Durham Bridge

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Die Überführung im Jahr 2015

Die Durham Bridge (offizielle Bezeichnung: Norfolk Southern–Gregson Street Overpass) ist eine Eisenbahnüberführung in der Stadt Durham in North Carolina in den Vereinigten Staaten. Durch die geringe Durchfahrthöhe der darunter verlaufenden Straße kommt es seit Jahren zu Unfällen von Lastkraftwagen, Bussen und Wohnmobilen. Die häufig gefilmten Unfallszenen haben die Brücke zu einem Internet-Phänomen und damit international bekannt gemacht.

Technische Daten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Überführung überbrückt die South Gregson Street (NC-1327), eine in der Innenstadt von Durham in Nord-Süd-Richtung verlaufende zweispurige Einbahnstraße. Vor der Brücke befindet sich eine Kreuzung mit Ampelanlage; hier quert die entlang des Bahndamms verlaufende West Peabody Street die Gregson Street. Auf der Überführung wird eine einspurige Eisenbahntrasse geführt; 300 Meter südöstlich der Brücke liegt der Bahnhof Durham Train Station. Die Trasse wird von den Bahngesellschaften Amtrak und Norfolk Southern Railway für den Personen- und Güterzugverkehr genutzt. Eigentümer der Brücke ist die staatliche North Carolina Railroad Company NCRC.

Die Stahlträgerbrücke ruht auf zwei Betonpfeilern; der Überbau besteht aus einer von vier U-Stahlträgern getragenen Grundplatte, auf der das Gleis liegt. Die Gesamtlänge der Brücke beträgt rund 28 Meter. Bis Oktober 2019 betrug die freigegebene Durchfahrtshöhe 3,56 Meter oder 11 Fuß, 8 Zoll im angloamerikanischen Maßsystem, seitdem 3,76 Meter (12 Fuß, 4 Zoll). Damit liegt die Höhe noch immer 51 Zentimeter unter der seit 1973 festgelegten US-Standardnorm von 4,27 Metern (14 Fuß).

Ein weiteres Anheben der Brücke wäre nur bei erheblichen Gleisanpassungen möglich.[1] Von einer solchen baulichen Maßnahme wären auch weitere Überführungen sowie Bahndämme betroffen. Eine Absenkung der Straße ist wegen eines unter der Straße verlaufenden Abwasserkanals nicht möglich.[2] Für den Unterhalt der Gregson Street ist das Transportation Department der Stadt Durham zuständig. Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2003 passieren täglich etwa 11.000 Fahrzeuge die Unterführung, davon 6 Prozent Transportfahrzeuge. Zu hohe Fahrzeuge müssen an der Kreuzung auf die Peabody Street abbiegen.

Nordseite der Brücke vor der Erhöhung und Sanierung

Zum Schutz der Brücke ließ die North Carolina Railroad Company rund drei Meter vor der Brücke eine Konstruktion mit einem auf die erwarteten Kollisionen ausgelegten Profilstahlträger quer über die Fahrbahn auf Höhe der Durchfahrt abzüglich Toleranz errichten. Ausgeführt ist dieser Balken als Doppel-T-Träger, wie er im Stahlbau eingesetzt und in dieser Funktion auch als englisch Crash beam bezeichnet wird. Dadurch kommt es bei zu hohen Fahrzeugen, verursacht durch deren unachtsame Lenker, bereits knapp vor Erreichen der Brücke zu dem unvermeidlichen Zusammenstoß. Dabei wird entweder das Fahrzeug durch die Beschädigungen gestoppt oder zu hohe Fahrzeugteile oder Aufbauten abgerissen, sodass das restliche Fahrzeug ohne Touchieren die Brücke hindurchfahren kann, ohne weitere Schäden an der Brückenkonstruktion und deren Baustatik zu verursachen. Um die Fahrer auf die Höhenbeschränkung hinzuweisen, wurden 2014 zusätzlich Warnlampen montiert.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Brücke basiert auf einem Entwurf aus den 1920er Jahren; sie wurde 1940 fertiggestellt und mit einer Nutzungsfreigabe für 11 Fuß, 8 Zoll (3,56 Meter) eröffnet. Mit der Höhenzunahme von Kofferaufbauten und Sattelaufliegern von Transportfahrzeugen kam es im Laufe der Jahre zunehmend zu Unfällen. In der Durhamer Tageszeitung The Herald-Sun erschienen bereits in den 1950er und 1960er Jahren Fotos von verunglückten Fahrzeugen.[3] Bei den Unfällen wurden regelmäßig die Dächer der Fahrzeuge beschädigt, es kam aber nicht zu Personenschäden.

