Eike Schmidt (Kunsthistoriker)

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Eike Schmidt (2016)

Eike Dieter Schmidt (* 22. April 1968 in Freiburg im Breisgau) ist ein deutsch-italienischer Kunsthistoriker. Er war von 2015 bis 2023 Museumsdirektor der Uffizien in Florenz. Seit 2024 leitet er das Nationalmuseum Capodimonte in Neapel. Schmidt kandidiert bei der Kommunalwahl im Juni 2024 für das Amt des Bürgermeisters der Stadt Florenz.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eike Schmidt studierte Moderne und Mittelalterliche Kunst an der Universität Heidelberg.[1] In den neunziger Jahren lebte und arbeitete er mehrere Jahre als Stipendiat in Florenz und Bologna. Danach arbeitete er bis 2001 am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz. Er erhielt 1997 den Nicoletta Quinto-Nachwuchspreis der Galileo-Galilei-Stiftung.[2]

Er ging 2001 als Kurator an die National Gallery of Art in Washington, D.C. und von 2006 bis 2008 an das Getty Museum in Los Angeles und war ein Jahr Direktor für europäische Plastik im Auktionshaus Sotheby’s in London. Im Jahr 2009 wurde Eike D. Schmidt in Heidelberg mit einer Arbeit über die Elfenbeinskulpturen der Medici promoviert.[3] Ab 2009 leitete Schmidt im Minneapolis Institute of Arts die Skulpturenabteilung und kuratierte in dieser Zeit im Palazzo Pitti eine Ausstellung barocker Elfenbeinkunst.

Im September 2015 wurde er zum Leiter der Uffizien der italienischen Kulturmetropole Florenz ernannt. Er forderte die Rückgabe von Raubkunst, insbesondere eines Stilllebens von Jan van Huysum, das deutsche Soldaten 1944 aus der Villa Bossi Pucci entwendet hatten. Seit 2017 ist er Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin.[4] Vom 21. Juni 2018 bis 7. Oktober 2018 veranstaltete Schmidt in den Uffzien und dem Boboli-Garten die Ausstellung Fritz Koenig 1924–2017. La Retrospettiva, die bisher umfangreichste Retrospektive über das künstlerische Schaffen des international renommierten deutschen Bildhauers Fritz Koenig. Die Koenig-Retrospektive war mit rund 160 Exponaten die größte Skulpturenausstellung für einen einzelnen Künstler, die es in Florenz und ganz Italien je gab und lockte 1,2 Millionen Besucher an.[5][6]

Ab November 2019 hätte er die Leitung des Kunsthistorischen Museums in Wien von Sabine Haag übernehmen sollen,[7][8] sagte aber kurzfristig am 1. Oktober 2019 ab.[9]

Zu Beginn des Jahres 2020 führte eine kontroverse Diskussion um die Leihgabe eines Gemäldes von Papst Leo X. an eine Raffael-Schau in Rom – die bisher größte diesem Künstler gewidmete Ausstellung, gemeinsam organisiert von den Uffizien und den Scuderie del Quirinale –[10] zum Rücktritt aller vier Mitglieder des wissenschaftlichen Komitees der Uffizien, da das Gemälde auf der Sperrliste stand, nach der es die Sammlung nicht verlassen dürfe.[11] Diese Sperrliste bezieht sich jedoch ausschließlich auf Ausleihen ins Ausland; das Kultusministerium vertrat die Auffassung, es liege im Ermessen des Museumsdirektors, Ausnahmen davon zu autorisieren.[12]

Im August 2023 nahm Schmidt die italienische Staatsangehörigkeit an.[13]

2024 übernahm Schmidt die Leitung des Nationalmuseums Capodimonte in Neapel.[14]

