Diskussion:Transzendental

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Letzter Kommentar: vor 6 Jahren von 84.163.73.84 in Abschnitt Bedeutung des Wortes
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Transzendenz[Quelltext bearbeiten]

"Insofern für empirisch gehaltvolles Wissen der Bereich dieser Bedingungen nicht verlassen werden kann, können transzendentale Begründungen den Anspruch haben, eine Form der Letztbegründung zu sein."

Begreife ich nicht. Die Bedingungen unserer Erkenntnis liegen doch in der Transzendenz? Wo liegt also der Unterschied zur Transzendenz? --188.62.12.85 14:08, 28. Mär. 2012 (CEST)Beantworten

Das Transzendente liegt jenseits der grenzen des prinzipiell Erfahrbaren, das Transzendentale sind diese Grenzen (bzw. dasjenige von ihnen, dass die Erfahrung ermöglicht) -- Leif Czerny 14:12, 28. Mär. 2012 (CEST)Beantworten

Bedeutung des Wortes[Quelltext bearbeiten]

Auf die von der lateinischen Sprache ausgehende Etymologie von „transzendental“ (abgeleitet von transcendere = hinüberschreiten) wurde im Artikel hingewiesen, nicht aber auf die konkret mit dieser Ableitung verbundene Bedeutung im Falle des Lemmas. Gewiß ist der Begriff schon in der Scholastik gebraucht worden. Hat er etwa von daher eine verständliche Bedeutung erhalten? Was schreitet denn wohin fort? Oder was wird hier überschritten? Schreitet die Anschauung von einer solchen a priori zu einer solchen a posteriori fort? Ist das bie Bedingung unserer Erkenntnis? --Anaxo (Diskussion) 20:59, 5. Sep. 2017 (CEST)Beantworten

Sowohl in der Scholastik als auch bei Kant hat Transzendenz oder Transzendentales m. E. keine konkrete Bedeutung. Deshalb kann sie auch im Lemma nicht notiert werden. Die Bedeutung ist ausschließlich theoretisch-formal. Man behilft sich indem man Kant zitiert oder entsprechende Sekundärliteratur, d.h. man behilft sich mit weiteren Worten, mehr ist da nicht zu tun.
Transzendentales ist eine spekulative Konstruktion eines "Schrittes" der ein Abstraktum ist, weil er nur denkend, ohne jede konkrete Vorstellung vollziehbar ist. Man könnte diesen Schritt auch fiktional nennen. So was ähnlich gibt es wohl auch in der theoretischen Mathematik, wo Beschreibungen (Funktionen) von Veränderungen auch nicht auf etwas Konkretes verweisen. Man hat sich jede Art theoretischen Überschreitens gleichsam im übertragenen Sinn vorzustellen.
In der kantischen Philosophie, genauer in der KrV (=Transzendentalphilosophie) geht es nur um Theorie – um ein begriffsphilosophisches Konstrukt mit dem die Frage "Was können wir wissen." theoretisch beantwortet werden sollte. Ob die Frage damit beantwortet ist, war für Zeitgenossen Kants fraglich und umstritten. Noch heute gibt es innerhalb der universitären Philosophie mindestens zwei verschiedene Antworten. Es gab eine Reihe von Philosophen die Kants Theorie anders weiter entwickelten, veränderten. Fichte vor allem, Jacobi, Reinhold sind weitere bekannte, weniger bekannte sind u. a. Lossius und Ulrich. --Monika Wirthgen (Diskussion) 22:15, 5. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Vielen Dank für diese rasche Antwort. Ich war aufgrund der Lektüre im Artikel Schematismus dazu gekommen, da Funktion dieses Schematismus als ein Drittes und Vermittelndes zwischen der Kategorie einerseits und der Erscheinung andererseits aufgeführt wurde. Wenn also die transzendentale Philosophie diese vermittelnde Funktion besitzt, so wäre es natürlich naheliegend, das Transzendieren auf diese Gegenpositionen zu beziehen. Vielleicht bedeutet es ja auch soviel wie ein Hin- und Herschreiten. Ich meinte natürlich nicht, daß hier sozusagen eine konkrete (empirische) Bedeutung finden wäre. Es ist mir klar, daß es sich hier um Theorie handelt. Danke sehr also nachmals. Gruß --Anaxo (Diskussion) 14:28, 6. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Ich denke schon, dass "transzendental" als "vermittelnd" interpretiert werden kann. Es geht darum innerhalb des "Gemütes" - anstatt Geist oder Bewusstsein von K. benutzt - die Bedingungen für Allgemeingültiges zu finden. So etwas in der Art wird ja auch - wenn ich es kapiert habe - mit "Schematismus" versucht.--Monika Wirthgen (Diskussion) 10:40, 7. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Meiner Ansicht nach hat das Wort in der Scholastik und bei Kant unterschiedliche Bedeutungen, aber zumindest für die Scholastik bin ich kein echter Experte. Ich finde eigentlich, dass das umliegend im Abschnitt Begriffsgeschichte ganz gut dargestellt ist. Meiner Ansicht nach übernimmt Kant die Transzendentalien aus der Scholastik und deutet sie von Begriffen der allgemeinen Bestimmungen (Determinablen) des Daseins insgesamt zu Bedingungen und allgemeinen Vorstellungen, die das Denken bestimmen, Namentlich den Anschauungsformen, den Verstandesbegriffen und den damit operierenden Vermögen (Vernunft, Sinnlichkeit und Verstand), sofern sie notwendige, empirisch nicht näher Bestimmte Voraussetzungen von Erkenntnis überhaupt sind. Transzendental selbst tritt dabei nur als Adjektiv auf, wenn ich mich richtig entsinne, und ist dabei aber auf die Erfahrung im Allgemeinen bezogen. Transzendentalphilosophie grenzt sich so z.B. von rationalistischer und empiristischer Philosophie ab, indem sie abstrakt (in Absehung von konkreter Erfahrung, und nicht induktiv) vorgeht, zugleich aber Begriffe nicht als gegeben, sondern erworben ansieht, sofern sie nicht notwendig zu einer Erkenntnis überhaupt sind (also auch nicht dogmatisch). -- Leif Czerny 15:08, 6. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Ansonsten verweise ich gerne auf den UTB_Artikel von Zwenger (jetzt im Artikel unter "Weblinks").-- Leif Czerny 15:14, 6. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Dazu passt auch, dass Kant "transzendental" als Möglichkeit betrachtet, aus Erfahrung Wissen zu gewinnen.Prolegommena Ich habe das für mich als "als-ob-Funktion" des Transzendentalen interpretiert. Menschen tun so, als ob durch Erfahrung allgemeingültige Aussagen möglich sind, was praktisch von Belang ist. Kants Eigenschaft "transzendental" ließe sich dafür als Erklärungsmodell verwenden. Das ist eine durch Uexküll inspirierte Interpretation. Für mich sehr nachvollziehbar. --Monika Wirthgen (Diskussion) 10:29, 7. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Naja, es geht ja um die Wahrheitsfähigkeit von Urteilen überhaupt, nicht nur um die allgemeinen Aussagen. Die als-ob-Lesart stammte doch schon von Vaihinger? Liebe Grüße -- Leif Czerny 20:56, 7. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Es ist nicht so, als ob ich mich mit Vaihingers' Fiktional(i)en auskennte. Kann aber sein, dass ich die Redewendung auch bei ihm aufgeschnappt habe, als ich mich darum kümmerte, ihn zu kapieren. Ich verwende "als ob" prosaisch. Eher so wie Lehrer Bömmel in der Feuerzangenbowle, der die Dampfmaschine simpel mit "großer schwarzer Raum, vorne und hinten je ein Loch" beschreibt.
Solche "einfache Rede" (Prosa) hilft mir, wenn ich mit beweisführenden Texten wie der KrV klar kommen möchte. So wird dann "transzendental" einfach gesprochen zu: wir tun so, als ob wir damit Objektives bzw. Wahrheitsfähiges (Allgemeingültiges) erkennen können. Kant brauchte dafür viel mehr Worte.
Der Hinweis auf Uexküll hängt nun wieder mit den konstruktivistischen Aspekten der KrV zusammen. Grüße --Monika Wirthgen (Diskussion) 07:41, 8. Sep. 2017 (CEST)Beantworten

