Eckart von Sydow

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Eckardt Chlodwig Heinrich Albrecht[1] von Sydow (* 5. September 1885 in Dobberphul, Kreis Königsberg Nm.; † 1. Juli 1942 in Berlin)[2] war ein deutscher Kunsthistoriker, Ethnologe und Universitätsdozent.

Frühes Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eckhart von Sydow war das vierte Kind von Hans Kurt von Sydow (1852–1904) und seiner Ehefrau Elfriede Margarete von Wedel (* 1856).[3] Er promovierte 1912 in Halle über christliche Altäre im frühen Mittelalter.[4] Danach zog er nach Berlin und volontierte bei den Staatlichen Museen. Er beschäftigte sich mit zeitgenössischer Kunst und schrieb für Zeitschriften wie Cicero, Die Kunstauktion und Kunst und Künstler. Er war außerdem Mitherausgeber der Weltkunst.[5]

Ethnologische Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Ersten Weltkrieg befasste sich Sydow mit dem Bestand ethnologischer Museen in Deutschland. Seine erste Publikation zu dieser Thematik war 1921 Exotische Kunst. Afrika und Ozeanien. In dem Jahr 1923 wurde er Direktor der Kestnergesellschaft[6] und veröffentlichte das Buch Die Kunst der Naturvölker und der Vorzeit. Darauf folgte 1930 das Handbuch der Afrikanischen Plastik: Erster Band: Die westafrikanische Plastik und mehrere Aufsätze in internationalen Zeitschriften sowie Monographien. Unterstützt wurde er durch die „Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft“, die ihm zwischen März 1926 und 1930 mehrere Stipendien und Reisebeihilfen zur Vorbereitung genehmigten.[7][8] Er arbeitete außerdem an der Ausstellung Afrikanische Plastik in Verbindung der Berliner Sezession und den Staatlichen Museen als Katalogherausgeber und vermutliche auch als Kurator mit.[5][9]

Nationalsozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sydow trat bereits 1933 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 2.636.516) und erhielt daraufhin eine feste Stelle am Kunsthistorischen Institut der Berliner Universität,[10] wo auch Adolph Goldschmidt und Ludwig Heinrich Heydenreich lehrten.[11][12] Unter seinen Studenten waren Hans Himmelheber[13] und Werner Muensterberger.[12][14] Er hielt auch Vorlesungen zu dem Thema „Naturvölker“, beispielsweise Kunst und Kunstgewerbe in den ehemaligen deutschen Kolonien, mit Museumsführung im Wintersemester 1934 und Allgemeine Einleitung in die Kunst der Naturvölker und ihre rassischen Grundlagen von Wintersemester 1935 bis 1936.[15] In 1936 reiste er nach Nigeria, unterstützt von dem in London gegründeten International Institute of African Languages and Cultures sowie des Bankiers Eduard von der Heydt für den Sydow. Ein zweites Mal reiste er 1939 „mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und im Auftrag des Kölner Rautenstrauch-Joest-Museums für Völkerkunde.“[16] Seine Reiseerfahrungen inspirierten Sydows letzten Aufsatz vor seinem Tod. In der Zeitschrift Koloniale Rundschau veröffentlichte er 1942 Die Zukunftsaussichten der negereschen Kunst.[17]

Von Sydow starb 1942 an einer Harnvergiftung. Laut Sterbeurkunde war er „gottgläubig“ und geschieden.[1] Seinen Nekrolog schrieb der Ethnologe Martin Heydrich, der ebenfalls der NSDAP angehörte.[18]

Sein Name findet sich im Gästebuch der Hanna Bekker vom Rath, die in ihrer Berliner Wohnung in der NS-Zeit heimliche Kunstausstellungen veranstaltete.[19]

