Drohnenvorfall über dem Schwarzen Meer 2023

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Drohnenvorfall über dem Schwarzen Meer 2023
Teil von: Russischer Überfall auf die Ukraine 2022

Von den USA veröffentlichte Aufnahmen des Vorfalls
Datum 14. März 2023
Ort In der Nähe der Krim
im Schwarzen Meer
Ausgang
Folgen Schäden am Propeller einer
US-amerikanischen Drohne
und anschließender Absturz
dieser (laut Pentagon)
Konfliktparteien

Russland Russland

Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten

Truppenstärke

Zwei Su-27-Kampfflugzeuge

MQ-9-Reaper-Drohne

Verluste

keine

MQ-9-Reaper-Drohne

Am Morgen des 14. März 2023 meldete das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten einen Zwischenfall: ein russisches Su-27-Kampfflugzeug hatte eine US-amerikanische MQ-9-Reaper-Drohne abgefangen und den Propeller beschädigt; die Drohne stürzte ins Schwarze Meer. Damit hatten die russischen und die US-Luftstreitkräfte den ersten Kontakt seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine. Die US Air Force verurteilte die Aktionen als „rücksichtslos, umweltschädlich und unprofessionell“. Zudem war es das erste Mal seit Ende des Kalten Krieges, dass ein US-Flugzeug nach dem Angriff eines russischen Kampfflugzeug abstürzte.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vorfall ereignete sich vor dem Hintergrund steigender Spannungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten, wobei die Biden-Administration Sanktionen verhängte und Moskau wegen seines Überfalls auf die Ukraine isolieren wollte.[1] Laut US-Militärs haben zwei russische Kampfflugzeuge mehrmals vor der Kollision Treibstoff abgelassen – möglicherweise um das Luftfahrzeug zu blenden oder beschädigen – und unsichere Manöver vor der unbemannten Drohne geflogen.[2] Luftabwehrmaßnahmen seien nicht ungewöhnlich und dienten oft dazu, die Situation zu erkunden.

Der Einsatz der Drohne wurde vom US-Militär vom Stützpunkt Ramstein aus verfolgt, insbesondere die von der Drohne gelieferten Videoaufnahmen.[3] Der Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte vor der Presse: „In diesem besonderen Fall kollidierte [das russische Flugzeug] mit dem [US-]Flugzeug, beschädigte den Propeller und brachte es im Wesentlichen in eine Situation, in der es unfahrbar und unkontrollierbar war, so dass wir es zum Absturz bringen mussten.“ Die Drohne sei „weit entfernt“ von der Ukraine gewesen, ohne einen genauen Ort zu nennen. Er lehnte es ab, über die Bergung der Drohne zu sprechen, Russland habe sie aber nicht geborgen. Der Vorfall soll sich 139 km südwestlich der Krim ereignet haben.[4]

Vorfall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über den Absturz gibt es zwei abweichende Darstellungen. Das United States European Command sagte, dass eine MQ-9-Reaper-Drohne über internationalen Gewässern im Schwarzen Meer flog und von zwei russischen Flugzeugen begleitet wurde, als eines der Flugzeuge vor die Drohne flog und Treibstoff abließ. Dann beschädigte eines der Flugzeuge den Propeller der Drohne, was zu ihrem Absturz ins Schwarzen Meer führte. Der Vorfall ereignete sich gegen 07:03 Uhr Ortszeit UTC+2[1] und dauerte insgesamt zwischen 30 und 40 Minuten.[5]

Die russische Seite sagte, die Drohne sei entgegen von Russland für seine Militäroperationen in der Ukraine erlassenen Anweisungen für den Luftraum im Bereich des Vorfalls mit ausgeschaltetem Transponder geflogen.[3] Das russische Verteidigungsministerium erklärte, dass seine Kampfjets keine Berührung mit der US-Drohne hatten und behauptete stattdessen, dass das unbemannte Luftfahrzeug (UAV) aufgrund von „harten Manövern“ abgestürzt sei. „Die russischen Kampfflugzeuge haben ihre Luftwaffen nicht eingesetzt, hatten keinen Kontakt mit der Drohne und sind sicher zu ihrem Heimatflugplatz zurückgekehrt“, sagte das Verteidigungsministerium.[6]