2008 installierte der Informatiker Jürgen Henn, der in einem Büro nahe der Brücke arbeitet, eine Kamera und im Folgejahr eine zweite, die den durchfahrenden Verkehr aus zwei verschiedenen Richtungen aufnehmen. Die entstandenen Unfallfilme werden auf der Website 11foot8.com gezeigt. Von April 2008 bis Oktober 2019 konnten so die Unfälle von 145 Fahrzeugen aufgenommen und präsentiert werden.

Nachdem es weiterhin zu Zusammenstößen von zu hohen Fahrzeugen mit dem Stahlbalken kam, installierte das North Carolina Department of Transportation NCDOT 2016 eine durch Höhensensoren auslösende optische Warnanlage, die auch die vor der Brücke befindliche Ampelanlage bei Erkennung eines zu hohen Fahrzeuges für zusätzliche 30 Sekunden auf Rot schaltet, um so die Fahrer zu hoher Fahrzeuge mittels Warnlampen und einer LED-Anzeigenleuchttafel mit dem Hinweistext „OVERHEIGHT MUST TURN“ auf die Gefahr aufmerksam zu machen und zum Abbiegen oder Umkehren zu motivieren. Aber auch diese zusätzlichen Maßnahmen reduzierten nicht die Unfälle von durchschnittlich einem Unfall pro Monat durch unachtsame Fahrer.[4]

Aus Sicherheitsgründen und um die große Anzahl von Unfällen zu reduzieren, die auch nachfahrende Fahrzeuge und Fußgänger am benachbarten Gehsteig wiederholt gefährden, wurde die Brücke im November 2019 von der NCRC um 20 Zentimeter (8 Zoll) auf 3,76 Meter angehoben. Dazu wurden die Stahlträger der Brücke mit mehreren Hebezeugen angehoben und die entstandene Lücke zu den Betonpfeilern mit Stahlplatten aufgefüllt. Die Gleise des Bahndammes wurden angepasst und die Brücke wurde saniert.[5] Auch der Crash beam wurde in der Höhe angepasst und verbleibt weiterhin zum Schutz der Brückenkonstruktion vor der Unterführung. Das NCDOT bezifferte die von 2008 bis 2016 durch Unfälle entstandenen Schäden auf etwa ein halbe Million US-Dollar.[1] Trotz Anhebung kommt es durch unachtsame Fahrer zu Zusammenstößen.[6]

Das namensgebende Verkehrs­zeichen, das die Durchfahrtshöhe angibt: 11 Fuß, 8 Zoll. Ebenfalls erkennbar: der Crash beam

Bekanntheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis zur Montage der Henn-Kameras 2008 bzw. 2009 und dem Veröffentlichen der aufgenommenen Filme war die Brücke nur regional wegen ihrer Unfallgefahr berüchtigt. Ab 2008 wurde die Überführung durch die Verbreitung der Filme in sozialen Medien international bekannt;[7][8] sie wird als bekannteste Brücke im Internet bezeichnet.[9] Ein im Mai 2013 vom YouTuber Peter Hemmings aus verschiedenen Unfällen mit dieser Brücke zusammengestelltes Video wurde innerhalb der ersten drei Jahre 4,4 Millionen Mal aufgerufen. Bis 2019 waren es bereits sechs Millionen Aufrufe.

Die Brücke war bis zu der Erhöhung der Durchfahrt im November 2019 in den Vereinigten Staaten als 11foot8 Bridge bekannt. Nach der Anhebung auf 12'4" ist auch der Name 11foot8+8 Bridge geläufig. Daneben wurde sie auch als can opener, deutsch Dosenöffner[10], Gregson Street Guillotine[11] oder als Truck-Scalping Bridge bezeichnet.[7]

Auch Henn selbst wurde durch seine Filme im Internet bekannt.[12][13]

“The can opener just kind of sits there waiting with very low clearance, much lower than many truck drivers seem to expect. And when they don't pay attention, the can opener sits there to pounce on them.”