Publikationen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Entwicklung des figuralen Schmucks der christlichen Altar-Antependia und -Retabula bis zum XIV. Jahrhundert. J. H. Ed. Heitz, Strassburg 1912, Textarchiv – Internet Archive
  • Cuno Amiet. Eine Einführung in sein Malerisches Werk. Mit 11 Lichtdrucktafeln. Zur Kunstgeschichte des Auslandes, Heft 106. J. H. Ed. Heitz, Strassburg 1913, Textarchiv – Internet Archive
  • Kritischer Kant-Kommentar. Zusammengestellt aus den Kritiken Fichtes, Schellings, Hegels und mit einer Einleitung versehen. Verlag von Max Niemeyer, Halle a. S. 1913, Textarchiv – Internet Archive
  • Der Gedanke des Ideal-Reichs in der idealistischen Philosophie von Kant bis Hegel im Zusammenhange der geschichtlich-philosophischen Entwicklung. Verlag von Felix Meiner, Leipzig 1914, Wisconsin-USA
  • Die Kunstgeschichte der Schachfiguren. 1914.
  • Die Stilarten der Baukunst, Plastik und Malerei. In: Was man wissen muß, Nr. 13, IV. Jahrgang, Nr. 1 (April 1920), S. 1–9, Wikimedia Commons
  • Die deutsche expressionistische Kultur und Malerei. Mit 14 Bildbeilagen. Furche-Kunstgaben: Zweite Veröffentlichung. Furche-Verlag, Berlin 1920, Textarchiv – Internet Archive, Textarchiv – Internet Archive
  • Exotische Kunst. Afrika und Ozeanien. Mit 45 Abbildungen und einer Tafel. Leipzig: Verlag von Klinkhardt & Biermann, 1921 Princeton-USA
  • Die Kultur der Dekadenz. Sibyllen-Verlag. Zweite Auflage, Dresden 1922 Online
  • Die Kunst der Naturvölker und der Vorzeit Propyläen-Verlag, Berlin, 1923, Textarchiv – Internet Archive
  • Kunst und Religion der Naturvölker. Gerhard Stalling Verlag, Oldenburg 1926, Textarchiv – Internet Archive
  • Primitive Kunst und Psychoanalyse. Eine Studie über die sexuelle Grundlage der bildenden Künste der Naturvölker. Imago-Bücherei X. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Leipzig / Wien / Zürich 1927, Internet Archive
  • Handbuch der afrikanischen Plastik: Erster Band: Die westafrikanische Plastik. D. Reimer / E. Vohsen, Berlin 1930. Textarchiv – Internet Archive
  • Afrikanische Plastik. 1932 (Katalog der) Ausstellung, veranstaltet von der Berliner Sezession in Verbindung mit den Staatlichen Museen Berlin, April–Mai, Berlin.
  • Kunst der Naturvölker, 1932, Sammlung Baron Eduard von der Heydt, Berlin Ancient and Modern Art in Benin City, in: Africa: Journal of the International African Institute (1932) 11/1, 55–62.
  • Das Museum für Volkskunde in Berlin, In: Nationalsozialistische Beamtenzeitung 7, 16. Oktober 1938, 69ff.
  • Zukunftsaussichten der negereschen Kunst, in: Koloniale Rundschau 33/1, April (1942), 26–31.
  • Das religiöse Bewußtsein des Expressionismus. Neue Blätter für Kunst und Dichtung, 1 (1918/19), Januar, S. 193–194, 199. literaturkritik.de