Schmidt kündigte im April 2024 an, bei der Kommunalwahl am 8./9. Juni 2024 für das Amt des Bürgermeisters der Stadt Florenz anzutreten.[15] Er gehört keiner Partei an und wird unterstützt von der in Italien regierenden Mitte-rechts-Koalition bestehend aus der rechtskonservativen Fratelli d’Italia, der christdemokratischen Forza Italia und der rechtsnationalen Lega.[13]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Francis van Bossuit: the third dimension. Essay. Photogr. von Christian Mitko. München, E. D. Schmidt, 2014
  • mit Giovanni Casini; Pietro Cipriani; Rita Balleri; David Ekserdjian; Dan Dennehy; Kaywin Feldman: The Hours of Night and Day: a rediscovered cycle of bronze reliefs by Giovanni Casini and Pietro Cipriani. Minneapolis, Minneapolis Institute of Arts, 2014
  • Das Elfenbein der Medici: Bildhauerarbeiten für den Florentiner Hof von Giovanni Antonio Gualterio, dem Furienmeister, Leonhard Kern, Johann Balthasar Stockamer, Melchior Barthel, Lorenz Rues, Francis van Bossuit, Balthasar Griessmann und Balthasar Permoser. München, Hirmer, 2012
  • Fruits of desire: a seventeenth-century carved ivory cup. Los Angeles, J. Paul Getty Museum, 2009
  • mit Nicholas Penny (Hrsg.): Collecting sculpture in early modern Europe. New Haven, Yale University Press, 2008, ISBN 978-0-300-12160-5
  • mit Roberta Panzanelli, Kenneth Lapatin (Hrsg.): The Color of Life: Polychromy in Sculpture from Antiquity to the Present. Ausstellungskatalog. Los Angeles, Getty Research Institute, 2008. ISBN 0-89236-918-3
  • Paul Heermann: (1673–1732). Meister der Barockskulptur in Böhmen und Sachsen. neue Aspekte seines Schaffens. S. Mehringer, München 2005, ISBN 3-9809470-1-7.
  • Die Überlieferung von Michelangelos verlorenem Samson-Modell. Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, Bd. 40, H. 1/2, 1996, S. 78–147

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Eike Schmidt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eike Schmidt (Memento des Originals vom 7. Oktober 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uffizi.org, bei Uffizien
  2. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 7. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.premiogalilei.it
  3. Eike D. Schmidt: Das Elfenbein der Medici: Bildhauerarbeiten für den Florentiner Hof von Giovanni Antonio Gualterio, dem Furienmeister, Leonhard Kern, Johann Balthasar Stockamer, Melchior Barthel, Lorenz Rues, Francis van Bossuit, Balthasar Griessmann und Balthasar Permoser. München, Hirmer, 2012, S. 325 und S. 328.
  4. Website der Humboldt-Universität. Abgerufen am 1. März 2020.
  5. Sascha Priester: Weltkunst in der Hauptstadt der Schönheit: Die große Fritz-Koenig-Retrospektive in Florenz. merkur.de (Online), 30. August 2018; abgerufen am 2. März 2024
  6. Michael Wolffsohn: Weltkunst im Heimatmuseum? Jüdische Allgemeine, 22. Februar 2022; abgerufen am 21. März 2024
  7. Eike Schmidt: Direktor der Uffizien wird das KHM leiten. In: Die Presse. (diepresse.com [abgerufen am 1. September 2017]).
  8. Eike Schmidt leitet ab 2019 das Kunsthistorische Museum. In: derStandard.at. 1. September 2017, abgerufen am 16. Dezember 2017.
  9. apa: Eike Schmidt sagt einen Monat vor Amtsantritt als KHM-Chef ab. 1. Oktober 2019, abgerufen am 1. Oktober 2019.
  10. Raffaello | Format. Abgerufen am 1. März 2020.
  11. Uffizien-Direktor Schmidt sorgt mit Leihgabe für Eklat auf ORF vom 25. Februar 2020, abgerufen am 25. Februar 2020.
  12. Lo scontro sul «Leone X» di Raffaello a Roma? Chi decide è il direttore degli Uffizi. Abgerufen am 1. März 2020 (italienisch).
  13. a b Matthias Rüb: Eike Schmidt kandidiert: Vom Museumsdirektor zum Bürgermeister von Florenz? In: FAZ.net. 6. April 2024, abgerufen am 7. April 2024.
  14. Scheidender Uffizien-Chef: Eike Schmidt wechselt nach Neapel. In: Der Spiegel. 16. Dezember 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 16. Dezember 2023]).
  15. Vom Museum ins Rathaus: Der langjährige deutsche Chef der Uffizien in Florenz, Eike Schmidt, möchte Bürgermeister der Stadt werden. Er tritt an für das Meloni-Lager. In: Der Spiegel. 6. April 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 6. April 2024]).