„Der Dosenöffner sitzt sozusagen nur da und wartet mit [seiner] sehr geringen Durchfahrtshöhe, die sehr viel niedriger ist, als es viele Lkw-Fahrer erwarten. Und wenn sie nicht aufpassen, sitzt der Dosenöffner da, um sich auf sie zu stürzen.“

Jürgen Henn: CBC[11]

Am 6. Januar 2016 titelte das Wall Street Journal zur Brücke auf der Titelseite: „The Joys of Watching a Bridge Shave the Tops Off Trucks“, „Die Freude, eine Brücke zu beobachten, die die Dächer von Lastwagen abrasiert“.[14] In dem Artikel wurde die Häufigkeit angesprochen, mit der unerfahrene Fahrer von Mietwagen in Unfälle verwickelt sind.[15] Die Huffington Post nannte sie im Oktober 2019 „ein berüchtigtes Wahrzeichen von North Carolina“, das „die Dächer von Lastwagen abschält“ und „den Ruf einer Lastwagen-Guillotine erlangt hat“.[16][17]

Die Lifestyle-Website Mel Magazine spottete mit Bezug auf die Brückenanhebung im November 2019, dass sie ein Schlag für das kollektive Erstellen von Internet-Memes sei. Das auf dem Hervorrufen von „Schadenfreude“ basierende Binge Watching sei nun nicht mehr möglich.[18][19] Es sei ein Abschied von dieser legendären, Lkw-zerstörenden Überführung, die eine Nation (virtuell) eroberte. Die Brücke habe das Unmögliche geschafft – sie sei länger als ein Jahrzehnt viral geblieben.[20][21]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Spektakulärer Crash in Brugg – doch schauen Sie mal, wie viele Lastwagen diese Brücke schon aufgeschlitzt hat. Badener Tagblatt, 29. April 2016.
  2. John Hinson: The can opener bridge. Lulu.com, 2016, S. 66/67, Online bei Google Books. ISBN 978-1-365-36553-9. (englisch)
  3. History. 11foot8.com (englisch)
  4. Tamara Schögl: Dieser Brücke fielen bereits 107 Lkw zum Opfer. (Memento des Originals vom 8. Dezember 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/autorevue.at Autorevue, 1. Juni 2016.
  5. Tim Siniard: Inman street bridge solution coming. Cleveland Daily Banner, 19. November 2019. (englisch)
  6. yovo68: The new canopener nibbles on a box truck. Youtube, 27. November 2019, abgerufen am 30. Dezember 2019.
  7. a b Steve Daniels: Work underway on Durham's famous 11-foot-8 'can opener' bridge. WTVD, 30. Oktober 2019. (englisch)
  8. Georgia Department of Transportation: Warning systems evaluation for overhead clearance detection. research project 15-21, Department of Civil Engineering and Construction Management der Georgia Southern University, Februar 2017, S. 6–9. (englisch)
  9. Ernst Corinth: Release the Kraken! Telepolis, 2. Februar 2018.
  10. „Dosenöffner-Brücke“ als Unfall-Magnet. unsertirol24.com, 25. April 2017.
  11. a b Jonathan Ore: North Carolina 'can opener' bridge to be raised after years of shearing tops off trucks. CBC, 25. Oktober 2019. (englisch)
  12. Jurgen Henn: An interview with the man who films truck crashes. strangecarolinas.com, 3/2016. (englisch)
  13. The Duke employee behind the “can-opener-bridge” cam. Duke Today, 30. Oktober 2019. (englisch)
  14. Ben Cohen: The epic story of a bridge too low draws internet fans. A North Carolina span shaves the tops of tall trucks; ‘crash art’ for sale. Wall Street Journal, 6. Januar 2016. (englisch)
  15. Danny Hooley: A little off the top: Durham’s “Canopener Bridge” makes the front page of The Wall Street Journal. indyweek.com, 6. Januar 2016. (englisch)
  16. im Original: „A notorious North Carolina landmark, … peeling off the tops of trucks, … has acquired a reputation as a truck guillotine.“
  17. Mark Lebetkin: North Carolina’s Infamous ‘Can Opener’ Bridge May Decapitate Trucks No Longer. Huffington Post, 20. Oktober 2019. (englisch)
  18. im Original: „As Mel Magazine laments, the raising of the overpass marks a blow to collective internet meme-making and schadenfreude-based binge-watching.“
  19. Jonathan Hilburg: Internet-infamous, truck-decapitating bridge will finally be raised. The Architect’s Newspaper, 1. November 2019. (englisch)
  20. im Original: „Farewell to the legendary truck-destroying bridge that captivated a nation. The notorious 11-foot-8 overpass did the impossible in staying viral for more than a decade“
  21. Miles Klee: Farewell to the legendary truck-destroying bridge that captivated a nation. MEL magazine/digg.com (englisch)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Durham Bridge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 35° 59′ 56,7″ N, 78° 54′ 36,8″ W