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Savoy, Bénédicte: Im Namen der Wissenschaft. Zur Forschungsgeschichte der Kamerun-Bestände in Berlin im 20. Jahrhundert, in: Atlas der Abwesenheit (hrsg. Kollektiv), Reimer, Berlin, 2023, ISBN 978-3-496-01700-4, 229–265.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Eckart von Sydow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Sterbeurkunde Nr. 2901/1942 StA Charlottenburg von Berlin
  2. Mitarbeiterinformation: Eckart von Sydow: literaturkritik.de. Abgerufen am 10. Mai 2019.
  3. Eintrag Sydow im Gotha, S. 782
  4. Eckhart von Sydow: Die Entwicklung des figuralen Schmucks der christlichen Altar-Antependia und -Retabula bis zum 14. Jahrhundert. Vorwort – Internet Archive
  5. a b Bénédicte Savoy: Im Namen der Wissenschaft. Zur Forschungsgeschichte der Kamerun-Bestände in Berlin im 20. Jahrhundert. In: Mikaél Assilkinga, Lindiwe Breuer, Fogha Mc. Cornilius Refem, Albert Gouaffo, Dieu Ly Hoang, Yann LeGall, Yrine Matchinda, Andrea Meyer, Prince Kum‘a Ndumbe III, Philippe Rekacewicz, Bénédicte Savoy, Sebastian-Manès Sprute, Richard Tsogang Fossi, Eyke Vonderau (Hrsg.): Atlas der Abwesenheit. Kameruns Kulturerbe in Deutschland. Reimer Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-496-01700-4, S. 240–244.
  6. 1923. Die Mappen der Kestner-Gesellschaft. In: sprengel-museum.de. 16. Mai 2008, archiviert vom Original am 16. Mai 2008; abgerufen am 10. Mai 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sprengel-museum.de
  7. Berlin, Bundesarchiv, Akten der DFG, R 73/15116, Förderung E. v. Sydow.
  8. Holger Stoecker: The Advancement of African Studies in Berlin by the >Deutsche Forschungsgemeinschaft< 1920-1945. In: Helen L. Tilley, Robert J. Gordon (Hrsg.): Ordering Africa. Manchester 2007, S. 49–66.
  9. Eckart von Sydow: Afrikanische Plastik. (Katalog der) Ausstellung, veranstaltet von der Berliner Sezession in Verbindung mit den Staatlichen Museen Berlin, April-Mai 1932. Berlin.
  10. NSDAP Mitgliedsnummer 2636516, in: Savoy, Bénédicte: Im Namen der Wissenschaft. Zur Forschungsgeschichte der Kamerun-Bestände in Berlin im 20. Jahrhundert, in: Atlas der Abwesenheit (Hrsg. Kollektiv), Reimer, Berlin, 2023, ISBN 978-3-496-01700-4, S. 238
  11. KIT - IKB - Berlin. 10. August 2012, abgerufen am 10. Mai 2019.
  12. a b Gründung. Institut für Kunst- und Bildgeschichte, HU Berlin, abgerufen am 10. Mai 2019.
  13. Hans und Ulrike Himmelheber: Stationen des Lebens – About Africa. Abgerufen am 10. Mai 2019.
  14. Lisa Zeitz: Der Mann mit den Masken. Das Jahrhundertleben des Werner Muensterberger. Berlin 2013.
  15. Berlin Bundesarchiv R 4901/13278, Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Hochschullehrerkartei. Karte E. v. Sydow.
  16. Lisa Zeitz: Der Mann mit den Masken. Das Jahrhundertleben des Werner Muensterberger. Berlin 2013, S. 96.
  17. Bénédicte Savoy: Im Namen der Wissenschaft. Zur Forschungsgeschichte der Kamerun-Bestände in Berlin im 20. Jahrhundert. In: Mikaél Assilkinga, Lindiwe Breuer, Fogha Mc. Cornilius Refem, Albert Gouaffo, Dieu Ly Hoang, Yann LeGall, Yrine Matchinda, Andrea Meyer, Prince Kum‘a Ndumbe III, Philippe Rekacewicz, Bénédicte Savoy, Sebastian-Manès Sprute, Richard Tsogang Fossi und Eyke Vonderau (Hrsg.): Atlas der Abwesenheit. Kameruns Kulturerbe in Deutschland. Reimer Verlag, ISBN 978-3-496-01700-4, S. 244–245.
  18. Ethnologischer Anzeiger, IV, 505–508, Stuttgart 1944
  19. Marian Stein-Steinfeld: Hanna Bekker vom Rath – Handelnde für Kunst und Künstler. Biografie der Malerin, Mäzenin, Sammlerin und Vermittlerin. Hrsg.: Clemens Greve. Verlag der Frankfurter Bürgerstiftung, Frankfurt 2018, ISBN 978-3-934123-27-4, S. 184.