Der Fiktionalismus von Hans Vaihinger spielt auch in der Psychiatrie eine Rolle und wurde von Karl Jaspers als Als-ob-Verstehen rezipiert. Dieses Verstehen ist Gegenstand der verstehenden Psychologie. Das Als-ob-Verstehen spielt eine Rolle etwa bei der Interpretation von Halluzinationen und ihrer Differenzierung. Bekanntlich werden Halluzinationen von Psychiatern allzu oft als pathologische Phänomene klassifiziert, siehe etwa die Fragestellungen zum Begriff der Funktionspsychosen. Freud hat eine Unmenge von "als-ob-verstandenen" Phänomenen beschrieben. Zu Jakob Johann von Uexküll fällt mir der Begriff des Funktionskreises ein, mit Hilfe welchen Modells ein umfassenderes Verständnis der Fülle von verschiedenen cognitiven Leistungen ermöglicht wird, siehe → funktionelle Syndrome. Ist nicht auch der Schematismus Kants eine Fiktion?. Gruß --Anaxo (Diskussion) 19:25, 8. Sep. 2017 (CEST)Beantworten

Nachtrag:
Falls nicht ausreichend verständlich formuliert, hier noch ein Beispiel des Gedichts von Müller: Am Brunnen vor dem Tore (Auszug der 4. Strophe)

Und seine Zweige rauschten,
Als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle,
Hier findst Du Deine Ruh’!

