Erich Baeumer

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Erich Baeumer (* 13. oder 14. April 1897 in Geisweid; † 30. November 1972 in Hüttental) war ein deutscher Landarzt und Verhaltensforscher.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die unterschiedlichen Angaben zu Baeumers Geburtsdatum gehen auf unterschiedliche Quellenangaben zurück, einmal auf eine Kurzbiographie[1] (13.4.) und an anderes Mal auf Baeumers eigene Angaben in dessen Entnazifizierungsakte (14.4.).[2] Baeumer studierte Medizin an der Universität Marburg. Dort promovierte er 1923 mit einer Dissertation zum Thema Über einen Apparat zur Behandlung des Scheintodes Neugeborener. Im gleichen Jahr heiratete er Helene Margarethe Fick.[3]

Seit 1933 war er Mitglied im NSKK und dort Staffelarzt, berufsfachlich Mitglied im Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebund und seit 1934 Arzt beim Erbgesundheitsgericht Siegen, das die erbgesundheitliche Wertigkeit der dort Vorgeführten nach dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses zu entscheiden hatte.[4] Nach dem Ende der 1933 in Kraft getretenen Eintrittssperre beantragte er am 6. August 1937 die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 5.299.166).[5] Im Zweiten Weltkrieg wurde er nach kurzer Dienstzeit als Sanitätsoffizier laut eigenen Angaben zur ärztlichen Versorgung der Bevölkerung zurückberufen. Er erlebte den Luftangriff auf Siegen am 16. Dezember 1944. Über dieses Ereignis schrieb er 1950 einen Bericht.[6][7]

Nach dem Krieg arbeitete Baeumer als Landarzt und Geburtshelfer in Weidenau.[8] Seit 1960 war er Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und auswärtiger Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Verhaltensphysiologie in Seewiesen.[9] Erich von Holst hatte ihn aufgrund seiner Forschungen zu Hühnern ans MPI geholt.[8][10] 1964 erschien sein Buch „Das dumme Huhn - Verhalten des Haushuhns“, in dem er seine 50-jährige Forschungsarbeit zur „Sprache“ der Hühner niederlegte[11] und das unter dem Titel Lo stupido pollo? ins Italienische übersetzt wurde. Baeumer prägte für das domestizierte Huhn den Begriff der Plus-Minus-Ordnung, auf den auch Konrad Lorenz im Rahmen seiner Forschung über das Kommunikationsverhalten von Graugänsen zurückgriff.[12]

Sein 1925 für ihn errichtetes Wohnhaus mit Hühnerställen in Siegen an der Weidenauer Straße 88 ist 2012 als Baudenkmal Nr. 131 in die Denkmalliste der Stadt Siegen aufgenommen worden.[13]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Über einen Apparat zur Behandlung des Scheintodes Neugeborener. Med. Diss., Marburg 1923.
  • Nordpol-Richard 4: Aus der Bomben- und Bunkerzeit im Siegerland 1944 - 1945. (Siegerländer Beiträge zur Geschichte und Landeskunde, H. 3), Selbstverlag des Siegerländer Heimatvereins 1950, Siegen 1950
  • Lebensart des Haushuhns. In: Zeitschrift für Tierpsychologie. 1955 S. 387–401
  • Verhaltensstudie über das Haushuhn – dessen Lebensart. In: Zeitschrift für Tierpsychologie. 1959, 2. Teil, S. 284–296
  • Das dumme Huhn – Verhalten des Haushuhns. (Kosmos-Bibliothek, Bd. 242), Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1964
    • Lo stupido pollo? Edagricole, Bologna 1967, übersetzt von Luciano Rinaldi

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Otto Renkhoff: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. 2. Auflage. Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 1992. ISBN 3-922244-90-4, S. 27, Nr. 145.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Otto Renkhoff: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten,Selbstverlag der Historischen Kommission für Nassau, Wiesbaden, 1985, S. 15.
  2. Regionales Personenlexikon zum Nationalsozialismus in den Altkreisen Siegen und Wittgenstein, Artikel Erich Baeumer (Memento des Originals vom 4. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/akteureundtaeterimnsinsiegenundwittgenstein.blogsport.de.
  3. Familienforschung im Siegerland "Erich Bäumer".
  4. Ulrich Opfermann, Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus: Personen, Daten, Literatur ; ein Handbuch zur regionalen Zeitgeschichte, Geschichtswerkstatt Siegen 2001 Online-Version (Memento des Originals vom 4. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/akteureundtaeterimnsinsiegenundwittgenstein.blogsport.de von der VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein als Regionales Personenlexikon zum Nationalsozialismus in den Altkreisen Siegen und Wittgenstein zur Verfügung gestellt
  5. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/1152054
  6. 66. Jahrestag – Bomben auf Siegen auf http://www.wirsiegen.de
  7. Nordpol-Richard 4: Aus der Bomben- und Bunkerzeit im Siegerland 1944 – 1945 (Siegerländer Beiträge zur Geschichte und Landeskunde, H. 3), Selbstverlag des Siegerländer Heimatvereins 1950, Siegen 1950.
  8. a b Hühner. Botschaft aus dem Ei, in Der Spiegel 8/1964 vom 19. Februar 1964
  9. Erich Baeumer: Verhaltensstudie über das Haushuhn, - dessen Lebensart, 2. Teil. Dezember 1959.
  10. Konrad Lorenz: Die Forschungsweise der Biologie, insbesondere der Ethologie, in: ders. Vergleichende Verhaltensforschung. Grundlagen der Ethologie. 1978, S. 45 [1]
  11. Erich Bäumer in Der Spiegel 3/1964 vom 15. Januar 1964
  12. Volkmar Ellmauthaler: Analytische Gruppenarbeit nach Michael Balint. 2003.
  13. Stadt Siegen, Untere Denkmalbehörde, Öffentliches Verzeichnis der Baudenkmäler, Karteikarte Nr. 131: Weidenauer Str. 88