Das US-Militär veröffentlichte am 16. März Bildmaterial vom Vorfall. Darauf ist zu sehen, wie ein russisches Kampfflugzeug beim Anflug auf die US-Drohne Treibstoff ablässt und nah heranfliegt.[7] Das vom United States European Command freigegebene Video in Zeitlupe zeigt zwei Anflüge eines russischen Kampfjets – Treibstoff ablassend – von hinten über die Drohne. Die zweite Szene endet mit einem Ausfall der Bildübertragung. Ein Bild aus derselben Perspektive (von bugnah seitlich unter dem Rumpf der Drohne) zeigt ein im äußersten Sechstel um 90° verbogenes Propellerblatt. Die Angaben über die ungefähren Orte der Kollision und des Aufschlagens der Drohne auf dem Wasser differieren je nach Quelle.[8][9][10]. Das Wrack der Drohne liege in einer Wassertiefe zwischen 1200 und 1500 Meter.[11]

Nikolai Patruschew, Sekretär des russischen Sicherheitsrates, erklärte, dass Russland versuchen werde die Drohne zu bergen.[12] Die Bergung durch die USA wird nicht nur durch die Tiefe der Gewässer erschwert, sondern auch durch das Fehlen von US-Marineeinheiten in der Region.[13] In der Nacht zum Mittwoch wurde berichtet, dass russische Schiffe an der Absturzstelle eingetroffen seien und möglicherweise Wrackteile bergen.[14] John Kirby, Kommunikationsdirektor des United States National Security Council, bestätigte dies nicht, sagte aber, dass die USA es unmöglich gemacht habe, aus den Überresten der Drohne irgendetwas von geheimdienstlichem Wert zu gewinnen.[15] Im Mai 2023 meldete das russische Portal Dzen, dass die geborgene Drohne „längst in Russland“ sei und dort ausgewertet würde.[16]

Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vereinigte Staaten und NATO[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es war das erste Mal seit Ende des Kalten Krieges, dass ein US-Flugzeug abgestürzt ist, nachdem es von einem russischen Kampfflugzeug angegriffen wurde.[17] Laut John Kirby – dem Koordinator für Kommunikation im Nationalen Sicherheitsrat – wurde Präsident Joe Biden am Dienstagmorgen von Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan über den Vorfall informiert.[18] General Christopher Cavoli – der oberste alliierte Befehlshaber der NATO in Europa – informierte die NATO-Verbündeten über den Vorfall, der vom Weißen Haus und dem Pentagon stark verurteilt wurde. Sie warnten vor der Gefahr einer Eskalation.[2][19] Der russische Botschafter in den Vereinigten Staaten wurde im Zusammenhang mit dem Vorfall ins Außenministerium einbestellt.[20]

Michael Clarke – Gastprofessor für Kriegsstudien am Londoner King’s College und ehemaliger Generaldirektor der britischen Denkfabrik Royal United Services Institute – sagte der BBC, der Zusammenstoß sei „mit ziemlicher Sicherheit ein Unfall“ („almost certainly an accident“) gewesen. Er sagte ferner: „Ich glaube nicht, dass ein Pilot dies absichtlich tun könnte [nur mit dem Propeller eines anderen Flugzeugs kollidieren], ohne sein Flugzeug und sein eigenes Leben ernsthaft zu gefährden“.[21]