Es ließe sich ja auch sagen: "und seine Zweige rauschten, so als ob sie mir zuriefen" .... Ist das nun eine Halluzination (lies die letzte Strophe des Gedichts!), eine Pseudohalluzination oder ein katathymes Hörerlebnis als Ergebnis der Phantasie bzw. der Imagination oder wie Kant sagen würde der Einbildungskraft? --Anaxo (Diskussion) 03:58, 9. Sep. 2017 (CEST)Beantworten

Danke für die vielen Anregungen. Ich habe einige Male geschmunzelt. Es folgt ein schmales Fazit aus meinen Reaktionen:
Menschen sprechen in Animationen: der Verkehr rauscht, das Geschäft brummt, der Laden läuft ... Dies könnte man Halluzinationen nennen. Es unterscheidet sich kaum von der Äußerung: Meine Zahnbürste spricht mit mir, Herr Doktor. Alltagssprachliche Reaktionen könnten sein: Das bildest du dir bloß ein! Oder: Du bist verrückt! Und dann gibt es wieder andere, die fragen: Worüber redet deine Zahnbürste mit dir? Die so was fragen – wie z. B. O. Sacks -, werden als unprofessionell, als verrückt ... oder als genial bezeichnet. Was stimmt denn nun?
Dieser Frage ging Kant mit seiner KrV nach und hat seinerseits wieder eine fiktionale, verrückte, ... deutlicher: auf jahrhunderte alten Denkgewohnheiten beruhende Theorie entwickelt, die nachfolgenden Philosophengenerationen viele, viele Probleme beschert hat.
Übrigens scheinen Psychologen wie Philosophen im "Nebel" (Berkeley) festzustecken, den diese Denkgewohnheiten erzeugen – die Pädagogen und weitere Geisteswissenschaftler dürfte man getrost dazu rechnen können. Die vielen "Fußnoten zu Platon" erschweren autonomes Denken. Das hat sich aus meinen heutigen Ausflügen in die Psychologie, dank der Wiki-Links, erneut ergeben. Viele Grüße --Monika Wirthgen (Diskussion) 09:02, 9. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Naja, bei Kant hat man einmal dien Verstand, der die Erfahrung möglichst ohne innere Widersprüche ordnen will, und die Vernunft, die auch in der Lage ist, Vorstellungen weit jenseits der Erfahrung mit dieser zu verknüpfen. wer seine Zahnbürste hört, sieht selten an ihr ein Sprechwerkzeug und sie wird auch von Umgebungsgeräuschen nicht übertönt, sondern er hört sie direkt im "inneren Sinn".-- Leif Czerny 12:33, 9. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Wir kommen wieder auf Kant zurück mit der Vorstellung von Raum und Zeit als eines »bloßen Schemas« (KrV B 195). Diese Stelle bei KrV weist u. a. auch wieder auf den vermittelnden Charakter der synthetischen Urteile a priori hin. - Der »innere Sinn«, wie Kant ihn kennt, ist nicht Gegenstand meines Psychiatrielexikons, wohl aber die »innere Stimme«. Hallzunationen sind ja auch als nur vermeintliche Sinneswahrnehmungen im »äußeren Raum« definiert. Wie das nun psychiatrisch zu bewerten ist, wenn das »Geschäft brummt« usw., das ist natürlich die große Frage. Ich würde rein prosaisch sagen, kein besonders gutes Deutsch. Bei der »Winterreise« ist allerdings ein »Kampf der Motive« (Konfliktstoff) durchaus eher nachvollziehbar. Hier wird nicht nur gewandert, es bewegt sich auch innerlich was. Wenn innere Stimmen eine geistige »Repräsentation« (performance) darstellen, so fragt man sich natürlich nach der ganz bestimmten Vergangenheit (Zeit als die Form des inneren Sinnes nach KrV B 49, 194), die für diese »Wiedervergegenwärtigung« maßgeblich ist. Gegenstand der Mentalarchäologie nach Christoph Türcke oder der vergleichenden Abklärung von Vorstellung, Bild, Symbol, Schema, Chiffre!! Gruß --Anaxo (Diskussion) 17:58, 9. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
Ludwik Fleck gehört zu denen, die alle handelnden, abstrakten Subjekte, z. B. Bewusstsein und Verstand, - auch die Phantasievorstellung einer "sprechende Zahnbürste" scheint mir ein solches - für untauglich hält, um damit Erkenntnistheorien zu entwickeln, die menschliches Forschen und damit das Wissen umfassend im Blick haben und so Relevanz beanspruchen können. Karl Leonhard Reinhold thematisierte 1791 in "Über die Fundamente des philosophischen Wissens" (ibs. in der Einleitung) m. E. das Gleiche, wenn er kritisierte, dass solche Begriffe weder allgemein gültig, noch allgemein verständlich sind. Das Ausmaß dieser Kritik ergibt sich u. a. aus Reinhold's Hinweis, dass es darauf ankomme, gemeinsam festzulegen, wovon Philosophen beim Philosophieren ausgehen möchten. --Monika Wirthgen (Diskussion) 10:27, 11. Sep. 2017 (CEST)Beantworten
PS: Halluzinationen kannte Kant ja durchaus, er behandelt sie im Anhang zur Transzendentalen Analytik in der Tafel des Nicht als ens imaginarium. Darunter fallen bei ihm aber vermutlich sowohl äußerer als auch innerer Sinn.84.163.73.84 08:35, 14. Sep. 2017 (CEST)Beantworten