisten möglichen und viele tatsächliche Leser der Gegenstand des Artikels ohne Nachschlagen weitgehend unverständlich. Das finde ich fatal. Ähnliches gilt dann für monistischen Idealismus. Eine Lösungsmöglichkeit für die Gratwanderung zwischen Fachterminologie und Verständlichkeit für omataugliche Einleitungen scheint mir eine Umkehr der Praxis Fachterminus darf/soll verwendet werden, weil er über den Link nachgeschlagen werden kann zu sein. Umkehr: Fachterminus darf/soll (in der Einleitung) allgemeinverständlich aufgelöst werden, weil unter dem Link der übliche Fachterminus nachgeschlagen werden kann.
Im konkreten Fall könnte man absolut transzendent für den ersten Satz weglassen und dort nur von einem höchsten Prinzip o.ä. sprechen. Im zweiten Satz wäre dann Umschreibung von absolut transzendent notwendig. Ungefähr so:
Das Eine (griechisch τò ἕν to hen, lateinisch unum) ist ein philosophischer Begriff, der das höchste Prinzip alles Seienden bezeichnet. Für Hauptvertreter dieses höchsten Prinzips ist dieses unabhängig von den Objekten der Sinneserfahrung [= Kurzversion der Formulierung aus dem Platonabschnitt; ggf. auch längere und damit umfassendere Formulierung] und alles Seiende wird auf dieses Eine als einziges Grundprinzip zurückgeführt.
So ungefähr. Wahrscheinlich findet sich auch noch was Besseres. Dann weiter mit der Zusammenfassung der Historie: Schon die vorsokratischen .... Welche Ausdrücke man für verwendbar hält und welche nicht, ist natürlich im Einzelfall abzuwägen. Ich habe Ähnliches mal vor langer Zeit für die Einleitung von Kategorien versucht. Ich halte es für eine Allgemeinenzyklopädie für sinnvoll und gerechtfertigt, dass man mindestens in der Einleitung so verfährt (und im Übrigen nicht nur in der Philosophie). Frei nach Lessing: Wer wird nicht Fachsprache (in der Einleitung) loben. Doch wird sie jeder lesen/verstehen? Nein! Wir wollen weniger erhoben und fleißiger gelesen/besser verstanden sein. --Victor Eremita (Diskussion) 19:30, 1. Okt. 2012 (CEST)
Ich danke für den Hinweis. Über dein unerwartetes Auftauchen in der Diskussion habe ich mich sehr gefreut. Das angesprochene Problem der Omatauglichkeit in der Einleitung sehe ich. Es ist schwierig und ich bin noch am Nachdenken darüber, das kann noch etwas dauern. Nwabueze 22:17, 1. Okt. 2012 (CEST)
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