Russland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der russische Botschafter in den Vereinigten Staaten, Anatoli Antonow, sagte laut Reuters: „Wir betrachten diesen Vorfall als Provokation“, nachdem er zu einem Treffen mit Vertretern des Außenministeriums vorgeladen wurde.[22] Verteidigungsminister Sergei Schoigu verlieh dem Piloten, der mit seinem Flugzeug die Drohne traf, mehrere Orden. Als Begründung nannte man „die Verhinderung der Verletzung der Grenzen des Sondereinsatzgebiets durch die amerikanische MQ-9 Reaper-Drohne“.[23]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Brett Samuels: Russian jet forces downing of US drone over Black Sea. In: The Hill. 14. März 2023, abgerufen am 15. März 2023 (amerikanisches Englisch).
  2. a b Phil Stewart, Idrees Ali, Phil Stewart, Idrees Ali: US military drone crashes into Black Sea after Russian intercept. In: Reuters. 14. März 2023 (reuters.com [abgerufen am 15. März 2023]).
  3. a b Vorfall über Schwarzem Meer: Was ist zur US-Drohne bekannt? Abgerufen am 20. März 2023.
  4. Dirk Hautkapp, Jan Dörner und Miguel Sanches: Drohnenabsturz: Droht eine Eskalation zwischen USA und Russland? 15. März 2023, abgerufen am 16. März 2023 (deutsch).
  5. Leon Holly: USA veröffentlichen Video aus abgestürzter Drohne. In: Zeit Online. 16. März 2023, abgerufen am 20. März 2023.
  6. Edna Mohamed,Federica Marsi: Russia-Ukraine updates: Russian jet downs US drone over Black Sea. Abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  7. DVIDS, 16. März 2023: US Air Force MQ-9 camera footage: Russian Su-27 Black Sea intercept. Abruf: 16. März 2023.
  8. Absturzstelle nach Angaben der US Air Force
  9. Anderen Angaben zufolge soll die Absturzstelle weiter nordöstlich nahe der Krim liegen: Absturzstelle nach Angaben von GeoConfirmed, siehe GeoConfirmed auf Twitter: „And what about the time? We have a reflection of the sun and we have the island and we know its morning. Our estimation: between 08.00 and 09.00 local time, morning of 14 March. 22/x https://t.co/KUchr2UFfn“ / Twitter. Abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
  10. Kathleen Magramo et al.: Live Updates: Russia's war in Ukraine cnn.com, 16. März 2023, abgerufen am 16. März 2023;
    Stephen Collinson: Drone video highlights risks of a direct US-Russia confrontation. CNN vom 16. März 2023. Abruf: 16. März 2023;
    Stephen Collinson: US military releases footage of Russian fighter jet forcing down American drone over Black Sea. CNN vom 16. März 2023. Abruf: 16. März 2023.
  11. Drohnen-Crash: USA und Russland beschuldigen sich gegenseitig. 15. März 2023, abgerufen am 16. März 2023.
  12. AFP: Russia Races to Salvage U.S. Drone Wreckage in Black Sea. In: The Moscow Times. 15. März 2023, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  13. Milley: U.S. May Not Be Able to Recover Drone Russian Jets Forced to Crash in Black Sea. In: usnews.com. 15. März 2023, abgerufen am 16. März 2023 (englisch).
  14. Defense Secretary Austin speaks to Russian counterpart about US drone incident. In: ABC News. Abgerufen am 16. März 2023 (englisch).
  15. Oren Liebermann: US military releases footage of Russian fighter jet forcing down American drone over Black Sea. In: CNN. 16. März 2023, abgerufen am 16. März 2023 (englisch).
  16. Patrick Zwerger: Hat Russland sich die abgestürzte US-Drohne Reaper geschnappt? In: flugrevue.de. 10. Mai 2023, abgerufen am 12. Mai 2023.
  17. Ukraine updates: US summons Russian ambassador over drone – DW – 03/14/2023. Abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  18. Oren Liebermann,Jennifer Hansler,Haley Britzky,Natasha Bertrand: Russian fighter jet forces down US drone over Black Sea | CNN Politics. 14. März 2023, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  19. Oren Liebermann, Jennifer Hansler, Haley Britzky, Natasha Bertrand: Russian fighter jet forces down US drone over Black Sea | CNN Politics. 14. März 2023, abgerufen am 15. März 2023 (englisch).
  20. Helen Sullivan, Maanvi Singh, Joanna Walters, Léonie Chao-Fong, Martin Belam, Royce Kurmelovs, Helen Sullivan (now) with Maanvi Singh, Royce Kurmelovs (earlier): Russian ambassador to the US says Moscow does not want confrontation after drone crash – as it happened. In: the Guardian. 15. März 2023, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 15. März 2023]).
  21. Russia pilots reckless in drone collision - US, BBC vom 15. März 2023 („I don't believe any pilot could deliberately do that [only colliding with another aircraft's propeller] without seriously endangering their aircraft and own life.“)
  22. Brett Bachman: Russia Denies Downing U.S. Drone Over Black Sea. 14. März 2023, abgerufen am 16. März 2023 (englisch).
  23. Russland-Provokation im Drohnen-Vorfall: Schoigu ehrt Jet-Piloten – Begründung hat es in sich. 17. März 2023, abgerufen am 17. März 2023.